Ratgeber Kürzung des ALG II bei Sanktionen

Begonnen von Ottokar, 15. November 2008, 13:02:26

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Ottokar

Sanktionen nach SGB II § 31 sind rechtlich nur zulässig, wenn:
- der zugrunde liegende Verwaltungsakt rechtmäßig war,
- ein in § 31 Abs. 1 SGB II genannter Grund für die Pflichtverletzung vorliegt,
- der Betroffene zuvor einzelfallbezogen über die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung belehrt wurde,
- zuvor eine Anhörung nach § 24 SGB X durchgeführt wurde,
- kein wichtiger Grund für die Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II vorlag, der die Pflichtverletzung entschuldigt,
- die Feststellung der Minderung innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung erfolgt.

Beispiele für wichtige Gründe sind in SGB II § 10 und der Handlungsanweisung dazu aufgeführt.
Diese Gründe sind jedoch nicht abschließend, d.h. es können auch weitere Gründe wichtig sein, was immer eine Einzelfallprüfung erfordert.

Bei Sanktionen die erkennbar ungerechtfertigt sind, sollte man schr. Widerspruch dagegen einlegen und gleichzeitig beantragen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung gegenüber dem Kürzungsbescheid haben soll. Im Widerspruchsverfahren heist das konkret "Aussetzung der Vollziehung" und ist in § 86a Abs. 3 SGG geregelt.
Das Problem bei Widersprüchen ist, dass diese gemäß § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben, d.h. selbst eine rechtswidrige Leistungskürzung darf durchgeführt werden.
Sollte das Jobcenter den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ablehnen oder nicht bearbeiten, sollte man die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegenüber dem Kürzungsbescheid beim Sozialgericht als Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz stellen.
Nur wenn die aufschiebende Wirkung bzw. Aussetzung der Vollziehung angeordnet wurde, darf die Sanktionen nicht vollzogen, d.h. das Bürgergeld nicht gekürzt werden.

Es darf nur die Leistung der Person gekürzt werden, welche die Pflichtverletzung begangen hat.
Der Kürzungsbetrag bemisst sich nach der für diese Person maßgebenden Regelleistung, nicht nach der tatsächlich gezahlten.
Die Dauer und Höhe der Sanktionen wegen Meldepflichtverletzungen nach § 32 SGB II beträgt 10% und dauert einen Monat.
Die Dauer und Höhe der Sanktionen wegen Pflichtverletzungen nach § 31 SGB II sind gestaffelt.
Die Sanktion bei einer ersten Pflichtverletzung beträgt 10% der maßgebenden Regelleistung und dauert einen Monat, bei einer weiteren (zweiten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 20% und dauert 2 Monate, bei jeder weiteren (ab der dritten) Pflichtverletzung beträgt die Sanktion 30% und dauert 3 Monate.
Um eine weitere Pflichtverletzung handelt es sich nur dann, wenn der Beginn des letzten Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
Die Sanktionshöhe ist insgesamt auf 30% der maßgebenden Regelleistung begrenzt und darf die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht mindern (§ 31a Abs. 4 SGB II).
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.