Vorgeschichte:
Aufgrund einer Herzerkrankung konnte ich nicht mehr voll arbeiten und bezog als Freiberufler seit 2015 unterstützend Hartz4. 2017 haute es mich dann gänzlich aus den Schuhen und ich war über Monate immer wieder krankgeschrieben und konnte nur sporadisch arbeiten. 2018 wurde mir ein GdB von 40% zugeteilt, ebenso wie die Pflegestufe 1. Dennoch wollte ich so gut es ging arbeiten und hatte 2019 als Freiberufler hier und da kleine Aufträge, die nicht mehr als 15 Std. pro Woche abverlangten.
2020 kamen dann die Corona-Krisen und meine Möglichkeiten, irgendwie beruflich Fuß zu fassen, schwanden. Da ich außer den typischen Drangsalierungen durch das Job-Center keine signifikante Hilfe erfuhr, sogar zwei Prozesse wegen des Job-Centers führen musste, wo ich auf meinen Kosten sitzen blieb, machte ich mich selbst auf den Weg adäquate Arbeit zu finden.
Angesichts meiner Vorerkrankungen und meines Alters (Mitte 50) war das, trotz meiner üppigen Fähigkeiten und Erfahrungen, schwerer als gedacht. Da auch 2022 fruchtlos zu verlaufen schien, kam es im Herbst zu einem Pflichtgespräch mit meiner damaligen Ansprechpartnerin.
Dieses verlief angenehmer als gedacht, jedoch nötigte sie mich dazu mein Gewerbe, was ich inzwischen als Nebengewerbe deklariert hatte, ruhend zu stellen, damit ich förderungsfähig werden könnte. In diesem Zusammenhang wies ich sie nochmals auf meine Einschränkungen hin und da ihr diese Informationen offensichtlich neu waren, überreichte ich ihr persönlich nochmals entsprechende Kopien der Dokumente, die sie einscannte und dann zu meinen Akten legte.
Obwohl ich immer noch den erwähnten Status hatte, sah ich mich inzwischen in der Lage ½ oder ¾-tags zu arbeiten, je nach Aufgabengebiet. Für mich war aber klar, dass es nur zwei Möglichkeiten geben kann. Entweder ich verdiene so viel, dass ich keine Leistungen mehr benötige und trotzdem über die Runden komme oder ich bleibe Aufstocker und muss halt schauen wie es sich für mich am besten rechnet.
Das Anliegen:
Leider verlief auch 2023 trotz mehrerer Bewerbungsgespräche nicht fruchtend. Die Gründe dafür sind vielfältig, brauchen aber im Detail nicht erörtert zu werden. Jedenfalls startete ich gefrustet ins Jahr 2024. Da bekam ich von einer Bekannten einen Tipp, dass jemand einen saisonalen Verkäufer sucht. Also nahm ich Anfang Mai den Job an. Der macht mir wirklich Spaß und tut mir auch mental gut. Blöderweise ließ der Arbeitsvertrag auf sich warten und ich konnte ihn erst Ende Mai gegenzeichnen.
Bereits im April hatte ich aber meine neue Sachbearbeiterin (mittlerweile die Dritte) von diesem Vorhaben unterrichtet und fragte via E-Mail, was ich denn für Unterlagen einreichen müsse. Da keine Antwort kam, sandte ich noch im selben Monat eine Erinnerungsmail. Erst im Mai, als ich bereits der Verkaufstätigkeit (70 Std. im Monat, bzw. 17,5 Std. pro Woche) nachging, meldete sie sich telefonisch bei mir. Ihr Tenor war, ich solle einfach den Arbeitsvertrag und den Lohnzettel bei der Leistungsberechnungsstelle einreichen und alles würde dann seine Wege gehen.
Da ich meinen Lohn immer am 15. des Folgemonats erhalte, wurden mir Ende Mai für den Juni nochmals die komplette Leistung überwiesen, wobei die Miete direkt an die Hausverwaltung geht. Mir war natürlich klar, dass ich, da ich ja im Juni Einkommen hatte, ca. 500,- € erstatten muss. Das hatte ich vorher mit einem Leistungsrechner ermitteln können. Mit der Rückforderung kam auch eine Ratenzahlungsvereinbarung. Beim Überprüfen der Klauseln stieß ich online auf Aspekte, die mir bis dato unbekannt waren. Laut einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, AZ: L 11 AS 941/13 dürfen basierend auf §11b Abs.1 Nr. 3 SGB II Fahrkosten und Pflichtversicherung (Kfz-Haftpflicht) gesondert in Abzug gebracht werden und unterliegen nicht der Pauschale des Freibetrages von 100,- €.
In meinem Fall wären das monatlich 58,35 € anteilig für die Versicherung und 51,90 € für 15 einfache Fahrten a 17,3 km, also immerhin 110,25 €. Haben oder nicht haben.
Beim Recherchieren stieß ich noch auf einen Hinweis, dass Menschen mit GdB von 40% eh einen höheren Leistungsanspruch hätten. Ist dem so? Falls ja, wie hoch wäre dieser? Außerdem wäre es eine Frechheit, wenn mir das zumindest die letzten 2 Jahre unterschlagen wurde. Denn was ich ferner lesen konnte, war, dass auch das Jobcenter eine Mitwirkungs- und Informationspflicht hat.
Ich habe am 02.07.2024 per E-Mail einen Widerspruch gegen die beigefügte Leistungsberechtigung dem Amt gesandt, dessen Eingang zwar bestätigt wurde, aber bisher ohne Reaktion blieb, trotz Fristsetzung bis zum 15.07.2024.
Liege ich nun richtig oder falsch? Und wo kann ich aussagekräftige Unterlagen finden? Ich würde mich über sinnvolle Antworten sehr freuen.
Grüße Michel
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 14:22:21In meinem Fall wären das monatlich 58,35 € anteilig für die Versicherung und 51,90 € für 15 einfache Fahrten a 17,3 km, also immerhin 110,25 €. Haben oder nicht haben.
Bei mir war es so:
Als Aufstocker berufstätig in TZ, das Auto brauchte ich zum erreichen meiner Arbeitsstelle.
Die km lagen nicht über den 100 €, wenn man die Kosten pro km errechnete, da bekam ich nur diese 100€, die die Auslagen abdecken sollen. Liegt man drüber, bekommt man das, was drüber liegt, dazu.
Anteilig bekam ich die Haftpflicht für's Auto extra noch, also wenn sie 240€ im Jahr kostet (nur als Beispiel), dann 240€ ÷ 12 Monate = 20€ pro Monat.
Nur rein die Haftpflicht, keine Kasko oder so dazu.
Zu Mehrbedarfen kann ich nichts sagen.
Ergänzung: Habe den Anhang gerade angesehen, da steht doch drin, wenn sich höhere Ausgaben ergeben, was Fahrkosten betrifft, mit Nachweis einreichen. Bis zum 16.07.2024.
Das kannst Du ja selbst überschlagen.
Zitat von: Leeres Portemonnaie am 15. Juli 2024, 14:53:13Ergänzung: Habe den Anhang gerade angesehen, da steht doch drin, wenn sich höhere Ausgaben ergeben, was Fahrkosten betrifft, mit Nachweis einreichen. Bis zum 16.07.2024.
Das kannst Du ja selbst überschlagen.
Also,
die gute Dame hat ja aufgelistet was Ihrer Meinung nach alles unter die 100,- € - Pauschale fiele. Sie zählt die Punkte auf und schreibt:
Vom Einkommen abzusetzen sind:
- Private Versicherungen (30,- €)
- gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (1/12 des Jahresbeitrages)
- Beiträge zu geförderten Altersvorsorge (3% des Einkommens) sowie
- Fahrkosten zur Ausübung der Erwerbstätigkeit
Sollten diese Kosten in der Summe höher sein als der Betrag von 100,- €...
Somit rechnet sie die Kfz-Haftpflicht mit in die Pauschale ein, was aber nach dem Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, AZ: L 11 AS 941/13 unzulässig sei und separat vom Einkommen abgezogen werden müsste. Hier geht es zum kompletten Urteil: https://landessozialgericht.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/pressemitteilungen/sgb-ii-die-beitraege-fuer-eine-kfz-haftpflichtversicherung-koennen-vom-einkommen-abgesetzt-werden-143690.html
Wie Du bereits geschrieben hast, wurde bei Dir die Kfz-Haftpflicht gesondert berechnet. Ich zahle vierteljährlich für die reine Haftpflicht 175,04 €, was monatlich 58,35 € entspricht. Lassen wir mal die Fahrkosten außen vor. Wenn ich es richtig verstehe, müssten auch bei mir diese 58,35 € vom Einkommen in Abzug gebracht werden, bevor man meinen Anspruch berechnet.
Dieser würde dann um diesen Betrag höher ausfallen. Ferner wäre auch die Rückforderung um selben Wert geringer. Sehe ich das richtig?
Ergänzung: Ich sehe die Gretchenfrage in der Interpretation des Urteils. Ist die Kfz-Haftpflicht gesondert zu berücksichtigen oder fällt sie mit in die Pauschale.
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 16:04:44- gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (1/12 des Jahresbeitrages)
Kfz-Haftpflicht ist gesetzlich vorgeschrieben.
Zitat von: MichelWie Du bereits geschrieben hast, wurde bei Dir die Kfz-Haftpflicht gesondert berechnet.
Unter der Einkommmensgeschichte mit Freibetrag und Abzug kam noch eine extra Zeile mit der Versicherung.
Die wird dann unterm Strich mit dazugerechnet zum Bedarf.
Zitat von: MichelFerner wäre auch die Rückforderung um selben Wert geringer. Sehe ich das richtig?
Wenn es so anerkannt wird, ja.
Michel
Ist jetzt nicht so meine Materie.
Was ich weiß kann ich aber schreiben.
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 14:22:21Da ich meinen Lohn immer am 15. des Folgemonats erhalte, wurden mir Ende Mai für den Juni nochmals die komplette Leistung überwiesen, wobei die Miete direkt an die Hausverwaltung geht.
Das ist nach dem Ratgeber Zuflussprinzip (ALG II trifft auf Lohn) (http://hartz.info/index.php?topic=41.0) korrekt!
Das mit der Miete würde ich selber in die Hand nehmen, wenn das JC aus welchem Grund auch immer keine Mietkosten überweist bist du derjenige der die Kündigung bekommt. Und das interessiert niemand vom JC.
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 14:22:21dürfen basierend auf §11b Abs.1 Nr. 3 SGB II Fahrkosten und Pflichtversicherung (Kfz-Haftpflicht) gesondert in Abzug gebracht werden und unterliegen nicht der Pauschale des Freibetrages von 100,- €.
wenn du nicht über die Pauschale kommst ist in den 100.- die 30.- für Vers. eingerechnet.
Beantragst du die Kostenübernahme der
tatsächlichen Kosten wird alles einzeln berechnet.
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 14:22:21Beim Recherchieren stieß ich noch auf einen Hinweis, dass Menschen mit GdB von 40% eh einen höheren Leistungsanspruch hätten. Ist dem so?
Noch nie davon gehört. Wenn dann je nach Behinderung eine prozentual höhere Wohnfläche oder bei der Ernährung einen Zuschlag aber da sind wenige Krankheiten anerkannt.
Mehrbedarf bei chronischer Krankheit (http://hartz.info/index.php?topic=2598.0)
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 14:22:21Ich habe am 02.07.2024 per E-Mail einen Widerspruch gegen die beigefügte Leistungsberechtigung dem Amt gesandt, dessen Eingang zwar bestätigt wurde, aber bisher ohne Reaktion blieb, trotz Fristsetzung bis zum 15.07.2024.
Für Anträge hat das JC ein halbes Jahr Zeit und du hast ja einen vorläufigen Bescheid. Da kann es passieren das die Berechnung erst für den neuen Bewilligungsabschnitt vorgenommen wird.
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 16:04:44Ergänzung: Ich sehe die Gretchenfrage in der Interpretation des Urteils. Ist die Kfz-Haftpflicht gesondert zu berücksichtigen oder fällt sie mit in die Pauschale.
s. oben oder Ratgeber Einkommensanrechnung (http://hartz.info/index.php?topic=17.0)
MfG FN
Zitat von: Michel am 15. Juli 2024, 16:04:44Somit rechnet sie die Kfz-Haftpflicht mit in die Pauschale ein, was aber nach dem Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, AZ: L 11 AS 941/13 unzulässig sei und separat vom Einkommen abgezogen werden müsste.
In der Entscheidung geht es um die Absetzung der Versicherung vom Kindergeld und nicht Erwerbseinkommen. Das ist was ganz anderes, da es auf Kindergeld sowieso keine 100 Euro Grundfreibetrag gibt.
Das, was die SB schreibt, ist völlig korrekt. Normalerweise werden 100 Euro Grundfreibetrag abgezogen und wenn man nachweist, dass die tatsächlichen Ausgaben über 100 Euro liegen, dann wird statt dessen diese Summe abgesetzt. Also z. B. 30 Euro Versicherungspauschale + 56 Euro Kfz-Haftpflicht + 60 Euro Fahrtkosten= 146 Euro, dann werden anstatt 100 Euro dann 146 Euro abgezogen.
Zitat von: TripleH am 15. Juli 2024, 19:01:32In der Entscheidung geht es um die Absetzung der Versicherung vom Kindergeld und nicht Erwerbseinkommen. Das ist was ganz anderes, da es auf Kindergeld sowieso keine 100 Euro Grundfreibetrag gibt.
Das, was die SB schreibt, ist völlig korrekt. Normalerweise werden 100 Euro Grundfreibetrag abgezogen und wenn man nachweist, dass die tatsächlichen Ausgaben über 100 Euro liegen, dann wird statt dessen diese Summe abgesetzt. Also z. B. 30 Euro Versicherungspauschale + 56 Euro Kfz-Haftpflicht + 60 Euro Fahrtkosten= 146 Euro, dann werden anstatt 100 Euro dann 146 Euro abgezogen.
Ich weiß nicht, ob Du Dir das Urteil einverleibt hast. Jedenfalls gibt es dazu auch online ausreichende Erläuterungen, die immer auf das Gleiche hinauslaufen. Ich zitiere:
,,Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (AZ: L 11 AS 941/13) urteilte, dass das SGB II grundsätzlich jedem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ein angemessenes Kfz ohne Notwendigkeitsprüfung zubillige. Dies diene der Förderung der Mobilität und damit der Erleichterung der Aufnahme einer Beschäftigung.
Insofern müsse es dem Leistungsberechtigten auch möglich sein, die mit der Haltereigenschaft verbundenen Vorteile in Anspruch zu nehmen. So kann die Kfz-Haftpflichtversicherung beim Bürgergeld vom Einkommen abgezogen werden. Voraussetzung: Es muss Einkommen vorhanden sein! Das LSG hatte in seinem Urteil ausgeführt, dass über die Versicherungspauschale hinaus die Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene private Versicherungen wie eine Kfz-Haftpflichtversicherung gesondert vom Einkommen absetzbar sind. (Vergleiche auch §11b Abs.1 Nr. 3 SGB II)" Zitatende.
Es spielt also offensichtlich keine Rolle welcher Natur das Einkommen ist, wobei hier nochmals auf Erwerbseinkommen hingewiesen wird. Ferner, dass es gesondert in Abzug zu bringen ist und nicht unter die Pauschale bzw. den 100,- € Freibetrag fällt. Oder lese ich das hier falsch?
Denn auch ,,leeres Portemonnaie" schrieb, dass bei ihm die Kfz-Haftpflicht gesondert verrechnet wurde.