Frage Nachzahlung Unterhalt

Begonnen von Jul7, 10. September 2023, 09:41:41

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Jul7

Guten Morgen an alle,

ich habe eine Frage zum Thema Unterhalt.

Vater zahlt seit über 10 Jahren an das Jugendamt monatlich eine Summe, das Jugendamt zahlt an die Mutter den Unterhaltsvorschuss für die beiden Kinder. Der Vater arbeitet aufgrund seines Gesundheitszustandes Teilzeit und hat somit nie den ganzen Satz bezahlt. Nur bis zum Selbstbehalt. Er wurde regelmäßig überprüft, ob er mehr zahlen kann oder mehr arbeiten kann. Nicht möglich.

Nun ist die Frau umgezogen mit den Kindern und ein anderes Jugendamt ist zuständig. Promt schreibt das alte Jugendamt den Vater an, er solle innerhalb einer Frist bitte 20.000 EUR überweisen, die hätte er ja zu wenig bezahlt seit 10 Jahren oder einen Vorschlag zur Stundung machen.

Kennt sich da jemand aus? Er muss jetzt also von seinem Selbstbehalt die 20.000 abbezahlen? Wo ist der Sinn? Dann hätte er doch all die Jahre schon mehr zahlen müssen? Oder sehe ich dass falsch?

Hat vielleicht jemand hier Erfahrung damit? Soll er erstmal widersprechen? Mit welcher Begründung? Danke

Sheherazade

Der Vater bezieht also kein ALGII/Bürgergeld?

Dann gilt das hier leider nicht für ihn und die Forderung des Jugendamtes dürfte richtig sein.
Zitat§ 7a Übergegangene Ansprüche des Berechtigten bei Leistungsunfähigkeit
Solange der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebt, Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch bezieht und über kein eigenes Einkommen im Sinne von § 11 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch verfügt, wird der nach § 7 übergegangene Unterhaltsanspruch nicht verfolgt.
Quelle
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Rettungsfuzzy

Also, auf welche § das fusst, weiß ich nicht... Aber fast gleiche Situation hatten wir hier mit meinem Stiefsohn...
Das Kind bekommt über die Mutter den Vorschuß (der weniger ist, als der volle Satz). Der Kindesvater (KV) zahlt daß, was er kann an das JA, und das JA verrechnet das mit der vollen KU-Leistung incl. des Vorschusses - Die Differenz läuft als Schuldsumme auf.
Wenn der KV irgendwann wieder mehr verdient, hat er das in Raten an das JA zurück zu zahlen. Wird das Kind 18, geht der Unterhaltstitel an das Kind über und hat sich fortan um die Vollstreckung selbst zu kümmern.
Da die JA kommunal strukturiert sind, ist das alte JA nicht mehr zuständig und hat die aufgelaufene Unterhalt-Schuld-Summe errechnet und zur Forderung gestellt... Das ist das, was bisher an Unterhalt noch offen ist... Das neue JA fängt da von vorne an! (Ich weiß nicht, ob das später zusammengefasst wird.)

Im Endefekt ist es so, das der KV in jedem Fall dem Kind gegenüber den vollen Unterhalt schuldig bleibt, egal, ob vorher Vorschuß gezahlt wurde oder ob nicht. Dieser Vorschuß ist nur eine Vorsteckleistung des JA und ich glaube war auch auf nur 12 J. begrenzt oder so.

@Sheherazade
Lees ich doch richtig, daß lediglich nur von der Verfolgung abgesehen wird, solange Leistungsbezug besteht, oder?!
Die Forderung ist m.W.n. in jeden Fall richtig.

LG RF
Wer kämpft, kann verlieren - Wer aufgiebt, hat verloren !

Jul7

Danke euch!
Nein er bezieht kein Bürgergeld oder ähnliches. Sein Selbstbehalt reicht zum Leben.

An seiner Situation hat sich nichts geändert, wird sich auch nicht mehr. Die Rente ist auch nicht mehr so weit entfernt. Wenige Jahre noch, wenn überhaupt. Er ist nicht gesund.

Er bezahlt ja weiter dass was er kann, wird weiter überprüft. Nur dass man Unterhaltsschulden parallel abbezahlen soll, finde ich fraglich. Ich hatte auch mal gelesen, es gibt die Möglichkeit das Schulden vor Unterhaltspflicht gehen können aber nur in besonderen Fällen. Eventuell ist dies einer ...

Ohne Anwalt wohl nicht zu stemmen.

Rettungsfuzzy

Zitat von: Jul7 am 10. September 2023, 11:10:31Ich hatte auch mal gelesen, es gibt die Möglichkeit das Schulden vor Unterhaltspflicht gehen können
Soweit ich weiß, nur andersrum... Das sehe ich aber in deinem Fall als zweitrangig an.

Es wird genauso weiterlaufen, wie bisher auch. Parallel braucht er nicht zahlen... Pfändungsschutzgrenze bleibt Pfändungsschutzgrenze ! Erst der aktuelle UH, dann der aufgelaufene, danach alles andere, soweit ich weiß.
Erst wenn das Kind 18 geworden ist (bzw. nach Ausbildungsende) und kein UH mehr dazu kommt, greift das aufgelaufene...
Dann wäre evt. sogar eine Privatinsolvenz drin (wenn das möglich ist).

LG RF
Wer kämpft, kann verlieren - Wer aufgiebt, hat verloren !

Sheherazade

Zitat von: Jul7 am 10. September 2023, 11:10:31Nein er bezieht kein Bürgergeld oder ähnliches. Sein Selbstbehalt reicht zum Leben.


Jetzt muss man hierbei aber auch zwischen dem unterhaltsrelevanten Selbstbehalt und der Grundsicherungsgrenze nach SGB2/SGB12 unterscheiden. Ersteres entbindet den Unterhaltspflichtigen von über die Leistungsfähigkeit hinaus gehenden Unterhaltszahlungen (der Rest wird sozusagen vom Land/Bund aufgestockt und ist nur geliehen bis zur möglichen späteren Leistungsfähigkeit), letzteres entbindet vollständig von der Zahlungspflicht.

Fakt ist, diese Schulden bleiben erstmal bestehen (währenddessen sich beim neuen Jugendamt auch weitere Schulden aufbauen werden) wie auch immer seine Zukunft aussehen mag. Man kann aber im Idealfall Miniraten vereinbaren, das ist der im Schreiben erwähnte Vorschlag zur Stundung.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Stundung heißt Ratenzahlung und Zinsen.
Wenn der Schuldner nicht leistungsfähig ist, wie hier, sollte dieser stattdessen ein Antrag auf befristete Niederschlagung der Forderung stellen. Dabei verzichtet das Amt erst mal - i.d.R. für 12 Monate - auf die weitere Eintreibung der Forderung.
Im Anschluss kann erneut ein Antrag auf befristete Niederschlagung gestellt werden, usw., de facto bis zum Tod des Schuldners.
Steht fest, dass die Eintreibung der Forderung auf Dauer erfolglos bleiben wird, kann ein Antrag auf unbefristete Niederschlagung der Forderung gestellt werden. Die Forderung bleibt dann zwar bestehen und das Amt hat die Möglichkeit, diese doch noch irgendwann zu vollstrecken, letztlich aus dessen Nachlass, wird sie aber gegenüber dem Schuldner zu Lebzeiten nicht mehr weiter verfolgen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Jul7

Herzlichen Dank für die wertvollen Antworten. Ich gebe sie weiter.

Spannend wird es nochmal, wenn die Kinder 18 werden. Dann fällt der UV weg. Dann müsste der Vater zahlen aber ich nehme fast an, die Schulden gehen vor. Die Kinder gehen leer aus. Alles nicht so einfach. Aber dass dann wenn es soweit ist.

Allen einen schönen sonnigen Sonntag!