LSG NRW: Wirksamer Antrag auf ALG II Leistungen auch per Email

Begonnen von oldhoefi, 12. Oktober 2018, 02:02:36

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oldhoefi

Auch per Email kann ein wirksamer Antrag auf ALG II Leistungen gestellt werden

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat sich in einem Urteil intensiv mit den Formen der Antragstellung auseinander gesetzt.

Und kommt zu dem Ergebnis, dass mit einer Email ein wirksamer Antrag gestellt werden kann und es dabei keiner Eingangsbestätigung der Gegenseite bedarf.

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, rechtskräftiges Urteil vom 14.09.2017 – L 19 AS 360/17

Bundessozialgericht, Nichtzulassung der Revision des Beklagten – B 4 AS 399/17 B

Volltext --> https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=196391

(Zitat und Quelle: Harald Thomé – Newsletter aus 2017)

coolio

Hmmm ....
ZitatDer Beklagte unterhält - schon lange vor dem streitgegenständlichen Zeitpunkt - eine ohne Beschränkung auf bestimmte Gegenstände der Kommunikation zur Verfügung gestellte E-Mail- Adresse, die er im Schriftverkehr, auf seiner Domain im Internet und auch in zur Verfügung gestellten Merkblättern veröffentlich hat. Damit hat er einen von seinen Dienstzeiten unabhängigen Zugang auch für Zwecke der Antragstellung im Sinne von §§ 16 SGB I, 37 SGB II eröffnet. Er hat nicht ohne darauf hingewiesen, bei Nutzung dieses Kommunikationsweges komme es für den Zugang der Erklärung nicht auf den Zeitpunkt der Speicherung, sondern den Beginn seiner nachfolgenden Dienstzeiten an. Dieser Zugang ist technisch geeignet, fristwahrende und materiell rechtlich wirksame Anträge, insbesondere auch eine Antragstellung mit der Rückwirkung von bis zu 31 Tagen (§ 37 Abs. 2 S. 2 SGB II) zu bewirken und dem Inhaber sozialer Rechte zu deren Vollverwirklichung im Sinne von § 2 SGB I zu verhelfen.
ZitatErst recht kann er von einem Betroffenen nicht erwarten, sich mit seinen Dienstzeiten vertraut zu machen und unter deren Berücksichtigung vorsorglich einen Leistungsantrag zu stellen,
Zitat... bestärkt auch dies die Sichtweise, wonach gerade und erst recht die Antragstellung nach § 37 SGB II von konkreter Dienstbereitschaft des örtlichen Jobcenters unabhängig sein muss.
Aber und insbesondere zu beachten:
Zitat3) Der Kläger trägt die Beweislast für den Zugang des Antrags, d. h. der abrufbaren Speicherung der E-Mail im elektronischen Postfach (E-Mail Server) des Beklagten (vgl. BSG, Urteil vom 26.07.2007 - B 13 R 4/06 R; Aubel, a.a.O., § 37, Rn. 31). Der Kläger hat diesen Nachweis durch die Vorlage des Ausdrucks der Sendebestätigung mit korrekter Angabe der E-Mail -Adresse des Beklagten erbracht.

Entgegen der Auffassung des Klägers begründet der Ausdruck eines Sendeberichts mit Widergabe der korrekten E-Mail-Adresse des Beklagten allerdings keinen Anscheinsbeweis für weiteres Geschehen als eben des Versendens selbst. Denn aus dem Nachweis des Sendevorganges ist nicht verlässlich auf die Bewirkung des Zugangs, d.h. der Aufzeichnung der E-Mail auf der vom Beklagten für den Empfang bestimmten Einrichtung zu schließen. Der Beweis des ersten Anscheins greift (nur) bei typischen Geschehensabläufen ein. Es muss sich um einen regelmäßigen widerkehrenden Vorgang handeln, für den eine Verkettung von Ursachen und Wirkung typisch ist, die nach allgemeinen Erkenntnissen durchweg so beobachtet werden kann. Dies bedeutet nicht, dass die Verkettung bei allen Sachverhalten der Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist, ausreichend ist vielmehr eine sehr große Wahrscheinlichkeit. Steht fest, dass eine bestimmte Ausgangssituation typischerweise zu einem bestimmen Geschehensablauf führt oder dass eine bestimmte Folge typsicherweise auf einem bestimmten Geschehensablauf beruht, braucht nicht bewiesen zu werden, dass es auch im konkreten Fall zu diesem Ablauf gekommen ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für einen anderen Verlauf vorliegen (BGH, Urteil vom 06.06.2017- IX Zb 73/16 - m.w.N.).
Ich kann nach wie vor angesichts der Verhinderungsstrategien der JC für die Praxis nur vor Mails warnen.
trotz:
ZitatKann einer sekundären Darlegungslast (anm: des JC) nicht entsprochen werden
Nicht jeder hat Lust auf BSG.....
--------
Meine Anmerkung:
Bei mir funktioniert auch Mail  - aber wenns wichtig wird gibts trotzdem ein Fax mit qualifizierten Sendebericht ....

CCR

Zitat von: coolio am 12. Oktober 2018, 02:46:24Meine Anmerkung:
Bei mir funktioniert auch Mail  - aber wenns wichtig wird gibts trotzdem ein Fax mit qualifizierten Sendebericht ....
deine Anmerkung ist nicht mehr aktuell @coolio, wenn man sich beim JC anmeldet online geht alles zum upload in die elektronische Akte und man hat gleichzeitig einen Nachweis das es verschickt wurde,

Gast44116

Es ist ein Unterschied ob im Onlineportal oder per Email.


Allerdings mache ich meinen kompletten Schriftverkehr mit dem Jobcenter per Email und es gab da bisher keinerlei Probleme. WBA zb Montag per Email geschickt Freitag war er bearbeitet.

Ist es etwas sehr wichtiges Widerspruch usw rufe ich nach drei vier Tagen bei der Hotline an und frag ob es erfasst ist

oldhoefi

Das eingangs erwähnte/verlinkte Urteil stützt sich ausschließlich auf Anträge, die gem. § 9 SGB X an keine Form gebunden sind.

Deshalb frage ich mich, warum nun Widersprüche zur Rede kommen, die sehr wohl der Form genügen müssen.

Damit mitlesende Hilfesuchende beides nicht in einen Topf werfen, stelle ich zu Widersprüchen klar.

Seit dem 01.01.2018 ist in § 84 SGG ausdrücklich bestimmt, dass der Widerspruch "schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat" einzureichen ist. Dort wird bestimmt, dass die Übersendung von Dokumenten in elektronischer Form zulässig ist ,,soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat" (§ 36a Abs. 1 SGB I).

Hat das zuständige Jobcenter de-mail.de-Zugang und/oder einen EGVP-Zugang (elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach) eröffnet, besteht die Möglichkeit der elektronischen Widerspruch-Einlegung.

Ein Widerspruch per einfache Email ist unzulässig und somit unwirksam.

Dazu bedarf es keiner weiteren Diskussionen, da alles deutlich geschrieben steht.

Gast44116

Ich hatte zwar nur eine Aufzählung gemacht. Keine Ahnung warum das jetzt thematisiert wird. 12 Widersprüche alle per Email alle bearbeitet aber schon klar alle unwirksam. Ich sag's der Rechtsabteilung

Jasmin

Das mit dem Widerspruch mag ja sein, aber auch solchen habe ich schon mal per Mail geschickt.

Ich mache auch alles per Mail, zumal ich da einen Nachweis habe. Den habe ich per Post nicht, es sei denn, ich schicke es per Einschreiben. Aber das ist mir zu teuer.

Über dieses Onlineportal kann man zur Zeit nur Weiterbewilligungen und Veränderungsmitteilungen schicken. Jedenfalls als ALG II Empfänger.

Orakel

Angie69, wenn es bei dir funktioniert hat, dann freu dich. Du bist aber nicht der Maßstab für den Rest der Welt, schon gar nicht bilden deine Erfahrungen eine Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Gerichte in analogen Verfahren!

Gast44116

Zitat von: Jasmin am 11. Oktober 2019, 20:13:18
Das mit dem Widerspruch mag ja sein, aber auch solchen habe ich schon mal per Mail geschickt.

Ich mache auch alles per Mail, zumal ich da einen Nachweis habe. Den habe ich per Post nicht, es sei denn, ich schicke es per Einschreiben. Aber das ist mir zu teuer.

Über dieses Onlineportal kann man zur Zeit nur Weiterbewilligungen und Veränderungsmitteilungen schicken. Jedenfalls als ALG II Empfänger.

Wichtig ist einfach das man alles unterschrieben schickt. Letztlich seit Einführung der Papierakte kommt es auf das gleiche heraus ob man es nun per Email schicken oder in Papierform.
Meine sämtlichen Klageverfahren wurden auf Basis von Widersprüchen per Email übersandt geführt. Ein Jobcenter würde sicherlich sofort einen Widerspruch ablehnen würden die Behauptung hier stimmen.

Wie gesagt ich rufe dann immer nach ein paar Tagen an und lass mir bestätigen das die jeweiligen Schreiben auch wirklich eingegangen sind.

Deadpool

Zitat von: Gast44116 am 11. Oktober 2019, 20:20:15
Zitat von: Jasmin am 11. Oktober 2019, 20:13:18
Das mit dem Widerspruch mag ja sein, aber auch solchen habe ich schon mal per Mail geschickt.

Ich mache auch alles per Mail, zumal ich da einen Nachweis habe. Den habe ich per Post nicht, es sei denn, ich schicke es per Einschreiben. Aber das ist mir zu teuer.

Über dieses Onlineportal kann man zur Zeit nur Weiterbewilligungen und Veränderungsmitteilungen schicken. Jedenfalls als ALG II Empfänger.

Wichtig ist einfach das man alles unterschrieben schickt. Letztlich seit Einführung der Papierakte kommt es auf das gleiche heraus ob man es nun per Email schicken oder in Papierform.
Meine sämtlichen Klageverfahren wurden auf Basis von Widersprüchen per Email übersandt geführt. Ein Jobcenter würde sicherlich sofort einen Widerspruch ablehnen würden die Behauptung hier stimmen.

Wie gesagt ich rufe dann immer nach ein paar Tagen an und lass mir bestätigen das die jeweiligen Schreiben auch wirklich eingegangen sind.

Die Behauptung stimmt aber, weil das Schriftformerfordernis für einen Widerspruch mit einer einfachen Mail nicht erfüllt ist. Die Behörde müsste dich anschreiben und unter Fristsetzung eine Erklärung, dass es dein Widerspruch ist, nachfordern.

Du hast also tatsächlich Glück gehabt. Das Praxishandbuch für Verfahren nach dem SGG im Rechtskreis SGB II (veröffentlicht bei Thome) sagt es genau so:

Zitat(4)  Der  Widerspruch  kann auch per  Telefax  eingelegt  werden.  Ein  fristgerecht per  E-Mail  eingehender  Widerspruch  gilt  als  formgerecht  eingelegt,  wenn der Widerspruchsführer  seine Urheberschaft  auf  Anforderung innerhalb angemessener  Frist  schriftlich bestätigt.  Eine  telefonische  Widerspruchseinlegung ist hingegen grundsätzlich  nicht  möglich.   


Gast44116

@Deadpool

Ich habe auch nur meine Erfahrungen genannt. Zudem schicke ich Widersprüche als PDF. Genau wie WBA, Dienstaufsichtsbeschwerde, Überprüfungsanträge usw.

Im Text selbst verweise ich auf den Anhang und dessen Inhalt.

Selbstverständlich würde es nicht reichen einen Emailtext als Widerspruch zuschicken. Habe ich aber auch nie behauptet. Auch im verlinkten Urteil geht es um WBA als Anhang.

Jobcenter, die auf EAkte gestellt haben bitten sogar ausdrücklich mit Plakaten ausgehangen in den Jobcentern, darum Unterlagen per E-Mail einzureichen. Es wäre also seltsam wenn diese Jobcenter auf die Papierform bestehen würden.
Und gibt es nicht sogar Urteile in denen die Widerspruchsfrist verlängert wurde wenn nicht ausdrücklich darauf hingewiesen wurde das per Email eingereicht werden kann auf Grund der eakte?
Müsste ich morgen schauen. Hab da etwas in dieser Richtung in Erinnerung.

oldhoefi

#11
@Angie69,

Zitat von: Gast44116 am 11. Oktober 2019, 20:08:11Ich hatte zwar nur eine Aufzählung gemacht. Keine Ahnung warum das jetzt thematisiert wird.
Es wird wohl noch eine Klarstellung der differenzierten Formvorgaben von Anträgen und Widersprüchen erlaubt sein – insbesondere in dieser Rubrik – die DU in einem Atemzug aufgezählt hast.

Zitat von: Gast44116 am 11. Oktober 2019, 20:20:15Letztlich seit Einführung der Papierakte kommt es auf das gleiche heraus ob man es nun per Email schicken oder in Papierform.
Dann muss ich die Einführung der Papierakte verschlafen haben.

Zitat von: oldhoefi am 11. Oktober 2019, 20:02:58Seit dem 01.01.2018 ist in § 84 SGG ausdrücklich bestimmt, dass der Widerspruch "schriftlich, in elektronischer Form nach § 36a Absatz 2 des Ersten Sozialgesetzbuch oder zur Niederschrift bei der Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat" einzureichen ist. Dort wird bestimmt, dass die Übersendung von Dokumenten in elektronischer Form zulässig ist ,,soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet" hat (§ 36a Abs. 1 SGB I).
Auch kann ich aus den zitierten Gesetzestexten (fett hervorgehoben) nicht ableiten, dass es per (einfache) Email und Papierform auf das Gleiche heraus kommt.

Alleine aus Deinen o. g. Aussagen kann ich aber deutlich erkennen, dass Du Null gelesen geschweige denn verstanden hast, was ich geschrieben habe.

Aber Hauptsache irgendetwas blubbern, ohne jeden Sinn und Verstand.

Langsam aber sicher werde ich ungemütlich.

Zitat von: Gast44116 am 11. Oktober 2019, 20:20:15würden die Behauptung hier stimmen
Meine ,,Behauptungen" zu Widersprüchen sind mit greifenden Rechtsgrundlagen unterlegt. Ebenso sind im Volltext des eingangs verlinkten Urteiles (zu Anträgen) genügend Rechtsgrundlagen und Querverweise auf andere Rechtssprechungen enthalten.

Bedeutet aber vermutlich zu viel Arbeit und/oder man besitzt zu wenig Grundwissen (von Fachkenntnisse schreibe ich erst gar nicht), um sich damit auseinander setzen zu wollen/zu können.

Wenn Leistungsträger Widersprüche per einfache Email akzeptieren – DAS sind unbelegte Behauptungen – dann handelt es sich dabei um Einzelfälle, die nicht auf alle anderen Leistungsträger pauschal übertragbar sind.

Die ständigen Aussagen ,,ich und mein Jobcenter" sind natürlich schlagkräftige und weitsichtige Argumente, um (nicht nur) meine rechtlich untermauerten Beiträge in Frage stellen zu wollen.

Ich schreibe es gerne wieder einmal.

MEINE eröffneten Threads stellen keine Grundlagen für Shreddereien und dergleichen dar. Wer zum Thema (!) nichts Konstruktives beizutragen hat, soll sich in den OT-Bereich verlagern.

Jedenfalls lasse ich mir meinen Thread nicht länger kaputt schreiben und zumüllen. Sollte das weiterhin anhalten, werde ich von meinem Recht als TE Gebrauch machen und diesen Thread durchfegen und schließen lassen.

Nun deutlich genug, oder muss ich das auch nochmal übersetzen.

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@Orakel und @Deadpool,

danke für Eure Bestätigungen, die erkennbar genauso fruchtlos abprallen.

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Thema dieses Threads - Zitat aus dem Eingangsbeitrag

Zitat von: oldhoefi am 12. Oktober 2018, 02:02:36Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat sich in einem Urteil intensiv mit den Formen der Antragstellung auseinander gesetzt.

Jede weitere Shredderei zu Widersprüchen und anderem werde ich melden.



Auf Wunsch der TE     :closed:
LG Elsi