Versorgungslücken. Oder: Kann man wirklich obdachlos werden?

Begonnen von Quote, 16. Oktober 2021, 14:58:22

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Quote

Hallo zusammen,

zurzeit habe ich leider einen kleinen Berg an Problemen vor mir und mache mir entsprechend viele Gedanken, weil mich diese Frage in absehbarer Zeit vielleicht betreffen könnte. In Dokumentationen sieht man diese Fälle: War mal erfolgreich. Ist nun obdachlos.

Meine Geschichte, um das Ganze etwas besser nachvollziehen zu können vorab, die Fragen, über deren Beantwortung durch euch ich mich sehr freuen würde, dann am Ende.

Vor knapp 2 Jahren war ich wegen einer psychischen Erkrankung lange krank geschrieben, habe das Krankengeld leider aufbrauchen müssen und wurde ausgesteuert. Im Juli meldete ich mich arbeitssuchend, beziehe seitdem ALG 1. Das Arbeitsamt hat ein kurzes Gespräch mit mir gesucht, da ich aber aus einer Reha-Maßnahme seitens der DRV noch eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben offen habe, hat man es dabei belassen und zahlt übergangsweise bis zum Beginn der Maßnahme.

Nun beginnt das eigentliche Problem. Seit August sind leider gleich zwei physische Krankheiten hinzugetreten, von denen eine mittelfristig keine gute Prognose hat. Unabhängig davon möchte ich nun den Kopf nicht in den Sand stecken und unbedingt an dieser Maßnahme teilnehmen - musste den Termin aber schon zweimal mit Krankschreibung verschieben. Die DRV hat mir nun mitgeteilt, wenn dies ein drittes Mal der Fall sein sollte, dass man dann annehmen müsse das ich gesundheitlich nicht dazu in der Lage sei und ich einen neuen Antrag stellen müsse, wenn sich der Gesundheitszustand stabilisiert habe.

Sozialleistungen (ALG1/ALG2) erhält man nur, wenn man sich regelmäßig für 15 Wochenstunden zur Verfügung stellen kann. Die Krankenkasse hat mir schon mitgeteilt, dass ich auch aufgrund der neu hinzugetretenen Erkrankung keinen Anspruch mehr auf Krankengeld habe, bis eine erneute Anwartschaft erfüllt ist.

1. Was passiert denn, wenn man während des Bezuges von ALG1/ALG2 länger als 6 Wochen erkrankt sein sollte, aber keinen Anspruch auf Krankengeld hat?
2. Addieren sich die Zeiten, die man wegen derselben Krankheit krankgeschrieben ist auch, wenn man zwischendurch arbeitsfähig ist? Beispiel: Ich falle zwei Wochen aus, stehe zwei Wochen zur Verfügung, falle vier Wochen aus, stehe zwei Wochen zur Verfügung - und falle dann wieder aus. Hat das Konsequenzen?

Es geht an dieser Stelle ausschließlich um die faktische Versorgungssituation (die Wohnung in jedem Falle halten zu können). Von meiner Seite aus möchte ich mich dem Arbeitsmarkt in vollem Umfang zur Verfügung stellen. Nur kann ich eben zurzeit noch nicht abschätzen, wie sich das Ganze entwickelt.

Vielleicht kennt sich ja jemand hier mit dieser Situation aus. Ich würde mich über eure Unterstützung sehr freuen.

Sheherazade

Zitat von: Quote am 16. Oktober 2021, 14:58:22
Sozialleistungen (ALG1/ALG2) erhält man nur, wenn man sich regelmäßig für 15 Wochenstunden zur Verfügung stellen kann.

Das trifft so auf ALGII nicht zu.

Von daher müsstest du deine Fragen
Zitat
1. Was passiert denn, wenn man während des Bezuges von ALG1/ALG2 länger als 6 Wochen erkrankt sein sollte, aber keinen Anspruch auf Krankengeld hat?
2. Addieren sich die Zeiten, die man wegen derselben Krankheit krankgeschrieben ist auch, wenn man zwischendurch arbeitsfähig ist? Beispiel: Ich falle zwei Wochen aus, stehe zwei Wochen zur Verfügung, falle vier Wochen aus, stehe zwei Wochen zur Verfügung - und falle dann wieder aus. Hat das Konsequenzen?
in ALGI und ALGII unterscheiden.

Wann endet der Bezugszeitraum ALGI bei dir?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Quote

ALG1 endet erst im Sommer nächsten Jahres.

Muss man, um ALG2 beziehen zu dürfen, nicht ebenfalls mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können?

Grundsätzlich ist das ja auch der Fall, auch 40 Stunden. Nur sind die episodischen, längeren Krankschreibungen eben das, was mir Sorge bereitet.

Sheherazade

Zitat von: Quote am 16. Oktober 2021, 15:11:12
Muss man, um ALG2 beziehen zu dürfen, nicht ebenfalls mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können?

Nicht zwingend, ALGII ist eine Sozialleistung, die bei Hilfebedürftigkeit gezahlt wird und ALGI eine Versicherungsleistung.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

crazy

Erst wenn man dauerhaft unter drei Stunden erwerbsfähig ist bekäme man statt Alg2 dann Erwerbsminderung plus wenn Bedarf noch Grundsicherung oben drauf.
Da Du fragst hast auch Du wohl in jungen Jahren nicht an die Berufsun fähigkeitsversicherung gedacht. Die würde schon bei Berufsunfähigkeit deinen Lohnausfall als Rente zahlen.
So bleibt Dir Alg2 ab nächstem Jahr als Notanker

blaumeise

Zitat von: Quote am 16. Oktober 2021, 15:11:12Muss man, um ALG2 beziehen zu dürfen, nicht ebenfalls mindestens 3 Stunden täglich arbeiten können?
Du musst unterscheiden zwischen arbeitsunfähig und erwerbsunfähig bzw. erwerbsgemindert. Du kannst z. B. 3 Monate am Stück arbeitsunfähig sein, bleibst aber trotzdem grundsätzlich erwerbsfähig mit Anspruch auf ALG II. Eine Erwerbsminderung, auch eine teilweise, kann nur vom med. Dienst der Agentur für Arbeit oder von der Rentenversicherung festgestellt werden.

Subkulturmann

Obdachlos kann man in diesem Land nicht wirklich werden, man bekommt ein Zimmer in einem Heim zugeteilt. Wahrscheinlich muss man das auch mit einem teilen. Es gibt zig Anlaufstellen. z.B. der ASB, Caritas, Obdachlosenvereine, Diakonie, Sozialamt (Wohnungsamt) etc.

Nur wie schnell man dann wieder ne eigene Wohnung bekommt... kann keiner sagen.

>Besteht in sehr kalten, eisigen Monaten Erfrierungsgefahr, kann man sofort zum Landratsamt gehen. Ich hörte mal, dass die verantwortlich dafür sind - kein Mensch muss erfrieren und die müssen eine Lösung finden.

Viele suchen sich auch wegen Drogen- oder Alkoholproblemen sich selbst ihr Schicksal aus und bleiben die ganze Zeit draußen, weil sie einfach sehr verbittert sind und wütend auf alles.
Oder viele sind zu stolz/ haben Angst sich Hilfe zu suchen. Natürlich sollte man Obdachlosigkeit vermeiden, aber wenn nichts mehr hilft, hat man Recht auf Hilfe, bevor man im Winter erfriert oder verhungern muss.

Obdachlosigkeit/Wohnungslosigkeit kann bei dem Wohnungsmarkt jeden treffen.