Rechtsanwalt in fremder Stadt finden

Begonnen von Ratlos, 11. März 2022, 17:35:39

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Ratlos

Mein Problem ist,
dass ich in Berufung beim Landessozialgericht München gehen will.
Dazu brauche ich aber Prozesskostenhilfe.
Kann man den Antrag formlos stellen und einfach den H4 Bescheid mit beilegen und versichern dass man keine weiteren Einnahmen hat?

Dann kommt noch das Problem dazu wie findet man in einer fremden Stadt einen Anwalt der für Prozesskostenhilfe arbeitet?
Meine Berufungsfrist geht laut Rechtsbehelf bis 29.03.
Kann mir jemand behilflich sein. Wäre dankbar.

mousekiller

Du kannst formlos schriftlich direkt beim Landessozialgericht Berufung einlegen.

Im Schreiben stehen muss
- gegen wen sich die Berufung richtet
- wann das Urteil des Sozialgerichtes erfolgt ist,
- wann es dir zugegangen ist,
- dass du die Berufung später begründest, da du noch auf der Suche nach einem Anwalt bist, da dir bekannt ist, dass vor dem Gericht Anwaltszwang herrscht.

Mit gleichem Schreiben beantragst du bereits jetzt Prozesskostenhilfe.

Einen Anwalt findest du am schnellsten über Anwalt.de oder über die Suche bei den Suchmaschinen "Anwalt für Sozialrecht in München" Wohnst du in München? Anderenfalls kannst du auch einen Anwalt direkt vor Ort mit der Bearbeitung beauftragen. Die Zulassung nur an bestimmten örtlichen Gerichten ist seit einigen Jahren aufgehoben.
Alle verrückt hier! Komm, Einhorn, wir gehen...

Ratlos

Das war jetz gut. Danke mousekiller.
Schick ich morgen per Einschreiben an das Landessozialgericht und beantrage gleich diese Prozesskostenhilfe mit.
Am Montag versuch ich dann über die angegebene Suche einen Anwalt zu finden.
Ich gebe dann Bescheid über das Ergebnis.

Ich habe gehört, dass dann wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird, man das Verfahren schon so gut wie gewonnen hat.

a_good_heart

Zitat von: mousekiller am 11. März 2022, 17:59:41- dass du die Berufung später begründest, da du noch auf der Suche nach einem Anwalt bist, da dir bekannt ist, dass vor dem Gericht Anwaltszwang herrscht.

Anwaltszwang beim LSG?
Ich bin ohne Anwalt vorm LSG in Berufung gegangen... :scratch:
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

mousekiller

Zitat von: Ratlos am 11. März 2022, 18:19:30
Ich habe gehört, dass dann wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird, man das Verfahren schon so gut wie gewonnen hat.

Das stimmt nicht ganz. In Zivilverfahren wird nur Prozesskostenhilfe gewährt, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. In sozialgerichtlichen Verfahren wird immer Prozesskostenhilfe gewährt, da es hier nicht auf den Erfolg ankommt, sondern darauf, dass jede Person die Möglichkeit bekommen soll, rechtliche Entscheidungen überprüfen zu lassen. Die Sozialgerichtsbarkeit ist neben der Familiengerichtsbarkeit auch die Einzige, bei der das so ist.
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Flip

Das ist definitiv falsch. Die Voraussetzungen zur Gewährung von PKH sind in der Sozialgerichtsbarkeit nicht anders als in anderen Gerichtsbarkeiten.

mousekiller

Zitat von: Flip am 12. März 2022, 09:46:27
Das ist definitiv falsch. Die Voraussetzungen zur Gewährung von PKH sind in der Sozialgerichtsbarkeit nicht anders als in anderen Gerichtsbarkeiten.

Nein du liegst falsch. PKH wird in Sozialgerichtsverfahren immer gewährt. Dem Sozialgericht bleibt es unbenommen, die PKH-Bewilligung nach Ende des Prozesses innerhalb von 4 Jahren zu überprüfen.
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Ratlos

Danke Euch für die vielen Hinweise. Im Rechtsbehelf steht zwar dass man keinen Anwalt braucht, aber erstens kenne ich mich nicht gut aus und zweitens kann ich selber am Prozess nicht teilnehmen wegen Behinderung und Krankheit.
in Formular für Prozesskostenhilfe von 9 Seiten habe ich grade herunter geladen.
Es steht dass man Prozesskostenhilfe bekommt, wenn man nicht mutwillig streitet und Aussicht auf Erfolg besteht.

Flip


Zitat von: mousekiller am 12. März 2022, 11:03:07Nein du liegst falsch. PKH wird in Sozialgerichtsverfahren immer gewährt.


Ich liege bestimmt nicht falsch. Bereits die einfache Lektüre des § 73a SGG widerlegt deine Behauptung:

Zitat1) 1Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

ZitatLiegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; 

https://dejure.org/gesetze/SGG/73a.html

Und für dich zum Nachlesen mal ein paar Entscheidungen zu abgelehnter PKH in AS (SGB II) Sachen:

https://openjur.de/u/2380827.html

ZitatDas Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit folgender Begründung abgelehnt: Den Überprüfungsantrag ablehnende Bescheid vom 31. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2013 sei rechtmäßig. 

https://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/195294?modul=esgb&id=195294

ZitatNach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

...

Vorliegend ist keine hinreichende Erfolgsaussicht zu erkennen. Es findet sich keine Rechtsgrundlage für die Erstattung der vom Kläger begehrten Versorgung mit Zahnersatz, der über die von der Krankenkasse im vorliegenden Fall vollständig zugesagten Regelversorgung hinausgeht. Zur weiteren Begründung wird gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.



https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2017-N-129802?hl=true

ZitatDie Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat das SG mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens und der damit unzulässigen Klagen mit Beschlüssen vom 10.07.2017 abgelehnt.


http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/147787

ZitatMit Beschluss vom 25.10.2011 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 21 Abs 6 SGB II, der in Ausführungen der Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 erlassen worden sei, bestehe kein Anspruch auf eine Übernahme der Kosten für die Brille als Mehrbedarf. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.17/1465 S. 8 und 9) stelle eine Brille keinen solchen Mehrbedarf dar

http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/legacy/163540

ZitatDie Beschwerde des Klägers ist nicht begründet; das Sozialgericht (SG) hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt.

Reicht das jetzt, oder brauchst du noch mehr Beschlüsse?


Ratlos

Habe mal den § 73 gelesen. Da brauch ich mich ja gar nicht nach einem Anwalt umzusehen.
In dem § steht nämlich gleich am Anfang
... Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt.

mousekiller

@Flip: Der Mann meiner Freundin hat vor dem SG eine EU-Rente erstreiten wollen. Er hat PKH erhalten. Die Klage wurde abgewiesen. Und nu?  :wand: Es ist im Ermessen des Gerichts, ob PKH gewährt wird oder nicht.

Er wird jetzt vor das LSG gehen und Berufung einlegen und dort bekommt er auch PKH, weil im Gerichtsverfahren möglicherweise Formfehler passiert sind. Ergo: Ermessen des Gerichts.

Sofern der Kläger nachgewiesenermaßen mittellos ist, den Anwalt selbst zu finanzieren (was ja mit dem Antrag auf PKH geprüft wird), wird jedem PKH im Sozialgerichtsverfahren gewährt. Ich habe es bis jetzt nur erlebt, dass diese abgelehnt worden ist, weil die Nachweise unvollständig waren.

@Ratlos. Wie ich bereits sagte: Beantrage formlos schriftlich die PKH und bitte darum, dass du dir einen Anwalt als Beistand hinzuziehen darfst. Das PKH-Formular findest du hier online. Unter dem Google-Suchwort "Prozesskostenhilfeformular" findest du auch einen Download zum ausdrucken und handschriftlich ausfüllen. Lege dazu deine Einkommensnachweise, Kontoauszüge (ungeschwärzt, Gerichte dürfen das), Mietvertrag und Kopien deiner Haftpflichtversicherungen vor. Solltest du allerdings Lebensversicherungen besitzen, wäre das nachteilig, solange diese keinen Verwertungsausschluss haben.

Das Schreiben mit der Berufung  und dem Antrag auf Prozesskostenhilfe schicke bitte zweimal mit. Die meisten Gerichte arbeiten zwar inzwischen elektronisch, aber noch nicht alle Behörden. Ein Schreiben behält daher das Gericht selbst, eines bekommt die Gegenseite.
Alle verrückt hier! Komm, Einhorn, wir gehen...

Flip

Zitat von: mousekiller am 12. März 2022, 20:56:57@Flip: Der Mann meiner Freundin hat vor dem SG eine EU-Rente erstreiten wollen. Er hat PKH erhalten. Die Klage wurde abgewiesen. Und nu?   Es ist im Ermessen des Gerichts, ob PKH gewährt wird oder nicht.

Ach, auf einmal ist es im Ermessen. Klingt doch irgendwie ganz anders als

Zitat von: mousekiller am 12. März 2022, 11:03:07PKH wird in Sozialgerichtsverfahren immer gewährt.

Oder nicht?!

Zitat von: mousekiller am 12. März 2022, 20:56:57Sofern der Kläger nachgewiesenermaßen mittellos ist, den Anwalt selbst zu finanzieren (was ja mit dem Antrag auf PKH geprüft wird), wird jedem PKH im Sozialgerichtsverfahren gewährt.

Nein, wie du ganz einfach der von mir zitierten Rechtsprechung entnehmen kannst.

Oder was verstehst du an

ZitatVorliegend ist keine hinreichende Erfolgsaussicht zu erkennen. 

oder

ZitatDas Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit folgender Begründung abgelehnt: Den Überprüfungsantrag ablehnende Bescheid vom 31. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. März 2013 sei rechtmäßig.

nicht?

Dass eine Klage später abgewiesen wird, bedeutet nicht, dass sie von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hatte. Gerade in Rentensachen werden im Laufe des Verfahrens noch Gutachten eingeholt und erst dann bildet sich die Rechtsmeinung des Gerichts.

Nur in Fällen, wo dir Klage von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hat, wird PKH mit dieser Begründung abgelehnt. Wenn es z. B. bereits x mal höchstrichterliche Rechtsprechung gibt. Oder wenn die Klage unzulässig ist. Wenn der Kläger überhaupt nicht klagebefugt ist usw.

mousekiller

Ich verstehe sehr wohl, was du meinst, habe es in der Praxis nur tagtäglich anders erlebt. Rechtssprechung stellt immer auf einen Einzelfall ab, Grundsatzurteile gibt es eher weniger. Mit Deinen Ausführungen hast du es lediglich geschafft, den TE zu verunsichern und dafür zu sorgen, dass er möglicherweise seine Rechte nicht mehr einfordert.

Ein Bärendienst.  :no:
Alle verrückt hier! Komm, Einhorn, wir gehen...

Flip

Blödsinn. Du hast behauptet, dass es immer PKH gibt. Und dann immer weiter bestritten, dass dem nicht so ist. Mit falschen Behauptungen hilft man niemandem weiter!

Ein einfaches "in den meisten Fällen gibt es PKH" hätte genügt.


Ratlos

Ich hoffe mal dass ich Prozesskostenhilfe kriege. Sonst müsste  das Gericht ja nach den Akten und meiner Berufungsbegründung entscheiden.
Ich bin ja wegen Krankheit nicht reisefähig und teile das dem Gericht im Antrag auch mit und belege es.