Formaler Fehler im Bescheid?

Begonnen von gloegg, 16. März 2024, 16:13:21

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gloegg

Liebe Forumsmitglieder,
folgende Situation:

-vorläufige Bewilligung, Bewilligungszeitraum 05/23 - 10/23

-Veränderungsmitteilung zum 01.08.23: Nebenkostenguthaben zu Gunsten des Jobcenters 40€;
Nebenkostenanpassung +15€ / monatlich

-Es erfolgt keine Anpassung der KdU, Sachstandsanfrage 10/23 bleibt unbeantwortet, Untätigkeitsklage 02/24

-03/24: Bescheid über eine abschliessende Bewilligung für den Zeitraum 05/23 - 10-23, erst hier werden beide Veränderungen berücksichtigt

Meine Frage:

Normalerweise ist das Nebenkostenguthaben im Folgemonat zu berücksichtigen. Sind die Leistungen für den Folgemonat bereits ausgezahlt, so darf ausnahmsweise im darauffolgenden Monat abgezogen werden.

Beides hat das Jobcenter eigenverschuldet versäumt.

Ist es korrekt, dies nun - fast ein 3/4 Jahr später, erst innerhalb der abschließenden Bewilligung - in Form einer Änderung - zu tun?
Oder hätte nicht zuvor ein Änderungsbescheid ergehen müssen?
Oder ist eine Änderung gar nicht mehr möglich, weil der Bewilligungszeitraum bereits abgelaufen ist?

Hintergrund der Frage ist die Neuregelung im Bürgergeld, dass Überzahlungen von bis zu 50€ pro Vorgang nicht zurückgefordert werden sollen. Dies würde auf eine Rückforderung des Nebenkostenguthabens zutreffen...



TripleH

Zitat von: gloegg am 16. März 2024, 16:13:21Sind die Leistungen für den Folgemonat bereits ausgezahlt, so darf ausnahmsweise im darauffolgenden Monat abgezogen werden.

Eine solche Regelung gibt es nicht. Es, gab eine Regelung, dass einmalige Einnahmen im oder ab dem Folgemonat anzurechnen sind, wenn im Monat des Zuflusses Leistungen bereita erbracht wurden. Das hat aber nie für BK und HK Guthaben gegolten. Da gilt nur § 22 Absatz 3 SGB II.

Zitat von: gloegg am 16. März 2024, 16:13:21Ist es korrekt, dies nun - fast ein 3/4 Jahr später, erst innerhalb der abschließenden Bewilligung - in Form einer Änderung - zu tun?

Natürlich. Alles vorher ist lediglich vorläufig und damit ohne Garantie auf Richtigkeit, Vertrauensschutz oder Behaltendürfen. Nach Erlass der endgültigen Festsetzung gibt es die vorläufigen Entscheidungen nicht mehr. Sie werden vollständig ersetzt. Und wenn die endgültige Festsetzung innerhalb der Jahresfrist erfolgt ist, dann ist sie erstmal das Maß der Dinge.

Zitat von: gloegg am 16. März 2024, 16:13:21Hintergrund der Frage ist die Neuregelung im Bürgergeld, dass Überzahlungen von bis zu 50€ pro Vorgang nicht zurückgefordert werden sollen.

Das gilt doch eh nur für Rückzahlungen nach 45, 47 und 48 SGB X. Hier bei dir geht es um eine endgültige Festsetzung und damit um eine Erstattung nach § 41a Absatz 6 SGB II.
 

gloegg

@TripleH

Herzlichen Dank für Deine verständlichen Erklärungen! Ich wünschte, mein Jobcenter könnte und würde nur halb so gut erklären wie Du. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen.

Eine Frage noch zur abschließenden Bewilligung:

Was ist, wenn für den abschließend bewilligten Zeitraum noch Anträge offen sind, die in diesem Bescheid nicht berücksichtigt sind?

Sensoriker

TripleH du hast schon gelesen, dass es sich hier nicht um Einkommen handelt, sondern um Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung?!
Wer sich beim JC nicht wehrt hat schon verloren
Meine Antworten basieren auf eigenen Erfahrungen mit dem JC sowie auf der Lektüre zahlreicher Threads auf diesem (und ein paar anderen) Boards.
Ansonsten halte ich es wie beim Lotto. Alle Antworten ohne Gewähr.

TripleH

Zitat von: gloegg am 16. März 2024, 19:32:05Was ist, wenn für den abschließend bewilligten Zeitraum noch Anträge offen sind, die in diesem Bescheid nicht berücksichtigt sind?

Kannst du das bitte präzisieren? Was genau für Anträge meinst du? Geht es dabei um laufende Leistungen (z. B. höhere Miete)oder einmalige Leistungen (BuT, Wohnungsausstattung...)?

Zitat von: Sensoriker am 16. März 2024, 20:10:02TripleH du hast schon gelesen, dass es sich hier nicht um Einkommen handelt, sondern um Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung?!

Natürlich. Allerdings weiß ich nicht, was du mir jetzt damit sagen willst. Ein Betriebskostenguthaben ist Einkommen im Sinne des § 11 SGB II. Nur das Zuflussprinzip und der Vorrang der Anrechnung auf die Regelbedarfe als auch, dass darauf keine Absetz- ubd Freibeträge gewährt werden, wird durch die Anrechnungsnorm des § 22 Absatz 3 SGB II durchbrochen.

Das ist ja nun schon lange höchstrichterliche Rechtsprechung:

ZitatZwar ist die Gutschrift aus der Betriebskostenabrechnung als Einkommen anzusehen und grundsätzlich iS des § 22 Abs 3 Halbsatz 1 SGB II dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen.

https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/2020_06_24_B_04_AS_08_20_R.html

ZitatGuthaben aus Betriebskostenabrechnungen sind bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II als Einkommen zu berücksichtigen - modifiziert im Hinblick auf den Zeitpunkt der Berücksichtigung (Monat nach dem Zufluss), die Reihenfolge der Berücksichtigung (nur bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung) und ohne vorherige Absetzungen.

https://openjur.de/u/555402.html







Sensoriker

Ich bezog mich hier rauf
§ 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung
(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift
Wer sich beim JC nicht wehrt hat schon verloren
Meine Antworten basieren auf eigenen Erfahrungen mit dem JC sowie auf der Lektüre zahlreicher Threads auf diesem (und ein paar anderen) Boards.
Ansonsten halte ich es wie beim Lotto. Alle Antworten ohne Gewähr.

gloegg

Zitat von: TripleH am 16. März 2024, 23:08:57Kannst du das bitte präzisieren? Was genau für Anträge meinst du? Geht es dabei um laufende Leistungen (z. B. höhere Miete)oder einmalige Leistungen (BuT, Wohnungsausstattung...)?

Gerne. Es geht um Schulbücher (Mehrbedarf  Paragraph 21 Abs. 6a SGB II) und die Teilhabepauschale in Höhe von 15€ monatlich (Paragraph 28 Abs. 7 SGB II).

TripleH

Zitat von: Sensoriker am 17. März 2024, 00:39:06Ich bezog mich hier rauf § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung

Ich weiß immer noch nicht, was du mir damit sagen willst. Das ist nur eine Anrechnungsnorm. Der Charakter des Guthabens ist trotzdem "Einkommen".

Zitat von: gloegg am 17. März 2024, 01:38:36Gerne. Es geht um Schulbücher (Mehrbedarf  Paragraph 21 Abs. 6a SGB II) und die Teilhabepauschale in Höhe von 15€ monatlich (Paragraph 28 Abs. 7 SGB II).

Diese Anträge sind unabhängig von der endgültigen Festsetzung.

Sensoriker

Zitat von: TripleH am 16. März 2024, 17:34:13Eine solche Regelung gibt es nicht. Es, gab eine Regelung, dass einmalige Einnahmen im oder ab dem Folgemonat anzurechnen sind, wenn im Monat des Zuflusses Leistungen bereita erbracht wurden. Das hat aber nie für BK und HK Guthaben gegolten. Da gilt nur § 22 Absatz 3 SGB II.

Das widerspricht sich.
Genau das sagt ja § 22 Absatz 3 SGB II
BK und HK Guthaben werden im Monat nach dem Zufluss angerechnet. Erfolgte die Auszahlung der Leistungen schon, dann im folgenden Monat.
Wer sich beim JC nicht wehrt hat schon verloren
Meine Antworten basieren auf eigenen Erfahrungen mit dem JC sowie auf der Lektüre zahlreicher Threads auf diesem (und ein paar anderen) Boards.
Ansonsten halte ich es wie beim Lotto. Alle Antworten ohne Gewähr.

Ottokar

Änderung innerhalb des vorläufigen Bewilligungszeitraumes müssen nur dann berücksichtigt werden, wenn der sich daraus ergebende Leistungsanspruch höher ist als der vom Einkommen nach § 11b Abs. 3 SGB II abzusetzende Freibetrag (§ 41a Abs. 2 S. 2 SGB II).
Wenn bei der abschließenden Entscheidung das Betriebskostenguthaben korrekt im Folgemonat berücksichtigt wird, ist § 22 Abs. 3 SGB II damit Genüge getan.
§ 41a Abs. 6 SGB II ist keine lex specialis zu § 50 SGB X und regelt keinen eigenständigen Erstattungsanspruch.
Im Übrigen wird in § 41a Abs. 6 S. 3 SGB II (ebenfalls) geregelt, dass eine Überzahlung nur zu erstatten ist, wenn sie insgesamt mindestens 50 Euro für die Bedarfsgemeinschaft beträgt.
Ob sich hier eine zu erstattende Überzahlung oder eine Nachzahlung ergibt, hängst sowohl vom tatsächlichen Einkommen, dem Betriebskostenguthaben sowie den höheren Betriebskostenvorauszahlungen ab. Das alles ergibt sich in der Gesamtbetrachtung gegenüber der vorläufigen Bewilligung.
Jeder Monat wird separat neu berechnet, die Differenz zwischen vorläufig und abschließend bewilligter Leistung ermittelt und abschließend alle Differenzen saldiert. Wenn im Ergebnis eine Überzahlung von mind. 50€ herauskommt, muss diese erstattet werden. Ist die Überzahlung geringer als 50€, muss diese nicht erstattet werden.
Ergibt sich insgesamt ein höhere Anspruch als vorläufig bewilligt, somit eine Nachzahlung, muss diese - unabhängig von der Höhe - ausgezahlt werden.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


TripleH

Zitat von: Sensoriker am 17. März 2024, 11:13:35Das widerspricht sich.

Ich habe dem TE erklärt, dass es die von ihm benannte Regelung, dass etwas im übernächsten Monat angerechnet wird, wenn Leistungen im Folgemonat schon ausgezahlt wurden, nie gab, sondern die gab es nur nur für Zuflussmonat und Folgemonat. Und dann habe ich erklärt, dass das, ob nun richtig oder falsch sowieso nicht auf Betriebskostenguthaben zutrifft, weil dort ausschließlich § 22 Absatz 3 SGB II gilt.

Der TE scheint es ja verstanden zu haben.

Sensoriker

Mal als Beispiel
Zufluss Guthaben 29.Juli / Anrechnung (nach § 22 Absatz 3 SGB II) nächster Monat (August).
Leistungen für August schon angewiesen = keine Anrechnung August möglich.
Ergo Anrechnung übernächster Monat (September)
Wer sich beim JC nicht wehrt hat schon verloren
Meine Antworten basieren auf eigenen Erfahrungen mit dem JC sowie auf der Lektüre zahlreicher Threads auf diesem (und ein paar anderen) Boards.
Ansonsten halte ich es wie beim Lotto. Alle Antworten ohne Gewähr.

TripleH

Falsch. Das Guthaben ist immer ab dem Folgemonat der Gutschrift anzurechnen. Wenn das Bürgergeld für den Folgemonat schon ausgezahlt wurde, gibt es einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid oder, wie hier, im Rahmen der endgültigen Festsetzung einen Erstattungsbescheid.

Die Regelungen des § 11 SGB II gelten hier nicht. Es gilt, was § 22 Absatz 3 SGB II regelt:

Zitat(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift

Im Übrigen ist das mit dem Folgemonat doch eh gestrichen worden, vergleiche bitte die Fassungen von § 11 Absatz 3 SGB II selbst:


https://www.buzer.de/gesetz/2602/al177763-0.htm