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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: Flo84 am 23. Juni 2022, 19:09:41

Titel: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Flo84 am 23. Juni 2022, 19:09:41
Hallo
 
Im Weiterbewilligungsantrag habe ich ein Einkommen lt. Gehaltsabrechnung i. H. v. 821,74 Brutto angegeben.
Nun wurde ein vorläufiger Bescheid erstellt, welchem das Jobcenter fälschlicherweise 850,00 Brutto veranschlagt.

("Sie erzielen seit September 21 Einnahmen aus .... bei .... Da Sie diese Einnahmen monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielen, habe ich für die vorläufige Bewilligung eine Einkommensprognose vorgenommen.")
 
Entsprechend ist die Differenz des monatlichen Auszahlungsbetrages.

Bezahlt werde ich nach TVAöD, die Schwankung ergab sich zu letzten aus der Tariferhöhung.
 
Ist es rechtens, dass ein höherer Betrag in der vorläufigen Weiterbewilligung angesetzt wird, als tatsächlich lt. letzter Gehaltsabrechnung verdient wird?
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fettnäpfchen am 24. Juni 2022, 16:15:25
Flo84

Zitat von: Flo84 am 23. Juni 2022, 19:09:41Ist es rechtens, dass ein höherer Betrag in der vorläufigen Weiterbewilligung angesetzt wird, als tatsächlich lt. letzter Gehaltsabrechnung verdient wird?
Nicht wirklich.
Du solltest in Widerspruch gehen dazu am besten das Muster > Widerspruch gegen Anrechnung eines nicht vorhandenen Einkommens (http://hartz.info/index.php?topic=60.msg64#msg64)< anpassen.

MfG FN
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fred am 24. Juni 2022, 16:42:13
Gab es da nicht Mal eine Anpassung im SGBII, dass sie durchaus ein höheres Einkommen ansetzen dürfen, damit es zu keinen Überzahlungen kommt?

Wird ja eh irgendwann nachberechnet und dann bekommt man es zurück.

Oder täusche ich mich?

Wobei wenn dein Einkommen eigentlich nicht schwankt sondern immer gleichbleibend ist, dann würde ich schon widersprechen, weil ein höheres Einkommen anzusetzen, macht ja dann keinen Sinn.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Kopfbahnhof am 24. Juni 2022, 17:11:58
Zitat von: Fred am 24. Juni 2022, 16:42:13Oder täusche ich mich?
Vermutlich etwas

Wenn wirklich nur ein geringfügig höheres Einkommen angerechnet wird o.k.

Was es dadurch aber nicht geben darf ist eine Unterdeckung vom Bedarf insgesamt.
Auch muss davon ausgegangen werden was auf das Konto kommt, nicht was Brutto auf dem Lohnzettel steht.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fred am 24. Juni 2022, 18:50:30
Das wären hier ja 850,00 Euro, die im Bescheid angesetzt werden zu tatsächlich verdienten 821,74 Euro. Netto dann evtl. 15 Euro weniger.

Ich sehe deshalb hier jetzt nicht das riesen Problem.

Das Jobcenter wird vermutlich damit argumentieren, dass eine Bedarfsunterdeckung nicht stattfindet, da er ja auch Freibeträge aufs Einkommen hat.

Allerdings in diesem Fall würde ich auch Widerspruch erheben, weil ja das Einkommen immer gleich ist.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fred am 24. Juni 2022, 20:00:46
Im Übrigen ist es genau das, was ich immer sage. Mit einer zusätzlichen Arbeit macht man sich im Hartz-Bezug doch nur Probleme. Ich kenne Leute, die bei Zeitarbeitsfirmen arbeiten und jeden Monat einen anderen Lohn haben. Da geht dann die Lauferei jeden Monat los, damit die Leistungen nachberechnet werden. Die durften sich dann oft in der Eingangszone auch noch dumm anreden lassen.

Entweder Leistungsbezug oder nicht. Meine Meinung.

Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Ottokar am 25. Juni 2022, 16:52:05
Wenn du nach TVAöD bezahlt wirst, schwankt dein Einkommen nicht und damit ist der vorläufige Bescheid mangels Voraussetzungen für die Vorläufigkeit rechtswidrig.
Das ein höherer Einkommensbetrag berücksichtigt als tatsächlich gezahlt wird, ist ebenfalls rechtswidrig.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fred am 25. Juni 2022, 22:22:14
Zitat von: Ottokar am 25. Juni 2022, 16:52:05Wenn du nach TVAöD bezahlt wirst, schwankt dein Einkommen nicht und damit ist der vorläufige Bescheid mangels Voraussetzungen für die Vorläufigkeit rechtswidrig.
Das ein höherer Einkommensbetrag berücksichtigt als tatsächlich gezahlt wird, ist ebenfalls rechtswidrig.

Ok danke. Ich hatte nämlich dasselbe Problem und wurde trotz gleichem Lohn nur vorläufig bewilligt. Ebenso wurden ca. 50 Euro mehr angesetzt, als ich tatsächlich bekommen habe.

Mir wurde dann vom Sachbearbeiter erklärt, dass er das dürfe, da ich ja auch Freibeträge habe, somit in keine Unterdeckung komme. Ich hatte dann auch noch einen Anwalt für Sozialrecht gefragt und der meinte auch, dass sie das dürften.

Kann ich das mit Paragraphen und wenn ja welchen begründen? Danke.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Ottokar am 26. Juni 2022, 11:35:39
Rechtsgrundlage für eine vorläufige Bewilligung ist § 41a Abs. 1 SGB II, Zitat:
(1) Über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen ist vorläufig zu entscheiden, wenn
1. zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen oder
2. ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.


Schwankendes Einkommen ist somit ein Grund für eine vorläufige Bewilligung und würde unter Nr. 2 fallen.
Maßgeblich für die Rechtswirkung ist jedoch, was das JC in der vorläufigen Bewilligung als Grund angibt.
Führt das JC als Grund (nur) das Einkommen an, wäre dies hier unzutreffend, da das monatlich gleichbleibende Einkommen dem JC bekannt ist und nachgewiesen wurde.
Wenn der angegebene Grund für die Vorläufigkeit nicht zutreffend ist, ist die Entscheidung über die Vorläufigkeit in Ermangelung von Gründen rechtswidrig, womit die Entscheidung anfechtbar ist.

Unabhängig davon darf nur Einkommen berücksichtigt werden, welches auch zu erwarten ist.
Steht - wie hier - die Einkommenshöhe fest, da ein monatlich gleichbleibender Tariflohn bezahlt wird, ist die Berücksichtigung von höherem Einkommen rechtswidrig, da damit fiktives Einkommen angerechnet wird, was ganz klar rechtswidrig ist.

In deinem Fall würde ich schr. Widerspruch gegen die vorläufige Entscheidung einlegen und diese damit begründen, dass:
- dem JC das nach Tarif gezahlte monatlich gleichbleibende Einkommen bekannt ist und
- ein monatlich gleichbleibendes Einkommen nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine vorläufige Bewilligung nach § 41a Abs. 1 Nr. 2 SGB II erfüllt, womit
- in Ermangelung eines Grundes die vorläufige Entscheidung unzulässig ist, sowie die Anrechnung eines nachweislich zu hohen und damit fiktiven Einkommens rechtswidrig ist.
Und würde fordern, unter Berücksichtigung des nachgewiesenen tatsächlichen Einkommens umgehend abschließend über den Antrag zu entscheiden.
Sollte das JC den Widerspruch zurückweisen und sich weigern, unter Berücksichtigung des nachgewiesenen tatsächlichen Einkommens abschließend über den Antrag zu entscheiden, würde ich gegen den Widerspruchsbescheid klagen.
Titel: Aw: Höheres Einkommen veranschlagt als lt. Gehaltsabrechnung
Beitrag von: Fred am 26. Juni 2022, 11:51:58
Ok danke!