Erbrecht

Begonnen von Jul7, 18. September 2021, 18:24:03

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Jul7

Hallo, vielleicht kennt sich jemand aus.
Verwandte verstorben, Ehemann erbte angeblich alles (Testament). Nun bestehen daran Zweifel. Nichten wären auch erbberechtigt (Pflichtteil) da nächste Verwandte. Wenn ich es richtig verstanden habe, kostet es aber richtig viel Geld sich darüber Auskunft zu holen. Weiß jemand was dazu? Die eine erbberechtigte Person hat kein Vermögen und bezieht Sozialleistungen (Problematik Erbe/Sozialleistungen bekannt), die andere nicht. Ist aber alleinerziehend und hat kein Geld übrig. Idee dazu?

Fouxie

Erbberechtigt sind nur die direkten Nachkommen des Erblassers, dazu zählen Nichten und Neffen nicht.

ZitatEinen Pflichtteilsanspruch haben aber lediglich die engsten Verwandten. Gemäß § 2303 BGB sind das:

    alle Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel & Urenkel), auch durch Adoption
    Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner des Erblassers
    Eltern des Erblassers

Grundsätzlich gilt dabei, dass ein Anspruch umso wahrscheinlicher ist, desto näher der Grad der Verwandtschaft ist. Nicht alle der aufgeführten Personen haben also in jedem Fall Anspruch auf den Pflichtteil. Es herrscht eine Art Rangfolge. Demnach sind die Eltern eines Erblassers zum Beispiel nur pflichtteilsberechtigt, wenn keine direkten Abkömmlinge existieren. Enkel werden ebenfalls nur mit einem Pflichtteil bedacht, wenn ihre Eltern bereits verstorben sind.

Geschwister sind ein besonderer Fall. Da sie nicht zu den direkten Abkömmlingen zählen, haben Sie trotz des nahen Verwandtschaftsgrades keinen Pflichtteilsanspruch am Nachlass des Bruders oder der Schwester. Werden sie enterbt, besteht keine Chance mehr auf eine Mindestbeteiligung am Nachlass der Geschwister. Das trifft auch auf entfernte Verwandte wie Nichten und Neffen sowie Freunde des Erblassers zu. Sie sind nur erbberechtigt, wenn sie testamentarisch bedacht sind oder wenn kein näherer Verwandter existiert und sie im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge die nächsten Verwandten sind. Einen Pflichtteilsanspruch können Nichten und Neffen also ebenfalls nicht geltend machen.

Jul7

Es gibt eben keine näheren Verwandten!

Fouxie

Aber ein Testament und einen Ehemann ...

Gast50874

Wenn ein gültiges Testament vorliegt geht das Erbe eben nicht nach der gesetzlichen Erbfolge an Nichte und Neffe über, denn diese greift dann erst gar nicht. Die gesetzliche Erbfolge greift bei ungeregelten Nachlässen.

Ob das Testament gültig ist lässt sich über das Nachlassgericht oder Anwalt klären.

Jul7

Es gibt kein Testament.

Fouxie

ZitatVerwandte verstorben, Ehemann erbte angeblich alles (Testament).
ZitatEs gibt kein Testament.

Was denn jetzt?

Jul7

Entschuldigung, er hat es behauptet. Es gibt aber keines. Ich frage mal in einem Jura Forum. Danke euch.

Gast48661

Wenn es ein Testament gibt, dann wird dieses formal eröffnet und den gesetzlichen sowie testamentarischen Erben bekannt gegeben. Eventuell einfach mal beim zuständigen Nachlassgericht nachfragen.
Sofern allerdings die gesetzliche Erbfolge greift, dann erbt der Ehegatte neben den Nichten. Ehemann und Nichten würden also eine Erbengemeinschaft bilden.

Der einfachste Weg wäre jetzt der, kommende Woche einfach mal beim Nachlassgericht anzurufen und dort nachzufragen. Da liegt die Akte mit allen notwendigen Infos und vor allem muss dort ein Testament vorliegen, sofern es denn überhaupt eins gibt.

Ottokar

#9
Das BGB gliedert die gesetzliche Erbreihenfolge in Erben erster, zweiter, dritter und vierter Ordnung, sowie darüber hinaus noch fernere Ordnungen.
Zunächst erben die Erben erster Ordnung, nur wenn es keine Erben erster Ordnung gibt, können die Erben zweiter Ordnung erben, und nur wenn es auch keine Erben zweiter Ordnung gibt, können die Erben dritter Ordnung erben, usw. (§ 1930 BGB).
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Jul7

Wie gesagt. Es lebt niemand mehr ausser Ehemann,Tante und Nichten der Verstorbenen. Es wird sich wohl sowieso erledigt haben. 500 EUR kostet allein der Erbschein, dann Stammbuch und Sterbeurkunden aller Personen die vor den Nichten dran gewesen wären aber tot sind. Und da die dann bestehende Erbengemeinschaft nicht miteinander spricht, Anwaltskosten. Grundstück muss geschätzt werden usw.. Alles Kosten die die Nichten nicht aufbringen können. Und da der Ehemann wohl in den nächsten Monaten verstirbt, bekommt dann seine Schwester alles, automatisch. Sonst ist da niemand. Schulden hätten die Nichten natürlich gratis bekommen .... zumindest kann man dann ausschlagen. An das Erbe rankommen können nur Personen, die Geld haben. So ist das eben ....

Ottokar

Ohne Testament und Kinder erbt der Ehegatte bei Zugewinngemeinschaft 3/4, ansonsten 1/2 (§ 1931 BGB), 1/4 (1/2) geht an Eltern oder, wenn bereits verstorben, deren Abkömmlinge, also Tanten/Onkels und im Weiteren Neffen/Nichten (d.h. wenn die Tante noch lebt, erbt diese, nicht ihre Abkömmlinge).
Kosten des Erbfalles wie Erbschein, Sterbeurkunde, Anwalts- und Notarkosten, Gutachterkosten, Bestattungskosten etc. sind aus dem Erbe zu bezahlen und zwar vor der Teilung.

Wenn im Weiteren der Ehemann verstirbt, kommt es nicht zu einer Neuaufteilung. Dessen Schwester erbt dann auch nur, was ihr Bruder zuvor geerbt hat, also die o.g. 3/4 bzw. 1/2, je nach dem ob Zugewinngemeinschaft bestand oder nicht.
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Jul7

Ah ok, dann bekommt seine Schwester seinen Teil und der Rest fällt an den Staat. Da die Nichten kein Geld für einen Anwalt bzw. die ganzen Unterlagen haben. Aber vielleicht braucht man dann nur noch den Erbschein und die Sterbeurkunden. Keinen Anwalt da sich niemand darum streiten wird.

Das alles aus der Erbmasse bezahlt wird, ist ja schön. Aber da kommt man ja nicht dran umd ohne zu bezahlen ,gibt es ja nix. Keine Dokumente.

Ottokar

Sofern Tante und Nichten das Erbe beim Nachlassgericht fristgerecht ausschlagen, fällt es an den Ehemann bzw. später an dessen Schwester.
Ansonsten können Tante/Nichten auch noch später von der Schwester die Herausgabe ihres Erbteils einfordern.

Zitat von: Jul7 am 19. September 2021, 12:31:51Das alles aus der Erbmasse bezahlt wird, ist ja schön. Aber da kommt man ja nicht dran umd ohne zu bezahlen ,gibt es ja nix.
Das habe ich nicht verstanden.
Benötigt wird zunächst lediglich der Erbschein, der kostet je nach Höhe des Nachlasses ab 150€.
Der Erbe ist zudem gesetzlich verpflichtet, ein Vermögensverzeichnis des Nachlasses aufzustellen.
Was den Grundstückwert betrifft, da kann man sich an die Gemeinde wenden und den von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte ermittelten Bodenrichtwert dafür erfragen.
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Jul7

Der Erbschein kostet mindestens 500 (großes Grundstück in sehr guter Lage) Dazu alle Sterbeurkunden die benötigt werden. Aber danke für die Tips!