[Schreiben 4]An das Sozialgericht xxx 11.07.2019
Aktenzeichen S 222/19 ER
@Dragon ./. Jobcenter xxx
hier: Anhörung gem. § 24 SGB X des Antraggegners vom 27.06.2019 – Kenntnisnahme durch Antragsteller am 06.07.2019Sehr geehrte Damen und Herren,
die oben näher bezeichnete Anhörung des Antraggegners (Anlage 1) wird zur lediglichen
Kenntnisnahme übermittelt.
Der Antragsteller hat gegenüber dem Antraggegner keine Stellungnahme zu der genannten Anhörung abgegeben, aus nachfolgenden Gründen.
I.
Die Anhörung des Antraggegners ist unzureichend bestimmt, da wichtige Angaben fehlen und auch nicht nachvollzogen werden können.
In einem Anhörungsschreiben sollte zunächst der Sachverhalt, von dem die Behörde ausgeht, dargestellt und Ausführungen zum (materiellen) Recht gemacht werden. Ferner ist die beabsichtigte Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen anzukündigen. Der lapidare Hinweis „Ihrem Widerspruch kann nach derzeitigen Sachstand leider nicht abgeholfen werden“ ist kaum ausreichend. Vielmehr muss deutlich gemacht werden, von welchen Voraussetzungen der Erlass eines abschlägigen Verwaltungsaktes abhängt.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich der Antraggegner in der Anhörung auf einen Bescheid vom 05.06.2019 und auf einen Widerspruch vom 15.06.2019 bezieht. Da jedoch zwei unterschiedliche Widersprüche mit gleichem Datum gegen zwei verschiedene Verwaltungsakte mit gleichem Erlassdatum (vgl. auch Verfahren S 333/19 ER) ergangen sind, kann keine eindeutige Zuordnung zum richtigen Widerspruchsverfahren vorgenommen werden. Zumal vom Antraggegner ausschließlich die angesprochene Anhörung vom 27.06.2019 in dieser Form dem Antragsteller zugegangen ist, weitere sind nicht erfolgt.
II.
Zugleich wird in der Anhörung vom 27.06.2019 das „Angebot“ unterbreitet, den Widerspruch vom 15.06.2019 um weitere Angaben zu ergänzen.
Beide Widersprüche des Antragstellers vom 15.06.2019 gegen die zwei Verwaltungsakte vom 05.06.2019 enthalten den deutlichen Hinweis, dass nach der Rückkehr aus der sog. Ortsabwesenheit erweiterte Widerspruchsbegründungen unaufgefordert nachgereicht werden.
Augenscheinlich steht eine Entscheidung des Antraggegners nach Aktenlage im Vordergrund, anstatt die vom Antragsteller bereits angekündigten erweiterten Widerspruchsbegründungen abzuwarten. Damit wird der sog. Untersuchungsgrundsatz gem. § 20 Abs. 1 SGB X reichlich überzogen. Denn der Antraggegner verkennt dabei, dass für den Antragsteller die ggf. günstigen Umstände gem. § 20 Abs. 2 SGB X zu berücksichtigen sind. Die bei Ausstellung der Anhörung vom 27.06.2019 durch Ergänzung der erweiterten Widerspruchsbegründungen des Antragstellers dem Antraggegner noch gar nicht vorliegen konnten (vgl. Punkt III).
III.
Gleichfalls ist die vom Antraggegner in der Anhörung gesetzte Frist zur Stellungnahme bis 10.07.2019 nicht nur absurd, sondern auch unangemessen und somit unzulässig.
Dem Antraggegner war bei Ausstellung der Anhörung am 27.06.2019 und deren Versand laut Briefumschlag am 28.06.2019 durchaus bekannt, dass sich der Antragsteller vom 17.06.2019 bis einschließlich 05.07.2019 außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches aufhält und somit nicht persönlich per Briefpost erreichbar ist. Zu diesem Sachverhalt hat der Antraggegner eine schriftliche Zustimmung als Verwaltungsakt vom 04.06.2019 erteilt, der dem Antragsteller nachweislich vorliegt (vgl. auch Verfahren S 111/19 ER).
Aufgrund dessen konnte der Antragsteller die ergangene Anhörung vom 27.06.2019 frühestens am 06.07.2019 zur Kenntnis nehmen. Womit sich die gewährte Anhörungsfrist des Antraggegners bis zum 10.07.2019 auf tatsächliche fünf Tage für den Antragsteller beschränkt.
Für die Rückäußerung muss dem Betroffenen eine angemessene Frist gewährt werden. Eine unangemessen kurze Anhörungsfrist – die hier unstrittig vorliegt – steht einer unterlassenen Anhörung gleich und stellt somit einen erheblichen Verfahrensfehler dar.
Was angemessen ist, hängt nach der grundlegenden Rechtsprechung des BSG von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei der Schwierigkeitsgrad der entscheidungserheblichen Tatsachen von Bedeutung sein kann Die Frist von einer Woche oder weniger ist bei Anhörung eines mit dem Sozialrecht nicht Vertrauten zu kurz bemessen, zwei Wochen sollen dagegen ausreichen. Die Postlaufzeiten für die Hin- und Rücksendung sind dabei hinzuzurechnen, wobei hier als Anhaltspunkt die Regelung des § 37 Abs. 2 SGB X gilt. Im Ergebnis sollte also eine Anhörungsfrist von insgesamt drei Wochen nach Möglichkeit nicht unterschritten werden.
IV.
Insgesamt ist feststellbar, dass die ergangene Anhörung vom 27.06.2019 willkürlich erstellt wurde, zugleich erhebliche Mängel aufweist und somit unwirksam ist. Wenn nicht sogar diverse Anhörungsverstöße vorliegen, die nicht geheilt werden können, was einen sog. absoluten Aufhebungsanspruch gem. § 42 SGB X nach sich ziehen würde.
Mit freundlichen Grüßen
xxx
Anlagen
1 = Anhörung gem. § 24 SGB X vom 27.06.2019 in Kopie
[bitte nicht dazwischen posten – Fortsetzung folgt gleich] 