Ärztliches Gutachten da, darf es aber nicht haben

Begonnen von Lindalin, 20. Dezember 2021, 10:11:13

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Lindalin

Hallo Zusammen,

ich hatte ein tel. Gespräch mit meiner Beraterin, die mir das Ergebnis vom Amtsarztes mitteilte. Ich bin nicht ganz damit einverstanden und habe drum gebeten mir eine Kopie zu schicken, um Wiederspruch einlegen können. Seit das Gutachten da ist, sind nun schon drei Wochen vergangen, bis ich den Termin nun hatte.
Nun sagte mir die Dame dass sie mich im Jan. gern persönlich sehen würde und mir eine Kopie davon auszuhändigen würde.

Nun mache ich mir Sorgen dass dann die Widerspruchsfrist bis dahin abläuft (?).
Zudem sagte sie mir ich solle mir keine Sorgen machen, sie würde mich schon nicht ins kalte Wasser werfen und was die Stundenanzahl angeht langsam vorgehen. Aber ich habe da meine Zweifel und möchte Widerspruch einlegen, damit ich etwas "in der Hand" habe. Zumal nun wohl nochmal ein Wechsel stattfindet und die neue Beraterin dann auch anders vorgehen könnte.

Was wäre denn das beste nun zu tun?

Lg

Frogger

Dem Ergebnis der Begutachtung kannst du nicht widersprechen. Das Gutachten selbst ist kein Verwaltungsakt. Du kannst also auch keine Fristen verstreichen lassen. Es gibt aber Verwaltungsakte wie z.B. eine Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt, diverse Eingliederungsmaßnahmen etc., die in Folge eines falschen Gutachtens ergehen können. Diesen kannst du dann widersprechen. In dem Rahmen kann man das Gutachten auch angreifen.

Interessant wäre es zu wissen, ob du in einer Optionskommune lebst oder ob dein Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit unterstellt ist. Ebenso, ob das Gutachten von einem Arzt beim Gesundheitsamt erstellt worden ist.

Inwiefern bist du denn mit dem Ergebnis nicht zufrieden? Kam er zu einem anderen Ergebnis wie deine Ärzte?

Simone-

Soweit ich weiß kann man gegen ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes keinen Widerspruch einlegen. Insofern gibt es keine Widerspruchsfrist.

Du kannst aber (schriftlich, nachweislich) Zweifel daran äußern, dass der ÄD in seinem Gutachten alle relevanten gesundheitlichen Gegebenheiten berücksichtigt hat.

Eigentlich bleibt dir nur, dass du den Termin abwartest und dann den ÄD anschreibst, sobald du das Gutachten Teil B in der Hand hältst. Es gibt noch den Teil A, der Befunde usw. enthält, dieser hat aber in den Händen der Vermittlungs-Sachbearbeiter nichts zu suchen. Wäre sicher interessant für dich zu lesen, was da drin steht. Den kannst du mit gleichem Schreiben beim ÄD anfordern.

Was genau stimmt denn deiner Meinung nach mit dem Gutachten nicht?

"Alles was die weise Frau lernte schrieb sie in ihr Buch, und als die Seiten schwarz vor Tinte waren, nahm sie weiße Tinte und begann von vorne."

Lindalin

Danke für eure Antworten. Ich habe inzwischen nochmal mit ihr sprechen können und sie sagte mir ich könne Widerspruch einlegen. Komisch, was ist denn nun richtig  :weisnich: Sie sagte ich solle einfach einen Satz schreiben, wie "hiermit widerspreche ich dem ärztlichen Gutachten".
Wobei das wiederrum ja bedeuten würde, dass das Gutachten nicht mehr gültig ist, oder? Ich werde irgendwie sehr schlecht beraten  :weisnich:

Mir geht es nur um die Einschätzung der zumutbaren Stundenanzahl. Dagegen wollte ich Widerspruch einlegen.

Flip

Ein Widerspruch ist nicht möglich. Auch, wenn die in Verwaltungsrecht offenbar nicht geschulte Vermittlerin das sagt. Nenn Das Ding Gegenvorstellung. Das kommt näher ran.

Lindalin

Okay, danke nochmals. Dann werde ich das so machen:

Zitat von: Simone- am 20. Dezember 2021, 12:12:58
Du kannst aber (schriftlich, nachweislich) Zweifel daran äußern, dass der ÄD in seinem Gutachten alle relevanten gesundheitlichen Gegebenheiten berücksichtigt hat.

Frogger

Eine Gegenvorstellung ist ebenfalls nicht möglich. Eine Gegenvorstellung ist wie eine Dienst- oder Fachaufsichtsbeschwerde ein formloser Rechtsbehelf und gegen eine bestimmte Entscheidung einer Behörde gerichtet. Bei Leistungsfeststellung des Arztes handelt es sich aber um keine Entscheidung, die angegriffen werden kann.

Zitat von: Simone- am 20. Dezember 2021, 12:12:58Du kannst aber (schriftlich, nachweislich) Zweifel daran äußern, dass der ÄD in seinem Gutachten alle relevanten gesundheitlichen Gegebenheiten berücksichtigt hat.
Dies wäre die einzige Möglichkeit, die bestehen könnte. Dies wäre dann aber auch die Grenze an Informationen, die ich der Vermittlerin zukommen lassen würde. Die Vermittlerin ist kein Arzt und es obliegt ihr auch keine Beurteilung, ob sich der Arzt geirrt haben könnte.

Aber: Es ist noch gar nicht geklärt, wer überhaupt die Exploration durchgeführt hat. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit trifft die Agentur für Arbeit. Die Agentur für Arbeit beauftragt entweder den Ärztlichen Dienst oder einen Amtsarzt mit der Exploration.
Hier ist die Rede von einem Amtsarzt.
Bei Optionskommunen ist die Sache anders. Hier wird gerne mal der Amtsarzt beim Gesundheitsamt mit der Feststellung der Leistungsfähigkeit beauftragt. Auffallend ist hierbei oft, dass der Arzt dann die Arbeitsfähigkeit prüft, aber nicht die Leistungsfähigkeit.  Dann setzen die Optionskommunen sehr gerne eigene Vertragsärzte ein und nennen die einfach mal Amtsarzt, weil der ja sein Büro im "Amt" hat. Beides nicht ok. Es existiert eine Vereinbarung der Länder mit der Rentenversicherung, dass die Beurteilung der Leistungs- und Erwerbsfähigkeit über den Rentenversicherungsträger erfolgt.

Es besteht Anspruch auf Einsicht in das Gutachten. Die Sachbearbeiterin hat ihren Teil des Gutachtens zur Verfügung zu stellen. Den Rest kann man sich über den Arzt besorgen. Auch wird die Information bzgl. der Optionskommune und wer denn das Gutachten gemacht benötigt.

Lindalin du bist jedenfalls nicht machtlos. Gehe aber kontrolliert und bedacht vor. Vor allem unterhalte dich über die Sache nicht mehr am Telefon mit der Vermittlerin.

Jan Mustermann

Erst einmal Akteneinsicht beantragen und dann Kopien bzw. Ablichtungen davon machen.

Lindalin

Danke @Frogger. Das wusste ich alles nicht.
Die Kopie wird mir hoffentlich die nächsten Tage zugeschickt, dann weiß ich vielleicht mehr.

Es soll ein Amtsarzt aus Kempten im Allgäu sein. Wohl der einzige Amtsarzt dort.
Vielleicht ist hier jemand zufällig aus der Ecke?


Was mich etwas stört ist dass ich nun Rehamaßnahmen machen soll, obwohl ich mehrere Ausbildungen habe und damit Arbeit finden würde. Nur eben mit gewissen Einschränkungen.
Ich wollte lediglich das gewisse Beinträchtigungen berücksichtigt werden. Die Beraterin sagte vor dem Gutachten nämlich: "Mit ein bisschen Physio wird es schon gehen".

Die Erkrankungen jedoch sind chronisch und absolut nicht wegzutherapieren. Deshalb habe ich damals neben dem Job noch eine Weiterbildung absolviert die es ermöglichen würde z.b. sitzend zu arbeiten. Trotzdem will man mich beim JC in meinen alten Beruf drängen, den ich eben nicht mehr ausüben kann. Wozu habe ich so viel Geld und Mühe investiert  :weisnich:

Die Alternative dazu wären nun sinnlose Kurse wie Bewerbungscoaching und ein Coaching für Alleinerziehende.

justine1992

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52obwohl ich mehrere Ausbildungen habe und damit Arbeit finden würde. Nur eben mit gewissen Einschränkungen.
Daran hindert Dich doch niemand? Du musst doch keine Maßnahmen machen. Und Du musst Dich auch nicht an das Gutachten halten. Du kannst Dich bewerben, worauf Du willst. Und Stellen annehmen, die Du willst - auch wenn sie nicht dem Gutachten entsprechen.
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

Frogger

Zitat von: Jan Mustermann am 20. Dezember 2021, 22:38:20Erst einmal Akteneinsicht beantragen und dann Kopien bzw. Ablichtungen davon machen.
Auch hierfür bedarf es ein Verfahren. Gemäß § 25 SGB X ist eine Akteneinsicht auf ein konkretes Verfahren bezogen.

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Die Erkrankungen jedoch sind chronisch und absolut nicht wegzutherapieren. Deshalb habe ich damals neben dem Job noch eine Weiterbildung absolviert die es ermöglichen würde z.b. sitzend zu arbeiten. Trotzdem will man mich beim JC in meinen alten Beruf drängen, den ich eben nicht mehr ausüben kann. Wozu habe ich so viel Geld und Mühe investiert 
Ok, jetzt wird auch das "Aufbäumen" klar. Der unbedingte Willen der Wahrnehmung deiner Interessen ist also mehr als begründet.

Die Berücksichtigung der Einschränkungen hat innerhalb einer Potenzialanalyse zu erfolgen, mit der Absicht etwaige Einschränkungen bei der Eingliederung und damit auch bei der Eingliederungsvereinbarung zu berücksichtigen. Gibt es aktuell bei dir eine Eingliederungsvereinbarung? Wenn ja, wann wurde sie abgeschlossen? Wenn ja, wurde die vor kurzem neu abgeschlossen aufgrund der Feststellungen des Arztes? Wird diese Eingliederungsvereinbarung vielleicht gerade durch die Vermittlerin vorbereitet? Nach den Infos gehts dann weiter.

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Die Beraterin sagte vor dem Gutachten nämlich: "Mit ein bisschen Physio wird es schon gehen".
Diese Entscheidung obliegt ihr nicht. Es liegt in der Natur, dass du dich bei der Vermittlerin "nackig" machst, weil du möchtest ja, dass deine Einschränkungen berücksichtigt werden. Absolut nicht notwendig und auch nicht ratsam. Mit mir würden solche Bemerkungen was machen. Ich würde mich nicht richtig ernst genommen fühlen. Es würde mir Angst machen. Um meine Exitenz, weil man irgendwo dem Vermittler ausgeliefert ist. Lass dich da nicht kirre oder verrückt machen. Genieß die Weihnachtszeit.

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Es soll ein Amtsarzt aus Kempten im Allgäu sein. Wohl der einzige Amtsarzt dort. Vielleicht ist hier jemand zufällig aus der Ecke?
Ich bin nicht aus der Ecke, aber ich habe eben mal nachgesehen. Bei dir kommt sowohl eine Optionskommune (Jobcenter Oberallgäu) und die gemeinsame Einrichtung mit der Agentur für Arbeit infrage. Die Agentur für Arbeit hat in Kempten eigentlich auch einen Ärztlichen Dienst und würde die Feststellung darüber treffen lassen. Solltest du beim Jobcenter Oberallgäu sein, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass die Untersuchung vom Gesundheitsamt in Kempten durchgeführt wurde.

Bis dahin lass nicht von deinem Bewerbungsbemühen abbringen und zieh deinen Stiefel ruhig durch.
Solltest du inzwischen Stellenvorschläge bekommen, meld dich hier, dann kann dir hier bestimmt jemand helfen ob du dich bewerben musst und wie du die ungeeignete Stelle "loswirst". Was z.B. durch eine gewisse Art der offenen Kommunikation über die Einschränkungen passieren kann. Da du nicht den Eindruck machst, dich drücken zu wollen, findet sich hier bestimmt jemand, der dir da einen Tipp geben kann.

Fettnäpfchen

Lindalin

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Die Kopie wird mir hoffentlich die nächsten Tage zugeschickt, dann weiß ich vielleicht mehr.
Wenn das Gutachten, Teil B, bei dir ist solltest du es anonymisiert hier einstellen dann kann man auch etwas dazu
Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Trotzdem will man mich beim JC in meinen alten Beruf drängen, den ich eben nicht mehr ausüben kann.
schreiben!

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 06:18:52Die Alternative dazu wären nun sinnlose Kurse wie Bewerbungscoaching und ein Coaching für Alleinerziehende.
selbst dass kann man überprüfen, sinnloses darf nicht gefordert werden.
Maßnahmezuweisung: Was soll sie enthalten?

MfG FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Lindalin

#12
Zitat von: Fettnäpfchen am 21. Dezember 2021, 14:58:47
Wenn das Gutachten, Teil B, bei dir ist solltest du es anonymisiert hier einstellen

Ja, so mache ich das.

Zitat von: Frogger am 21. Dezember 2021, 10:10:02
Gibt es aktuell bei dir eine Eingliederungsvereinbarung? Wenn ja, wann wurde sie abgeschlossen? Wenn ja, wurde die vor kurzem neu abgeschlossen aufgrund der Feststellungen des Arztes? Wird diese Eingliederungsvereinbarung vielleicht gerade durch die Vermittlerin vorbereitet?

Die gibt es seit Aptil 2021.
Eigentlich sollte die Beraterin mir damals Formulare für den Amtsarzt zuschicken (Schweigepflichtsentbindungen). So hatten wir das zumindest besprochen.

Geschickt wurde mir allerdings eine Eingliederungsvereinbarung mit folgendem Punkt:


"Unterstützung durch das Jobcenter:

Bei vorliegen aktueller/aussagekräftiger ärztlicher Unterlagen stellt Ihre Arbeitsvermittlerin den Kontakt zum Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit her um Sie bei der Feststellung Ihrer gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu unterstützen."

Ich hatte im April schon erfahren dass dieser Punkt in einer Eingliederungsvereinbarung garnichts zu suchen hat. Zu lesen hier:

https://hartz.info/index.php?topic=125318.msg1469435#msg1469435

Fettnäpfchen

Lindalin

Zitat von: Lindalin am 21. Dezember 2021, 15:56:52Ja, so mache ich das.
:ok:

Zur EinV:
Macht nix
und solange da nicht mehr verlangt wurde ist es super für dich
und ansonsten hat es sich im Prinzip erledigt weil die EinV nicht mehr gültig ist

MfG FN
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Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Frogger

Auf der einen Seite habe ich hier jetzt etwas über eine Weiterbildung gelesen, die du gemacht hast. Dann war wohl auch eine Umschulungsmaßnahme ein Thema. Ist dieser Wunsch noch vorhanden oder hat sich dies erledigt?

Dass diese Thematik nichts in einer EinV zu suchen hat, hast du ja inzwischen mitbekommen. Die VM gehen aber auch deine ärztlichen Unterlagen absolut nichts an. Ich sprach ja schon an, dass ich verstehe, wenn man uneingeschränkt mitwirken will, aber alles Medizinische würde ich nicht mehr der VM besprechen. Die erfährt am besten nur noch z.B. Einschränkungen der Leistungsfähigkeit sind vorhanden oder Einschränkungen haben sich verschlechtert. Welche Einschränkungen das sind, geht die VM nichts an.
Aber, eine Begutachtung kann man nicht beantragen. Die kann nur angeregt werden. Wie schon erwähnt, es ist kein Verwaltungsverfahren, bei dem man Widerspruch einlegen kann. Ohne Verfahren keine Antragsmöglichkeit.

Hat die VM schon einen Termin für den Abschluss der neuen EinV bestimmt?