SG Frankfurt: Gleitsichtbrille aus dem Vermittlungsbudget

Begonnen von Schnuffel01, 18. April 2016, 22:38:00

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Schnuffel01

Aus dem Newsletter von Harald Thome 18.04.2016:


3. SG Frankfurt: Gleitsichtbrille aus Vermittlungsbudget
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Das SG Frankfurt hat mit Urteil vom 19. März 2016-S 19 AS 141/13 das Jobcenter Frankfurt zur Übernahme der Kosten für eine Gleitsichtbrille verurteilt. Anspruchsgrundlage: Förderung aus dem Vermittlungsbudget. Jede ALG-II-Person muss für den gesamten Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und ,,eine ausreichende Sehfähigkeit auch für die Ferne [ist] erforderlich, um unnötige Gefährdung für sich und andere nach Möglichkeit auszuschließen". Um dem Arbeitsmarkt vollwertig zur Verfügung zu stehen ist die Brille zwingend notwendig. Im vorliegenden Fall ist das Ermessen auf null reduziert.
Das Urteil gibt es hier: http://www.harald-thome.de/media/files/SG-Ffm-19.-03.2016-S-19-AS-14113,-Urteil-Brille.PDF

Mit Bezug auf das Urteil und die Urteilsbegründung sollten auch anderweitig Anträge gestellt werden und zwar so lange, bis der Gesetzgeber es auf die Kette kriegt, die Brillenfrage, wie es das Bundesverfassungsgericht (mit Beschluss v. 23.07.2014 – 1 BvL 10/12 - RN 120) fordert, mit einer eigenen Anspruchsgrundlage umzusetzen.
"Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter - Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt."   Jean-Claude Juncker

Die glücklichen Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit.   Marie von Ebner-Eschenbach

Gast3952

Wenn die Sehfähigkeit weiter nachlässt und man neue Gläser braucht, müssen diese dann auch übernommen werden?
(Ich schiebe dieses Problem nämlich gerade etwas vor mir her - des Geldes wegen).

Sollte diese Begründung des Gerichtes dann nicht auch auf z.B. Zahnersatz abgewandelt werden können?
(Nö, dieses Problem schiebe ich nicht vor mir her. :-))

BigMama

@silwi
Das SG zielt hierbei darauf ab, dass die Ausübung einer Erwerbstätigkeit mit der erheblich eingeschränkten Sehfähigkeit ohne Ausgleich durch eine Brille nicht möglich ist und dass auch das sichere Erreichen eines Arbeitsplatzes ohne Sehhilfe nicht sichergestellt werden kann.

Ein "sanierungsbedürftiges Esszimmer" mag unschön aussehen und auch einige Arbeitgeber abschrecken aber die Ausübung einer Tätigkeit ist damit durchaus möglich. Und dort wo kein Kundenkontakt ist, stört es auch weniger wie beispielsweise im Lager oder in einem Callcenter, vorausgesetzt, die Sprache ist deutlich.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

Gast3952

Würde es dann bedeuten, dass ich, wenn ich "nur" eine Lesebrille brauche und mich als Bürokauffrau bewerbe, ich keine Kostenerstattung bekäme, weil ich zB. auf dem Arbeitsweg weder für mich noch für andere eine Gefahr darstelle?

BigMama

Ich denke, dass es hier auf den Einzelfall ankommt. Hast du nur eine leichte Sehschwäche, die du ggfls. mit einer günstigen Brille vom Discounter ausgleichen kannst wohl eher nicht. Hast du aber eine so erhebliche Sehschwäche, dass du damit keine Tätigkeit ausüben kannst oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten, dann wäre eine Förderung aus dem VB aus meiner Sicht notwendig.

Aber ich bin kein Jurist und interpretiere das ggfls. falsch. Vielleicht meldet sich ja noch ein versierter User, der mehr Ahnung von der Auslegung bzw. Anwendung des Urteils hat.
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(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)