BAG: Keine Anwesenheitspflicht an Personalgesprächen im Betrieb während der AU

Begonnen von Meck, 03. November 2016, 14:54:29

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Meck

Arbeitnehmer ist im Krankheitsfall nicht zur Teilnahme an Personalgesprächen im Betrieb verpflichtet. Keine Anwesenheitspflicht während der Arbeitsunfähigkeit.

Das Bundes­arbeits­gericht hat entschieden, dass ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet ist, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungs­möglichkeit teilzunehmen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 02.11.2016 - 10 AZR 596/15


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LG Meck :bye:

Angela1968

Das wundert mich aber. Warum wird dann mit zweierlei Maß gemessen, ein AN ist nicht verpflicchtet im Betrieb zu einem Gespräch über seine berufliche Zukunft zu erscheinen. Wenn das JC zum gleichen Zweck einlädt ist eine AU für das JC keineswegs bzw. oftmals keine Entschuldigung nicht zu erscheinen. Ich bin sogar gehalten als ALG II Empänger trotz Erkrankung mich weiterzubewerben, also meine Arbiet als Arbeitssuchende trotz AU weiterzuführen.

Ist für mich ein Widerspruch. Aber ich muss nicht alles verstehen.

Angela

Orakel

Hier wurde nicht mit zweierlei Maß gemessen, sondern der Tatsache Rechnung getragen, dass sich die Pflichten eines Arbeitnehmers grundlegend von den Pflichten eines Leistungsberechtigten unterscheiden.

ZitatDie Arbeitspflicht des Arbeitnehmers umfasst die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO). Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen.

Im Gegensatz dazu:

"Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, ... (§ 2 Abs. 1 SGB II)

Gast18959

Zitat von: Orakel am 03. November 2016, 16:26:18Im Gegensatz dazu:

"Erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen müssen alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person muss aktiv an allen Maßnahmen zu ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken, ... (§ 2 Abs. 1 SGB II)

Es sei denn, die Angela könnte nachweisen, dass sie aus wichtigem Grund (zB. Erkrankung) an den verordneten "Hilfsmassnahmen" nicht mitwirken kann.

Für die "Massnahme" Vorladung zum Termin gilt :

BSG · Urteil vom 9. November 2010 · Az. B 4 AS 27/10 R
ZitatRN 37
Macht der Arbeitslose gesundheitliche Gründe für sein Nichterscheinen geltend, kommt als Nachweis für die Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen beim Leistungsträger zu erscheinen, zwar regelmäßig die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Betracht. Arbeitsunfähigkeit ist jedoch nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen
https://openjur.de/u/169776.html


Die "krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen" muss nicht durch die oft geforderte ärztliche Wegeunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen werden, ein "Zeugenbeweis" tut´s genau so gut.

LSG Nordrhein-Westfalen · Beschluss vom 3. April 2013 · Az. L 7 AS 108/13 B
ZitatRN 7
Ausgehend hiervon führt der Hinweis des Beklagten, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Nachweis für einen wichtigen Grund nicht akzeptiert wird, sondern eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung notwendig ist (Fachliche Hinweise BA zum SGB II § 32 S. 2) nicht dazu, dass ein wichtiger Grund zu verneinen ist. Zum einen fehlt in dem Hinweis des Beklagten, dass einerseits der Nachweis nicht nur durch ein Attest des behandelnden Arztes, sondern auch durch Zeugenbeweis möglich (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 32 Rn. 15) und andererseits eine eidesstattliche Erklärung nicht ausreichend ist.
https://openjur.de/u/620174.html