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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 10:42:13

Titel: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 10:42:13
Ich bin selbstständig musste im Zuge der Corona Pandiemie Hart4 beantragen.

Vor der erneuten Verlängerung im März 2021 hatte ich mit einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin des Jobcenters gesprochen.
Ich hatte gefragt, ob ich für die Leistungen besser nur bis zum Juni/Juli oder für die gesamten 6 Monate beantragen soll, da ich im August und September vermutlich wieder ausreichend verdienen werde.
Mir wurde ausdrücklich gesagt, ich solle sie lieber für den gesamten Zeitraum beantragen und dann eine Verzichtserklärung machen. (Der Name des Mitarbeiters ist mir leider unbekannt. Zu diesem Telefonat gibt es leider keine Aufzeichung mehr seitens des Jobcenters)

Entsprechend hatte ich Leistungen für den gesamten Zeitraum März-September beantragt.


Im Juni hatte ich mit meinem Job-Vermittler gesprochen, der mich fragte, wie die Lage bei mir ist. Er hat mir geraten, zu warten, bis ich das Geld auch wirklich auf dem Konto habe und erst dann für den nächsten Monat die Verzichtserklärung zu beantragen. (Zu diesem Telefonat gibt es einen Vermerk)


Also habe ich für den Monat September auf Leistungen verzichtet und auch kein weiteren BuT Leistungen für meinen Sohn für September beantragt.


Ich wurde im Oktober per Brief aufgefordert, die EKS bis inkl. September abzugeben. Als ich telefonisch nachfragte, sagte man mir wieder, der September wäre durch den Leistungsverzicht irrelevant, ich solle ihn nicht mit angeben. Dies habe ich auch nicht getan und auch zu diesem Telefonat gibt es einen Vermerk.


Nun wurde ich erneut aufgefordert, die EKS für September nachzureichen.
Wieder habe ich angerufen. Erst reagierte der Mitarbeiter mit Unverständnis, was seine Kollegen gemacht haben. Er beriet sich mit seinen Kollegen um mich  danach telefonisch um Entschuldigung für die Falschaussagen zu bitten. Ich muss den September mit einreichen und er wird auch mit angerechnet.


Hier ist mein Problem: Ich generiere hauptsächlich im Sommer viel Umsatz, entsprechend erfolgreich war der September.  Nun darf ich den Großteil davon zurück zahlen und selbst die Mehrwertsteuer, die ich im Oktober wieder abführen musste, wird auch als "Gewinn" gesehen.
Es wird sich vermutlich um eine Nachzahlung im 4 Stelligen Bereich handeln.

Hätte man mir im März 2021 gesagt, dass die Einnahmen des gesamten Zeitraum betrachten werden würden, hätte ich die Leistungen nur bis zum Juni/Juli beantragt.


Wie kann ich weiter vorgehen?
Klagen möchte ich nicht. Sehe es aber auch nicht ein, aufgrund eines vom Jobcenter gemachten Fehler nun so viel Geld zurück zahlen zu müssen, zumal ich es für die kommenden Corona Monate brauchen könnte.

Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: crazy am 14. Dezember 2021, 10:57:39
Dein Fehler, dich auf "sagen " zu verlassen.
Der BWZ ist bei selbständigen immer 6 Monate und dann erfolgt eine Durchschnittsberechnung.
Der Verzicht, also 5 Monate volles Alg2 und dann einfach im 6en Monat verzichten und alle Einnahmen in diesen Monat schieben funktioniert nicht. Die Idee hatten schon viele und sind gescheitert.

Du hast doch in der vorläufigen EKS hoffentlich ordentlich vorausgeschätzt? Für jeden Monat hast Du 300 frei.
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: am 14. Dezember 2021, 11:03:58
Zitat von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 10:42:13Hätte man mir im März 2021 gesagt, dass die Einnahmen des gesamten Zeitraum betrachten werden würden, hätte ich die Leistungen nur bis zum Juni/Juli beantragt.

Du kannst Leistungen nicht nur für ein paar Monate nach Gutdünken beantragen.
Entweder 6 oder 12 Monate.
Da du selbstständig bist, war es korrekt, deinen Leistungsanspruch für 6 Monate zu bewilligen und auch die kompletten 6 Monate (inkl. 09/2021) zur endgültigen Festsetzung heran zu ziehen.
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 11:12:30
Zitat von: crazy am 14. Dezember 2021, 10:57:39
Dein Fehler, dich auf "sagen " zu verlassen.
Der BWZ ist bei selbständigen immer 6 Monate und dann erfolgt eine Durchschnittsberechnung.
Der Verzicht, also 5 Monate volles Alg2 und dann einfach im 6en Monat verzichten und alle Einnahmen in diesen Monat schieben funktioniert nicht. Die Idee hatten schon viele und sind gescheitert.

Du hast doch in der vorläufigen EKS hoffentlich ordentlich vorausgeschätzt? Für jeden Monat hast Du 300 frei.

Siehst du, das wurde mir aber ganz anders gesagt.

Was meinst du mit 300 frei?
Mir wurde gesagt 100 € sind anrechnungsfrei.
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: crazy am 14. Dezember 2021, 11:23:44
Mindestens hundert. Hast Du mehr als 400/Monat an Umsatz erzielt erhöht sich das dann.
Zudem hast Du ja Absetzung von KV, betriebsbedingte Pflichtversicherungen betrieblich bedingte andere Ausgaben

etc..

Nehmen wir an Du hast 2000 /Monat geschafft. Nach Abzug von KV etc bleiben noch 1000, davon ab 300 Freibetrag würde nur noch anrechenbares EK von 700 ergeben...
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 11:27:20
Wo steht das mit den "mindestens 100" und dass es sich ab 400 Umsatz/mtl. erhöht?


Davon abgesehen: Danke!
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: crazy am 14. Dezember 2021, 11:35:44
Das ist die gleiche Regel.wie bei abhängig Beschäftigten.
Dein Umsatz ist quasi dein Brutto, dein Netto ist Umsatz abzüglich Absetzungen davon. Vom Netto wird der Freibetrag abgezogen, der Rest ist anrechenbares Einkommen
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Ronald BW am 14. Dezember 2021, 11:43:03
Die Mehrwertsteuer ist nie Gewinn, im besten Fall ein durchlaufender Posten.
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 11:45:36
Zitat von: Ronald BW am 14. Dezember 2021, 11:43:03
Die Mehrwertsteuer ist nie Gewinn, im besten Fall ein durchlaufender Posten.

Im Steuerrecht ja. Aber hier sagt man mir gilt das "Zuflussprinzip" und damit ist es "Gewinn"
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Ronald BW am 14. Dezember 2021, 11:48:12
Blödsinn die Mehrwertsteuer ist eine Steuer also nicht dein Eigentum, du erhebst die für die Allgemeinheit also auch für das JC
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: crazy am 14. Dezember 2021, 11:51:47
Umsatzsteuer
In Rechnung gestellte und eingenommene Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist eine
Betriebseinnahme;
in Rechnung gestellte und gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) ist
eine Betriebsausgabe

Aus den Ausfüllhinweisen.

Also, von Dir an Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer ist Betriebsausgabe
Von Dir in Rechnung gestelllte Umsatzsteuer an deine Kunden ist Betriebseinnahme.

Wenn Du im BWZ keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt hast, dann hast Du ggf. ein Problem. Das besteht in der Differenz zu gezahlter und vereinnahmter Umsatzsteuer
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Gast51275 am 14. Dezember 2021, 11:53:59
Zitat von: crazy am 14. Dezember 2021, 11:51:47
Umsatzsteuer
In Rechnung gestellte und eingenommene Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) ist eine
Betriebseinnahme;
in Rechnung gestellte und gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer) ist
eine Betriebsausgabe

Aus den Ausfüllhinweisen.

Also, von Dir an Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer ist Betriebsausgabe
Von Dir in Rechnung gestelllte Umsatzsteuer an deine Kunden ist Betriebseinnahme.

Wenn Du im BWZ keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt hast, dann hast Du ggf. ein Problem. Das besteht in der Differenz zu gezahlter und vereinnahmter Umsatzsteuer

Eben das Problem habe ich. Einnahmen in August/September, kaum Ausgaben. Zahlung der Steuer aber erst im Oktober.


Gibt es hierfür vielleicht eine "Lösung"?
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Ronald BW am 14. Dezember 2021, 12:39:09
Schlag Ihnen vor das Sie dir selbstverständlich den Geldwerten Vorteil anrechnen können also die Tage wo das Geld Zinstechnisch deine Lage verbessert.
Nochmal dieses Geld ist nicht dein Eigentum.
Es ist ein durchlaufender Posten, also können dir nur die Zinsen die du dafür bekommst oder nicht zahlst angerechnet werden.
Titel: Re: Falschberatung bei Selbstständigen - Bezugszeitraum & Verzichtserklärung
Beitrag von: Heinz-Otto am 14. Dezember 2021, 13:07:11
Ist sehe lange her, dass ich Unternehmer war und das hat immer unser Steuerberater gemacht.
Wir mussten eh monatliche Voranmeldung machen.

Aus meiner Sicht sind "Umsatzsteuerverpflichtungen" keine bereiten Mittel, sondern Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt.

Unter best. Voraussetzungen kann man die monatliche Voranmeldung beantragen.
Zumindest behauptet das die Arbeitsagentur
https://metager.de/r/metager/bdebbf966d6acf133074df0df859b03bf01d198c/57eb7ea241ecb76541dc9e72a1a9c1f5/aHR0cHM6Ly9tZWRpYS5mcmFnLWRlbi1zdGFhdC5kZS9maWxlcy9mb2kvNTg4NTQvQXJiZWl0c2hpbGZlLVNlbGJzdGFlbmRpZ2UtMjAxNC0xMi5wZGY%3D

Zitat7.1.24 Umsatzsteuer
Die tatsächlich erfolgte Umsatzsteuervorauszahlung an das Finanzamt ist eine Betriebsausgabe (vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2013, Az: B 14 AS 1/13 R, 2. Leitsatz). Sie ist auch im Rahmen der Grundsicherung zu berücksichtigen.
Umsatzsteuer EStG und SGB II
Die selbständige Person kann beim Finanzamt die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung beantragen; unabhängig von der Höhe der jährlichen Umsatzsteuervorauszahlung. Somit wird eine gleichmäßigere Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung erreicht.

Nicht überraschend, dass das im Steuerrecht wohl nicht ganz so einfach ist.
für 2020 habe ich das gefunden, ohne es genau zu prüfen!
https://www.haufe.de/finance/haufe-finance-office-premium/umsatzsteuer-voranmeldung-2020-14-voranmeldungszeitraum_idesk_PI20354_HI13406750.html
ZitatDie Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für das Kalenderjahr 2020.

Wer nur

    Steuer für innergemeinschaftliche Erwerbe zu entrichten hat,
    als Lieferer "neuer Fahrzeuge" der Umsatzbesteuerung unterliegt,
    als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG Umsatzsteuer schuldet oder
    als letzter Abnehmer bei einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft Steuer nach § 25b Abs. 2 UStG zu entrichten hat,

Ich mag mich da aber nicht durchwühlen. Finanzbeamte sind meistens sehr hilfsbereit.
Vielleicht dor mal anrufen und nachfagen.
Dass das der Wechsel des Zeitraums "rückwirkend" so einfach möglich ist, würde ich aus dem Bauch heraus bezweifeln.