Kurze Frage: Weiterbildungen ab Juli 2023 > Rechte/Pflichten?

Begonnen von Hansejunge, 01. Juli 2023, 17:52:40

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Hansejunge

Hallo zusammen, seit heute gilt für Weiterbildungen ein neuer Rahmen:

https://www.buerger-geld.org/news/buergergeld-weiterbildungsgeld-150-euro-ab-1-juli-2023/

Wie verhält es sich mit der Pflicht, an einer Weiterbildung teilzunehmen? Ist das ähnlich wie bei den Maßnahmen, auch was die Kriterien der Zuweisung dafür angeht?

Kann man Weiterbildungen ab heute ablehnen, die das JC vorschlägt bzw. "zur Unterschrift" anbietet?
Ist das JC wiederum verpflichtet, einer Weiterbildung zuzustimmen, die der "Kunde" vorschlägt und gerne besuchen möchte?

Kurzum: Wie sehen die Rechte/Pflichten beider Parteien aus?

Danke.

BigMama

Zitat von: Hansejunge am 01. Juli 2023, 17:52:40Wie verhält es sich mit der Pflicht, an einer Weiterbildung teilzunehmen?
Es gibt keine Pflicht an einer Weiterbildung teilzunehmen.

Zitat von: Hansejunge am 01. Juli 2023, 17:52:40Ist das ähnlich wie bei den Maßnahmen, auch was die Kriterien der Zuweisung dafür angeht?
Nein, da in eine Qualifizierung nicht zugewiesen wird, wie in eine Aktivierungsmaßnahme oder Arbeitsgelegenheit. Für eine Qualifizierung erhält man einen Bildungsgutschein, der wie der Name schon sagt ein Gutschein ist und dazu berechtigt eine Qualifizierung mit den darin beschriebenen Inhalten zu besuchen und das JC übernimmt alle Kosten.

Zitat von: Hansejunge am 01. Juli 2023, 17:52:40Kann man Weiterbildungen ab heute ablehnen, die das JC vorschlägt bzw. "zur Unterschrift" anbietet?
Das konnte man schon immer. Noch nie wurde jemand gezwungen an einer Weiterbildung teilzunehmen.

Zitat von: Hansejunge am 01. Juli 2023, 17:52:40Ist das JC wiederum verpflichtet, einer Weiterbildung zuzustimmen, die der "Kunde" vorschlägt und gerne besuchen möchte?
Nein, ist es nicht. Das JC muss keine exotische Qualifizierung finanzieren mit der es am Ende gar keine Möglichkeit gibt eine Stelle zu finden.

Zitat von: Hansejunge am 01. Juli 2023, 17:52:40Kurzum: Wie sehen die Rechte/Pflichten beider Parteien aus?
Siehe oben. Alle bisherigen Fragen wurden beantwortet.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)


Hansejunge

Noch Zusatzfragen, da ich jetzt eine Umschulung gefunden habe, die mich echt interessiert. Diese ist auch AZAV zertifiziert, so, wie es immer verlangt wird:

Weiterbildung = Umschulung? (Also auch kein Recht als "Kunde", diese zu bekommen, sondern man kann nur Interesse zeigen und nachfragen?)

Gibt es Kriterien oder Regelungen, ab wann man nur seine Umschulung absolvieren darf, ohne Bewerbungsbemühungen nebenbei? Es gibt ja berufsbegleitende Umschulungen, dann Fernstudien bzw. -umschulungen im Home Office zu Hause, Umschulungen in Vollzeit im Präsenzunterricht, Umschulungen, die nur am Wochenende in Blockseminaren stattfinden, etc.

Muss man bei all den Formen zusätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, oder kann man sich davon "abmelden", um sich voll auf seine Umschulung zu konzentrieren? Wie ist das geregelt? Wo steht geschrieben ob und inwieweit eine Umschulung den Eingliederungsprozess in den Arbeitsmarkt "belasten" darf?

Danke.

Yasha

Zitat von: Hansejunge am 24. Juli 2023, 10:45:35Weiterbildung = Umschulung? (Also auch kein Recht als "Kunde", diese zu bekommen
Gibt es Kriterien oder Regelungen, ab wann man nur seine Umschulung absolvieren darf, ohne Bewerbungsbemühungen nebenbei?

Es kommt darauf an- ob beispielsweise Dein Jobcentwr als Standard eine Maßnahme zur Umschulungsvorbereitung anbietet. Beispiel,siehe Leistungsbeschreibung in der folgenden Verlinkuhg:

https://www.evergabe-online.de/tenderdetails.html?1&id=525964

Und Du diese erst einmal bestehst. Hinzu kommt,das jedes Jobcenter eine eigene Bildungszielplanung im Voraus erstellt. Die von Dir gewâhlte Umschulung sollte schon in Deine Region passen bzw.gute Chancen zur Arbeitsaufnahme beeinhalten.

Guck mal im Internet,ob Du da die Bildungszielplanung  Deines Jobcenters findest.

Einen rechtlichen Anspruch auf eine Umschulung hat man auch beim Bürgergeld nicht,meines Wissens nach.

Phil_N

Zitat von: Hansejunge am 24. Juli 2023, 10:45:35Weiterbildung = Umschulung? (Also auch kein Recht als "Kunde", diese zu bekommen, sondern man kann nur Interesse zeigen und nachfragen?)

Der Ausdruck "Umschulung" (Erlangung einer neuen Berufsqualifikation) ist nicht gleichbedeutend mit "Weiterbildung" (Ausbau der Kompetenzen in einem Bereich, unabhängig vom Berufsabschluss).

In der BA kannst du fördertechnisch betrachtet allerdings die meisten Regularien, die auf Weiterbildungen zutreffen (§ 81 SGB III), auch auf Umschulungen anwenden. Allerdings ist es in der Regel schwerer, eine Umschulung als eine Weiterbildung gefördert zu bekommen. Allein schon, weil Umschulungen zumeist wesentlich teurer sind.

Zitat von: Hansejunge am 24. Juli 2023, 10:45:35Gibt es Kriterien oder Regelungen, ab wann man nur seine Umschulung absolvieren darf, ohne Bewerbungsbemühungen nebenbei?

In der Regle musst du während der ersten 3/4 der Umschulungszeit keine Bewerbungsbemühungen tätigen, denn du sollst dich ja auf die Umschulung konzentrieren. Sich in dem Beruf zu bewerben, auf den die Umschulung abzielt, macht aber zumeist erst ca. 3-6 Monate vor dessen Abschluss Sinn.

Im Sinne des sogenannten Absolventenmanagements (ABS) im Jobcenter gilt in der Regel, dass du 3-6 Monate vor Ende der Umschulung anfangen sollst, dich zu bewerben. Das kannst du individuell mit deinem Arbeitsvermittler besprechen. Die relevanten fachlichen Weisungen findest du hier.

Zitat von: Hansejunge am 24. Juli 2023, 10:45:35Muss man bei all den Formen zusätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, oder kann man sich davon "abmelden", um sich voll auf seine Umschulung zu konzentrieren? 

Wie gesagt: In der Regel wird dich der Arbeitsvermittler in den ersten 3/4 deiner Umschulung keine Vermittlungsvorschläge zusenden und keine Bewerbungen fordern, da du dich auf die Umschulung konzentrieren sollst. Er wird dich ggf. 1-2 Mal einladen, um zu klären, wie es läuft. Das ist im Rahmen des ABS auch so vorgesehen.

Zitat von: Hansejunge am 24. Juli 2023, 10:45:35Wo steht geschrieben ob und inwieweit eine Umschulung den Eingliederungsprozess in den Arbeitsmarkt "belasten" darf? 

Die Umschulung/Weiterbildung von ELB dient den Zielen, eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Nachhaltig ist die dann, wenn du VV auch für den Zielberuf (nach der Umschulung) erhältst. 

Es macht noch keinen Sinn, VV für diesen Zielberuf zu versenden, wenn der Abschluss noch über 6 Monate entfernt ist. Das wissen die Arbeitsvermittler. Sie werden dir in der Regel während der Umschulung daher keine VV für sonstige Stellen zusenden. Das konterkarierte schließlich den Sinn der Umschulung.

Allerdings gilt, wie ich dir schon per PN mitteilte: Für dich als Akademiker (Geisteswissenschaftler) ist es extrem schwer, eine Umschulung finanziert zu bekommen. Damit das gelingt, muss es so gut wie ausgeschlossen sein, dass du mit dieser bestehenden Qualifikation eine Stelle am Arbeitsmarkt finden kannst. Dein Arbeitsvermittler aber wird vermutlich argumentieren: "Als Geisteswissenschaftler können sie in ganz vielen Bereichen unterkommen."

Ich will dich nicht entmutigen, aber ich glaube nicht, dass man dir eine Umschulung bezahlen wird. Um diese zu erhalten, solltest du dir im Vorfeld einige gute Argumente überlegen, warum du mit deiner jetzigen Qualifikation keine passende Stelle findest und inwieweit die Umschulung das ändern kann.

Die von Yasha angesprochenen umschulungsbegleitenden Vorher-Maßnahmen sind in deinem Fall übrigens i.d.R. nicht relevant, da Akademiker ssehr selten zu sowas zugewiesen werden. Sehr wohl relevant ist bei der Frage, wie hoch deine Chance auf Umschulung ist, aber der Arbeitsmarkt. Wenn du z. B. zum Altenpfleger oder Fachinformatiker für Systemintegration umschulen willst, sind die Chancen auf Bewilligung viel höher, als wenn es ein weniger gefragter Beruf ist.

Mein Tipp: Schreib einige Gründe, die für die Umschulung sprechen, auf. Recherchiere Zahlen am lokalen Arbeitsmarkt (freie Stellen in deinem Umschulungsberuf) und überleg dir mögliche Argumente des Arbeitsvermittlers gegen die Förderung sowie deine Gegen-Argumente.

In aller Regel muss bei einer Umschulung übrigens die Teamleitung mitentscheiden, das darf der Arbeitsvermittler selten ganz allein entscheiden. Sehr oft wird auch ein Gutachten des berufspsychologischen Service vorher eingeholt, in dem eruiert werden soll, ob deine Motivation hinreichend gegeben ist und ob wahrscheinlich ist, dass die Umschulung erfolgreich absolviert werden wird.
"In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer, und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer." (Victor Hugo)

Hansejunge

Ok, mehr als probieren geht nicht.

Und dann soll mir noch einmal der SB unterstellen, ich würde nichts tun wollen bzw. wenig Interesse zeigen.

Dieses Desinteresse bezieht sich alleine auf die freiwilligen Unterstützungsangebote. Aber dazu hatte ich schon sehr viel geschrieben.

Dann Danke Euch.

Yasha

Zitat von: Hansejunge am 27. Juli 2023, 11:43:05Und dann soll mir noch einmal der SB unterstellen, ich würde nichts tun wollen bzw. wenig Interesse zeigen.

Damit wirst Du weiter konfrontiert werden,denn die Gesprâchsfùhrung ist bei den Jobcentern rein ideologisch geprâgt Und die "Augenhöhe" ist auch vorrangig an die systemische Art und Weise der Anwendung orientiert:

Stichworte: GESTALT- Ansatz:
Undhttps://www.kbw.de/seminar/beratungsgespraeche-zielfuehrend-steuern-mit-dem-gestalt-ansatz_SOA073
MI:
https://www.motivational-interview.de/was-ist-mi

Letzteres ist eine Spezialitât von zertifizierten Casemanagern.

Phil_N

Zitat von: Yasha am 27. Juli 2023, 14:16:14Damit wirst Du weiter konfrontiert werden,denn die Gesprâchsfùhrung ist bei den Jobcentern rein ideologisch geprâgt

Das ist schlichtweg Unsinn. Die Gesprächsführung ist nicht ideologisch geprägt, sondern genuin zielorientiert, d. h. pragmatisch. Das ganze 4-Phasen-Modell (4PM) der Integrationsarbeit und die Beratungskonzeption der BA (BeKo) sind auf das Ziel der Integration hin ausgerichtet. Es geht nicht um Ideologie, sondern darum, die Leute in Arbeit zu vermitteln.

Das Wort Ideologie (oder ideologisch) findest du weder im Lehrbuch "BeKo - Gut beraten" (2014), das 378 Seiten umfasst, noch im 202 Seiten starken "Beratung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende Integrationsbegleitende Beratung" (2014). Auch im 76 Seiten umfassenden "Grundlagenpapier zur Weiterentwicklung der Beratungskonzeption der Bundesagentur für Arbeit" (2021) taucht es nicht auf.

Die BeKo zeichnet sich durch das Gegenteil von Ideologie aus: Durch Eklektizismus. Es werden darin diverse Ansätze zusammengebracht, u. a. person-zentrierte Gesprächsführung, systemische und lösungsorientierte Beratung, Mediation und motivational Interviewing.

Es geht darum, Fördern und Fordern in einen Ausgleich zu bringen und Arbeitsvermittler zu lehren, mit Beratung im Zwangskontext sowie mit widerstreitenden Zielen (schnelle Integration vs. nachhaltige Integration) adäquat umgehen zu können.
"In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer, und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer." (Victor Hugo)

Yasha

@phil_N . Ich  verweise -was die von mir gemeinte Ideologie betrifft-mal ersatzweise auf folgende PDF:

Impulsreferat von Manfred Bartl, LINKE HILFE Mainz e. V.
auf Einladung der Heinrich Böll Stiftung Rheinland-Pfalz
am 24. Februar 2015 im Julius-Lehlbach-Haus, Mainz

Miteinander oder gegeneinander?
Die ,,Kunden" und ,,ihr" Jobcenter


Kann im Internet downgeloadet werden.

Alles andere macht bei Ihnen keinen Sinn mehr, so meine Erfahrung.