Verpflichtendes Coaching als Aufstocker?

Begonnen von benjamin, 21. März 2024, 15:29:09

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benjamin

Hallo liebes Forum

Ich habe mal eine Frage. Ist es möglich dass das Jobcenter auch Aufstocker zu einem Coaching verpflichten kann? Dieses Coaching soll 2 bis 3 Monate gehen und zweimal wöchentlich stattfinden.
Das Angebot habe ich mir mal durchgelesen und es soll wohl ein Betreuer an der Seite des arbeitsuchenden gestellt werden.
Mithilfe der Suchfunktion habe ich bereits Beiträge zum Coaching gefunden, allerdings nicht für Aufstocker.
Mir ist da auch der Begriff ganzheitliche Betreuung öfter begegnet und dass soll ja freiwillig sein.

Yasha

Es gibt solche Angebote als Standard. Wäre hilfreich, wenn Du die Bezeichnung bzw.. den Namen nennst, für eine Recherche des Anteils an Ganzheitlichkeit.

Falls nur anteilig, dann kannst Du die Anteile widerrufen oder nicht beim Träger zustimmen.

Aber - nur rein ganzheitliche Maßnahmen können abgelehnt werden, falls da nicht vorher anderweitig die Zustimmung insgesamt abgegeben oder unterschrieben wurde..Beispielsweise  die neuen 16k Maßnahmen.

03Pq12L

Sind diese in Mode gekommenen Betreuer und Begleiter eigentlich wirklich Sozialarbeiter oder provisionsorientierte Handlanger von Zeitarbeits- und Billiglohnfirmen, die einen im Rahmen des "Coachings" nur verscherbeln wollen? Ich frage für einen Freund.

Rotti

Zitat von: 03Pq12L am 21. März 2024, 18:09:43Sind diese in Mode gekommenen Betreuer und Begleiter eigentlich wirklich Sozialarbeiter oder provisionsorientierte Handlanger von Zeitarbeits- und Billiglohnfirmen, die einen im Rahmen des "Coachings" nur verscherbeln wollen? Ich frage für einen Freund.
Solche Begleiter sind doch auch bei einer Arbeitsmaßnahme von der Stadt GmbH obligatorisch ist doch nichts neues nur jetzt auch im privaten Bereich noch.
Wer in Not gerät, braucht nicht noch zusätzliche Hürden. Mit dem Bürgergeld lassen wir Hartz4 endlich hinter uns! Man wolle stärker ermutigen, wieder in Arbeit zu kommen, so @hubertus_heil. Und zwar nicht in irgendwelche Hilfstätigkeiten, sondern in Jobs, die zu einem passen.

Ottokar

Zitat von: benjamin am 21. März 2024, 15:29:09Ist es möglich dass das Jobcenter auch Aufstocker zu einem Coaching verpflichten kann?
Es gibt aktuell keine Rechtsgrundlage für ein verpflichtendes Coaching.
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Yasha

Zitat von: Ottokar am 22. März 2024, 12:37:23Es gibt aktuell keine Rechtsgrundlage für ein verpflichtendes Coaching.

Doch.Wenn die Maßnahme ansonsten mehrheitlich eine 45er Standardmaßnahme ist.

Und der Name Coaching eben doch keine Ganzheitlich ausgerichteten Module beeinhaltet, wie bei Jobcoaching oder Bewerbungscoaching

Ottokar

Du kannst das so lange behaupten wie du willst, doch es gibt im SGB II keine Regelung für ein verpflichtendes Coaching, das ist ein Fakt. Der Begriff Coach oder Coaching kommt im SGB II gar nicht vor.
Das SGB II kennt lediglich die ganzheitliche Betreuung (§ 16k) und die ist freiwillig (§ 16k Abs. 4).

Sofern Maßnahmeträger für ihre Eingliederungsmaßnahmen nach § 16 SGB II i.V.m. § 45 SGB III Begriffe wie "Coaching" verwenden, um sich mit diesem Denglisch wichtig zu machen, macht das daraus noch lange kein "verpflichtendes Coaching", sondern höchstens eine zumutbare Eingliederungsmaßnahme.
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180

Zitat von: benjamin am 21. März 2024, 15:29:09Ist es möglich dass das Jobcenter auch Aufstocker zu einem Coaching verpflichten kann?
Es kommt drauf an, wie hoch deine Kosten der Unterkunft sind. Wenn du weniger als die KdU als Aufstockung erhältst, ist es unmöglich für das JC dich zu sanktionieren. Damit kannst du jede Maßnahme/Coaching/Zuweisung einfach ignorieren.

Ansonsten hängt es vom Coaching ab, ob/wie du dich dagegen wehren kannst. Ob es ganzheitlich ist, ob du eine schriftliche Zuweisung bekommst, usw.

Yasha

Zitat von: Ottokar am 24. März 2024, 10:04:41Du kannst das so lange behaupten wie du willst, doch es gibt im SGB II keine Regelung für ein verpflichtendes Coaching, das ist ein Fakt

Was das Coaching generell betrifft, da gibt es inzwischen verschiedene Konzepte mit nur anteiligen Modulen von Ganzheitlichkeit. Die kann ein potentieller Teilnehmer entweder beim Träger widerrufen oder nicht zustimmen, soweit klar.

Aber die 45er Maßnahme, wo die drin sind- die ist ansonsten weiter verpflichtend.

Aber neben den reinen ganzheitlichem nach 16k,was vom Teilnehmer vollständig widerrufen werden kann- BA hat dazu sogar ein eigenes Formular für Träger...da gibt es trotzdem ansonsten durchaus die Besonderheit der Verpflichtung zu einem reinem ganzheitlichen Coaching.Das ist Fakt und auch im SGB II gesondert geregelt:

https://www.haufe.de/personal/neues-lernen/sozialer-arbeitsmarkt-coaching-fuer-wiedereinstieg_589614_582794.html

Den Hinweis darauf hatte ich vorher bewusst ausgespart, weil das hier nicht um dieses Coaching geht.





Ottokar

Zitat von: Yasha am 24. März 2024, 14:09:14Aber die 45er Maßnahme, wo die drin sind- die ist ansonsten weiter verpflichtend.
Ich weis beim besten Willen nicht, was du mit "45er Maßnahme" meinst.
Sofern du Eingliederungsmaßnahmen nach § 16 SGB II i.V.m. § 45 SGB III meinst, die eine Betreuung analog § 16k SGB II beinhalten, dann ist dieser Maßnahmeteil klar rechtswidrig, da damit die gesetzliche Bestimmung in § 16k Abs. 4 SGB II zur Freiwilligkeit einer solchen Betreuung umgangen wird, sofern sie nicht analog dazu sanktionsfrei verweigert werden darf, worauf das JC wiederum verpflichtet ist hinzuweisen.
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03Pq12L

Zitat von: Ottokar am 24. März 2024, 10:04:41Du kannst das so lange behaupten wie du willst, doch es gibt im SGB II keine Regelung für ein verpflichtendes Coaching, das ist ein Fakt. Der Begriff Coach oder Coaching kommt im SGB II gar nicht vor.


Sorry, wenn ich hier dazwischen funke, aber heißt das, dass alle Maßnahmen, sei es auf Flyern, Angeboten oder Zuweisungen freiwillig sind, wo das Wort "Coach" vorkommt? Mit dem SGB haben Coachings ja nichts zu tun.

Bewerbungstraining = verpflichtend / Bewerbungscoaching = nicht verpflichtend?

Kann man das so verrückt klugscheißerisch drehen?

Danke.

Ottokar

#11
Maßnahmeträgern steht es frei, ihr goldenes Kalb zu nennen wie sie wollen.
Wie ich bereits schrieb, kommt der Begriff Coach oder Coaching im SGB II gar nicht vor. Auch das SGB III kennt diesen Begriff nicht und er findet sich auch nicht in den fachlichen Weisungen der BA zu § 45 SGB III.
Aus der Begrifflichkeit selbst kann man also nicht darauf schließen, dass es sich um eine Zwangsbetreuung i.S.d. § 16k SGB II und damit um ein "verpflichtendes Coaching" im Rahmen einer saktionsbewehrten Eingliederungsmaßnahme handelt.
Aufschluss darüber kann lediglich der Maßnahmeinhalt geben.

Ob das was der TE als "Coaching" bezeichnet tatsächlich eine Zwangsbetreuung i.S.d. § 16k SGB II darstellt, oder es sich lediglich um ein Bewerbungstraining handelt, kann man ohne den Maßnahmeinhalt zu kennen nicht beurteilen.
Ebensowenig, ob eine solche Maßnahme trotz der schon bestehenden Erwerbstätigkeit individuell erforderlich und zumutbar ist.

Ich kenne aus der Vergangenheit Maßnahmen, wo der Mitarbeiter eines Maßnahmeträgers mittels freiwilliger Schweigepflichtentbindung vor oder nach einer Bewerbung eigenständig Kontakt zu möglichen Arbeitgebern aufnehmen durfte und auch auf Wunsch Begleitung zu Vorstellungsgesprächen stattfanden.
Die dafür zwingend erforderliche Schweigepflichtentbindung ist aber lt. Gesetz freiwillig.
Selbst das JC darf von sich aus keinen Kontakt zu Arbeitgebern aufnehmen, bei denen man sich in Eigeninitiative beworben hat.
Gesetzlich ist lediglich zulässig, dass JC von Arbeitgebern, deren Stellenangebot vom JC sanktionsbewehrt vermittelt wurde, Rückmeldung darüber einholen dürfen, ob eine Bewerbung stattfand und mit welchem Ergebnis, um festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Sanktion erfüllt sind oder nicht.
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03Pq12L

Vielen lieben Dank,

also bleibt es dabei, die Zuweisungen und Maßnahmenangebote mit Rechtsfolgen immer einzeln durchzugehen, egal wie die Überschrift des ganzen lautet und so zu prüfen, ob sie a) zumutbar ist und b) freiwillig ist.

Ottokar

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Hary

Zitat von: Ottokar am 22. März 2024, 12:37:23Es gibt aktuell keine Rechtsgrundlage für ein verpflichtendes Coaching.

Es kommt darauf an, leider hat der Fragende keine Informationen zur Art der Beschäftigung gemacht. Es gibt durchaus geförderte Beschäftigungen, wo das Jobcenter bis zu 90% der Kosten übernimmt. Frage mich jetzt nicht nach den Paragraphen, dort ist aber ein Coaching schon immer fester Bestandteil der Förderung. Das dient dann dem Aufstocker den Arbeitsplatz zu erhalten und der Coach ist noch eine Art Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wobei ich meine dass es normal nur maximal 6 Monate verpflichtend ist und der Arbeitgeber muss das Coaching auch als Arbeitszeit bezahlen. Danach wäre es dann freiwillig.

Ich persönlich hätte diese Förderung auch und mein Coach war wirklich sehr gut und engagiert.