Frage zum Teilhabechancengesetz 16i SGB ||

Begonnen von Andree, 16. Juni 2022, 16:54:52

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

justine1992

beinahe OT und wird bestimmt auch schnell wegen "Irrelevanz" gelöscht:
1. Ich finde es gefährlich, wenn Leute ihr Leben planen, indem sie von null Eigenleistung ausgehen. Wie kann das gehen? Warum auch?
2. Ich höre so oft Geschimpfe über den Mindestlohn. Und ich merke, dass manchen nicht bewusst ist, was das für ein Fortschritt war. Den Mindestlohn gibt es noch nicht lange. Er ist für viele Menschen und für viele Branchen eine Verbesserung.

Nein, reich zu werden ohne Ausbildung ist immer noch schwierig. Aber das ist es auch für die meisten mit akademischer Ausbildung. Reich werden ist nichts für die Allgemeinheit. Bzw. Reichtum wird dann nicht als solcher wahr genommen. Wir sind jetzt reich. Ja, wir alle. Aber wir wollen immer alle mehr. Warum? Ich (!) bin zufrieden mit dem, was ich habe. Ich brauche nicht, was meine Nachbarinnen und Kolleginnen haben. Ich brauche, was ich brauche - unabhängig von dem, was es gibt oder was andere haben. Mein Bedarf wird doch nicht größer, weil andere anders leben.
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

Feddi

@Andree

Im Grunde ist das ganz einfach:

Die Förderung nach § 16i gibt es nur, wenn man bereits mindestens 5 Jahre arbeitslos ist, was bei dir der Fall sein muss.

Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten:

A) Du suchst ehrlich Arbeit und hast es nach 5 Jahren nicht geschafft, einen Job zu finden. Dann wäre der § 16i für dich ein guter Einstieg, denn niemand verlangt von dir, dass du die volle 5 Jahre im Programm bleibst. Findest du einen anderen Job, der dir mehr bringt oder du bekommst vom Chef einen unbefristeten Vertrag für einen anderen Job angeboten, dann ist das Ok.

B) Du suchst gar keine Arbeit, dann kannst du den § 16i zwar ablehnen, aber dann weiß auch dein SB, dass du nicht arbeiten willst oder nur zu deinen eigenen Bedingungen.

Du musst jetzt entscheiden, was für dich besser ist.

Reiner1970

"aber dann weiß auch dein SB, dass du nicht arbeiten willst"

Was der denkt, wäre mir völlig Schnuppe. Das hat nichts mit nicht wollen zu tun, sondern einfach nur mit Logik

Mindestlohn ist nicht pauschal schlecht. Es kommt immer auf die Umstände an. Und hier passen sie eben nicht

Feddi

Zitat von: Reiner1970 am 18. Juni 2022, 15:30:01Und hier passen sie eben nicht

Du scheinst mehr zu wissen, wie die anderen, klär mich auf.

glasi

Zitat von: AnonymerNutzerBi am 18. Juni 2022, 11:20:06Also so eine Aussage macht mich sauer, sorry! 
Weißt du was mich sauer macht?
Das man mich als Langzeitarbeitsloser versucht finanziell zu verarschen -> für das gleiche wie Hartz 4/minimal mehr arbeiten.

Zitat von: AnonymerNutzerBi am 18. Juni 2022, 11:20:06Ich habe eine Schwerbehinderung habe lange als Aufstocker gearbeitet, und jetzt durch einen neuen Job aus dem raus.
Ich finde es nicht in Ordnung das hier Menschen so tun als wäre arbeiten gehen eine Qual.
Herzlichen Glückwunsch! Du wurdest offiziell verarscht.
Du warst am Arbeiten und musstest sogar aufstocken durch das Jobcenter, weil du zu wenig verdient hast.
Kommst du dir da nicht selbst verarscht vor? Und jetzt hast du vermutlich einen Stundenlohn von 10-12€.


Zitat von: justine1992 am 18. Juni 2022, 12:08:44beinahe OT und wird bestimmt auch schnell wegen "Irrelevanz" gelöscht:
1. Ich finde es gefährlich, wenn Leute ihr Leben planen, indem sie von null Eigenleistung ausgehen. Wie kann das gehen? Warum auch?
2. Ich höre so oft Geschimpfe über den Mindestlohn. Und ich merke, dass manchen nicht bewusst ist, was das für ein Fortschritt war. Den Mindestlohn gibt es noch nicht lange. Er ist für viele Menschen und für viele Branchen eine Verbesserung.
1. Was findest du daran gefährlich? Verstehe ich nicht. Was für eine "Eigenleistung" erwartest du denn?

2. Der Mindestlohn ist also eine Verbesserung? Bist du als Jobcenter-Mitarbeiter auch dieser Auffassung? Dann rechnen wir doch mal kurz gegen für dich.

Mindestlohn: 10,45€ (zum 1. Juli 2022) x 40 Std. Woche = 1811€ brutto = 1326€ netto
Mein Hartz 4: 449€ (Regelsatz) + 415€ (KdU) = 864€
1326€ netto (Vollzeitstelle) - 864€ (Hartz 4) = 462€
Dank der Vollzeitstelle kommen neue Fixkosten dazu:
1326€ - 115,50€ (Fahrtkosten ÖPNV), GEZ (18,36€) = 328,14€

Für 328,14€ soll ich also eine Vollzeitstelle antreten?
Das ist so eine "geile" Verbesserung, dass ich in 7 Jahren Hartz 4 mich noch nie für so eine Stelle beworben habe.
Da suche ich mir doch lieber einen Minijob, wo ich keine 40 Std. pro Woche arbeiten muss.

Andree

Danke für eure zahlreichen Tweets.

Ich werde mir das erstmal anhören, aber nix unterschreiben.

Normalerweise sind immer Rechtsbelehrungen auf der Rückseite, doch diesmal ist dort nix (Sanktionen usw.)

Ab wann gilt denn dieser Sanktionsmoratorium?


Feddi

Zitat von: glasi am 18. Juni 2022, 16:14:57Für 328,14€ soll ich also eine Vollzeitstelle antreten?
Das ist so eine "geile" Verbesserung, dass ich in 7 Jahren Hartz 4 mich noch nie für so eine Stelle beworben habe.
Da suche ich mir doch lieber einen Minijob, wo ich keine 40 Std. pro Woche arbeiten muss.

Eins vergisst du bei deiner Rechnung: Du wirst keine Rente bekommen, da du ja nie etwas einzahlst.

Du wirst nicht in den Urlaub fahren und wenn die anderen jede Woche ins Kino und anschließend noch in die Kneipe gehen, wirst du zuhause bleiben.

Da nehme ich doch lieber den Vollzeitjob für Mindestlohn oder wenn ich großes Glück habe, noch einen Job auf meinem erlernten Beruf.

@Andree
Da gibts keine Rechtsfolgebelehrung, weil diese § 16i Maßnahme freiwillig ist.

Andree

Zitat von: Feddi am 18. Juni 2022, 18:32:26
Zitat von: glasi am 18. Juni 2022, 16:14:57Für 328,14€ soll ich also eine Vollzeitstelle antreten?
Das ist so eine "geile" Verbesserung, dass ich in 7 Jahren Hartz 4 mich noch nie für so eine Stelle beworben habe.
Da suche ich mir doch lieber einen Minijob, wo ich keine 40 Std. pro Woche arbeiten muss.

Eins vergisst du bei deiner Rechnung: Du wirst keine Rente bekommen, da du ja nie etwas einzahlst.

Du wirst nicht in den Urlaub fahren und wenn die anderen jede Woche ins Kino und anschließend noch in die Kneipe gehen, wirst du zuhause bleiben.

Da nehme ich doch lieber den Vollzeitjob für Mindestlohn oder wenn ich großes Glück habe, noch einen Job auf meinem erlernten Beruf.

@Andree
Da gibts keine Rechtsfolgebelehrung, weil diese § 16i Maßnahme freiwillig ist.





Ok

glasi

Zitat von: Andree am 18. Juni 2022, 18:26:43Ich werde mir das erstmal anhören, aber nix unterschreiben.
Ich kann dir jedenfalls empfehlen, dass du dir das echt durch den Kopf gehen lässt. Schau dir oben meine Beispielsrechnung an. Mach keinen Fehler!

Zitat von: Feddi am 18. Juni 2022, 18:32:26Eins vergisst du bei deiner Rechnung: Du wirst keine Rente bekommen, da du ja nie etwas einzahlst.
Wenn ich jetzt bis zum Rentenalter für Mindestlohn arbeiten gehe, wird meine Rente später genauso mager ausfallen. Also wozu dann arbeiten gehen?

Zitat von: Feddi am 18. Juni 2022, 18:32:26Du wirst nicht in den Urlaub fahren und wenn die anderen jede Woche ins Kino und anschließend noch in die Kneipe gehen, wirst du zuhause bleiben.
Wenn dir das wichtig ist: Minijob suchen, genauso wie ich früher.
Ich habe durch die früheren Minijobs eine vierstellige Summe angespart - wie viel es genau ist, ist egal.

Andree

@glasi

Selbstverständlich werde ich das, wie schon erwähnt im Brief steht sinngemäß:

Wir möchten Sie gerne im Team Telhabechancen aufnehmen, und im Anschluss in das vorbereite Zimmer das Projekt und mögliche Arbeitgeber besprechen.

Hört sich sehr zuvorkommend an.......

justine1992

Zitat von: glasi am 18. Juni 2022, 18:56:23Wenn ich jetzt bis zum Rentenalter für Mindestlohn arbeiten gehe, wird meine Rente später genauso mager ausfallen. Also wozu dann arbeiten gehen?
Warum denkst Du, dass in 40 Jahren nicht die angemessen Wohnkosten mit Sammelunterkünften abgegolten werden? Und die Lebensmittelgutscheine für Nicht-Berufstätige ausschließlich für Lebensmittel akzeptiert werden?
Ich wünsche es Dir nicht. Aber zu denken, dass etwas so Daneben-Geplantes wie ALG2 noch bis zu Deiner Rente weiter existiert, ist schon - äh - optimistisch?
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

glasi

Zitat von: justine1992 am 18. Juni 2022, 19:24:33Aber zu denken, dass etwas so Daneben-Geplantes wie ALG2 noch bis zu Deiner Rente weiter existiert, ist schon - äh - optimistisch?
Da kann ich dich beruhigen: deswegen gibt es ja bald das Bürgergeld. Also Hartz 4 mit einem neuen Namen.

Sollte sich mein jetziger Standard signifikant verschlechtert werden (Sammelunterkünfte/Lebensmittelgutscheine) werde ich über eine Änderung nachdenken. Vorerst muss ich mir keine Sorgen machen.

Feddi

Zitat von: glasi am 18. Juni 2022, 18:56:23Wenn ich jetzt bis zum Rentenalter für Mindestlohn arbeiten gehe, wird meine Rente später genauso mager ausfallen. Also wozu dann arbeiten gehen?

Niemand verlangt von dir, bis zur Rente für Mindestlohn zu arbeiten, aber du brauchst einen Einstieg.

Selbst wenn du einen Beruf erlernt hast, giltst du nach 5 Jahren Arbeitslos als Ungelernter und niemand stellt dich für 15 € oder mehr ein, das kannst du völlig vergessen.

Man fängt bei Mindestlohn an und arbeitet sich hoch, so läuft das und nicht anders.

glasi

Zitat von: Feddi am 18. Juni 2022, 20:28:00Niemand verlangt von dir, bis zur Rente für Mindestlohn zu arbeiten, aber du brauchst einen Einstieg.

Man fängt bei Mindestlohn an und arbeitet sich hoch, so läuft das und nicht anders.
Wie soll das funktionieren mit dem hocharbeiten? Ich bewerbe mich z.B. bei einer Zeitarbeitsfirma als Kommissionierer und da gibt es dann den Tarifvertrag (iGZ / DGB). Der Großteil der Stellen kommt von Zeitarbeitsfirmen. Und da ich keinerlei Ausbildung o.Ä. vorweisen kann, bleibt einem nichts anderes übrig. Achja... und komm mir bitte jetzt nicht mit Ausbildung machen. Darauf habe ich keine Lust mehr mit 32 Jahren.

Feddi

Zitat von: glasi am 18. Juni 2022, 22:15:58Wie soll das funktionieren mit dem hocharbeiten? Ich bewerbe mich z.B. bei einer Zeitarbeitsfirma als Kommissionierer und da gibt es dann den Tarifvertrag (iGZ / DGB).

Und dann wirst du in einen Entleihbetrieb geschickt. Wenn du dich dort anstrengst, Interesse an der Arbeit zeigst und zeigst, dass du gerne übernommen werden möchtest, dann hast du auch eine gewisse Chance darauf.

Aber dazu musst du halt gut sein in deinem Job. Und dann kannst dich hocharbeiten.