Grundsicherung als Freiberufler Anrechenenbarkeit von Betriebsausgaben

Begonnen von stoptheclock, 20. September 2021, 22:16:03

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stoptheclock

Hi Zusammen,
ein Freund ist leider in der Pandemie als Freiberufler in die Grundsicherung geschlittert. Ist das erste mal, dass er diese erhielt. Jetzt ist es so, dass er eine Verlängerung für Juni bis Ende November 2021 bekommen hatte, aber dann für Juli wieder Aufträge reinbekam. Die Grundsicherung ist wohl nicht vorzeitig kündbar. Ab September bekommt er zwar keine Grundsicherung mehr , aber das Jobcenter rechnet wohl jetzt den ganzen Bewilligungszeitraum ein und er muss dann alle Einnahmen bis Ende November angeben, wovon ein Durchschnittsbetrag auf die sechs Monate gerechnet wird. Er befürchtet jetzt einerseits, dass er die Grundsicherung (evtl sogar samt Krankenkassenbeiträge ?) von Juni bis August zurückzahlen muss. Dabei wird er immer noch nicht besonders hohe Einnahmen haben (Er rechnet für den 6 Monatigen Bewilligungszeitrahmen mit Umsätzen von 3-4 tausend Euro). Andererseits steht auch die Frage im Raum inwieweit er Kosten wie zum Beispiel Investitionen gegenrechnen kann. Eigentlich müsste er als Sprachlehrer in einen guten Laptop investieren, um gute Videomeetings abhalten zu können und Videos zu schneiden. Wäre es da zum Beispiel möglich eine Investition wie einen leistungsfähigen 1500 Euro Laptop wie bei der Steuererklärung abzusetzen?

Vielen Dank für jedwede Hilfe.

crazy

Notwendige Betriebsausgaben werden anerkannt. Höhere Beträge sind ggf vorher anzukündigen.
Da ein Durchschnitt gebildet wird und er auch Freibetrag wird abgezogen.
Bei der angenommenen Summe bleibt nichts über zum Anrechnen

Ronald BW

Als Unternehmer oder Freiberufler wird er ja wohl selber wissen was nötig ist.
Das Jobcenter ist keine Unternehmensberatung.
Und beim Jobcenter kann er auch nichts absetzen.
Er legt seine BWA auf den Tisch und gut ist.
Ab da kann er sich immer noch mit denen streiten, für was wer zuständig ist.

blaumeise

Zitat von: stoptheclock am 20. September 2021, 22:16:03Ab September bekommt er zwar keine Grundsicherung mehr , aber das Jobcenter rechnet wohl jetzt den ganzen Bewilligungszeitraum ein und er muss dann alle Einnahmen bis Ende November angeben, wovon ein Durchschnittsbetrag auf die sechs Monate gerechnet wird.
Das ist richtig so bei Selbständigen.

Zitat von: stoptheclock am 20. September 2021, 22:16:03Andererseits steht auch die Frage im Raum inwieweit er Kosten wie zum Beispiel Investitionen gegenrechnen kann. Eigentlich müsste er als Sprachlehrer in einen guten Laptop investieren, um gute Videomeetings abhalten zu können und Videos zu schneiden. Wäre es da zum Beispiel möglich eine Investition wie einen leistungsfähigen 1500 Euro Laptop wie bei der Steuererklärung abzusetzen?
Wenn die Ausgabe nicht vermeidbar und notwendig ist, dann muss das JC das akzeptieren. Er muss aber gut begründen können, warum es nicht auch ein preiswerteres Gerät tun würde. Sicherheitshalber würde ich den Kauf vorher mit dem JC schriftlich abklären. Dazu ist er nicht verpflichtet, das dient lediglich zu seiner eigenen Absicherung, ob die Kosten später anerkannt werden oder nicht. Er soll sich richtig gute Argumente überlegen, auch in die Richtung, dass er damit dauerhaft aus Hartz IV draußen bleibt und von seinem Einkommen leben kann.

Man muss sich nur mal vorstellen, wie nachteilig es ist, wenn jemand einen Kurs bucht für viel Geld und der Lehrer mit seinem Unterricht technisch nicht mithalten kann im Vergleich zu anderen Anbietern.

Siehe § 3 ALG-II-VO Abs. 2 und 3: http://www.buzer.de/gesetz/8014/a153228.htm

Quinky

WENN der Freiberufler Grundsicherung bekommt, so bekommt er diese über den ganzen Bewilligungszeitraum!
Es ist nicht möglich, ab September bis November die Grundsicherung (HartzIV) zu streichen, dafür aber in den Vormonaten Juni bis August rückwirkend den Durchschnitt anzurechnen. Der Durchschnitt wird auf alle 6 Monate angerechnet und für die Monate September bis November steht EBENFALLS Grundsicherung (nach Abzug des Durchschnittseinkommens, Freibeträge nach § 11 SGBII berücksichtigt) zu!!!
Hier will das Jobcenter betrügen!

Gruß
Ernie

blaumeise

Zitat von: Quinky am 21. September 2021, 11:24:55Hier will das Jobcenter betrügen!
Nein. Die Leistungen wurden wohl eingestellt, weil er aktuell genügend Einkommen hat, wie ich herauslese. Nach Ablauf des BWZ muss bei der abschließenden Berechnung natürlich trotzdem das Durchschnittseinkommen des gesamten BWZ zugrunde gelegt werden. Falls dabei herauskommt, dass ihm noch ALG II nachgezahlt werden muss, dann bekommt er das natürlich.

stoptheclock

Zitat von: crazy am 21. September 2021, 07:24:31
Notwendige Betriebsausgaben werden anerkannt. Höhere Beträge sind ggf vorher anzukündigen.
Da ein Durchschnitt gebildet wird und er auch Freibetrag wird abgezogen.
Bei der angenommenen Summe bleibt nichts über zum Anrechnen
Sind mit Freibeträgen die ca 150 € die man zusätzlich verdienen darf gemeint?
Frage mich auch ob mein Freund dadurch, dass er dem Jobcenter seine veränderte Situation sofort mitgeteilt und weitere Überweisungen somit gestoppt hat,sich einen Nachteil verschafft hat, oder ob es letztlich keinen Unterschied macht bei der "Schlussabrechnung". Viel kann er anscheinend nicht geltend machen. Da das Arbeitszimmer schon im Mietzuschuss inbegriffen ist, blieben vor allem Kosten für Fahrten.

stoptheclock

Zitat von: crazy am 21. September 2021, 07:24:31
Notwendige Betriebsausgaben werden anerkannt. Höhere Beträge sind ggf vorher anzukündigen.
Da ein Durchschnitt gebildet wird und er auch Freibetrag wird abgezogen.
Bei der angenommenen Summe bleibt nichts über zum Anrechnen

Ist bei den 2-3 tausend Euro Umsatz, angenommen es würden kaum Betriebskosten anfallen, davon auszugehen, dass mein Freund nichts zurückzahlen müsste?.  Wie rechnet man genau? Gehen wir davon aus er würde 700 € im Monat bekommen (inklusive Miete). 3 Monate hat er dieses Geld erhalten, die übrigen drei Monate nicht mehr. Würde man dann so rechnen das er bei den restlichen 3 Monaten 3x700 € + min 3x100 € Freibetrag, also 2400€ bedenkenlos Gewinn machen dürfte? Und muss er sich auch jetzt schon bei der Krankenversicherung melden, weil das Jobcenter diese Zahlungen jetzt auch einstellt?  Sorry für die vielen Fragen, ist alles etwas Neuland.

crazy

Wenn das JC auch keine Beiträge zur KV mehr anweist muss er das natürlich selbst tun. Was widerum abzusetzen ist und damit sein anrechenbares EK verringert.