Eingliederungsvereinbarungen

Begonnen von Ottokar, 01. Juni 2018, 11:54:11

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Ottokar

- Urteil vom 06.12.2012, B 11 AL 15/11 R
Der Leistungsträger hat mittels geeigneter Regelungen (in der EinV) konkret für Fälle vorzusorgen, in den die Hilfebedürftigkeit und damit der Anspruch auf laufende Eingliederungsleistungen entfällt (weil die EinV unwirksam wird).
Der ALG II Empfänger darf darauf vertrauen (Treu und Glauben), dass er bei Wegfall seiner Hilfebedürftigkeit nicht unangemessen benachteiligt wird.

- Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R
Regelungen zur Geltungsdauer und Erneuerung einer EinV gelten für EinV als Vertrag und Verwaltungsakt gleichermaßen.
Der VA ist demzufolge zeitlich zu begrenzen.
Erst wenn Bemühungen des Leistungsträgers, mit dem Leistungsbezieher einvernehmlich eine Eingliederungvereinbarung abzuschließen, gescheitert sind, darf der Leistungsträger die Regelungen als Verwaltungsakt erlassen.

- Urteil vom 02.04.2014, B 4 AS 26/13 R:
Mit einer Eingliederungsvereinbarung dürfen nur Eingliederungsleistungen, nicht jedoch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geregelt werden.
Ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können nicht aus einer Eingliederungsvereinbarung geltend gemacht werden, da eine solche Eingliederungsvereinbarung aufgrund des Vertragsformverbotes nichtig wäre.


- Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 42/15 R

a) Beim Ersatz einer EinV durch VA gelten die gleichen Maßstäbe wie für den Abschluss einer EinV als Vertrag (RdNr 12).

b) Bei der inhaltlichen Ausgestaltung einer EinV sind die Erfolglosigkeit früherer Vereinbarungen (keine Wiederholung), die Eingliederungsaussichten anhand der individuelle persönliche Situation sowie die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen (RdNr 18).

c) Die Ausgestaltung der Pflicht zu Bewerbungsbemühungen darf sich nicht in der starren Festlegung einer monatlichen Mindestanzahl erschöpfen. Vielmehr muss jeweils im Einzelfall beurteilt und begründet werden, welche Eigenbemühungen von dem Arbeitsuchenden mit Blick auf die individuellen Fähigkeiten und gesundheitliche Situation einerseits und der Arbeitsmarktlage andererseits zumutbar verlangt werden können (RdNr 19).

d) Eine EinV darf sich ohne konkrete Begründung nicht auf die bloße Bestimmung der von den Leistungsberechtigten erwarteten Eigenbemühungen beschränken, welche lediglich Anknüpfungsgrundlage für mögliche Sanktionsentscheidungen ist (Formenmissbrauch, RdNr 19 und 21).

e) Das BSG sieht die Nebenbestimmung der gesonderten Antragstellung als nicht schädlich an (RdNr 20, ebenso B 14 AS 30/15 R RdNr 24), sieht in ihr jedoch auch keine anspruchslenkende oder -begründende Wirkung.


- Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 30/15 R

a) Pflichten in einer EinV sind ihrer Rechtsqualität nach eine Obliegenheit (RdNr 15).

b) Eingliederungsvereinbarungen sind ihrer Rechtsqualität nach öffentlich-rechtliche Verträge in der Form des subordinationsrechtlichen Austauschvertrags nach § 53 Abs 1 Satz 2, § 55 SGB X. Danach ist eine Eingliederungsvereinbarung wirksam, wenn sie nicht nichtig ist. Sie ist über die Prüfung, ob Nichtigkeitsgründe vorliegen, hinaus nicht auch darauf hin zu prüfen, ob sie rechtswidrig ist (Prüfungsmaßstab für Obliegenheit, RdNr 16).

c) Eine EinV muss sowohl das Ergebnis der Potentialanalyse als auch die Eingliederungsziele erkennen lassen.
Außerdem muss ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Potentialanalyse und der Eingliederungsziele einerseits, sowie der Pflichten und Eingliederungsleistungen andererseits erkennbar sein (RdNr 18 und 19).

d) Individuelle, konkrete und verbindliche Leistungsangebote zur Eingliederung in Arbeit sind grundsätzlich notwendigen Bestandteile einer Eingliederungsvereinbarung. Davon darf nur in, dann konkret zu begründenden Einzelfällen abgewichen werden (RdNr 19).

e) Regelungen in denen Leistungen des Jobcenters lediglich beispielhaft genannt werden, erfüllen nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für eine EinV. Es mangelt dann an der Benennung konkreter Leistungen. Pauschale und unklare Regelungen sind generell nicht zulässig (RdNr 21).


- Urteil vom 21.03.2019, B 14 AS 28/18 R
Die Regelungen in einem Verwaltungsakt, der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt, haben im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben wie in einer Eingliederungsvereinbarung zu erfolgen.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn eine Eingliederungsvereinbarung "bis auf weiteres" gilt.
Rechtlich zu beanstanden ist jedoch, wenn entgegen § 15 Abs 3 Satz 1 SGB II keine konkreten Regelungen hinsichtlich der Überprüfung und Fortschreibung der Inhalte getroffen und insbesondere kein spätester Zeitpunkt dafür benannt wird.

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