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Hilfebereich => Fragen und Antworten zu anderen Sozialleistungen => Thema gestartet von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44

Titel: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44
Hallo zusammen,

ich bin aktuell in einer sehr schwierigen Situation:

Ich arbeite bei Kleinkindern und kann nicht geimpft werden.
Aufgrund der Komplexität dieser Situation und der sowieso bestehenden massiven Überforderung in dieser Einrichtung
bin ich seit fast 9 Monaten arbeitsunfähig krank geschrieben.

Ich habe einen Antrag bei der BfA auf berufliche Reha gestellt (ich bin 60 Jahre alt)  -
dieser wurde erstmal abgelehnt (was Usus sein soll, wie ich hörte)
Dagegen habe ich Widerspruch eingelegt.

In die aktuelle Arbeitsstelle werde ich , selbst wenn ich nicht mehr so "unten" bin seelisch,
nicht zurückkehren können,
da ich nicht geimpft werden kann.

Ich überlege mir, selber zu kündigen (das Krankengeld läuft ja auch im Juni 22 aus)
weil ich diese "Zwischensituation" fast nicht mehr aushalte.

Dann bekäme ich wenigstens ganz klar AlG 1 für einige Zeit.

Jedoch, wenn ich selber kündige, werde ich ja gesperrt ...

Tritt in diesem Fall die Grundsicherung "auf den Plan"?
und was muss ich für Hin & Her befürchten, wenn ich die Situation der ARbeitslosigkeit selber initiiert habe?

Das Sozialamt in meiner Stadt ist dafür bekannt, dass es sehr ungerechte, verzögterte und unrechte Entscheidungen trifft

Für Euer Mitdenken bedanke ich mich schon jetzt

Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: Sheherazade am 09. September 2021, 12:48:28
Zitat von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44
Ich überlege mir, selber zu kündigen (das Krankengeld läuft ja auch im Juni 22 aus)
weil ich diese "Zwischensituation" fast nicht mehr aushalte.

Dann bekäme ich wenigstens ganz klar AlG 1 für einige Zeit.

Du brauchst nicht zu kündigen um nach dem Krankengeld ALGI zubekommen. Lass es einfach weiterlaufen, vor Ende des Krankengeldes stellst du einen Antrag auf ALGI unter Berufung auf die Nahtlosigkeitsregelung - ganz wichtig: weiter arbeitsunfähig schreiben lassen. Die Agentur für Arbeit wird dann schon zusehen, dass sie dich in Erwerbsminderungsrente bekommen. Dein Noch-AG kann dich dann auch noch irgendwann offiziell entlassen.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: Gast50820 am 14. Oktober 2021, 10:02:35
Ich würd nie selbst kündigen, das kann ganz nach hinten losgehen. Das JC fragt ja sogar, wenn man fristgemäß in der Probezeit gekündigt wurde. Das Jobcenter ist so einer Art Privatdetektei geworden. Was kann ich denn dafür, wenn mich die Firma kündigt? Mehr als arbeiten kann ich nicht. Bei fristloser Kündigung würde ich diese ganzen Fragebögen des JCs verstehen, aber so!?
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:01:43
Zitat von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44In die aktuelle Arbeitsstelle werde ich , selbst wenn ich nicht mehr so "unten" bin seelisch,
nicht zurückkehren können,
da ich nicht geimpft werden kann.
erst einmal Kündigen lassen.
Zitat von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44Ich überlege mir, selber zu kündigen (das Krankengeld läuft ja auch im Juni 22 aus)
weil ich diese "Zwischensituation" fast nicht mehr aushalte.

Dann bekäme ich wenigstens ganz klar AlG 1 für einige Zeit.

Jedoch, wenn ich selber kündige, werde ich ja gesperrt ...
ein Viertel deines ALG1 anspruches wäre weg, mindestens 12 Wochen ohne besondere Kündigungsgründe.
Zitat von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44Tritt in diesem Fall die Grundsicherung "auf den Plan"?
und was muss ich für Hin & Her befürchten, wenn ich die Situation der ARbeitslosigkeit selber initiiert habe?
Beim JC kann eine 30% Sanktion bei einer ALG 1 Sperre möglich sein.
Zitat von: Fragender2020 am 09. September 2021, 12:44:44Das Sozialamt in meiner Stadt ist dafür bekannt, dass es sehr ungerechte, verzögterte und unrechte Entscheidungen trifft
Sozialamt ist ja noch nicht relevant oder ?
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: BigMama am 23. Oktober 2021, 19:12:29
Zitat von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:01:43ein Viertel deines ALG1 anspruches wäre weg, mindestens 12 Wochen ohne besondere Kündigungsgründe.
Eine Sperrzeit betrifft immer den vollen Alg I Satz. Bei Eigenkündigung ohne wichtigen Grund wird 12 Wochen gar kein Alg I ausgezahlt.
Parallel dazu wird auch das Alg II um 30 Prozent gemindert.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:37:06
Zitat von: BigMama am 23. Oktober 2021, 19:12:29
Zitat von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:01:43ein Viertel deines ALG1 anspruches wäre weg, mindestens 12 Wochen ohne besondere Kündigungsgründe.
Eine Sperrzeit betrifft immer den vollen Alg I Satz. Bei Eigenkündigung ohne wichtigen Grund wird 12 Wochen gar kein Alg I ausgezahlt.
Parallel dazu wird auch das Alg II um 30 Prozent gemindert.
ich schrieb ja Anspruchsdauer nicht ALG 1 Satz.
Bei einer zwölfwöchigen Sperrzeit vermindert sich die Anspruchsdauer außerdem mindestens um ein Viertel, also bei einer Anspruchsdauer von 32 Monaten um acht Monate. Werden Sperrzeiten von mindesten 21 Wochen verhängt, erlischt der Anspruch auf Arbeitslosengeld komplett.
https://www.alg-i.de/sperrzeiten.html
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: am 25. Oktober 2021, 07:07:07
Zitat von: BigMama am 23. Oktober 2021, 19:12:29
Zitat von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:01:43ein Viertel deines ALG1 anspruches wäre weg, mindestens 12 Wochen ohne besondere Kündigungsgründe.
Eine Sperrzeit betrifft immer den vollen Alg I Satz. Bei Eigenkündigung ohne wichtigen Grund wird 12 Wochen gar kein Alg I ausgezahlt.
Parallel dazu wird auch das Alg II um 30 Prozent gemindert.

+ Ersatzanspruch
https://dejure.org/gesetze/SGB_II/34.html
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: CCR am 28. Oktober 2021, 00:31:48
Zitat von: Nö am 25. Oktober 2021, 07:07:07
Zitat von: BigMama am 23. Oktober 2021, 19:12:29
Zitat von: CCR am 23. Oktober 2021, 19:01:43ein Viertel deines ALG1 anspruches wäre weg, mindestens 12 Wochen ohne besondere Kündigungsgründe.
Eine Sperrzeit betrifft immer den vollen Alg I Satz. Bei Eigenkündigung ohne wichtigen Grund wird 12 Wochen gar kein Alg I ausgezahlt.
Parallel dazu wird auch das Alg II um 30 Prozent gemindert.

+ Ersatzanspruch
https://dejure.org/gesetze/SGB_II/34.html

Als quasi-deliktischer Anspruch setzt der Ersatzanspruch nach § 34a Abs 1 Satz 1 SGB II voraus, dass ein Verhalten der in Anspruch genommenen Person im Sinne der spezifisch sozialrechtlichen Theorie der wesentlichen Bedingung ursächlich für eine rechtswidrige Leistungserbringung gewesen ist. Hier ist weder ein aktives Tun (Mitwirkung bei der Antragstellung) noch ein Unterlassen (unterlassene Sichtung der Kontoauszüge und Information des Beklagten) des Klägers als wesentlich ursächlich für die rechtswidrige Leistungserbringung gewesen. Überragende Bedeutung hatte bei wertender Betrachtung das Verhalten des Beklagten. Wie vom LSG zu Recht angenommen, hätte dieser bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Leistungsantrags die Angabe einer zweijährigen beitragspflichtigen Beschäftigung, die auf einen Anspruch auf Alg I hindeutete, wegen § 12a Abs 1 Satz 1 SGB II und § 5 Abs 3 SGB II zum Anlass nehmen müssen, den Sachverhalt vor der endgültigen Bewilligung von Alg II weiter zu prüfen.
https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2021/2021_05_12_B_04_AS_66_20_R.html

Leitsätze:
1. Voraussetzung für den Ersatzanspruch nach § 34 SGB II ist, dass die Leistungen, für die ein Ersatz geltend gemacht wird, rechtmäßig gewährt wurden, d.h. mit dem materiellen Recht in Einklang standen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der Gesetzessystematik, einer historischen Auslegung sowie nach dem Willen des Gesetzgebers. (Rn. 28 – 32)
2. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, wenn die Leistung nicht zu gewähren war, weil der Kläger über verwertbares Vermögen verfügte. Auf die Frage, ob dem Kläger ein sozialwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann, kommt es dann nicht an. (Rn. 33)
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2019-N-31450?hl=true
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: CCR am 28. Oktober 2021, 01:39:34
ein Herbeiführen iS des § 34 Abs 1 Satz 1 SGB II aF nicht damit begründen, dass die Hilfebedürftigkeit des Klägers und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen bereits durch den Abschluss des Arbeitsvertrags im Februar 2011 entfallen und deshalb durch die Aufgabe der Arbeitstätigkeit im Februar 2011 neu entstanden sei. Denn für das Entfallen der Hilfebedürftigkeit kommt es nicht auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags, sondern auf den Zufluss bereiter Mittel zur Deckung des Lebensunterhalts im jeweiligen Monat an (zu bereiten Mitteln zur Existenzsicherung vgl nur BSG Urteil vom 19.8.2015 - B 14 AS 43/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 74 RdNr 15 f; zum im SGB II maßgebenden Monatsprinzip vgl nur BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 27 sowie BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 36/13 R - BSGE 117, 179 = SozR 4-4200 § 37 Nr 7, RdNr 25). Auch nach dem Vorbringen des Beklagten war indes ein Zufluss von Einkommen beim Kläger aus dem im Februar 2011 begründeten Arbeitsverhältnis erst im Folgemonat zu erwarten.
https://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/portal/t/19ke/page/bsjrsprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=10908&fromdoctodoc=yes&doc.id=KSRE140841508&doc.part=L&doc.price=0.0&doc.hl=1#focuspoint
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: madinksa am 28. Oktober 2021, 09:08:57
Wenn Du nachweislich nicht geimpft werden kannst und nicht mehr dort arbeiten möchtest, könntest Du auch versuchen, Dich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung zu einigen. Einfach kündigen wird für den Arbeitgeber schwer. Er muss zunächst einen zumutbaren Alternativ-Arbeitsplatz suchen und anbieten.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: Fouxie am 28. Oktober 2021, 10:08:27
ZitatDich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung zu einigen

Ein Auflösungsvertrag führt nur dann zu keiner Sperre, wenn damit eine Kündigung vermieden wird, d.h. der AG muß als Begründung für den Auflösungsvertrag die Vemeidung einer Kündigung angeben.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: mousekiller am 28. Oktober 2021, 11:40:13
Bei Eigenkündigung besprich dich erst mit deinem Arzt, ob er dir ein Attest ausstellt, dass die Arbeit dort nicht mehr zumutbar ist für dich. Das Attest reichst du gemeinsam mit der Kündigung und dem Antrag auf ALG 1 bei der Arbeitsagentur deines Wohnortes ein.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: kämpfer am 28. Oktober 2021, 12:49:40
Ich würde auch mit dem Arzt sprechen, ob er ggf. ein Attest ausstellt.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: jordan2sheepy am 13. Dezember 2021, 20:46:23
kein arzt der welt stellt inzwischen mehr impfunfaehigkeitsatteste aus, das waere ja fuer die staatsanwaltschaft ne einladung zu einer praxisdurchsuchung  :lachen:
obwohl warte es geht um die masern impfung oder? dann ist das was ich gesagt habe quatsch.
waere ja wirklich praktischer dein arbeitgeber kuendigt dich.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: justine1992 am 13. Dezember 2021, 21:01:01
Zitat von: jordan2sheepy am 13. Dezember 2021, 20:46:23kein arzt der welt
Doch, denn obwohl Leute wie Du alles geben, um alles unglaubwürdig zu machen, gibt es Menschen, die WIRKLICH nicht geimpft werden KÖNNEN und auch welche, die WIRKLICH keine Maske tragen KÖNNEN.
Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: Fragender2020 am 22. Januar 2022, 19:38:07
Hallo zusammen,

ich sehe, dass Ihr hier zahlreich geantwortet habt und bedanke mich herzlich.

Mir ging es seelisch sehr schlecht, daher habe ich "es schleifen lassen".

Meine Situation hat sich inzwischen geändert,
denn

1) hat mir die Krankenkasse ohne dies als Bescheid zu bezeichnen, mitgeteilt, dass ich am 07.03.2022 ausgesteuert werde.
Dies ist mir ein Rätsel, da ich nach meinen Berechnungen doch noch ein wenig länger Krankengeld bekommen müsste. Ich habe diesem Nicht-Bescheid widersprochen und bis 25.01.2022 klare Auskunft erbeten, wie sich dieses Datum ergibt.

2) habe ich den Antrag auf Schwerbehinderung gestellt.

3) hat die BfA dem Widerspruch stattgegeben und bezahlt die berufliche Reha. Gestern war ich bei dem Berater dort.
Ich kann mit Kindern gar nicht mehr arbeiten und im Sozialen Bereich nur bedingt - allerdings zahlt die BfA Eingliederungsbeihilfe für 6 Monate und gg.falls eine notwendige Fortbildung.

dh.
a) ich nehme Kontakt mit meinem aktuellen AG (Betriebsrat) auf, der ca. 500 Arbeitsplätze im soz. Bereich hat und frage nach, ob ich umgesetzt werden kann.
b) ich melde mich arbeitslos mit der aktuellen Einschätzung des BfA Beraters .

Zur Arbeitslosmeldung habe ich noch eine Frage - dazu muss ich bis Dienstag auf die Antwort der KK warten.


Ist mein AG verpflichtet, mir für das abgelaufen Kalenderjahr den Urlaub auszuzahlen?

Viele Grüße und Danke  :smile:







Titel: Re: Selber kündigen und Sperrzeit
Beitrag von: CCR am 23. Januar 2022, 01:08:19
Der Urlaubsanspruch erlischt bei langer Krankheit grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahrs. Wenn du also im Jahr 2020 den Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen konntest, muß er spätestens bis zum 31.3.2022 genommen sein.