Haben Minderjährige ein Anrecht auf eine Wohnung vom Amt?

Begonnen von bürgergeldbernhard, 18. Oktober 2023, 07:19:40

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bürgergeldbernhard

Titel.

Im Internet fand ich dazu folgenden Artikel:

ZitatWohnen mit Bürgergeld unter 25

Bei Bürgergeld-Bezug unter 25 Jahren bilden Sie mit Ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können oder nicht. Sobald Sie jedoch eigenes Einkommen erzielen, womit Sie ihren Lebensunterhalt und anteilige Unterkunftskosten selbst stemmen können, fallen Sie aus der Bedarfsgemeinschaft heraus.

Sobald Sie aufgrund eigenen Einkommens nicht mehr als Teil der Bedarfsgemeinschaft gelten, geht das Jobcenter oftmals von einer Haushaltsgemeinschaft aus. Wie bei einer Bedarfsgemeinschaft kommt es auch bei einer Haushaltsgemeinschaft zur Anrechnung Ihres Einkommens.

Dabei muss bei einer Haushaltsgemeinschaft genau differenziert werden. Denn: Nur wenn ein Haushalt tatsächlich gemeinsam geführt und bewirtschaftet wird, ist eine Haushaltsgemeinschaft gegeben – Einkommen darf angerechnet werden. Teilen sich die Bewohner aber lediglich eine Wohnung und wirtschaften gänzlich unabhängig voneinander, darf kein Einkommen angerechnet werden.

So wenig Spielraum unter 25-Jährige bei ihrer Berufswahl haben, so wenig können sie sich auch ihre Wohnsituation aussuchen. Denn grundsätzlich gilt: Wer unter 25 Jahre alt ist und bei den Eltern wohnt, kann frühestens mit Erreichen des 25. Lebensjahres ausziehen, sofern Sozialleistungen nach dem SGB II bezogen werden.

Wichtig: Auszug nur mit triftigem Grund möglich
Wollen Sie aus Ihrem Elternhaus bzw. Ihrer elterlichen Wohnung ausziehen, ehe Sie 25 Jahre alt sind, müssen Sie einen wichtigen Grund beim Jobcenter vorbringen. Das kann sich mitunter sehr schwierig gestalten.

Nur ein wichtiger Grund kann zu einem vorzeitigen Umzug berechtigen. Darunter fallen beispielsweise:

  • Unzumutbarkeit des Zusammenlebens mit den Eltern aufgrund schwerwiegender Umstände
  • Aufnahme einer Beschäftigung in einer anderen Stadt
  • Gründung einer eigenen Familie
  • Liegt ein wichtiger Grund vor, muss das Jobcenter einem Umzug zustimmen. Das geht aus § 22 Absatz 5 SGB II hervor.
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Erfüllen Sie keine dieser Bedingungen und ziehen ohne Zustimmung des Jobcenters in eine eigene Wohnung, müssen Sie mit Konsequenzen rechnen. Zum einen kann das Jobcenter die Übernahme Ihrer KdU verweigern. Zum anderen steht Ihnen ein deutlich geringerer Regelsatz zu: 402 EUR anstelle von 502 EUR.

Stimmt Ihr Jobcenter indes einem Umzug zu, ist Ihnen nicht nur die Übernahme der KdU sicher. Sie können unter Umständen auch einen Anspruch auf Übernahme der Umzugskosten sowie auf eine Erstausstattung haben.

Was ich nicht verstehe, wie "Aufnahme einer Beschäftigung in einer anderen Stadt" ein Grund für Kostenübernahme der Wohnung sein soll. Wenn er eine Beschäftigung gefunden hat, fällt ja auch der Anspruch auf weitere Sozialleistungen weg, oder nicht? Aber das nur am Rande.

Wenn also keiner in der Familie, nicht mal man selbst, bedürftig ist liegt auch keine Bedarfsgemeinschaft vor, korrekt? Selbst wenn, würde man nach der Aufnahme einer Beschäftigung die Bedarfsgemeinschaft mit sofortiger Wirkung verlassen, richtig? Zumindest steht es an anderer Stelle so im Internet.
Zitat§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II bestimmt, dass Kinder und junge Erwachsene nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, wenn sie ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen sicherstellen können. Das ist der Fall, wenn das Einkommen ihren Bedarf übersteigt.
Sollte man also auch aus der Hausgemeinschaft rausfallen, wäre man quasi unabhängig und wäre dann auch im Falle einer erneuten Arbeitslosigkeit völlig autark, quasi eine "Ein-Mann-Bedarfsgemeinschaft", richtig? Auch Minderjährige haben Anrecht auf Bürgergeld wenn einige Bedingungen erfüllt sind.

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ZitatSie können Bürgergeld erhalten, wenn Sie erwerbsfähig und leistungsberechtigt sind und damit mindestens folgende Bedingungen erfüllen:

  • Sie sind mindestens 15 Jahre alt und Sie haben die Altersgrenze für Ihre Rente noch nicht erreicht.
  • Sie wohnen in Deutschland und haben hier Ihren Lebensmittelpunkt.
  • Sie können mindestens 3 Stunden pro Tag arbeiten.
  • Sie oder Mitglieder Ihrer Bedarfsgemeinschaft sind hilfebedürftig.
Quelle: arbeitsagentur.de
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Also hier noch mal die beiden Kernfragen zusammengefasst:
1.) Unter welchen Umständen fällt man aus der Haushaltsgemeinschaft?
2.) Hat eine Minderjährige Person, sollte sie einmal Bürgergeld beziehen auch Anrecht auf die gleichen Zusatzleistungen wie ein Erwachsener? Eine Wohnung? Zinsloses Darlehen?


Auch vor dem Hintergrund dass er/sie diese Dinge regulär ja gar nicht erhalten könne, selbst wenn er wollte da nur beschränkt geschäftsfähig.

Was meint ihr dazu? Bin auf eure Antworten gespannt!

september23

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Was ich nicht verstehe, wie "Aufnahme einer Beschäftigung in einer anderen Stadt" ein Grund für Kostenübernahme der Wohnung sein soll. Wenn er eine Beschäftigung gefunden hat, fällt ja auch der Anspruch auf weitere Sozialleistungen weg, oder nicht? Aber das nur am Rande.
wenn man eine Beschäftigung gefunden hat, fällt nicht unbedingt der Anspruch auf Sozialleistungen weg. Bei einer Ausbildung mit Gehalt oder einer Teilzeitstelle, wird man eher selten ohne Hilfe über die Runden kommen. Und wenn man aus einem Haushalt kommt, in dem Sozialleistungen bezogen werden, können die bei Ausbildung eigentlich noch unterhaltspflichtigen Eltern einem finanziell nicht helfen.

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Wenn also keiner in der Familie, nicht mal man selbst, bedürftig ist liegt auch keine Bedarfsgemeinschaft vor, korrekt?
Ohne Bedarf keine Bedarfsgemeinschaft

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Selbst wenn, würde man nach der Aufnahme einer Beschäftigung die Bedarfsgemeinschaft mit sofortiger Wirkung verlassen, richtig? Zumindest steht es an anderer Stelle so im Internet.
man muss sie nicht "verlassen", man fällt raus. Zahlt den Mietanteil, der den Eltern /anderen Mitgliedern der BG rausgerechnet wird und ist ansonsten nicht mehr im System.

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Sollte man also auch aus der Hausgemeinschaft rausfallen, wäre man quasi unabhängig und wäre dann auch im Falle einer erneuten Arbeitslosigkeit völlig autark, quasi eine "Ein-Mann-Bedarfsgemeinschaft", richtig?
nur wenn man volljährig ist und eventuell auch nur, wenn man als Volljähriger ausgezogen ist

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Auch Minderjährige haben Anrecht auf Bürgergeld wenn einige Bedingungen erfüllt sind.
Alle Minderjährigen einer Bedarfsgemeinschaft, eines Haushalts erhalten Bürgergeld, so nicht Unterhalt oder ein Erbe sie finanziell unabhängig machen. Ältere Minderjährige, also ab 15 Jahren aufwärts verdienen sehr selten so viel, dass sie kein Bürgergeld benötigen.


Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Also hier noch mal die beiden Kernfragen zusammengefasst:
1.) Unter welchen Umständen fällt man aus der Haushaltsgemeinschaft?
Bedarfsgemeinschaft oder Haushaltsgemeinschaft?

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:402.) Hat eine Minderjährige Person, sollte sie einmal Bürgergeld beziehen auch Anrecht auf die gleichen Zusatzleistungen wie ein Erwachsener? Eine Wohnung? Zinsloses Darlehen?
nein, natürlich nicht. Minderjährige im Haushalt sind letztlich nur im Bezug, weil ihre Eltern nicht genug oder gar nichts ein Erwerbseinkommen haben und somit die Familie der Leistungen bedarf, die sonst die Eltern selbst erwirtschaften.

Wieso sollte also ein Minderjähriger eine eigene Wohnung bekommen, wenn nicht mal ein arbeitsloser Volljähriger -so unter 25- eine eigene Wohnung bekommt? Ausnahme ist sicher, wenn z.B. ein 16jähriger eine Ausbildung beginnt und dafür wegziehen muss, nicht pendeln kann.
Oder wenn er Waise ist. Die Eltern im Ausland leben. Es für den Jugendlichen unzumutbar ist, weiter mit den Eltern zu leben, er aber zu alt ist, um als Pflegekind aufgenommen zu werden.
Solche Gründe.

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Auch vor dem Hintergrund dass er/sie diese Dinge regulär ja gar nicht erhalten könne, selbst wenn er wollte da nur beschränkt geschäftsfähig.
Eine Wohnung ohne Anlass im Zusammenhang mit einem Job oder wenn es zu Hause nicht mehr tragbar ist, gibt es für Minderjährige nicht. Daher erübrigt sich die Frage nach der Geschäftsfähigkeit. Zudem wird bei Minderjährigen, die nicht von ihren Eltern betreut werden können, wegen Zerrüttung der Beziehung, die Eltern sind schwer krank oder gar tot, das Jugendamt einiges an Regelungen übernehmen.

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Was meint ihr dazu?
Dass hier kein Problem geschildert wird, sondern eine theoretische Frage und daher in einen anderen Strang gehört

bürgergeldbernhard

Zitat
Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 07:19:40Sollte man also auch aus der Hausgemeinschaft rausfallen, wäre man quasi unabhängig und wäre dann auch im Falle einer erneuten Arbeitslosigkeit völlig autark, quasi eine "Ein-Mann-Bedarfsgemeinschaft", richtig?
nur wenn man volljährig ist und eventuell auch nur, wenn man als Volljähriger ausgezogen ist

Also trifft die Aussage: "Als Minderjähriger kann man unmöglich aus einer Haushaltsgemeinschaft herausfallen" zu? (Ausgenommen: Auflösung der Hausgemeinschaft durch das Jugendamt, Auflösung der Hausgemeinschaft durch Tod der anderen in der Gemeinschaft befindlichen Personen...)

ZitatAusnahme ist sicher, wenn z.B. ein 16jähriger eine Ausbildung beginnt und dafür wegziehen muss, nicht pendeln kann.
Gut, aber das ist ja dann doch wieder ein Grenzfall. Sagen wir er bricht die Ausbildung ab, oder er wird nach zwei Tagen rausgeworfen, was dann? Rutscht er in die Hausgemeinschaft zurück, obwohl er nicht mal mehr im selben Haus wohnt?

ZitatEine Wohnung ohne Anlass im Zusammenhang mit einem Job oder wenn es zu Hause nicht mehr tragbar ist
>ohne Anlass

Gibt es irgendwo eine Liste was als Anlass zählen würde? Würde mich wirklich mal brennend interessieren.

ZitatDass hier kein Problem geschildert wird, sondern eine theoretische Frage und daher in einen anderen Strang gehört
Naja, das Unterforum heißt ja "Fragen und Antowrten" und nicht "Probleme und Lösungen" aber ich verstehe was du meinst.

Sollte auch bloß eine Veranschaulichung der Titelfrage sein.

september23

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 09:10:59Gut, aber das ist ja dann doch wieder ein Grenzfall. Sagen wir er bricht die Ausbildung ab, oder er wird nach zwei Tagen rausgeworfen, was dann? Rutscht er in die Hausgemeinschaft zurück, obwohl er nicht mal mehr im selben Haus wohnt?
er ist wegen der Ausbildung woanders hingezogen. Das ist bei Minderjährigen sowieso die Ausnahme, ob mit oder ohne Bürgergeld. Da Minderjährige selten allein wohnen, sondern bei ihren Eltern verstehe ich Deine Frage nicht so ganz.

Zitat von: bürgergeldbernhard am 18. Oktober 2023, 09:10:59Gibt es irgendwo eine Liste was als Anlass zählen würde? Würde mich wirklich mal brennend interessieren.
Was für eine Liste soll das sein. Der Minderjährige muss Gründe haben, nicht mit seinen Eltern wohnen zu können. Und Eltern haben auch eine Verantwortung und können einen Minderjährigen nicht einfach rauswerfen. In derlei Fällen ist das Jugendamt oder eine Familienhilfe mit dabei.

Grundsätzlich stehen auch Minderjährigen die Leistungen zu, die sie dringend benötigen und kein "nice to have".
:bye:


Quinky

Worauf beziehst Du Deine Fragestellung bei Arbeitsaufnahme?
Minderjährige zwischen 15 und 17 Jahren
oder
junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren.

Hier bestehen nämlich Unterschiede.
Fällt ein junger Erwachsener durch eigenes Einkommen aus der BG heraus, darf er hinziehen wohin er will. Sollte er dann nach Auszug seinen Arbeitsplatz verlieren (und hat bereits eine abgeschlossene Ausbildung) muss er nicht zu den Eltern zurückziehen und hat einen eigenen Anspruch auf ALGII/Bürgergeld einschl. >KDU.
Bei minderjährigen 15 - 17 Jahre sieht das anders aus, da hier die Unterhaltspflicht der Eltern in Frage kommt. GGFS ist auch das Jugendamt involviert.

Ernie

bürgergeldbernhard

Zitat von: Quinky am 18. Oktober 2023, 14:12:45Worauf beziehst Du Deine Fragestellung bei Arbeitsaufnahme?
Minderjährige zwischen 15 und 17 Jahren
oder
junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren.

Minderjährige zwischen 15 und 17 Jahren


Zitat von: Quinky am 18. Oktober 2023, 14:12:45Hier bestehen nämlich Unterschiede.
Fällt ein junger Erwachsener durch eigenes Einkommen aus der BG heraus, darf er hinziehen wohin er will. Sollte er dann nach Auszug seinen Arbeitsplatz verlieren (und hat bereits eine abgeschlossene Ausbildung) muss er nicht zu den Eltern zurückziehen und hat einen eigenen Anspruch auf ALGII/Bürgergeld einschl. >KDU.
Bei minderjährigen 15 - 17 Jahre sieht das anders aus, da hier die Unterhaltspflicht der Eltern in Frage kommt. GGFS ist auch das Jugendamt involviert.

Ernie

Hmm, das leuchtet ein.