Viele Mitarbeiter von Jobcentern sind für ihre Klienten nicht direkt erreichbar. Kläger in mehreren Großstädten wollten das ändern, scheiterten nun aber vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Jobcenter müssen keine Telefonlisten ihrer Mitarbeiter herausgeben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und damit mehrere Klagen zurückgewiesen.
-->> http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jobcenter-duerfen-durchwahlen-von-mitarbeitern-verheimlichen-a-1117603.html
Wie von einem andern Stern – Außerirdische beim Bundesverwaltungsgericht?
Richter sehen in der Veröffentlichung von Diensttelefonnummern Gefährdungspotential für Funktionsfähigkeit der Behörde und den Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Jobcentern.
In einer eigenen Presseerklärung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verfahren BVerwG, 20.10.2016 - 7 C 20.15 heißt es wörtlich:
,,Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden."
http://www.lokalkompass.de/iserlohn/politik/erreichbarkeit-im-jobcenter-telefonnummern-bleiben-weiter-unter-verschluss-d706790.html (http://www.lokalkompass.de/iserlohn/politik/erreichbarkeit-im-jobcenter-telefonnummern-bleiben-weiter-unter-verschluss-d706790.html)
Wenn man bei uns einen Antrag auf Alg2 stellt, bekommt man unaufgefordert eine Karteikarte, auf der Namen und Telefonnummern der zuständigen SB für Leistung und Arbeitsvermittlung drauf stehen. Ich habe es probiert, sie gehen auch ans Telefon und geben Auskunft. :ok:
Wozu werden die Telefonnummern denn eigentlich benötigt; mit dem Jobcenter soll man doch eh nicht telefonieren?
Akteneinsicht anfordern . dort steht die Tel. Nr. eures SB :ok:
Als es damals lautete, die SB´s müssen ihre Telefonnr. offenlegen gab es Listen, auch hier.
Ich finde es allerdings nicht, vielleicht jemand anderes... das war ein Link vom JC,
da mußte man den Ort eingeben u. bekam alle SB´s aufgelistet von den einzelnen Jobcentern.
Da hatte ich auch meine SB´s gefunden.
Zitat von: löwe am 24. Oktober 2016, 20:06:28Akteneinsicht anfordern . dort steht die Tel. Nr. eures SB :ok:
Wie kommst du darauf?
Bundesverwaltungsgericht zu Jobcenter Telefonlisten
Veröffentlichung stellt eine "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" dar
Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen, so das BVerwG im O-Ton.
Ich hatte in der Vergangenheit von einer Reihe Jobcenterleitern höchstpersönlich die Telefonlisten übersandt bekommen, dabei wurde mir sinngemäß erklärt, dass sie die Veröffentlichung begrüßen, da es sich um ,,Existenz sichernde Leistungen handelt und die Bürger einfach den unmittelbaren Zugang zu der Behörde benötigen, nur so können wir sachgerecht unseren gesetzlichen Auftrag umsetzen" schrieb mir mal ein JC Leiter.
Die telefonische Erreichbarkeit eines JC würde also die Funktionsfähigkeit gefährden. Das ist ja wohl eine Frage der Definition von Funktionsfähigkeit. "Funktionsfähig" im Sinne von abschreckend, abblockend durch Nichterreichbarkeit ist dann sicher gegeben. Einige JC's, die sich nicht hinter Callcentern verstecken, haben feste Telefonzeiten und da klappt es mit der Erreichbarkeit und die Arbeitsfähigkeit der JC's ist durchaus gegeben.
In der Argumentation des BVerwG sind die JC Mitarbeiter durch Bekanntwerden ihrer (dienstlichen!) Telefonnummer ungeschützt. Ungeschützt vor was? Welches Bild vom Hilfeempfänger steckt dahinter? Wenn man der Argumentation des Gerichts folgen würde, müsste aber sofort jeder JC–Mitarbeitername unkenntlich gemacht werden und eine PaP Nummer - Persönlicher Ansprechpartner im Sinne des § 14 Abs. 3 SGB II in der Fassung ab 01.08.2016 (!) - vergeben werden.
Also mir fällt da nichts mehr ein, zu einer solchen fast schon kranken und obrigkeitshörigen Argumentation in diesem Urteil.
Ich kann mir nur wünschen, dass die Kläger den Vorgang auch noch bis zum Ende bringen und zum BVerfG gehen. Aus meiner Sicht ist es ein Skandalurteil, welches eigentlich keinen Bestand haben darf in einem demokratischen Staat, aber realistischerweise leider vermutlich haben wird.
BVerwG Urteile jeweils vom 20.10.2016 – AZ: 7 C 20.15 / 7 C 23.15 / 7 C 27.15 / 7 C 28.15
BVerwG Pressemitteilung --> http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2016&nr=86
Der Spiegel --> http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/jobcenter-duerfen-durchwahlen-von-mitarbeitern-verheimlichen-a-1117603.html
Artikel in Heise --> http://www.heise.de/tp/artikel/49/49774/1.html
Das BVerfGE hat formuliert: ,,Daneben weist die Informationsfreiheit eine individualrechtliche, aus Art. 1 Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitete Komponente auf ... Das Grundrecht der Informationsfreiheit ist wie das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie ..." (BVerfGE 21, 81)
Jetzt wird das Bundesverfassungsgericht beim Wort zu nehmen sein, ob es dieses Recht auch bei Jobcenter Telefonlisten sieht oder ob das Individualrecht vor der behaupteten Staatsräson zurückzustehen hat.
(Zitat und Quelle: Harald Thomé - Newsletter vom 22.10.2016)