90 Prozent der Jobs von Jobcentern verstoßen gegen Arbeitsschutzbestimmungen

Begonnen von selbiger, 28. Juni 2023, 18:17:55

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selbiger

Thomas Werner* ist Experte für Arbeitssicherheit, bezieht selbst kein Bürgergeld, ärgert sich aber seit Jahren über den psychischen und existenziellen Druck, der durch die sogenannten Zumutbarkeitsregelungen im SGB II auf die Menschen ausgeübt wird. Seiner Erfahrung nach verstoßen 90 Prozent der von den Jobcentern vermittelten Arbeitsverhältnisse zum Teil eklatant gegen Arbeitsschutzbestimmungen.

https://www.gegen-hartz.de/news/buergergeld-90-prozent-der-jobs-von-jobcentern-verstossen-gegen-arbeitsschutzbestimmungen
Sich zu Tode arbeiten,ist die einzige gesellschaftliche anerkannte Form des Selbstmordes.

Die Menschen glauben viel leichter eine Lüge,die sie schon hundertmal gehört haben,als eine Wahrheit,die ihnen völlig neu ist.

BigMama

 :sleep:
The same procedere.....
Hier wird mal wieder künstlich ein Zusammenhang zum JC konstruiert.
Und dass der "Experte" anonym bleiben will spricht auch nicht für ihn.

Ist das jetzt schon das Sommerloch oder sinkt das Level noch tiefer?
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

horst

Zitat von: selbiger am 28. Juni 2023, 18:17:55Seiner Erfahrung nach verstoßen 90 Prozent der von den Jobcentern vermittelten Arbeitsverhältnisse zum Teil eklatant gegen Arbeitsschutzbestimmungen.
nicht nur auch gegen Vorschriften, was der Kunde nicht weiß, wenn er die Gesetzte nicht kennt das lesen wir ja hier im Forum jeden Tag aufs neue. :sad:

götzb

Tja einfach die Zwangsvermittlung - also echte Vermittlung ohne Rechtsfuckbescherung einstellen.
Voila kein Portal Hartz.info muss mehr gegen die armen Jobcenter "hetzen" . :smile:
Wäre doch alles so einfach.
Liebes Corona. Vielen Dank das dank dir die Jobcenter 3 Monate schließen mussten. #auch Pandemien haben ihre guten Seiten.
Arbeit bekämpfen, Automatisierung fördern ! Das evangelische Arbeitsethos ist das Grundübel dieser Gesellschaft.

Phil_N

Ich finde es echt gut, dass es dieses Forum gibt, wo sich Leute Rat holen und austauschen können zu ALG-II-Themen. Allerdings ist mein Eindruck ebenfalls, dass sich die Hauptplattform ,,gegen-hartz" mit reißerischen Titel und entsprechend dürftigen Texten keinen Gefallen tut. Eher das Gegenteil dürfte der Fall sein.

Wer sich seriös und sachlich über sozialpolitische Themen informieren will, den stößt so ein reißerischer Text eher ab, befürchte ich, weil die inhaltliche Qualität dürftig ist. Das macht das richtige Ansinnen, Arbeitsschutzverstöße anzukreiden, die es zweifellos gibt, leider zunichte. Das ist zumindest meine Meinung.

Ich will diese Meinung gerne auch begründen - und zwar anhand des Verweises auf folgenden Auszug aus dem Artikel:  ,,Arbeitsschutzexperte Thomas Werner sagt, dass eine Beschäftigung unzumutbar wird, sobald gegen das Arbeitsschutzgesetz und seine Verordnungen verstoßen wird."

Dieser Satz diskreditiert in meinen Augen den weiteren Text, da er unterstellt, dass jede Art von Arbeitsschutzverstoß gleich schlimm sei. Es wird insinuiert, dass ein Verstoß gegen Arbeitsschutz per se mit schwerer Gefahr für Leib und Leben einherginge. Das ist so pauschal aber einfach nicht korrekt.

Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass es vermutlich wirklich in fast jedem Betrieb in der BRD Arbeitsschutzverstöße gibt. In den allermeisten Fällen dürften das aber Dinge wie die sein, dass eine Lampe nicht hell genug leuchtet, dass der Sitzwinkel am Arbeitsplatz nicht optimal ist oder dass bestimmte Bodenplatten irgendwo nicht ebenerdig genug sind etc.

Das gleiche Phänomen gibt es beim Thema Brandschutz. Es wird in so ziemlich jedem Betrieb gegen Brandschutzvorgaben verstoßen, indem die Mitarbeitenden Brandschutztüren aus Bequemlichkeit offen halten. Das passierte auch in einem der Jobcenter, wo ich tätig war! Das macht die Betriebe, wo das tagtäglich stattfindet, aber noch lange nicht zu Todesfallen, wo die Arbeit unzumutbar ist.

In einem der Jobcenter, wo ich mal gearbeitet habe, wurden auch einige Arbeitsschutzvorgaben nicht korrekt umgesetzt, z. B. im Hinblick auf das Deutlichmachen von Treppenstufen (durch Neon-Band auf dem Boden) und im Hinblick auf das Vorhandensein von Büro-Zwischentüren. Das machte den Job im Jobcenter aber nicht unzumutbar.

Ich habe auch mal als Teamleiter in einer Wohngruppe für Kinder und Jugendliche gearbeitet. Mein Arbeitsort war ein modernes Wohnhaus. Das war schön hell, mit Garten, Einbauküche, 3 Bädern usw. Das Haus war für Wohnzwecke freigegeben und es wohnten 8 Kinder und Jugendliche da.

Bei der Arbeitsschutzbegehung wurden dennoch Mängel festgestellt. So wurde z. B. moniert, dass das Geländer an unserer Treppe einige cm zu niedrig sei, dass unser Lagerregel, wo Nutellagläser, Cornflakes etc. drin standen nicht an der Wand festgeschraubt war und diverse andere kleine Dinge wie eine Lampe mit falscher LUX-Zahl.

Die Arbeitsbedingungen dort waren aus meiner Sicht super. Ich habe gern dort gearbeitet. Auf dem Papier arbeiteten wir aber – über Jahre hinweg – in einer Einrichtung, wo gegen den Arbeitsschutz verstoßen wurde. Das hatte für uns Sozialarbeiter und Erzieher in der Realität aber null Relevanz.

Es gibt zweifellos das Problem, dass Arbeitgeber gerade im Niedriglohnsektor gegen Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen. In Schlachthöfen und im Bereich Lager/Logistik (vor allem in der KEP-Branche) ist das sicher so. Das gehört öffentlich gemacht und abgestellt, keine Frage!

Von diesen Problembranchen ausgehend aber zu schlussfolgern, dass in so ziemlich allen Arbeitsbereichen, in die das Jobcenter Menschen vermittelt, solche Skandal-Bedingungen herrschen, ist nicht haltbar.

Wer Gegenteiliges behauptet, muss die Datengrundlage offenlagen. Wie wurden diese schlimmen Arbeitsschutzverstöße ermittelt? Wurden Unfälle oder gemeldete Verstöße systematisch ausgewertet? In welchem Zeitraum, in welchen Branchen und von wem?

Und ganz wichtig natürlich: Wie viele Vermittlungen gab es seitens des JC in diese Branchen? Das ließe sich auswerten, und vielleicht gibt es irgendwo schon solche Auswertungen, z. B. beim BAuA. Sowas klar zu machen, gehört zu seriösem Journalismus.

Dass sich die Plattform ,,gegen-hartz" für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzt, finde ich echt gut! Daher ein Lob an Herrn Bertram für seinen Einsatz. Die Art und Weise, wie er das angeht, schafft aber in meinen Augen mehr Probleme als dass durch sie gelöst werden.

Wie seriöse Berichterstattung über sozialpolitische Themen besser geht, zeigen z. B. Stefan Sell mit seinem Blog aktuelle Sozialpolitik, das IAQ mit Sozialpolitik aktuell, die FES und RLS, die Zeitschriften Soziale Sicherheit, Blätter der Wohlfahrtspflege, Jacobin und die Zeitungen Neues Deutschland und Jungle world.

Mein Tipp an die Plattform ,,gegen-hartz" ist daher: Recherchiert etwas ausführlicher, schreibt weniger reißerisch und legt die Datengrundlage eurer Recherche offen. Das macht alles glaubhafter.
"In jedem Dorf gibt es eine Fackel, den Lehrer, und jemanden, der dieses Licht löscht, den Pfarrer." (Victor Hugo)