Hallo,
ich habe vor ein paar Tagen meinen Weiterbewilligungsbescheid erhalten, es ist aber für die Monate Januar bis September 2024 nicht die ab Januar geltende 61€ Bürgergelderhöhung enthalten, obwohl der Bundesrat bereits zugestimmt hatte.
Ich habe natürlich Widerspruch eingelegt.
Hat jemand dieselben Erfahrungen?
Der neue Regelsatz ist systemtechnisch noch nicht eingespeist.
Dies passiert im Laufe der nächsten Wochen und wird mit sogenannten Batch-Bescheiden abgeändert.
Zitat von: Nö am 07. November 2023, 09:23:51Der neue Regelsatz ist systemtechnisch noch nicht eingespeist.
Dies passiert im Laufe der nächsten Wochen und wird mit sogenannten Batch-Bescheiden abgeändert.
Das heißt dann, dass dieser Batch-Bescheid vor Ende des Jahres einfliegen wird, richtig?
Zitat von: Amalaswintha am 07. November 2023, 09:34:03Zitat von: Nö am 07. November 2023, 09:23:51Der neue Regelsatz ist systemtechnisch noch nicht eingespeist.
Dies passiert im Laufe der nächsten Wochen und wird mit sogenannten Batch-Bescheiden abgeändert.
Das heißt dann, dass dieser Batch-Bescheid vor Ende des Jahres einfliegen wird, richtig?
So ist es.
Diese werden in den von der Bundesagentur geführten Jobcentern bundesweit zentral verschickt
Das hat nichts mit der Technik zu tun.
Die Verordnung (https://www.buzer.de/RBSFV_2024.htm), welche diese Erhöhung regelt, tritt erst am 1. Januar 2024 in Kraft.
Erst wenn sie in Kraft getreten ist, gelten die neuen Regelsätze und erst ab dann dürfen sie von den Jobcentern berücksichtigt werden.
Die neuen Regelsätze werden für die Auszahlung der Leistung für Januar 2024 Ende Dezember bereits berücksichtigt, daran angepasste Bescheide dürfen rechtlich aber erst ab dem 01.01.2024 versendet werden.
Zitat von: Ottokar am 07. November 2023, 11:07:37... angepasste Bescheide dürfen rechtlich aber erst ab dem 01.01.2024 versendet werden.
Woraus soll sich denn diese Einschränkung ergeben? :schock:
Wenn das JC vor dem 1.1. über die Leistungshöhe ab Januar entscheidet, muss es auch die dann geltenden Beträge berücksichtigen, denn die Berechnung des Leistungsanspruchs muss sich an den dann geltenden gesetzlichen Grundlagen ausrichten.
Werden bereits jetzt Bescheide erlassen mit den bisherigen Sätzen, so sind diese zwar formal fehlerhaft und anfechtbar. Allerdings können daraus keine Rechtsvorteile abgeleitet und auch keine Kosten im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden, weil dieser Umstand allein auf der Umstellungsnotwendigkeit beruht und jedenfalls zurzeit (November 2023) kein Rechtsschutzinteresse besteht.
Ottokar hat vollkommen Recht. Und zwar ergibt sich das aus Art. 82 GG, wonach das Inkrafttreten maßgeblich ist. Und das ist lt. Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zum 1.1.24 der Fall.
Zitat von: begees am 07. November 2023, 11:47:14Woraus soll sich denn diese Einschränkung ergeben? :schock:
aus nichts, denn da ist kein Einschränkung
Zitat von: begees am 07. November 2023, 11:47:14Wenn das JC vor dem 1.1. über die Leistungshöhe ab Januar entscheidet, muss es auch die dann geltenden Beträge berücksichtigen, denn die Berechnung des Leistungsanspruchs muss sich an den dann geltenden gesetzlichen Grundlagen ausrichten.
Das JC stellt den Leistungsanspruch nach aktuell geltenden Sätzen aus und passt sie dann zum genannten Zeitpunkt an
Zitat von: begees am 07. November 2023, 11:47:14Werden bereits jetzt Bescheide erlassen mit den bisherigen Sätzen, so sind diese zwar formal fehlerhaft und anfechtbar.
wenn es der Rechtslage entspricht, dass die angepassten Bescheide erst zum 01.01.24 versendet werden können, ist nichts formal oder inhaltlich falsch und anfechtbar
Zitat von: begees am 07. November 2023, 11:47:14Allerdings können daraus keine Rechtsvorteile abgeleitet und auch keine Kosten im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden, weil dieser Umstand allein auf der Umstellungsnotwendigkeit beruht und jedenfalls zurzeit (November 2023) kein Rechtsschutzinteresse besteht.
Es können keine Rechtsvorteile abgeleitet und auch keine Kosten im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden, weil es schlicht keine Grundlage für einen Widerspruch gibt. Ein Rechtsschutzinteresse setzt nun mal voraus, dass da ein Recht verletzt wurde.
Wenn man meint nicht bis zum 01.01. warten zu können und einen formal korrekten Bescheid angreifen zu wollen, können daraus natürlich keine Rechte abgeleitet werden.
Zitat von: Amalaswintha am 07. November 2023, 09:12:39Ich habe natürlich Widerspruch eingelegt.
Was natürlich totaler Blödsinn ist, weil völlig Sinnlos.
Die Bescheide mit den neuen Beträgen ab Januar wurden bisher immer Ende November, spätestens Anfang Dezember automatisch versandt.
Meistens an einem Samstag.
So wird es auch dieses Mal sein.
Haben die nicht immer das Datum 17.12.? So war es zumindest letztes Mal. Allerdings kommt der erst im Januar. :lachen:
Zitat von: begees am 07. November 2023, 11:47:14Zitat von: Ottokar am 07. November 2023, 11:07:37... angepasste Bescheide dürfen rechtlich aber erst ab dem 01.01.2024 versendet werden.
Woraus soll sich denn diese Einschränkung ergeben? :schock:
Wenn das JC vor dem 1.1. über die Leistungshöhe ab Januar entscheidet, muss es auch die dann geltenden Beträge berücksichtigen, denn die Berechnung des Leistungsanspruchs muss sich an den dann geltenden gesetzlichen Grundlagen ausrichten.
Werden bereits jetzt Bescheide erlassen mit den bisherigen Sätzen, so sind diese zwar formal fehlerhaft und anfechtbar. Allerdings können daraus keine Rechtsvorteile abgeleitet und auch keine Kosten im Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden, weil dieser Umstand allein auf der Umstellungsnotwendigkeit beruht und jedenfalls zurzeit (November 2023) kein Rechtsschutzinteresse besteht.
Keine Antwort von Ottokar zu #5 :scratch:
Zitat von: Amalaswintha am 07. November 2023, 09:12:39ich habe vor ein paar Tagen meinen Weiterbewilligungsbescheid erhalten, es ist aber für die Monate Januar bis September 2024 nicht die ab Januar geltende 61€ Bürgergelderhöhung enthalten, obwohl der Bundesrat bereits zugestimmt hatte.
Hat jemand dieselben Erfahrungen?
ja habe ich, es kommt Anfang oder Ende des Jahres ein Änderungsbescheid ist doch klar-
Zitat von: Amalaswintha am 07. November 2023, 09:12:39Ich habe natürlich Widerspruch eingelegt.
richtig aufs Geld versessen gleich Widerspruch. :grins:
Zitat von: begees am 09. November 2023, 16:29:52Keine Antwort von Ottokar zu #5 :scratch:
Reicht dir die in #6 von TripleH nicht?
Würde man einen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer Regelung erlassen, die noch gar nicht in Kraft getreten ist, wäre dieser Verwaltungsakt in Ermangelung einer rechtlichen Grundlage per se rechtswidrig.
Zitat von: Ottokar am 10. November 2023, 12:58:11Zitat von: begees am 09. November 2023, 16:29:52Keine Antwort von Ottokar zu #5 :scratch:
Reicht dir die in #6 von TripleH nicht?
Würde man einen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer Regelung erlassen, die noch gar nicht in Kraft getreten ist, wäre dieser Verwaltungsakt in Ermangelung einer rechtlichen Grundlage per se rechtswidrig.
Nein, #6 verweist lediglich auf Regelungen zum Inkrafttreten im GG und sagt nichts aus zur Anwendung von Gesetzen zum Zeitpunkt vor ihrem Inkrafttreten. Juristisch ordne ich die strittige Frage so ein:
Die Zulässigkeit einer Bescheiderteilung mit den ab 1.1.2024 geltenden Regelsätzen nach der Veröffentlichung im BGBl. bereits vor dem Inkrafttreten dieser Regelung beruht auf der
Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Rechts.
Werden materielle Anspruchsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Leistungsgesetzes geändert, gilt grundsätzlich das so genannte Versicherungs- bzw. Leistungsfallprinzip. Hiernach ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind danach für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt. Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.1991 - 1/3 RK 25/90 - BSGE 70, 31, 34; Urteil vom 29.10.1992 - 9b RAr 7/92; Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R; Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07; Urteil vom 24.3.2009 - B 8 SO 34/07 R; Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R; ebenso Kopp, SGb 1993, 593, 595 f: Grundsatz der Sofortwirkung und Nicht-Rückwirkung des neuen Rechts sowie Grundsatz des tempus regit actum).
Im Bereich des SGB III wendet das BSG unter Berufung auf das einschlägige Übergangsrecht und die Gesetzesbegründung (vgl. BSG, Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 16/00 R; Urteil vom 17.10.2002 - B 7 AL 136/01 R) das so genannte Geltungszeitraumprinzip an, wonach neues Recht immer schon (aber auch noch) einen Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (vgl. BSG, Urteil vom 6.2.2003 - B 7 AL 72/01 R; Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R; Urteil vom 18.12.2008 - B 11 AL 48/07 R; Urteil vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R; vgl zu diesem Grundsatz Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2010, vor §§ 422 ff RdNr. 2 ff; Brandts in Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, vor §§ 422 ff RdNr. 6 f).
Welcher der genannten Grundsätze des intertemporalen Rechts zur Anwendung gelangt, richtet sich letztlich danach, wie das einschlägige Recht auszulegen ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.4.2004 - B 2 U 12/03 R).
Quelle: BSG, Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 6/12 R.
Daraus folgt:
Im sozialrechtlichen Existenzsicherungsrecht entstehen die Leistungsansprüche regelmäßig monatlich zum Ersten des Monats. Daher ist es zulässig, auf den Bedarfszeitraum abzustellen und die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden. Über die Leistungshöhe ab Januar des Folgejahres kann also schon im ablaufenden Kalenderjahr auf der Basis des dann geltenden Rechts durch Bescheid entschieden werden.
Zitat von: begees am 11. November 2023, 20:53:56Daher ist es zulässig, auf den Bedarfszeitraum abzustellen und die zu diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage anzuwenden. Über die Leistungshöhe ab Januar des Folgejahres kann also schon im ablaufenden Kalenderjahr auf der Basis des dann geltenden Rechts durch Bescheid entschieden werden.[/b]
Kann, muss aber nicht, schon gar nicht im Oktober oder November, ein entsprechender Änderungsbescheid im Dezember reicht absolut.
Kann, muss aber nicht, schon gar nicht im Oktober oder November, ein entsprechender Änderungsbescheid im Dezember reicht absolut.
[/quote]
Eben, KANN, darum geht es ja.
Zitat von: begees am 12. November 2023, 10:33:32Eben, KANN, darum geht es ja.
auf KANN hat man nun mal kein Recht.
Zitat von: begees am 11. November 2023, 20:53:56Die Zulässigkeit einer Bescheiderteilung mit den ab 1.1.2024 geltenden Regelsätzen nach der Veröffentlichung im BGBl. bereits vor dem Inkrafttreten dieser Regelung beruht auf der Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Rechts.
Intertemporales Recht meint Übergangsregelungen, auch diese müssen zwingend im Gesetz oder der Verordnung geregelt worden sein (die RBSFV 2024 beinhaltet jedoch keine, wozu auch). Darauf beziehen sich auch die zitierten Urteile, d.h. wann altes und wann neues Recht anzuwenden ist. In keinem der zitierten Urteile findet sich eine Aussage dazu, dass neues Recht bereits vor seinem in Kraft treten in Verwaltungsakten anzuwenden ist.
Daraus folgt somit gerade nicht, dass schon im ablaufenden Kalenderjahr auf der Basis des erst ab dem Folgejahr geltenden Rechts ein Verwaltungsakt erlassen werden kann.
Dem steht allerdings nicht entgegen, dass die JC über die erst ab 01.01.2024 geltenden höheren Regelleistungen schon Ende 2023 Verwaltungsakte erlassen, obwohl deren materiell-rechtliche Voraussetzungen erst noch eintreten, denn hierbei gilt mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes höherrangiges Recht.
Zitat von: Amalaswintha am 07. November 2023, 09:12:39Ich habe natürlich Widerspruch eingelegt.
Bei Jahresübergreifenden Bescheiden hilft es, auch mal die Rückseite des Bewilligungsbescheides aufmerksam zu lesen, dort steht nämlich, dass die Regelsatzhöhe automatisch zum Jahreswechsel angeglichen wird!