Hi, wie geht's?
In meinem Kooperationsplan steht nichts von Erstattung der Fahrt-/ Bewerbungskosten. Kann ich trotzdem bei einer Einladung zum Vorstellungsgespräch meine Fahrtkosten vorher beim Jobcenter beantragen?
Ja, kannst du.
Unabhängig vom Kooperationsplan?
Ich wollte meinen Sachbearbeiter schon darauf ansprechen, er möge den Plan nochmals umändern?
Vielen Dank, ich bin in letzter Zeit total unsicher was meine Rechte betrifft.
Wenn im Kooperationsplan nur deine Pflichten drinstehen, ist der rechtswidrig.
Zu dem Thema mal eine Frage. Fahrtkosten müssen ja im voraus beantragt werden. Sofern diese dann angelehnt werden, besteht dann weiterhin die Pflicht einen Bewerbungstermin wahrzunehmen? Gleiche Frage zu den Bewerbungskosten. Wenn ein AG die schriftliche Bewerbung fordert und man die tatsächlichen Kosten nicht erstattet bekommt, muss man dann diesen geforderten Umfang tatsächlich einhalten?
Das ist eine interessante Frage und ich befürchte, dass die Sozialgerichte da durchaus gegensätzliche Auffassungen vertreten bis hin zu Begründungen wie 'die Kosten kann man ja einklagen' oder 'die paar Euro hat man mit dem ersten Lohn wieder rein'.
Fakt ist, dass das BSG die Kostenerstattung als verbindliche Gegenpflicht des JC zur Bewerbungspflicht sieht und eine Sanktion wegen Verstoß gegen Bewerbungspflichten in einer EinV dann als rechtswidrig erachtet, wenn diese EinV keine Bewerbungskostenerstattung vorsieht (einseitige sittenwidrige unangemessene Benachteiligung).
Da im Regelsatz keine Kosten für Bewerbungen und Vorstellungsgespräche enthalten sind, muss das JC diese lt. BSG zusätzlich erbringen, damit keine verfassungswidrige Unterdeckung eintritt - im begründeten Einzelfall auch im Voraus (so u.a. auch zur Fahrtkostenerstattung bei Meldeterminen).
Wenn das JC die Kostenerstattung ablehnt und man das o.g. zugrunde legt, entfällt damit zwar nicht die Bewerbungspflicht, allerdings die Grundlage für eine Sanktion, wenn man sich nicht bewirbt/vorstellt.
In der Praxis wird das allerdings schwierig, da ein solcher Antrag wohl meist erst nach der Bewerbung bzw. dem Vorstellungstermin bearbeitet werden wird.
Zitat von: Ottokar am 04. Januar 2024, 14:11:43Fakt ist, dass das BSG die Kostenerstattung als verbindliche Gegenpflicht des JC zur Bewerbungspflicht sieht und eine Sanktion wegen Verstoß gegen Bewerbungspflichten in einer EinV dann als rechtswidrig erachtet, wenn diese EinV keine Bewerbungskostenerstattung vorsieht (einseitige sittenwidrige unangemessene Benachteiligung).
@Ottokar
Das klingt sehr interessant. Hast du dazu bitte mal eine Quelle oder irgendwas was man als Nachweis anbringen kann.
Danke :)
Zitat von: Ottokar am 04. Januar 2024, 14:11:43In der Praxis wird das allerdings schwierig, da ein solcher Antrag wohl meist erst nach der Bewerbung bzw. dem Vorstellungstermin bearbeitet werden wird.
Warum gibt es für sowas eigentlich keinen Eilantrag? ;)
Faktisch soll man ja immer alles erdenkliche unternehmen um möglichst sofort in Arbeit zu kommen. Warum stellt sich genau in so einem Fall das JC dann qwer bzw. macht es einem extra schwer?
Zitat von: BobMahoo am 26. März 2024, 21:47:51Das klingt sehr interessant. Hast du dazu bitte mal eine Quelle oder irgendwas was man als Nachweis anbringen kann.
Bspw. das Bundessozialgericht im Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 30/15 R.
Dort hat das BSG unmissverständlich klargestellt, dass eine Nichtbewerbung nicht sanktioniert werden darf, wenn das JC die Erstattung der Bewerbungskosten verweigert.
Da im Regelsatz keine Bewerbungskosten enthalten sind, würde die Pflicht zur Bewerbung ohne die Gegenpflicht des JC zur Kostenerstattung im Ergebnis zu einer verfassungswidrigen Bedarfsunterdeckung und Ungleichbehandlung führen.
Im Übrigen reicht lt. ständiger Rechtsprechung des BSG eine pauschale (auch mündliche) Zusage des JC zur Kostenerstattung aus.
Der Bezug vieler JC auf § 37 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB II, wonach ein Antrag auf Erstattung von Bewerbungs- und Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen vor dem Ereignis stattfinden muss, geht aufgrund der BSG Urteile vom 30.07.2008, Az. B 14/7b AS 12/07 R und B 14/11 AS 17/07 R, ins Leere. Danach hat der Antrag auf Leistungen des SGB II gemäß § 37 SGB II bereits anspruchsbegründende Wirkung auf alle weiteren Leistungen des SGB II, auch auf die, auf welche erst später ein Anspruch entsteht. Eine "vorherige" Antragstellung ist deshalb nicht erforderlich bzw. nur für die Leistungen, für welche § 37 SGB II eine separate Antragstellung regelt.
Für Bewerbungs- und Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III regelt § 37 SGB II keine separate Antragstellung.
Zitat von: BobMahoo am 26. März 2024, 21:47:51Warum gibt es für sowas eigentlich keinen Eilantrag? ;)
Wo, beim JC oder SG?