Hallo,
Kurz zu dem Hintergrund: Ich habe den Bachelor abgeschlossen, war dann zwischenzeitlich Zuhause um mich um meine Kinder zu kümmern und habe vor kurzem dem Master gestartet. Ich werde jetzt 28, bisher hatte ich fast immer den Höchstsatz Bafög erhalten, es waren manchmal kleinere Summen die meine Eltern hätten zahlen müssen (so 10-50€) was sie aber nie wollten, weil ich laut Ihnen mit 18 Erwachsen bin und sie mir nichts schuldig sind.
Jetzt bin ich aber verheiratet und mein Mann ist schon länger Aufstocker, mal mehr, mal weniger. Bei den bisherigen Berechnungen haben sie immer meinen Überschuss auf die BG angerechnet, was ja soweit richtig ist.
In dem neuesten Bescheid ist, es allerdings so, dass ich das erste mal weit weniger als Höchstsatz bekomme, weil meine Eltern mittlerweile zuviel verdienen, Sie müssten laut Bafög Bescheid 200€ Unterhalt zahlen, was sie aber nicht wollen, weil sie niemals auch nur einen Cent für mich bezahlen würden.
Das Jobcenter rechnet das der BG aber trotzdem an, obwohl ich das gar nicht bekomme und jetzt fehlt diese Summe natürlich. Ich weiß nun nicht, kann ich dagegen Widerspruch einlegen, oder hat das so seine Richtigkeit?
Das JC darf kein fiktives Einkommen anrechnen, also Widerspruch einlegen.
Natürlich darf das Jobcenter den im Bafög berücksichtigen Unterhalt anrechnen. Den musst du bei deinen Eltern geltend machen, notfalls vor Gericht.
Es kann nicht sein, dass eine vorrangige Leistung (Bafög) weniger wegen zustehendem Unterhalt zahlt, aber Bürgergeld dann aufstockt, weil Eltern sich weigern. Da ist der Rechtsweg gegen die Eltern angesagt.
Zitat von: DerGreif am 30. Juli 2024, 16:14:49Natürlich darf das Jobcenter den im Bafög berücksichtigen Unterhalt anrechnen. Den musst du bei deinen Eltern geltend machen, notfalls vor Gericht.
Es kann nicht sein, dass eine vorrangige Leistung (Bafög) weniger wegen zustehendem Unterhalt zahlt, aber Bürgergeld dann aufstockt, weil Eltern sich weigern. Da ist der Rechtsweg gegen die Eltern angesagt.
halte ich für nicht haltbar, denn
in einem solchen Falle wäre das Existenzminimum (was jedem GARANTIERT zusteht) nicht gedeckt (entspräche fahrlässiger Körperverletzung). Das Jobcenter muss zahlen, holt sich das Geld aber wieder von den Eltern zurück.
Mit dem Rechtsweg, Klage könnte Jahre dauern, ist die Unterdeckung vorhanden!
Ernie
Zitat von: DerGreif am 30. Juli 2024, 16:14:49Natürlich darf das Jobcenter den im Bafög berücksichtigen Unterhalt anrechnen. Den musst du bei deinen Eltern geltend machen, notfalls vor Gericht.
Es kann nicht sein, dass eine vorrangige Leistung (Bafög) weniger wegen zustehendem Unterhalt zahlt, aber Bürgergeld dann aufstockt, weil Eltern sich weigern. Da ist der Rechtsweg gegen die Eltern angesagt.
Das ist komplett falsch.
Einkommen welches bereits bei einer Sozialleistung mindernd berücksichtigt wurde, darf nicht erneut bei einer anderen Sozialleistung mindernd berücksichtigt werden (doppelte Benachteiligung).
Abgesehen davon darf das JC nur Einkommen anrechnen, welches tatsächlich zugeflossen ist und zur Bedarfsdeckung zur Verfügung steht, das folgt aus dem, dem Gesetz immanenten, Zuflussprinzip und wurde auch vom BSG so klargestellt (u.a. B 14 AS 161/11 R vom 29.11.2012, B 14 AS 8/17 R vom 07.12.2017).
Wenn die Eltern also keinen Unterhalt zahlen, darf dieser auch nicht mindernd beim Bürgergeld berücksichtigt werden.
Und da bei einer Nichtzahlung von Unterhalt der Unterhaltsanspruch lt. § 33 SGB II auf das JC übergeht, kann und darf Mama2017 diesen nicht (mehr) bei den Eltern einfordern, dass ist dann Aufgabe des JC.
Das JC darf kein Einkommen anrechnen, das nicht zufließt. Allerdings kann es die TE bauflagen, einen Vorausleistungsantrag bei der Bafögstelle zu stellen. Dann wird die Bafögstelle volles Bafög zahlen und den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern selbst geltend machen, sie also notfalls verklagen.
Zitat von: TripleH am 30. Juli 2024, 17:57:34Allerdings kann es die TE bauflagen, einen Vorausleistungsantrag bei der Bafögstelle zu stellen.
Das dürfte wegen dem bereits gesetzlich erfolgten Übergang des Unterhaltsanspruchs auf das JC lt. § 33 SGB II nicht möglich sein. Dazu muss das JC diesen zuvor auf die TE vertraglich zurück übertragen, dem die TE aber nicht zustimmen muss.
Es geht nicht darum, dass das JC den Unterhalt selbst geltend macht, sondern um höheres Bafög, was gezahlt wird, wenn der Student nachweist, dass er den von der Bafögstelle errechneten Unterhalt nicht erhält. Der Unterhaltsanspruch geht dann auf die Bafögstelle über, nicht auf das JC.
Von der Absicht, höheres Bafög geltend zu machen, lese ich hier nichts.
Das
Zitat von: Mama2017 am 30. Juli 2024, 13:48:38In dem neuesten Bescheid ist, es allerdings so, dass ich das erste mal weit weniger als Höchstsatz bekomme, weil meine Eltern mittlerweile zuviel verdienen, Sie müssten laut Bafög Bescheid 200€ Unterhalt zahlen, was sie aber nicht wollen, weil sie niemals auch nur einen Cent für mich bezahlen würden. Das Jobcenter rechnet das der BG aber trotzdem an, obwohl ich das gar nicht bekomme und jetzt fehlt diese Summe natürlich.
verstehe ich so, dass das JC die 200€ Unterhalt, die im Bafög Bescheid stehen, als Einkommen berücksichtigt.
Sollte hier etwas Anderes gemeint sein, dann bitte ich den TE darum, sein Anliegen zu konkretisieren.
Ja das JC rechnet den im Bafög Bescheid errechneten Unterhalt als Einkommen an, nicht bei mir, weil ich ja als Student nicht berechtigt bin Leistungen vom Jc zu erhalten, sondern praktisch als Einkommen meines Mannes. (Anrechnung Bedarfsübersteigenden Einkommens an die BG). Das macht es halt noch unwahrscheinlicher das meine Eltern bezahlen, denn warum sollten sie dem fast 30 jährigen Kind den Ehemann unterhalten? (Ihre Worte).
Zitat von: Ottokar am 01. August 2024, 12:42:15Von der Absicht, höheres Bafög geltend zu machen, lese ich hier nichts.
Ich habe geschrieben:
Zitat von: TripleH am 30. Juli 2024, 17:57:34kann es die TE bauflagen, einen Vorausleistungsantrag bei der Bafögstelle zu stellen.
Zitat von: TripleH am 30. Juli 2024, 17:57:34Dann wird die Bafögstelle volles Bafög zahlen und den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern selbst geltend machen,
Zitat von: Ottokar am 01. August 2024, 12:42:15verstehe ich so, dass das JC die 200€ Unterhalt, die im Bafög Bescheid stehen, als Einkommen berücksichtigt.
Korrekt. Das ist auch falsch, wie ich angemerkt habe:
Zitat von: TripleH am 30. Juli 2024, 17:57:34Das JC darf kein Einkommen anrechnen, das nicht zufließt.
Ich habe nur ergänzt, was, das Jobcenter machen wird, wenn es den Unterhalt als Einkommen herausnehmen muss, da die Partnerin des TE einen vorrangigen Anspruch auf höheres Bafög hat, wenn die Eltern den von der Bafögstelle errechneten Unterhalt nicht zahlen.
Ob der Unterhaltsanspruch nach § 37 BAföG oder nach § 33 SGB II übergegangen ist, ist für den TE und das von ihm geschilderte Problem - Anrechnung von Elternunterhalt als fiktives Einkommen im SGB II - vollkommen irrelevant.
Insbesondere ist es dem TE damit unmöglich weil unzulässig, diesen Unterhalt selbst geltend zu machen. Das müssen Land und JC vielmehr unter sich klären.
Unabhängig davon, ob ein höherer BAföG Anspruch besteht - dessen Geltenmachung das JC im Übrigen hier bislang nicht gefordert hat - ist die Anrechnung des nicht zufließenden Elternunterhalts als Einkommen beim Bürgergeld rechtswidrig. Dagegen ist umgehend Widerspruch einzulegen.
Selbst wenn das JC sich mit dem Land dergestalt auseinandersetzen sollte, dass höheres BAföG ohne Berücksichtigung des Elternunterhalts gezahlt würde, ändert sich hieran nichts.
Sofern diese höhere BAföG Zahlung rückwirkend erfolgt, wird das JC hier einen Erstattungsanspruch beim Land geltend machen.
Und sollte diese höhere BAföG Zahlung erst zukünftig erfolgen, wird das JC hier auch erst zukünftig ein höheres BAföG berücksichtigen.
Die Berücksichtigung des nicht gezahlten Elternunterhalts als fiktives Einkommen im SGB II ist und bleibt in jedem Fall rechtswidrig und muss rückwirkend korrigiert werden.
Nichts anderes habe ich geschrieben. Letztlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass die Eltern in jedem Fall nicht einfach "nein" sagen können. Wenn die Tochter den Unterhalt nicht selbst geltend macht, wird es die Bafögstelle tun, weil das Jobcenter auf Vorausleistung Bafög als vorrangige Leistung pochen wird.
Die Tochter kann und darf den Unterhalt nicht selbst geltend machen, weil der Unterhaltsanspruch entweder nach § 37 BAföG oder nach § 33 SGB II übergegangen ist. Was den Elternunterhalt betrifft, ist die Tochter raus aus der Gleichung, das müssen JC und Land unter sich klären.
Im Rechtsverhältnis Tochter <> JC geht es einzig darum, die klar rechtswidrige Anrechnung des nicht gezahlten Unterhalts als fiktives Einkommen zu unterbinden und zwar rückwirkend.
Solange sie den Vorausleistungsantrag nicht gestellt hat, ist der Anspruch nicht auf die Bafögstelle übergegangen. Noch wird ja kein höheres Bafög gezahlt. Nach § 33 SGB II kann hier nichts übergehen, da die Studentin von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist.
Das mag ja so sein, ändert aber nichts hieran:
Zitat von: Ottokar am 30. Juli 2024, 13:52:43Das JC darf kein fiktives Einkommen anrechnen, also Widerspruch einlegen.
Und wenn es so ist, hat das JC allerdings keine rechtliche Handhabe, um die TE nach § 12a SGB II aufzufordern, einen Vorausleistungsantrag zu stellen.
Korrekt, der 12a greift nicht. Allerdings wird das JC das trotzdem fordern und, wenn es nicht gemacht wird, Kostenersatz nach § 34a SGB II fordern, da nunmal durch die Weigerung, höheres Bafög geltend zu machen die Hilfebedürftigkeit der Familienangehörigen erhöht wird.
Und um das für die TE zu konkretisieren und damit abzuschließen:
Kostenersatz nach § 34a SGB II setzt vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln voraus.
Das JC muss dabei nachweisen, dass die TE wusste, dass ihr höheres Bafög zusteht und die Antragstellung auf Vorausleistung in der Absicht unterlassen hat, damit ihr Mann so höheres Bürgergeld bezieht.
Das wiederum bedingt, dass das JC die TE nachweislich darüber informiert, dass sie die Möglichkeit hat, einen Antrag auf Vorausleistung zu stellen und das bei Nichtstellung des Antrages ein Kostenersatz nach § 34a SGB II in Betracht kommt, sie also dafür haftbar gemacht werden kann.
Und um das noch zu ergänzen: "Ich will meine Eltern damit nicht belasten" oder "meine Eltern weigern sich (und ich finde sie haben das Recht dazu)" sind keine rechtlich anzuerkennenden Hinderungsgründe.
Update: Das JC hat dem Widerspruch vollständig stattgegeben und hat bis jetzt auch nichts weiter verlangt.