Zuweisung in eine Maßnahme zur Eingliederung von Selbständigen verhindern?

Begonnen von Chrischiii, 03. Februar 2022, 14:08:22

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Chrischiii

Hallo,

ich habe gestern per Post eine Zuweisung in eine Maßnahme zur Eingliederung von Selbständigen gemäß § 16c Abs. 2 Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten. Diese habe ich hier angehangen.

Kurz zu meiner Hintergrundgeschichte: Ich bin seit 2008 selbständig, seit vielen Jahren hauptberuflich. Im Juni 2020 musste ich nun erstmalig einen Antrag auf Grundsicherung für Arbeitsuchende / Arbeitslosengeld II stellen (unter den neu geschaffenen Bedingungen des erleichterten Zugangs während der Corona-Pandemie). Mittlerweile befinde ich mich im vierten Bewilligungszeitraum (geht bis einschließlich Mai 2022).

Ich möchte die zugewiesene Maßnahme des Jobcenters unbedingt abwenden, da ich sie für nicht notwendig halte und auch gar keine Zeit dafür habe. Ich investiere meine sämtliche Arbeitskraft tagtäglich dafür, selbständig die bestehende Hilfebedürftigkeit zu verringern oder sogar komplett zu überwinden. Meine aktuellen Prognosen stehen mittlerweile gut, dass ich nach dem Ende des aktuellen Bewilligungszeitraums hoffentlich keinen neuen Antrag mehr stellen brauch. Diese Prognose wäre nicht mehr haltbar, wenn ich eine entsprechende Maßnahme besuchen müsste, denn es ist ja nicht nur der Zeitaufwand für die Maßnahme selbst, sondern es sind auch die Zeiten für An- und Rückfahrt zum Träger, Vor- und Nachbereitungen, usw. zu berücksichtigen, die mir dann nicht mehr für meine eigentliche Arbeit zur Verfügung stehen. Im Januar habe ich einen Überschuss im vierstelligen €-Bereich erzielt. In meiner vorläufigen EKS war ich immer sehr zurückhaltend, da Einnahmen nicht sicher vorhersehbar sind und habe dort Verluste im BWZ angegeben.

Im Schreiben des JC (siehe Anhang) steht etwas davon, dass ich die in einer Eingliederungsvereinbarung vom 27.01.2022 vereinbarten Pflichten zu erfüllen habe. Mir liegt bis heute jedoch gar KEINE Eingliederungsvereinbarung vor. Nicht vom 27.01.2022 und auch vorher wurde nie eine mit mir abgeschlossen. Wie kommt man darauf? In wiefern ist daher schon überhaupt eine Zuweisung in eine solche Maßnahme für Selbständige rechtlich erlaubt? Es fand mit mir keinerlei Vorabberatungsgespräch statt, keine Potenzialanalyse, nichts. Lediglich beim letzten Anruf Ende November 2021 meinte der SB vom JC , dass man im Frühjahr gucken würde, wie man mir evtl. weiter mit einem "Coaching" helfen könne. Dazu habe ich nichts weiter gesagt. Das Schreiben bzw. der Anruf mit der direkten Zuweisung in eine Maßnahme (drinnen steht was von Angebot, Annahme aber verpflichtend, aha...) traf mich daher jetzt entsprechend unerwartet, da man vorab eben überhaupt nicht mit mir gesprochen hat, was, wieso / wofür, usw.

Meine Recherchen haben ergeben, dass laut aktuellen fachlichen ,,Weisungen zu den Sozialschutz-Pakete" der Bundesagentur für Arbeit während der Corona-Pandemie gar keine vermittlerische Begleitung erfolgen soll, sofern diese nicht vom (Solo-)Selbständigen selbst nachgefragt wird. Dies habe ich nicht getan. Auch ist laut Weisungen keine Überprüfung der Tragfähigkeit angezeigt, wie sie es jedoch mit der Maßnahme wohl vorhaben. Was soll das also?

Wir befinden uns mitten in einer Pandemie, einer noch nie dagewesenen Situation mit der Omikronwelle und Inzidenzen im vierstelligen Bereich und ich soll regelmäßig (arbeite aus dem Homeoffice) quer durch die ganze Stadt fahren um vor Ort persönlich an einer Maßnahme teilzunehmen. Das halt ich in der jetzigen Situation weiterhin einfach für unangebracht.

Zudem möchte ich niemand externen (Berater), den ich gar nicht beauftragt habe, irgendwelche Unternehmensunterlagen geben (denn im Schreiben werden umfangreiche Unterlagen aufgeführt, die ich mitzubringen habe), auch zum Schutz meiner Geschäftspartner.

Auch sind die Forderungen wie "aktive Mitarbeit bei allen auf die Einkommensmaximierung abzielenden Leistungen bis zum Ende der Zuweisungsdauer" viel zu unkonkret. Was soll das heißen? Wenn der MT sagt, ich solle das und das verkaufen um es zu Geld zu machen, dann muss ich das machen?!? Das kann ja nicht sein.

Weiterhin erfolgt keine definitive Zusicherung der Fahrtkostenerstattung (Kann-Regel). Zu einer Kostenübernahmeregelung für die Vorlage notwendiger (welche sollen das auch sein? Unkonkret...) Unterlagen beim Maßnahmenträger in der Zuweisung bzw. Maßnahme fehlt jegliche Aussage.

Im Schreiben ist auch kein fester Beginn angegeben, es steht zwar was von 01.02.2022 bis 31.03.2022, jedoch keine genauen Daten. Ich solle mich wohl selbst beim Träger melden?!?

Wie kann ich mich gegen diese Maßnahme wehren? Kann ich einen Widerspruch einlegen? Es gibt dazu keine Info im Schreiben, nur eine Rechtsfolgenbelehrung. Direkt ans JC ? Klage erheben? In wiefern kann ich mir anwaltliche Hilfe einholen? Oder besser erstmal direkt gegenüber dem JC die Maßnahme in einem Schreiben begründet (Punkte siehe oben) ablehnen? Was passiert dann? Welches Vorgehen schlagt ihr vor?

Danke und VG

[Dateianhang durch Administrator gelöscht]

Meph1977

Also es geht da um insgesamt 10 Stunden verteilt auf 2 Monate. Ich sehe da nicht wirklich eine Einschränkung
Seid vorsichtig was ihr dem JC erzählt. Die machen aus nem französischen Rotwein eine rothaarige Französin und drehen euch noch eine BG mit der Französin an.

Heinz-Otto

Da der Zeitaufwand gering ist, würde ich mal beim MT fragen, was er denn zu bieten hat. Auf der Webseite von denen erfährt man nicht viel.
Es gibt immer mal was, das man als Tipp mitnehmen kann.
Ich finde das Angebot sogar eher großzügig vom JC. Manche kämpfen um Förderung, Selbstständige erst recht.

Ob du die Maßnahme abwenden kannst, weiß ich nicht, da kenne ich mich nicht aus.
Aber es fehlt auf jeden Fall mal eine nähere Beschreibung, was in der Maßnahme vermittelt wird. So kann man nicht abschätzen, ob das was bringt.

Fettnäpfchen

Chrischiii

Zitat von: Chrischiii am 03. Februar 2022, 14:08:22
ich habe gestern per Post eine Zuweisung in eine Maßnahme zur Eingliederung von Selbständigen gemäß § 16c Abs. 2 Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten.
Gestern war schon der 02.02. und Anfang ist der 01.02.
Mit den ganzen 16er § habe ich keinen Plan.
Und Bezug zu einer nicht vorhandenen EinV  :weisnich:

Was mir aufgefallen ist im Schreiben wirst du "zugewiesen" und "verpflichtet" und an anderer Stelle "gebeten" (Bitte nutzen Sie das Angebot) teilzunehmen.
Evtl ist das ja eine Sache der Freiwilligkeit!
Vllt. mal googeln oder andere User wissen da Bescheid.

Hier mal Grundsätzliches:
Maßnahmezuweisung: Was soll sie enthalten?
Ansonsten kann ich nicht weiterhelfen dass mit dem Link oberhalb fand ich wert einzustellen.
Zitat von: Meph1977 am 03. Februar 2022, 15:27:19Also es geht da um insgesamt 10 Stunden verteilt auf 2 Monate. Ich sehe da nicht wirklich eine Einschränkung
bei Modul 1
und nach Absprache mit dem JC können noch zwei Module folgen... Ins gesamte Laufdauer wären dann 6 Monate, also so lange wie ein Bewilligungszeitraum.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

götzb

3G wird verlangt.
Einfach den Corona Nachweis verweigern.
Auch muss sich niemand testen lassen.

Liebes Corona. Vielen Dank das dank dir die Jobcenter 3 Monate schließen mussten. #auch Pandemien haben ihre guten Seiten.
Arbeit bekämpfen, Automatisierung fördern ! Das evangelische Arbeitsethos ist das Grundübel dieser Gesellschaft.

Chrischiii

Zitat von: Meph1977 am 03. Februar 2022, 15:27:19
Also es geht da um insgesamt 10 Stunden verteilt auf 2 Monate. Ich sehe da nicht wirklich eine Einschränkung

Mit Anfahrt, Rückfahrt, Vor- und Nachbereitung (die wollen ja auch Unterlagen bspw.) wird das sicherlich einen Arbeitstag pro Woche in dem Zeitraum kosten. Fürs erste Modul wohlgemerkt. Weitere und längere Module mit noch mehr zeitlichen Aufwand können, wie unten geschrieben, ja folgen...

Zitat3G wird verlangt.
Einfach den Corona Nachweis verweigern.
Auch muss sich niemand testen lassen.

Das geht so einfach? Welches ist die rechtliche Grundlage dafür? Soll ich das dem JC einfach schreiben oder dem MT?

Sheherazade

Einfacher wäre es, das erste Modul (Bestandsaufnahme) hinter dich zu bringen und darzulegen, dass du mit dem Ende des Bewilligungszeitraumes das Ziel erreicht hast - nach deiner Aussage im Mai. Die weiteren Module haben sich dann für dich erledigt.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Meph1977

Die Unterlagen die da erstellt werden "müssen" sind Unterlagen die man als Selbstständiger sowieso haben sollte. Die andern Module haben mit 30 Stunden in 3 Monaten und 10 Stunden in 4 Wochen auch keinen Nennenswerten Umfang.
Seid vorsichtig was ihr dem JC erzählt. Die machen aus nem französischen Rotwein eine rothaarige Französin und drehen euch noch eine BG mit der Französin an.

Chrischiii

Nehme ich an dem ersten Modul teil, halte ich es für ausgeschlossen meine Prognose (Ende der Hilfebedürftigkeit in diesem BWZ) zu erreichen. Wie geschrieben, es wird 1 Arbeitstag pro Woche ausfallen. Was soll diese Beschäftigungstherapie, wenn ich im Januar bereits über vierstellig Gewinn mache, in der ersten Februar-Woche bereits Umsätze im hohen dreistelligen Bereich...

ZitatDie Unterlagen die da erstellt werden "müssen" sind Unterlagen die man als Selbstständiger sowieso haben sollte.

Die fürs Erstgespräch zusammenzustellen dauern auch Stunden, ich würde sagen einen Arbeitstag, raussuchen, Kontauszüge gewissenhaft zu schwärzen, Steuererklärungen, BWA, Planungen der nächsten 6 Monate in Papier zu bringen, Aufstellungen privater Aufwendungen (was soll das sein, privates geht die nichts an...), usw.

Hat also leider keine Idee, wie ich gegen diese Zuweisung vorgehen kann, mal weg vom Zeitlichen. Beispielsweise, dass auf Pflichten aus einer Eingliederungsvereinbarung verwiesen wird, die ich nie abgeschlossen oder erhalten habe, das kann doch nicht in Ordnung sein. Oder die Pflichten, die viel zu umfassend, unkonkret sind, und mich im Recht der freien Berufsausübung einschränken (aktive Mitarbeit bei allen auf die Einkommensmaximierung abzielenden Leistungen bis zum Ende der Zuweisungsdauer -> bspw. sagen die einfach, ich solle mein AV verkaufen, dann hab ich aber keine Basis für meine Selbständigkeit mehr...). Oder dass die fachlichen Weisungen solche Maßnahmen aktuell in der Corona-Zeit nur vorsehen, wenn der Selbständige sie selbst beantragt... Dass laut fachlichen Weisungen keine Überprüfung der Tragfähigkeit stattfinden soll, wie es jetzt mit der Maßnahme verfolgt wird... Usw.

Heinz-Otto

Wenn du schon verbindliche Aufträge hast, kannst du das dem JC mitteilen und damit begründen, dass die Maßnahme nicht erforderlich ist.

a_good_heart

Auch wenn das mit der Selbständigkeit überhaupt nicht meine Baustelle ist,
würde ich auf jeden Fall der Zuweisung widersprechen. :yes:

Wichtig ist, dass wenn sich der Maßnahmeträger meldet, ihm zu verklickern, das gegen die Zuweisung das Widerspruchsverfahren läuft und man deshalb derzeit keinen Teilnahmevertrag (und auch sonst nichts!!!) unterschreiben kann.
Ideal wäre das natürlich in Schriftform, genauso wie die Antwort des Trägers.
Ohne unterschriebenen Vertrag werden die bestimmt nicht tätig werden, aber dich kann man deswegen dann nicht sanktionieren.
Du bist nämlich nicht verpflichtet mit Dritten (Träger) Verträge zu schließen.
Ohne deine Zustimmung dürfen die auch keine Daten von dir erheben und/oder verarbeiten...  :zwinker:


Vielleicht könnte der Widerspruch so aussehen. Da muss man aber bestimmt noch etwas dran feilen... :scratch:

ZitatZuweisung in eine Maßnahme zur Eingliederung von Selbständigen gemäß § 16c Abs. 2 Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 27. Januar 2022
zugegangen am 2. Februar 2022


Sehr geehrte Damen und Herren,

gegen vorgenannten Verwaltungsakt ergehen folgende Rechtsmittel:

-   form- und fristgerechter Widerspruch
-   Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 86a bzw. § 86b SGG
-   Antrag Feststellung der folgenlosen Ablehnung der Maßnahme


Widerspruchs-Begründung:


Sinn und Zweck der zugewiesenen Maßnahme wurden vorab mit mir nicht besprochen.
Die Angabe, dass eine Eingliederungsvereinbarung (EinV) vom 27. Januar 2022 existieren würde, ist schlichtweg falsch. Es gibt derzeit gar keine gültige EinV.
Mit mir gemeinsam wurde kein Eingliederungskonzept erarbeitet, weshalb für mich auch keine ernsthafte Eingliederungsstrategie erkennbar ist.

Es erschließt sich mir zudem auch nicht, inwiefern diese Maßnahme dazu geeignet sein soll, die Erträge aus meiner Selbständigkeit steigern zu können. Die Maßnahmezuweisung ist insoweit als unvollständig anzusehen.

Zusammenfassend ist feststellbar, dass die hiermit angefochtene Maßnahmezuweisung vom 27. Januar 2022 an erheblichen Mängeln leidet und somit berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit vorliegen. Demzufolge können aus dieser Maßnahmezuweisung weder Pflichten gefordert, noch Pflichtverletzungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II mit Rechtsfolgen gem. § 31a Abs. 1 SGB II abgeleitet werden.

Ich erwarte unverzüglich eine schriftliche Bestätigung über den fristgerechten Eingang des Widerspruches.

Mit freundlichen Grüßen
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

Chrischiii

Super, danke dir a_good_heart

Und den Widerspruch ausformuliert ans Jobcenter faxen / per Post?

Heinz-Otto

Qualifiziertes Fax (mit Ausdruck der 1. Seite) würde ich immer bevorzugen.
Das können sie nicht so einfach "verlieren", bzw. behaupten es wäre nichts angekommen.