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Hilfebereich => Fragen und Antworten zum Bürgergeld (ehem. Hartz IV/ALG II) => Thema gestartet von: Haribo am 10. September 2023, 12:36:58

Titel: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Haribo am 10. September 2023, 12:36:58
Hallo zusammen,

ich frage im Namen einer Freundin, die seit einigen Jahren als Aufstockerin tätig ist und monatlich zwischen 800 und 900 Euro verdient.

Bis jetzt hat sie die Kosten für ihr Ticket 2000, welches 120 Euro monatlich kostet, immer selbst getragen. Während eines Gespräches wurde uns bewusst, dass das Jobcenter möglicherweise nicht über diese Ausgaben informiert war. Zudem gibt es seit 2023 ein günstigeres Ticket, dessen Kosten dem Jobcenter ebenfalls nicht bekannt sind. Leider hatte meine Freundin sich damals mit einer telefonischen Auskunft des Sachbearbeiters zufriedengegeben, der angab, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei. Schriftlich wurde nie ein Antrag  gestellt.

Nun haben wir hierzu zwei Fragen:
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Sheherazade am 10. September 2023, 13:12:17
Verstehe ich nicht. Bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens werden doch auch Wegekosten zur Arbeit berücksichtigt. Alles was mit den 100€ Pauschalfreibetrag nicht abgedeckt ist, wird entsprechend berücksichtigt.  Sollte auch in den Bescheiden zu ersehen sein.

Letztendlich bekommt man keine Fahrtkostenerstattung, man hat nur weniger anrechenbares Einkommen.
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Ottokar am 10. September 2023, 15:17:38
Nun, da hat der SB - wenig verwunderlich - bei seinen Pflichten (§§ 13 bis 15 SGB I) kräftig gepatzt, denn er hätte darauf hinweisen müssen, dass eine Absetzung der Fahrkosten nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II möglich ist, und dies sogar als entsprechenden Antrag werten müssen.
Danach sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben absetztbar, allerdings lt. Abs. 2 nur, wenn diese 100€ pro Monat übersteigen.
Da die 100€ Pauschale auch die 30€ Pauschale für Versicherungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V) beinhaltet, wären bei 120€ Fahrkosten statt der 100€ Pauschale die tatsächlichen 120€ Fahrkosten zzgl. der 30€ Pauschale für Versicherungen abzusetzen, also 150€ statt 100€. Immerhin 600€ im Jahr.
Falls weitere mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben anfallen, erhöht sich der Absetzbetrag entsprechend.
Rückwirkend geltend machen kann man diese Absetzung, indem man für alle Bescheide rückwirkend zum 01.01.2022 einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X stellt.
Weiter zurück ist aufgrund § 40 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht möglich.
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Fettnäpfchen am 10. September 2023, 18:28:33
Haribo

Ergänzend dazu
Es muss jeder in dem Zeitraum erlassene Bescheid aufgelistet werden.
S. Muster
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Ottokar am 11. September 2023, 11:17:59
Lt. BSG muss entweder eine bestimmte Fragestellung tatsächlicher oder rechtlicher Natur oder eine konkrete Verwaltungsentscheidung benannt werden (u.a. B 4 AS 22/13 R).
Man kann also durchaus die Überprüfung aller für den Bewilligungszeitraum 01.01.2022 bis 30.04.2023 erlassenen Leistungsbescheide hinsichtlich der Absetzung der tatsächlichen Kosten i.H.v. 120€ Fahrkosten zzgl. der 30€ Pauschale für Versicherungen nach § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II beantragen, ohne dass dazu die konkret betroffenen Verwaltungsakte benannt werden müssen.
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Fettnäpfchen am 11. September 2023, 19:04:52
Ottokar

 :danke:
wieder was dazugelernt.

Es gab ja Zeiten und Forenbeiträge in denen ein Ü.-Antrag abgelehnt wurde weil das JC der Meinung war es wäre nicht ausführlich beantragt worden, oder wie man das formulieren will. Gemeint ist eben das nicht sämtliche Bescheide benannt wurden.

MfG FN
Titel: Aw: Fahrtkostenerstattung als Aufstocker und Rückwirkend
Beitrag von: Ottokar am 12. September 2023, 12:00:09
Es spricht natürlich nichts dagegen, auch alle betroffenen Bescheide mit Datum aufzuführen. Sofern man nicht genau weis, was an den Bescheiden falsch ist, muss man dies sogar.
Das setzt aber voraus, das man diese vollständig und gesammelt vorliegen hat.