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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: drei am 09. November 2021, 19:59:44

Titel: Erbe steht an
Beitrag von: drei am 09. November 2021, 19:59:44
Hallo,

bin ALG 2 Empfänger und am 15.10.2021 mein Vater ist verstorben (Mutter ist 2007 verstorben) und ich bin lt. Testament alleiniger Schlusserbe.
Nun ist es aber so, dass da noch ein Sohn meines Vaters aus erster Ehe irgendwo ist - lt. Sachbearbeiter des Amtsgerichts wird der aber bereits über das Standesamt gesucht (ist Pflichtanteil berechtigt). Der Sachbearbeiter des Amtsgerichts meinte am Telefon dann nur, dass dieser Sohn - sofern er gefunden wird - zu mir geschickt wird, um seinen Pflichtanteil zu erhalten.

Am 28.10.2021 war beim Amtsgericht Testamentseröffnung und am 30.10.2021 war das gesamte Schreiben (Anschreiben, Testamentseröffnung, Protokoll, Kopie Testament) in meinem Briefkasten. Habe das mit dem Testament aber noch nicht dem ALG 2 Amt gemeldet, weil ja noch nicht die sechs Wochen vorbei sind, in denen ich das Erbe ja noch ausschlagen kann. Oder habe ich mit dem nicht melden bereits einen Fehler begangen?

Der Gesamterbe beträgt abzgl. der Bestattungskosten und Schlussrechnung Intensivpflegeheim ca. 25.000 €.
Da aber mein Cousin vor ca. drei Jahren als Nachlassverwalter eingesetzt wurde (ich wohne über 400 km entfernt), wird sich das mit dem Geld auf Sparbuch und Girokonto sicher noch eine Weile hinziehen, da der Cousin die Bestattung (am 12.11.2021 - diese Rechnung ist quasi noch offen) organisiert hat und auch noch seinen Abschlussbericht schreiben muss.
Es liegen lt. Bank keine Vollmachten für Girokonto und Sparbuch vor (diese Auskunft und auch die über die Geldbeträge habe ich nach Legitimierung und Vorlage des Testaments von der Bank bekommen). Mein Cousin musste wegen jeder Rechnung des Pflegeheimes zum Gericht und sich dort diese Rechnungen immer bestätigen lassen, um dann damit zur Bank zu gehen um die Überweisung zu tätigen.

Wie muss ich mich jetzt verhalten und schaffe ich das nur mit oder auch ohne Anwalt?
Was bleibt mir von diesem Erbe?
Soll ich mich abmelden vom Amt?
Kann ich meinen gesamten Anteil auch in meine Altersversorgung investieren (bin 61 Jahre alt) und kann weiterhin ALG 2 empfangen?
Was passiert, wenn der Sohn aus erster Ehe gefunden wird und was passiert, wenn dieser Sohn nicht gefunden wird mit dessen Anteil?

Danke schonmal.

Bin mit den Nerven fast am Ende.




Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: crazy am 09. November 2021, 20:35:52
Du bekommst die 25.000. Meldet sich der Sohn noch irgendwann müsstest Du ihm was abgeben.
Schlusserbe heißt, dein Vater hatte erstmal alles von deiner Ma?
Du musst das Erbe und den Zufluss melden. Demnach könntest Du von den 25.000 ca 1 Jahr ohne Alg2 auskommen.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: drei am 10. November 2021, 05:59:30
Zitat von: crazy am 09. November 2021, 20:35:52
Meldet sich der Sohn noch irgendwann müsstest Du ihm was abgeben.

Wie viel ist denn was abgeben?
Meiner bisherigen Recherche nach sind das als Pflichtteilempfänger 50% - sprich ca. 12.500,- € Pflichtteil, oder?

ZitatDemnach könntest Du von den 25.000 ca 1 Jahr ohne Alg2 auskommen.

Interessiert es das Amt, dass da noch ein Pflichtteilempfänger (gesetzlicher Pflichtteil) irgendwo ist bzw. irgendwo sein könnte, oder sieht das Amt nur das Gesamterbe (25.000 €) und dass ich per sofort ausschließlich davon meinen Lebensunterhalt bestreiten muss? Und wenn dann doch der Pflichteilempfänger (der Sohn aus erster Ehe) bzw. (wenn es dann ganz dicke kommt) dessen Rechtsbeistand bei mir anklopft (bzw. in schriftlicher Form) und die 25.000 € bis dahin aufgebraucht sind, habe ich dann auf einmal 12.500 € Schulden am Hals?

Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: jeschik am 10. November 2021, 11:59:20
Zitat von: drei am 10. November 2021, 05:59:30Wie viel ist denn was abgeben?
Meiner bisherigen Recherche nach sind das als Pflichtteilempfänger 50% - sprich ca. 12.500,- € Pflichtteil, oder?
Als Pflichtteilberechtigter hätte er Anspruch auf die hälfte der 50 %, also demnach auf 25 %.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Sheherazade am 10. November 2021, 12:10:46
Der verschollene Sohn ist nur das Kind des zuletzt verstorbenen Ehepartners. Wenn TE tatsächlich der "Schlußerbe" ist, also auch das Erbe seiner Mutter jetzt bekommt, ist der Pflichtteilsanspruch des Halbbruders wahrscheinlich geringer. Aber ich bin nicht wirklich gut bewandert im Erbrecht, da sollte man einen Fachanwalt zu befragen, wenn der Pflichteilsanspruch geltend gemacht wird.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: jeschik am 10. November 2021, 12:19:49
Zitat von: Sheherazade am 10. November 2021, 12:10:46Der verschollene Sohn ist nur das Kind des zuletzt verstorbenen Ehepartners. Wenn TE tatsächlich der "Schlußerbe" ist, also auch das Erbe seiner Mutter jetzt bekommt, ist der Pflichtteilsanspruch des Halbbruders wahrscheinlich geringer.
Bisher war mir nicht bewusst, das Pflichtteilberechtigte unterschiedliche Ansprüche haben könnten.
Aber wie der TE schrieb, 50 % wird er sicher nicht abgeben müssen, das wäre ja bei zwei Haupterben die normale gesetzliche Erbverteilung.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Sheherazade am 10. November 2021, 12:21:26
Es sind aber nicht zwei Haupterben. Es gibt nur einen Erben laut Testament und einen Pflichtteilsberechtigten.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: jeschik am 10. November 2021, 12:26:17
Zitat von: Sheherazade am 10. November 2021, 12:21:26Es sind aber nicht zwei Haupterben. Es gibt nur einen Erben laut Testament und einen Pflichtteilsberechtigten.
Das ist mir schon kla und im normalfall hätte der TE demnach dann 75 % des Erbes und der Pflichtteilberechtigte 25%.
Aber wie sich das aufteilt, wenn der Pflichtteilberechtigte das Kind des zuletzt verstorbenen Ehepartners ist, weiss ich auch nicht.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: crazy am 10. November 2021, 12:42:29
https://vorsorgeweitblick.lv1871.de/2017/09/gemeinsamer-nachlass-die-wichtigsten-fragen-zum-berliner-testament/
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Sheherazade am 10. November 2021, 12:46:29
Zitat von: jeschik am 10. November 2021, 12:26:17
der Pflichtteilberechtigte 25%.

Vermutlich eher die Hälfte.

ZitatDer Pflichtteil vom Erbe berechnet sich nach den §§ 1924 bis 1936 BGB. Er beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Auch enterbte Ehegatten, Kinder und andere Erbberechtigte haben als Pflichtteilsberechtigte also Anspruch auf 50 Prozent ihres gesetzlichen Erbteils.
Quelle (https://november.de/ratgeber/erbe/pflichtteil-erbrecht/)

Dennoch muss der Pflichtteil erstmal geltend gemacht werden innerhalb der Verjährungsfrist.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: drei am 10. November 2021, 13:12:29
Na ja, ich bin der leibliche Sohn meiner bereits 2007 verstorbenen Mutter und quasi der Stiefsohn meines jetzigen verstorbenen Stiefvaters. Habe seinerzeit nur den Namen meines Stiefvaters angenommen (so stet es zumindest im 'Buch der Familie' - aber für mich war es trotzdem mein Vater)
Allerdings testamentarisch bin ich allein namentlich erwähnt.
Ich weiß echt nicht, ob das alles zur Berechnung des Pflichtteils relevant ist...

Und ganz doll gespannt bin ich darauf, was das Amt dazu sagt bzw. wie die das ausklamüsern wollen und ob das dann auch nach Recht und Gesetz ausgerechnet wird.
Also, dass ich derentwegen dann nicht in die Schulden gerate!

Am besten direkt zwei Anwälte - einen für Erbrecht und einen für Sozialrecht? Na dann ist wenigstens mein Anteil direkt aufgebraucht.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Sheherazade am 10. November 2021, 13:28:03
Zitat von: drei am 10. November 2021, 13:12:29
Ich weiß echt nicht, ob das alles zur Berechnung des Pflichtteils relevant ist...

Doch, ist es. Wobei die Berechnung des Pflichtteils erst in Angriff genommen wird, wenn dieser Pflichtteil auch geltend gemacht wird.

Für das Jobcenter ist dieser mögliche Pflichtteilsanspruch jetzt nicht relevant
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: drei am 10. November 2021, 13:32:25
Zitat von: Sheherazade am 10. November 2021, 13:28:03
Für das Jobcenter ist dieser mögliche Pflichtteilsanspruch jetzt nicht relevant

Also nehmen die als Berechnungsgrundlage für meinen Lebensunterhalt den Gesamtbetrag (25.000 €) des Erbes?
Und habe erst dann wieder Anspruch auf ALG 2, wenn das Gesamterbe aufgebraucht ist?
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Sheherazade am 10. November 2021, 13:47:51
Zitat von: drei am 10. November 2021, 13:32:25
Und habe erst dann wieder Anspruch auf ALG 2, wenn das Gesamterbe aufgebraucht ist?

Vermutlich, auf jeden Fall erst wieder nach 6-12 Monaten, je nachdem wie hoch dein Bedarf inklusive KV etc. derzeit ist.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: jordon am 10. November 2021, 16:47:21
Dem Cousin steht als Nachlasspfleger auch eine angemessene Vergütung zulasten des Nachlasses zu (§ 1915 Abs. 1 BGB).
So sah z.B. das OLG Thüringen gestaffelte Stundensätze zwischen 35 und 115 Euro als angemessen an (6 W 430/12 und 6 W 397/12).

Der jetzt gesuchte Sohn, hat ab Kenntnis des Erballes drei Jahre Zeit, seinen Pflichtteil beim Erben einzufordern.
Sollte dies eingefordert werden, muss der Erbe auf Verlangen ein Nachlassverzeichnis erstellen und den Pflichtteilsberechtigten aushändigen.
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Fettnäpfchen am 10. November 2021, 17:53:59
drei

Zitat von: drei am 09. November 2021, 19:59:44Was bleibt mir von diesem Erbe?
Soll ich mich abmelden vom Amt?
Es gibt nur eine Möglichkeit dass das JC das Erbe nicht anrechnet und das wäre:
Wenn du vor Zufluß des Erbes keinen WBA stellst und das Erbe erst auf dein Konto zufließt wenn du aus dem ALG 2 Bezug raus bist.
Dann hast du ja mit 61 J genug Geld das kein Anspruch auf ALG 2 besteht, hastdu dann nach entsprechenden Monaten nur noch dein Kapital in Höhe deines Schonvermögens über kannst du wieder ALG 2 beantragen.
Erben als ALG II Empfänger (http://hartz.info/index.php?topic=8.0)
ZitatIst das Erbe/Vermächtnis für einen ALG II-Empfänger Einkommen oder Vermögen?
hier Sonderfall aa
man sollte aber den kompletten Ratgeber lesen!

MfG FN
Titel: Re: Erbe steht an
Beitrag von: Wursti am 12. November 2021, 00:28:58
Zitat von: Fettnäpfchen am 10. November 2021, 17:53:59
drei

Zitat von: drei am 09. November 2021, 19:59:44Was bleibt mir von diesem Erbe?
Soll ich mich abmelden vom Amt?
Es gibt nur eine Möglichkeit dass das JC das Erbe nicht anrechnet und das wäre:
Wenn du vor Zufluß des Erbes keinen WBA stellst und das Erbe erst auf dein Konto zufließt wenn du aus dem ALG 2 Bezug raus bist.
Dann hast du ja mit 61 J genug Geld das kein Anspruch auf ALG 2 besteht, hastdu dann nach entsprechenden Monaten nur noch dein Kapital in Höhe deines Schonvermögens über kannst du wieder ALG 2 beantragen.
Erben als ALG II Empfänger (http://hartz.info/index.php?topic=8.0)
ZitatIst das Erbe/Vermächtnis für einen ALG II-Empfänger Einkommen oder Vermögen?
hier Sonderfall aa
man sollte aber den kompletten Ratgeber lesen!

MfG FN

Der Tipp ist gut, allerdings kann man Ärger bekommen, wenn das Erbe auch schon während des Bezugszeitraums hätte ausgezahlt werden können. Da müsste man dann beim Neuantrag schon aufpassen, dass man nicht angibt, dass das Vermögen aus einem kürzlich erfolgten Erbe stammt. Das brächte dann ziemlich sicher Stress und Nachfragen mit sich.