Nun, bald klingelte das Jobcenter an der Tür. Ich sagte, dass ich weiß, dass ich die Herrschaften nicht in meine Wohnung lassen müsse. Sie teilten mir mit, dass dies ein Irrglaube sei.
Dazu mal reingereicht :
Ein Hausbesuch ist nur in besonders begründeten Fällen zulässig. Immer dann, wenn sich die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale bezogen auf den einzelnen Sachverhalt nicht anderweitig (Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit) ermitteln lassen.
Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf der Leistungsträger daher nur geeignete, erforderliche und angemessene Mittel zur Zielerreichung einsetzen. Daher ist ein „Hausbesuch“ weder erforderlich noch angemessen , wenn nicht zunächst weniger belastende Mittel zumindest versucht wurden.
Sollte aus Sicht des Leistungsträgers ein - wie auch immer gearteter - Klärungsbedarf bestehen, hat dieser diesen dem Leistungsempfänger konkret darzulegen und im Einklang mit § 67a Abs. 2 S. 1 SGB X zunächst persönlich zu befragen, bevor ein Hausbesuch zulässig ist.
Die Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 3a SGB II beruft sich auf § 20 SGB X, den Untersuchungsgrundsatz. Nach diesen Abs. 2 hat der Leistungsträger auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen; nach der Gesetzesbegründung dort [BT-Dr. 8/2034, 32] bedeutet der Untersuchungsgrundsatz nicht, jede Behauptung des Betroffenen müsste bezweifelt werden und könne erst dann zugrunde gelegt werden, wenn sie bewiesen ist.
Dazu auch ein Auszug vom : SG Lübeck vom 14.02.2008 - S 27 AS 106/08 ER
Durch einen Hausbesuch werden grundrechtlich geschützte Positionen des Bürgers mehr als nur unerheblich berührt, nämlich zum einen die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und zum anderen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des so genannten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs.1 GG).
In diese Positionen darf nur auf Grund einer gesetzlich normierten Grundlage eingegriffen werden, wenn der Betroffene dem Verwaltungshandeln nicht von sich aus zustimmt (vgl. Art. 13 Abs. 7, 2 Abs. 1 GG). Verweigert der Grundrechtsbetroffene die Zustimmung zur Durchführung eines (unangekündigten) Hausbesuchs, so kann hieran für den Hilfebedürftigen nur dann eine negative Rechtsfolge geknüpft werden, wenn und soweit eine Rechtsgrundlage hierfür ersichtlich wäre.
Eine Rechtsgrundlage im Sinne einer Befugnisnorm für die Durchführung eines (unangekündigten) Hausbesuches durch die Antragsgegnerin existiert nach geltender Gesetzeslage jedoch nicht. Im SGB II selbst fehlt eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung, Hausbesuche vornehmen zu können.
Eine solche ergibt sich nicht aus § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift soll ein Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch eingerichtet werden. Eine Befugnis zur Durchführung eines (unangekündigten) Hausbesuchs kann hieraus indes nicht abgeleitet werden, denn es handelt sich nicht um eine Eingriffsermächtigung, sondern lediglich um eine Kompetenz- bzw. Organisationsnorm.
Diese Art der Norm lässt bereits ihrem Wortlaut nach keine Eingriffe in grundrechtlich geschützte Positionen eines Bürgers zu. Auch aus ihrer Existenz kann ein Recht der Behörde zum Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung oder aber das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht hergeleitet werden, denn der Schluss von einer Kompetenznorm auf eine behördliche Befugnis verletzt den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes als besondere Ausprägung des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) in eklatanter Art und Weise. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 26.02.2002 – 1 BvR 558/91 u. a., BVerfGE 105, 252 ff. = NJW 2002, 2621 ff. "Glykolwein") hat Ausnahmen von diesem Grundsatz nur insoweit gebilligt, als es um das nicht wahrheitswidrige Informationshandeln der Bundesregierung in der Öffentlichkeit als verfassungsimmanente Aufgabe der Staatsleitung (vgl. Art. 65 GG) geht. Ein solcher Fall ist hier jedoch offensichtlich nicht gegeben.
Auch eine systematische Auslegung ergibt, dass der Antragsgegnerin als Leistungsträger nicht über eine Befugnis zur Durchführung eines Hausbesuchs verfügt. Eine solche Befugnis ist in anderen Bereichen des Sozialgesetzbuchs durchaus bekannt. So findet sich eine spezielle Regelung in § 18 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI).
Aus dem aktuellen Münder LPK-SGB II; hier Bearbeiter Armborst im Anhang Verfahren Randnummer 17, hier kursiv:
Insbesondere gehört die Zustimmung zum Hausbesuch NICHT zu den in den §§ 60 bis 65a SGB I aufgezählten Mitwirkungspflichten, weshalb auch eine Leistungsverweigerung nach Maßgabe des §66 SGB I NICHT zulässig ist.
SG Lübeck vom 14.02.2008 - S 27 AS 106/08 ER- >>>
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=78018"Eine Bedarfsgemeinschaft kann bei Vorliegen ihrer gesetzlichen Voraussetzung auch bei kürzerem als einjährigem Zusammenleben angenommen werden, so dass die Möglichkeit besteht, bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen bereits vom ersten Tag des Zusammenlebens von einer derartigen Bedarfsgemeinschaft auszugehen."
Nachtrag dazu:
Die Vermutung einer Einstandsgemeinschaft (grundlegend dazu BVerfG Urt. vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 – BVerfGE 87, S. 234 ff., 265) wird nach einem Jahr nach § 7 Absatz 3a Nummer 1 SGB 2 durch ein
"zusammen leben" begründet,
nicht allein durch ein bloßes "zusammen wohnen". Das "zusammenleben" muss geeignet sein, den Schluss auf das Bestehen einer Einstandsgemeinschaft zu
begründen (LSG NSB L 9 AS 439/07 ER).
Dazu muss wenigstens eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehen (SG LG S 41 AS 1782/07 ER ).
Eine bloße Wohngemeinschaft muss also auch nach einem Jahr "zusammen wohnen" nicht beweisen, dass die Bewohner keine Einstandsgemeinschaft bilden (LSG NSB L 9 AS 349/06 ER und LSG NSB L 9 AS 439/07 ER).Da hier also nur ein zusammen Wohnen vorliegt, berechtigt den Leistungsträger nicht eine Haushalts-und Wirtschaftgemeinschaft zu unterstellen.
Selbst beim Vorliegen der Vermutenstatbestände muss berücksichtigt werden, dass eine Partnerschaft dann nicht( mehr) besteht, wenn jemand sein Einkommen und Vermögen ausschließlich zur Befriedigung persönlicher Bedürfnisse oder Erfüllung eigener Verpflichtungen, insb. Schuldentilgung, verwendet (BVerFg,aaO., Rn.63).