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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: mystik-1 am 10. August 2022, 10:59:03

Titel: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 10. August 2022, 10:59:03
Etwas kompliziert

Hallo,

ich habe seit 2017 einen Pauschalmietvertrag. Die vollständige Miete hat das Jobcenter 2019, rückwirkend, durch Gerichtsurteil (ohne 10% Aufschlag) als angemessen anerkannt.
In Allegro teilt das Jobcenter die Miete dennoch auf in Miete und geschätzte Heizkosten.

Laut aktuellem Konzept würde meine Miete plus Betriebskosten 16€ zu teuer sein, die Heizkosten 6€ zu teuer. Wenn ich die Aufteilung des Jobcenters aus meinem Bewilligungsbescheid heranziehe.


Der Mietvertrag enthält keinen Passus über eine Mieterhöhung. Somit wäre eine Änderung nur mit meiner Zustimmung oder Vermieterkündigung möglich, richtig?

Google lieferte mir bei Pauschalmietvertrag jedoch Ergebnisse, dass ich als Mieterin keine Wahl habe, wenn der Vermieter nun verpflichtet ist nach Heizkostenverordnung abzurechnen.
Brauche ich dann dennoch die Zustimmung des Jobcenters?

Der Mietzins inkl.BK&HK würde gleich bleiben, es kommt jedoch eine HK Abrechnung.
Einblicke in Verbrauchsdaten wurde mir regelmäßig gewährt. Unser Verbrauch ist nicht erhöht, es sind die Preise, die bereits vor 2022 gestiegen sind.

Inwiefern muss ich die Änderung beim Jobcenter angeben?
Wird meine Miete gekürzt bei dieser Änderung?

Kostensenkungsaufforderung macht unser Jobcenter nicht. Sie senken sofort und verweisen auf den Rechtsweg.

Muss ich mit einer Verschlechterung der Annerkenung rechnen? Oder muss das Jobcenter zumindest den bisherigen Mietzins übernehmen?
Der Vermieter darf ja nur unter bestimmten Voraussetzungen pauschal Heizkosten abrechnen.
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: Ratlos am 10. August 2022, 11:16:53
Zitat von: mystik-1 am 10. August 2022, 10:59:03Der Mietvertrag enthält keinen Passus über eine Mieterhöhung. Somit wäre eine Änderung nur mit meiner Zustimmung oder Vermieterkündigung möglich, richtig?
Da bin ich mir jetzt nicht sicher. Ein Mieterhöhungsverlangen nach § 558 a könnte durchaus möglich sein. Jedenfalls solange der MV eine Erhöhung für die Zukunft nicht explizit ausschließt.
Müsste man genauer anhand des MV prüfen.
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 10. August 2022, 17:37:52
Die Höhe der monatlichen Mietzahlung soll sich vorerst nicht ändern. Es soll  nun aber nicht mehr pauschal gelten sondern aufgeteilt werden, da der VM eine HK Abrechnung erstellen müsste.
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: Ratlos am 10. August 2022, 17:40:40
Das wäre eine einseitige Änderung des MV ohne deine Zustimmung weil dadurch ein neuer Verteilerschlüssel in Kraft gesetzt wird.
Warum muss er auf einmal eine HK-Abrechnung erstellen die er offenbar jahrlang nicht brauchte.
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 10. August 2022, 17:51:45
Soweit ich google Ergebnisse interpretiert habe, ist das keine einseitige Veränderung, die meiner Zustimmung bedürfen würde.
Pauschalmiete inkl.HK gehen nur, wenn der Vermieter/Eigentümer mit im Haus wohnt.

Keine Untermiete, Zweifamilienhaus. Somit wird die Inklusivmiete unzulässig
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: Fettnäpfchen am 10. August 2022, 18:18:38
mystik-1

Zitat von: mystik-1 am 10. August 2022, 10:59:03Kostensenkungsaufforderung macht unser Jobcenter nicht. Sie senken sofort und verweisen auf den Rechtsweg.
Dann musst du widersprechen und bei Ablehnung danach klagen.
Unterkunftskosten und Urteile (http://hartz.info/index.php?topic=1879.msg14632#msg14632) Bei den Zitaten den Button "erweitern" drücken!
Zitata) Grundlage für die Festlegung einer angemessenen Kaltmiete ist ein aktueller qualifizierter Mietspiegel, existiert ein solcher nicht, kann der Leistungsträger selbst entsprechende Daten über verfügbaren Wohnraum und dessen Kaltmiete erheben. Als letzte Alternative kommt die Anwendung der Tabelle des § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) in Frage, wenn kein anderen Ermittlungsmöglichkeiten bestehen. Entscheidend für die Angemessenheit ist die angemessene Kaltmiete, Größenabweichungen der Wohnung können dabei außer acht bleiben. Die Einbeziehung der Neben- oder Heizkosten ist dabei unzulässig, da dies eine verbotene Pauschalierung darstellt. Berechnungsformel für die angemessene Kaltmiete:
angemessene Kaltmiete = "die nach Personenzahl zulässige Wohnungsgröße lt. landesrechtlichen Vorschriften des soziale Wohnungsbaues" multipliziert mit "die am Wohnort übliche durchschnittliche Quadratmeterkaltmiete für Wohnungen mit einfacher Ausstattung"
Ausnahme: wenn im Mietpreis vom Leistungsträger zu übernehmende Kosten für Kabelanschluß (B 4 AS 48/08 R), Stellplatz (B 7b AS 10/06 R) oder Einrichtungsgegenstände (B 14 AS 14/08 R) enthalten sind, zählen diese zur Kaltmiete dazu und bilden im Ergebnis die angemessene Kaltmiete.
b) Kriterien für die Angemessenheit der Neben- und Heizkosten:
angemessene Nebenkosten = tatsächliche Nebenkosten, wenn diese ortsüblich sind und nicht auf zu hohem Verbrauch durch verschwenderisches Verhalten beruhen,
angemessene Heizkosten = tatsächliche Heizkosten, wenn diese nicht auf zu hohem Verbrauch durch verschwenderisches Verhalten beruhen.
Eine Kostensenkungsforderung kommt hier also nur dann in Betracht, wenn diese Kosten ortsunüblich sind und tatsächlich gesenkt werden können. Kosten, welche auf nachgewiesenem verschwenderischem Verhalten beruhen, muss der Leistungsträger grundsätzlich nicht zahlen.
c) Ein ALG II Bezieher hat das grundlegende Recht zum Verbleib in seinem Wohnort und sozialen Umfeld. Ein Umzug in einen anderen Ort kann nicht gefordert werden.
d) Vorgehensweise der Prüfung der Angemessenheit:
1. Feststellung der angemessenen Kaltmiete.
2. Feststellung, dass die Wohnung unangemessen ist.
3. Feststellung, ob eine Kostensenkung tatsächlich möglich und zumutbar ist.
4. Feststellung, ob eine Kostensenkung tatsächlich erfolgt und wirtschaftlich ist. Hierbei sind die tatsächlichen Kosten der alten und neuen Wohnung ausschlaggebend.
Generell ist dabei immer eine individuelle Einzelfallprüfung vorzunehmen.
e) Im Fall einer Mitteilung über zu hohe Unterkunftskosten muss der Betroffene durch geeignete Nachweise beweisen, dass ihm keine Kostensenkung möglich ist/war.
Erkennt der Leistungsträger dies nicht an, so muss er beweisen, dass dem Betroffenen eine Kostensenkung zumutbar und möglich gewesen wäre. Hierbei reicht es nicht aus, konkrete Wohnungsangebote nachzuweisen, sondern es muss auch geprüft werden, ob diese tatsächlich an den Betroffenen hätten vermietet werden können (siehe auch: BSG, Urteile vom 19.03.2008, B 11b AS 43/ 06 R und B 11b AS 41/06 R, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R).

und Urteile stehen da einige drin.

MfG FN
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 17. August 2022, 12:19:09
Ich frage mich, ob ich hier eine Zustimmung einholen muss. Es liegt ja kein Umzug vor und ich habe gar keine Wahl zuzustimmen oder nicht, wenn der VM rechtlich verpflichtet ist hier nun HK abzurechnen
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 18. August 2022, 10:42:35
Habe jetzt bei mehreren Gasanbietern Preise eingeholt und möchte weinen.

Abschlag fängt bei 358€ an. Das Jobcenter übernimmt nur 127€. Und das ist der neue höhere Betrag aufgrund der Preissteigerungen.
So weit runterschrauben lässt sich der Abschlag nicht. 4 Personen, 85m² höchstzulässige Grenze

Wohnungsknappheit. Das Konzept wird einfach nur fortgeschrieben, aber alle freien Whg aktuell liegen ohne HK bei meiner Inklusivmiete

Das ist eine hohe Differenz vom Regelsatz, Plus Nachzahlungen. Die 358€ sind noch ohne Erhöhung ab Oktober  :sad:
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: Ottokar am 18. August 2022, 15:33:37
Es herrscht Vertragsfreiheit.
Wenn eine Pauschalmiete vereinbart wurde und Betriebskostennachzahlungen danach ausgeschlossen sind, gilt das.
Der Vermieter kann zwar nach Verbrauch abrechnen, aber er kann höhere HK als die pauschal vereinbarten nicht geltend machen.
Was er machen kann ist, unter Verweis auf die nicht mehr kostendeckende Pauschale eine höhere Pauschalmiete fordern. Diese Mieterhöhung muss dann natürlich dem JC mitgeteilt werden.
Was er nicht machen kann: aus einer Pauschalmiete eine Kaltmiete mit Betriebskostenvorauszahlungen. Dazu müsste ein komplett neuer Mietvertrag geschlossen werden.
Was er auch nicht machen kann: den Pauschalmietvertrag kündigen, weil die Pauschale nicht mehr kostendeckend ist. Denn die Erhöhung der Pauschale wäre hier das mildere Mittel.
Titel: Aw: Führt eine Änderung Mietvertrag zu einer neuen Angemessenheitsprüfung?
Beitrag von: mystik-1 am 18. August 2022, 16:07:52
Die vollständige Pauschalmiete wurde ohne Sicherungszuschlag vom SG als angemessen geurteilt, 2019

Dass die Pauschalmiete auch pauschal mit HK OK ist, hat das SG zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls gesehen.

Eine Pauschalmiete mit HK ohne HK-Abrechnung ist aber nur in wenigen Fällen zulässig.
Aktuell ist mein MV unzulässig und zwingend Abrechnung nach HK-Verordnung abzurechnen

https://www.nebenkostenabrechnung.com/nebenkostenabrechnung-beim-zweifamilienhaus/