Jobcenter und der Umgang mit der Krankheit Depression

Begonnen von Sanson6, 27. Juli 2022, 16:58:07

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Sanson6

Guten Tag
Gestern hat mir mein Neurologe eine Bescheinigung ausgestellt, dass ich seit Jahren unter depressiven Phasen (JA, auch DANK Jobcenter) leide und deshalb auch bei ihm in Behandlung bin.
Frage(n):
MUSS/ Soll ich diese Bescheingung dem Jobcenter vorlegen?
Inwieweit findet eine solche Bescheinigung beim JC Berücksichtigung?

So wie mich meine neue SB  behandelt (sie hält davon nix und schickt mir permanent Jobangebote) glaube ich kann ich dieses Attest genauso gut ausm Fenster werfen. Ist ja nur Depression und kein Krebs!

Wie sieht Ihr das ?

OLD-MAN

Was erwartest du denn?

Es ist die Aufgabe einer SB / eines SB, Jobangebote zu vermitteln!

Sanson6

Ich erwarte das meine Krankheit anerkannt und berücksichtigt wird und vor allem das man mich nicht wie der letzte Dreck behandelt ! @ oldman

Yasha

#3
Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 16:58:07Guten Tag
Gestern hat mir mein Neurologe eine Bescheinigung ausgestellt, dass ich seit Jahren unter depressiven Phasen (JA, auch DANK Jobcenter) leide und deshalb auch bei ihm in Behandlung bin.
Frage(n):
MUSS/ Soll ich diese Bescheingung dem Jobcenter vorlegen?
Inwieweit findet eine solche Bescheinigung beim JC Berücksichtigung?
Wie sieht Ihr das ?

Ich würde das nicht vorlegen und auch nicht erwähnen. Nur, wenn diese Diagnose - ganz klar und eindeutig - integrationsrelevant wäre.

Denn  -ansonsten könnte Dir ggf. eine Odysee durch eine Vielzahl von Maßnahmen bevorstehen. Oder sogar eine separate psychologische Begutachtung mit Feststellung dessen, ob überhaupt noch Erwerbsfähigkeit besteht oder vorher bestanden hat.

Kommt sehr auf das jeweilige JC an. Und was die dazu gerade für Maßnahmen /Handlungen für diesen Fall vorsehen. Ohne Infos über Dein JC dazu -da kann ich vorerst nichts weiter dazu sagen oder recherchieren. Du selbst könntest mal gucken, ob und welche Maßnahmen Dein Jobcenter für psychische, psychosoziale Problemlagen ggf. in deren aktuellem Arbeitsmarktprogramm 2022 erwähnt. sofern Dein JC das online gestellt hat. Probiere mal den Suchmodus im Internet.   

Der akuelle Trend für solche Krankheitsbilder geht leider mehrheitlich in  Richtung Bevormundung wie ein Kleinkind und Ausforschen mittels ganzheitlicher Betreuung durch Dritte, in dafür konzipierten Maßnahmen. Insbesondere dann, wenn die SB ,meist eher zweckdienlich, z.B. dazu suizidale Tendenzen vermutet oder einschätzt. 

Denn auch dafür gibt es Standard Maßnahmen, sogar Maßnahmen in Folge, sogenannte Maßnahmeketten.

Ich empfehle Dir mal das faktische Studium einer solchen Standard Maßnahme. Wenn beispielsweise das JC Jobcenter Berlin Lichtenberg das zuständige für dich wäre. Oder ein anderes gE JC, welches die Konzeption "Brücke" eingekauft hätte oder die erst vorher ausschreibt .

Dann könnte die SB bei Offenbarung Deiner Krankheit die als depressive Verstimmungen zweckdienlich  zuordnen. Dazu noch mögliche suizidale Tendenzen. Und schon bist ais potentieller Teilnehmer vorgemerkt oder bekommst sorft eine Zuweisung. Die Sb wird Dich nie über solche Konzeptionen im Detail aufklären. Darum kann die Kenntnis dessen, im Vorhinein, enorm wichtig sein.

Guck dazu  -als Beispiel  -mal in in die Ausschreibung der Standard Maßnahme "Brücke". Klicke dazu die Leistungsbeschreibung an.

Du kannst ergänzend dort auch noch die "Matrix" anklicken. Dann bekommst du einen Eindruck dessen, wie Träger da im Vorhinein stringent konditioniert auf den Teilnehmer reagieren sollen. Inbesondere , wenn der gar kein Interesse oder Motivation an der Teilnahme hätte..

https://www.evergabe-online.de/tenderdocuments.html?3&id=470043

Anmerkung; Die Unterlagen sind nur öffentlich zugänglich  -solange kein Träger den Zuschlag erhalten hat.

Fast alle mir bisher bekannten Maßnahmen dessen enthalten übrigens aktuell keinerlei Bestandteile oder Änderungen bezüglich "Augenhöhe" gegenüber Erwerbslosen. Ganz im Gegenteil., so jedenfalls mein bisheriger Eindruck.

PetraL

Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 16:58:07MUSS/ Soll ich diese Bescheingung dem Jobcenter vorlegen?
Inwieweit findet eine solche Bescheinigung beim JC Berücksichtigung?

So wie mich meine neue SB  behandelt (sie hält davon nix und schickt mir permanent Jobangebote) glaube ich kann ich dieses Attest genauso gut ausm Fenster werfen. Ist ja nur Depression und kein Krebs!
Ich habe jetzt leider deine anderen Beiträge nicht alle im Kopf (krankheits- und stressbedingte Konzentrations- und Gedächtnisprobleme), deshalb entschuldige bitte, wenn du das schon woanders geschrieben hattest:
Wurde bei dir schon mal eine amtsärztliche Untersuchung vom Medizinischen Dienst (Gesundheitsamt) für das Jobcenter gemacht, um deine Erwerbsfähigkeit zu prüfen? Oder von einem anderen Amtsarzt, z.B. für den Rentenversicherungsträger, oder irgendwie sowas?
Das Attest dürfte deine Arbeitsvermittlerin nicht sonderlich beeindrucken, das sehe ich wie du (auch aus eigener Erfahrung). Ich befürchte sogar, dass es eher negative Folgen für dich haben könnte und du dann in irgendwelche "Psycho-Maßnahmen" gesteckt wirst, deshalb würde ich persönlich es nicht vorlegen.
Mal abgesehen davon, dass deine Krankengeschichte die AV gar nichts angeht, nur deine vorhandene oder eben nicht vorhandene Erwerbs- und Vermittlungsfähigkeit. Und die stellt - für das JC - der MD fest.

P.S.: hatte sich mit @Yasha überschnitten
Zitat von: Yasha am 27. Juli 2022, 17:37:19Oder sogar eine separate psychologische Begutachtung mit Feststellung dessen, ob überhaupt noch Erwerbsfähigkeit besteht.
Vielleicht wäre es ja aber auch von Vorteil, wenn keine volle Erwerbsfähigkeit mehr bestehen würde? Das muss ja nicht zwingend schlecht sein ...

P.P.S.: Hatte ich überlesen, sorry
Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 17:35:37und vor allem das man mich nicht wie der letzte Dreck behandelt !
Das, meine Liebe, liegt an der persönlichen Einstellung des/der zuständigen SB/AV gegenüber ALGII-Beziehern - und die ändert sich auch dann nicht, wenn du todkrank bist, im Rollstuhl sitzt und außerdem 1 Jahr vor Beginn der Altersrente stehst... :zwinker: ...

SuuSanne

Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 16:58:07Guten Tag
Gestern hat mir mein Neurologe eine Bescheinigung ausgestellt, dass ich seit Jahren unter depressiven Phasen (JA, auch DANK Jobcenter) leide und deshalb auch bei ihm in Behandlung bin.
Frage(n):
MUSS/ Soll ich diese Bescheingung dem Jobcenter vorlegen?
Inwieweit findet eine solche Bescheinigung beim JC Berücksichtigung?

So wie mich meine neue SB  behandelt (sie hält davon nix und schickt mir permanent Jobangebote) glaube ich kann ich dieses Attest genauso gut ausm Fenster werfen. Ist ja nur Depression und kein Krebs!

Wie sieht Ihr das ?

Lass dich krankschreiben.

jens123

Die JC und deren Mitarbeiter sind völlig inkompetent damit umzugehen. Bei diesem Massenphänomen ein weiteres Armutszeugnis für diesen Selbstversorgungsapparat. Manche fahren zumindest einen Gang runter, wenn man z. B. eine festgestellte Schwerbehinderung hat. Manche juckt auch das nicht.

Was ich damit sagen will: Von denen kannst du nichts erwarten! Ich schließe mich meiner Vorrednerin an, krankschreiben lassen, wenn es ecklig wird. Auch dauerhaft.

Yasha

@Sanson6. Aus unerfindlichen Gründen habe ich die falsche Maßnahme verlinkt in #3. Sorry. Und das zu spät gemerkt -für eine Änderung dort.

Hier der richtige Link - nach Berlin Lichtenberg, zur Maßnahme Brücke:

https://www.evergabe-online.de/tenderdocuments.html?5&id=470004

Von Krankschreibungen halte ich nichts, Weil der Aussteller dessen auch plausible Vermutungen in Richtung dessen wecken könnte  -bzw. nicht dauerhaft vor der Verbringung in diverse Maßnahmen -infolge dessen -schützen kann. Denn allein dadurch, läge die Vermutung für die SB nahe, dass die Erkrankung vermittlungsrelevant ist.

SuuSanne

Wenn jemand krank geschrieben ist, dann ist er krank.
was einige Leute im -forum von krankschreibung  halten ist ihr Problem.

Sanson6

Zitat von: jens123 am 27. Juli 2022, 18:57:11, krankschreiben lassen,
Dieser Arzt schreibt mich nie krank. Stellt solch eine Diagnose und dann sagt er, Arbeit ist die beste Medizin  :schock:
Auch mein Hausarzt schreibt mir kaum AUs-






Yasha

#10
Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 20:02:10Dieser Arzt schreibt mich nie krank. Stellt solch eine Diagnose und dann sagt er, Arbeit ist die beste Medizin :schock:

Nicht immer und nicht grundsätzlich. Es kommt, nach meiner Meinung,  auf die Schwere der Depression und den Einzelfall an. Guck zur Info mal da rein:

https://www.praktischarzt.de/ratgeber/krankschreibung-depression/

Was die von Dir angepeilte Anerkennung der Depression anbelangt, so zeigt mir jedenfalls aktuell diese folgende Bekanntmachung des Bundesminsteriums für Gesundheit eher, dass da wohl generell dringend Verbesserungsbedarf besteht:

",,Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen"

https://www.service.bund.de/SiteGlobals/Functions/anlage/anlageGenericJSP?type=0&view=renderAnlage&contentId=18290702&docId=4541636

Und wenn Arbeiten das Allheilmittel wäre -dann gäbe es die Depressionen am Arbeitsplatz nicht. Dazu mal eine schweizer Sichtweise:

"«Verharmlosen bringt nichts»"

https://derarbeitsmarkt.ch/de/print-artikel/Verharmlosen-bringt-nichts

Wie wäre es denn beispielsweise mit der Aufnahme eines Ehrenamtes? Sowas wird von den Jobcentern sehr gern gesehen und ansonsten von den Trägern alternativ gefördert.
Wenn Du schon vorher eines hättest, dann wärest  Du automatisch weniger im Fokus für Maßnahmen. War und ist zumindest bei mir bislang der Fall.

Zudem kannst du die Aufwandspauschale behalten, sofern die nicht einen bestimmten Betrag monatlich überschreitet.

justine1992

Zitat von: Yasha am 27. Juli 2022, 20:26:52Nicht immer und nicht grundsätzlich. Es kommt, nach meiner Meinung,  auf die Schwere der Depression und den Einzelfall an.
Möglicherweise hat TEs Hausarzt das auch gar nicht allgemein gesagt, sondern speziell zu diesem Patienten. Aber toll, dass Ihr alle besser wisst, dass TE arbeitsunfähig ist.
Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.

m0a9r1c1el

Zitat von: Sanson6 am 27. Juli 2022, 17:35:37Ich erwarte das meine Krankheit anerkannt und berücksichtigt wird und vor allem das man mich nicht wie der letzte Dreck behandelt ! @ oldman

Ist das dein Ernst? Als wenn das den amt heini interessiert lol

Hary

Ich würde sagen aus eigener Erfahrung: Es kommt darauf an.

Ich habe selbst einen atypischen Autismus mit diversen Begleitprobleme die sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Ich habe es Jahre lang eher verheimlicht und stand dann mit meinem Fall als ziemlich doof da. Jemand der einen guten Eindruck macht, aber diverse Firmen durch hat mit wenigen Tage/Wochen Beschäftigung und dann krank wurde. Da kann ein Vermittler quasi nur annahmen ich hätte keine Lust. Während der Zeit war eine Depression durchaus eines des kleineren Probleme die ich hatte (das soll keine Verniedlichung des Problems sein).

Nachdem das Jobcenter von der Ursache der Probleme bei mir Kenntnis hatte war vieles für mich einfacher. Vielleicht habe ich mit meinem Jobcenter nur Glück, aber nachdem sie wussten was bei mir ein Problem ist und alle Gutachten durch waren und alles einen Sinn ergab, konnte ich mit meinem Vermittler eine Förderung nutzen die mir einen besonderen geschützten Arbeitsplatz bietet an dem ich den Mindestlohn verdiene, besonderen Schutz habe und der Arbeitgeber (eine Kirchengemeinde) einen Ort geschaffen hat an dem ich gut arbeiten kann.

Daher kann es durchaus sinnvoll sein mit offenen Karten zu spielen. Aber dir sollte dabei schon klar sein, dass es auch Risiken gibt und auf einer Depression ausruhen ist keine Option. Wenn du an einer Depression leidest, dann solltest du daran arbeiten (z.B Therapie) und alles in deiner Macht stehende tun um diese Krankheit zu behandeln. Wenn du also einen anständigen Fallmanager hast, selber etwas tust, dann kann es für dich durchaus ein großer Vorteil sein wenn das Jobcenter involviert ist. Wenn es dir aber nur darum geht ein leichteres Leben zu haben mit einer Diagnose, dann lasse es besser. "Kunden" die krank sind und sich darauf ausruhen stehen in der Rangordnung sehr weit unten.