Hartz IV: Bürgergeld vom Bundesrat gestoppt - was kommt nun?

Begonnen von Ottokar, 16. November 2022, 19:30:47

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Ottokar

Wer es noch nicht weiß oder verstanden hat: das sog. Bürgergeldgesetz ist nichts Neues und keine Abkehr von Hartz IV, sondern nur eine Namensänderung des weitestgehend unverändert fortbestehenden Systems der Grundsicherung für Erwerbsfähige im SGB II.

Im Zuge dieser Umbenennung sollten einige kleine Veränderungen erfolgen, gegen welche sich insbesondere CDU, CSU und AfD stemmen.
Es ist bereits absehbar, dass diese im Vermittlungsausschuss wieder zurückgenommen werden dürften.
Bei folgenden Änderungen dürfte das so gut wie sicher sein:
- 2jährige Karenzzeit für Vermögenseinsatz,
- 2jährige Karenzzeit bei den Kosten für Unterkunft und Heizung,
- 6monatige sanktionsfreie Vertrauenszeit,
- verringerte Erstsanktionshöhe von 20%.

Wenn es ganz schlimm kommt, wird außerdem der Gesinnungsparagraph § 8a SGB II (siehe BrDrs 456/1/22) eingeführt.
Dann kann jedem Leistungsbezieher, der sich nicht zu 100% systemkonform verhält, die Leistung entzogen werden.

Folgende weitere Änderungen sind deutlich gefährdet:
- erhöhter Vermögensfreibetrag,
- Aussetzung der Pflicht, ab dem 63. Lebensjahr Altersrente beantragen zu müssen.

Die neue Erwerbsfreibetragsregelung wird vermutlich bleiben, da davon kaum jemand profitiert.
Die neuen Regelsätze müssen bleiben, da die derzeitigen bereits jetzt gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes aufgrund der massiven Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie verfassungswidrig zu gering sind.
Und an den der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes angepassten Sanktionsfolgen, welche in dieser Form bereits seit Ende 2019 angewandt werden, kann auch nichts geändert werden.

Nachtrag
Am 23.11.2022 hat der Vermittlungsausschuss die bereits zuvor vereinbarten Änderungen durchgewunken:
- die 6monatige sanktionsfreie Vertrauenszeit wird gestrichen, dafür wird die Sanktionshöhe nun mehrfach gestaffelt: 1. Sanktion 10%, 2. Sanktion 20%, ab der 3. Sanktion 30%, d.h. wenn man das 3. Mal gegen Pflichten verstoßen hat, wird jeder weitere Pflichtverstoß generell mit 30% sanktioniert, solange man sich ununterbrochen im Leistungsbezug befindet;
- die 2jährige Karenzzeit für den Vermögenseinsatz und bei den Kosten für Unterkunft und Heizung wird auf 12 Monate halbiert;
- der in der Karenzzeit geltende höhere Vermögensfreibetrag wird für den Haushaltsvorstand auf 40.000€ (zuvor 60.000€) und jede weitere Person auf 15.000€ (zuvor 30.000€) verringert.
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