So funktioniert Falschberatung bei Wohnkosten im Jobcenter Märkischer

Begonnen von UW, 25. Juli 2023, 16:45:44

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UW

. . . vermutlich nicht nur bei uns.

"Geschäftsführung, Sachgebietsleiter, Widerspruchstelle und die meisten Jobcentermitarbeiter wissen, dass die vom Jobcenter noch immer veröffentlichten Mietobergrenzen nicht rechtsverbindlich sind. 

Die erhobenen Vorwürfe sind schwerwiegend, aber wie ich finde alle beweisbar:

Geschäftsführerin - Am 21.06.2023, 10:30 Uhr folgte ich einer persönlichen Einladung von Frau M. In einem etwa einstündigen Gespräch erklärte ich ihr, dass das Jobcenter noch immer falsche Mietobergrenzen benenne und damit Kunden irregeleitet würden, außerdem müssen alle Nachzahlungen nach § 44 SGB I verzinst werden.

Sachgebietsleiter - beratenden Mitarbeiter müssen geschult werden. Aber die auffällig übereinstimmende Vorgehensweise der Mitarbeiter, steht des Öfteren klaren Gesetzesvorgaben und auch der aktuellen aktuelle Rechsprechung  entgegen. Weisungen der Geschäftsführung werden regelmäßig geleugnet.
 
Widerspruchstelle - jeder einzelne Mitarbeiter der Widerspruchstelle kann mittlerweile von mir mit konkreten Urteilen zu "nicht schlüssigen Konzepten" und unterschlagenen Zinszahlungen in Verbindung gebracht werden.
 
Arbeitsvermittler sollen über die Angemessenheit von Mietobergrenzen entscheiden. Solange diese aber nur auf interne und falsche Weisungen des Jobcenters verweisen, sind sie ebenfalls Mittäter.

Leistungssachbearbeiter - seit der Bekanntgabe der LSG NRW-Entscheidung zum nicht schlüssigen Konzept für den Märkischen Kreis müssen die Leistungssachbearbeiter eine große Zahl anhängiger Klagen nacharbeiten."



Falschberatung bei Wohnkosten

Kopfbahnhof

Gab es genau zu dem JC nicht schon mal einen Beitrag im TV?

Sind ja schon öfter negativ Aufgefallen.

Hier läuft es relativ Geräuschlos ab.
Wenn man mit berechtigter Klage bei den KdU droht, geben die schnell klein bei.
Zumindest wollen sie es Vermutlich, nicht auf ein Urteil ankommen lassen?

UW

@ Kopfbahnhof

Wir versuchen seit Jahren die Missstände im hiesigen Jobcenter zu dokumentieren.

Unsere Ausdauer ist ein kleiner Beitrag gegen die Übermacht der "Hartz IV-Pornos"in den TV-Medien.



TripleH

Der Märkische Kreis scheint aber doch 2022 ein neues Konzept entwickelt zu haben. Dazu gibt es bereits Rechtsprechung? Welche Aktenzeichen, wo kann man die nachlesen?

UW

Das LSG NRW hatte in der Entscheidung L 6 AS 120/17, 23.06.2022 festgestellt, dass mehrere Konzepte aufgrund schwerwiegender Fehler "als nicht schlüssig ausgemustert" wurden.

In der Folge dürfen auch die "Konzept-Entwürfe" 2018, 2020 und 2022 nicht angewandt werden, solange die Prüfung der Schlüssigkeit nicht abgeschlossen ist. Die Prüfung hat nocht nicht einmal begonnen. Die Rohdaten wurden dem Rechtsanwalt noch nicht zugestellt.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist in allen Fällen ohne ein schlüssiges Konzept ein 10%iger Aufschlag zu gewähren. Darum ist in den überwiegenden Fällen die volle Miete zu übernehmen.
 
Wer keine Fahrkarte mit sich führt oder nur nicht entwertet ist ein "Schwarzfahrer".

Und wer sich als Rechtsanawalt ausgibt, nur weil er 5 Jahre Jura studiert hat, ist ein ...?
Erst die Prüfungen und erfolgreich bestandenen Staatasexamen berechtigen dazu so aufzutreten.

Kein nicht als schlüssig zertifiziertes Konzept ist rechtswirksam.




Zitat1.3 LSG NRW, Urt. v. 23.06.2022 - L 6 AS 120/17

Unterkunftskosten im Märkischen Kreis für Empfänger nach Leistungen des SGB II/ SGB XII zu niedrig, denn die Grundsicherungsträger verfügen über kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG ( Redakteur von Tacheles e. V. )

Tacheles Rechtsprechungsticker KW 46/2022

UW

Die Hamburger Firma Analyse & Konzepte brüstete sich bereits 2016 damit etwa 94 Konzepte erstellt zu haben. Eigene Recherchen in Urteilsdatenbanken zeigten bis zum Stichtag 01.03.2020, dass 42 dieser Konzepte vor den verschiedenen Sozialgerichten als nicht schlüssig ausgeurteilt wurden.
Etliche Konzepte waren nicht einmal kritisch hinterfragt worden.

Nur engagierte Rechtsanwälte und Beratungsstellen hinterfragten die Rohdaten. Ohne ausreichende Fakten  war nie eine Prüfung möglich. Das gilt gleichermaßen für alle Städte und Kreise. 
 

42 Kronzepte nicht schlüssig




Am 30.01.2019 wies das Bundessozialgericht 6 Konzepte als unzureichend zurück.
Jobcenter Landkreis Nienburg (August 2016 bis Juli 2017);
Jobcenter Börde (Oktober 2013 bis September 2014);
Jobcenter Salzlandkreis (Februar bis Juli 2011);
Jobcenter Landkreis Harz (2011 bis 2013);
Jobcenter Landkreis Harz (2013 und 2014);
Jobcenter Kreis Segeberg (März bis August 2013);

Das BSG erlaubte allerdings auch Jahre später noch Nachbesserungen.

Darum bemühte sich auch der Märkische Kreis. Allerdings ohne Erfolg.
Das LSG NRW hatte in der Entscheidung L 6 AS 120/17, 23.06.2022 selbst die Nachbesserungsversuche für gescheitert erklärt.


TripleH

ZitatDas LSG NRW hatte in der Entscheidung L 6 AS 120/17, 23.06.2022 festgestellt, dass mehrere Konzepte aufgrund schwerwiegender Fehler "als nicht schlüssig ausgemustert" wurden.

Es ging und das Konzept 2013, die Indexfortschreiben 2015 und irgendeine Nachbesserung dafür. Nicht um das neue Konzept 2022.

ZitatIn der Folge dürfen auch die "Konzept-Entwürfe" 2018, 2020 und 2022 nicht angewandt werden, solange die Prüfung der Schlüssigkeit nicht abgeschlossen ist. 

Das ist doch Quatsch. Wenn der kommunale Träger des SGB II der Meinung ist, jetzt hat er ein schlüssiges Konzept, dann kann er die Anwendung verfügen. Und dann geht das über Widerspruch und Klage wieder in die richterliche Prüfung. Ohne die Anwendung kann gar keine Prüfung erfolgen.


UW

Seit 2013 bis heute behauptete das Jobcenter Märkischer Kreis und die Grundsicherung ihre Konzepte wären schlüssig. Über mehrere Jahre wurden Tausende Betroffener auf diese Weise getäuscht und die jenigen, die leichtfertig den Falschen vertraut haben, wurden um viele Tausend Euro betrogen.

Jetzt beginnt hier ein Aufräumen. Etwa 400 KDU-Klagen hatte Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker bis zur LSG-Entscheidung ruhend gestellt. 
"NICHT SCHLÜSSIG" - bedeutet für diese Kläger nun erhebliche Nachzahlungen.

Je nach Mietkürzung und Anspruchsdauer liegen mir erste einzelne Bescheide vor. Die Erstattungsbeträge
ca. 2.500,00 €;  400,00 €;  692,50 €;  814,50 €;  1965,25 €  936,58 €; 1.517,06 €;  558,74 €;  363,00 €; ca 2.000,00 €.

Bei diesen Erstattungsbeträgen ist auch das neueste Konzept eingeschlossen.
"Ich erlaube mir den Hinweis, dass, sollte nach Prüfung durch den Märkischen Kreis das Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft noch einmal zu Ihren Gunsten überarbeitet werden, Sie hierüber von Amts wegen informiert werden"
211,31 € vom Jobcenter + 339,24 € von der Grundsicherung
rechtswidrige KDU-Kürzungen


Allen diesen erfolgreichen Klagen ist eines gemeinsam: Nicht eine einzige Nachzahlung wurde bisher von Amtswegen nach § 44 SGB I mit 4% verzinst.


In einem noch laufenden Verfahren heißt es:
"Da der Beklagte die sachliche Prüfung des Bescheides vom 23.02.2022 verweigert, ist das Sozialgericht angerufen dieses Versäumnis nachzuholen und festzustellen, dass ein auf Schlüssigkeit geprüftes Konzept derzeit nicht existiert."


Kopfbahnhof

Zitat von: UW am 27. Juli 2023, 17:25:39die jenigen, die leichtfertig den Falschen vertraut haben, wurden um viele Tausend Euro betrogen.
Einem JC kann man nicht Vertrauen, nie!

Gerade bei den KdU gibt es in D Tausende Beispiele, wo sich eine Klage lohnt.
Wenn das JC eben Stur bleibt und manchmal hofft, der wird schon Ruhe geben wenn Widerspruch erfolglos.

hko

Zitat von: UW am 27. Juli 2023, 17:25:39Allen diesen erfolgreichen Klagen ist eines gemeinsam: Nicht eine einzige Nachzahlung wurde bisher von Amtswegen nach § 44 SGB I mit 4% verzinst.
Wurden die Verzugszinsen in den Urteilen nicht ebenfalls geurteilt?

Gruß hko

UW

Zitat von: hko am 29. Juli 2023, 08:40:08
Zitat von: UW am 27. Juli 2023, 17:25:39Allen diesen erfolgreichen Klagen ist eines gemeinsam: Nicht eine einzige Nachzahlung wurde bisher von Amtswegen nach § 44 SGB I mit 4% verzinst.
Wurden die Verzugszinsen in den Urteilen nicht ebenfalls geurteilt?

Gruß hko


Das Sozialgericht Dortmund versucht alle Erstattungen in Erörterungsterminen abzuschließen. Auf diese Weise werden keine Urteile erforderlich und die unterschlagenen Verzinsungen werden regelmäßig vertuscht.

malsumis

Was für Unsinn erfindest du hier mal wieder.
Vor dem SG Dortmund hat die Klägerin das Verfahren für die Monate März, April und Juni 2015 für erledigt erklärt und den Streitgegenstand für die verbleibenden Monate Mai, Juli und August 2015 auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt.
Und auch vor dem LSG hat die Klägerin den Streitgegenstand zeitlich auf die Monate Juli und August 2015 beschränkt.
Verzinsung war nie Streitgegenstand und da wurde nichts "unterschlagenen und vertuscht."
Liest du die Urteile überhaupt durch, oder ist deine Agenda einfach mal irgendwelche rechtlich falsche, großspurige Reden zu schwingen.
Und woher hast du dir diese Zahl von etwa 400 KDU-Klagen, welche der Anwalt angeblich bis zur LSG-Entscheidung ruhend gestellt hat, herausgesaugt?
Und im Übrigen kann der Anwalt das Verfahren nicht ruhend stellen. Das Ruhen wird vom Gericht angeordnet, wenn beide Parteien dies beantragen.

Zitat§ 251 Satz 1 ZPO:
Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.

UW

@ malsumis

neidlos muss ich Dir zugestehen, dass Du zurecht einige sprachliche Unschärfen meiner Mitteilungen kritisiert hast. Und ich bedanke mich bei Dir, dass Du mir Gelegenheit gibst, nachzubessern.

Das Ausgangsverfahren begann mit einem Widerspruch vom 17.11.2014 gegen einen Bewilligungsbescheid vom 04.11.2014. Das Klageverfahren stammt aus dem Jahr 2015.

In einer nichtöffentlichen Sitzung des 6. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen am 25.06.2020
Zitat"regte der Senat einen Vergleich an, der keine Anerkennung einer Rechtspflicht zur Zahlung für weitere Zeiträume begründet".


Der Vergleich wurde klägerseitig abgelehnt.

Dabei war von Anfang an klar, dass der verhandelte Einzelfall zum Türöffner für die Konzept-Prüfung war.

Bereits in einer Berichterstattung des WDR vom 17.11.2016

Iserlohnerin klagt gegen Hartz IV�-Mietspiegel�

ZitatSchon 700 Widersprüche
"Hintergrund war die Situation am Wohnungsmarkt in den Jahren 2013 und 2014", sagt Volker Riecke, Leiter des Jobcenters im Märkischen Kreis. Weil es durch den demografischen Wandel zu Leerständen gekommen sei, seien auch die Mieten gesunken. Mit den neuen Sätzen habe man sich nur an die Realität angepasst. Dass allerdings viele Hartz IV�Bezieher angeben, mit diesen neuen Werten nicht klarzukommen, weiß auch Riecke.
2015 und in diesem Jahr bis September gab es schon rund 700 Widersprüche gegen Bescheide des Jobcenters, wo es um die Kosten der Unterkunft geht.

Bei den 700 Widersprüchen blieb es nicht. Hunderte von KDU-Klagen wurden eingereicht. Und folgerichtig wollten die Sozialrichter keine Urteile fällen, solange das Thema "schlüssiges Konzept" beim LSG NRW noch anhängig war.

ZitatDas Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist.

So war es wohl.