Krankenversicherung - PKV oder GKV

Begonnen von Ottokar, 18. April 2009, 16:10:21

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Ottokar

Wer am 31.12.2008 ALG II bezogen hat und noch bezieht, für den gilt die Versicherungspflicht in der GKV nach § 2 Abs. 1 Nr. 2a SGB V.

Personen, die nach dem 31.12.2008 erstmals ALG II bezogen haben und die zum Tag ihrer ALG II-Antragstellung in einer PKV versichert waren, müssen sich selbst versichern.

Personen, die zum Tag ihrer ALG II-Antragstellung in einer GKV versichert waren, auch freiwillig, werden in der GKV pflichtversichert, wenn sie nicht dem in § 5 Abs. 5 SGB V oder § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V genannten Personenkreis angehören.

Personen, die nach dem 31.12.2008 erstmals ALG II bezogen haben und die zum Tag der Antragstellung ALG II nicht versichert waren, also bei keiner Krankenversicherung Mitglied waren, muss geprüft werden, ob sie dem in § 5 Abs. 5 SGB V oder § 6 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB V genannten Personenkreis angehören.
Gehörden sie dem nicht an, besteht aufgrund des ALG II-Bezuges Krankenversicherungspflicht in der GKV. Ansonsten nicht und diese Person muss sich freiwillig versichern.
Als Faustregel kann man dabei sagen, dass eine Person, die vor ihrem ALG II-Antrag nicht krankenversichert war und erwerbslos ist, in der GKV pflichtversichert werden muss (vorbehaltlich § 6 Abs. 2 SGB V).

Wer sich NICHT von seiner Versicherungspflicht in der GKV hat befreien lassen, für den ist die Rückkehr in die GKV jederzeit möglich.
Ausnahme: wer Anspruch auf Altersrente hat, der kann nur dann in die GKV wechseln wenn sie/er mindestens 90% der zweiten Hälfte ihres/seines Erwerbslebens Mitglied in der GKV war, sonst nicht.

Wer sich auf Antrag von seiner Versicherungspflicht in der GKV hat  befreien lassen, für den ist die Rückkehr in die GKV nur in 2 Fällen möglich:
1. wenn sie/er:
- NICHT hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist und
- NICHT nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V nicht versicherungspflichtig war und
- wenn sie/er mindestens 2 Tage VOR ALG II Antragstellung ihren/seinen Versicherungsschutz in der PKV verloren hat,
dann muss die GKV sie/ihn aufnehmen, da dann Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V besteht,
oder
2. sie/er wird arbeitslos und hat Ansprüche auf ALG I nach dem SGB III, dann besteht eine generelle Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.

Wer nicht in die GKV wechseln kann oder will, für den halbiert sich bei Hilfebedürftigkeit nach SGB II oder XII der Beitrag zur PKV. Hier muss man Antrag auf Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen nach § 26 SGB II stellen.
Möglich ist in einem solchen Fall auch, den Vertrag bei der PKV ruhend zu stellen, wenn der Vertrag das ermöglicht, und sich stattdessen bei der GKV zu einem günstigeren Beitrag freiwillig zu versichern.

Die ARGE zahlt gemäß § 26 Abs. 2 SGB II nur einen Zuschuß in Höhe des Beitrages zur GKV, derzeit (2010): 126,05€ (§ 12 Abs. 1c S. 6 VAG).
Ob diese Privatversicherung bei einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse besteht, ist dafür vollkommen unrelevant.
Der Beitrag im Basistarif der PKV beträgt derzeit (2010) max. 581,25€, halbiert 290,63€.
Der Basistarif der PKV ist mit einer Beitragsgarantie verbunden: Er darf für Einzelpersonen den durchschnittlichen Höchstbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Die Höhe des zu zahlenden Beitrags im Basistarif wird auch beeinflusst von Alter und Vorversicherung in der privaten Versicherung. Daher muss der individuelle Basistarif nicht zwingend auch dem Höchstbeitrag entsprechen.
Sollte der Beitrag zur PKV höher sein als der Zuschuss der ARGE, kann man die Mehrkosten gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II von vorhandenem Einkommen absetzen.
Siehe auch: Merkblatt Zuschuss zu Versicherungsbeiträgen (§ 26 SGB II), Stand 01.01.2009

Allerdings wird in der Rechtsprechung mittlerweile überwiegend die Meinung vertreten, dass diese Beitragzuschussbegrenzung rechts- und verfassungswidrig ist:
§ 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ist in Verbindung mit § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz im Rahmen der Interessen – und Folgenabwägung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG dahingehend auszulegen, dass die Kostenübernahme nicht auf den ermäßigten Betrag eines Beziehers von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt ist, sondern zumindest gemäß § 12 Abs. 1c Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz der hälftige, der reduzierte Basistarif zu zahlen ist.
Die Beschränkung des Zuschusses auf den Betrag, der für einen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Leistungsbezieher anfällt, führt im Falle eines in der privaten krankenversicherten Versicherung versicherten Leistungsbeziehers zu einer existenzgefährdenden Bedarfsunterdeckung.
Lt. Grundgesetz besteht ein Anspruch aus Artikel 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG auf Gewährung eines Existenzminimums.
Keinesfalls ist damit vereinbar, dass durch den Bezug von Grundsicherungsleistungen in Folge einer gesetzlich vorgegebenen Bedarfsunterdeckung monatlich Schulden anfallen.
(Aus: Sozialgericht Stuttgart, S 9 AS 5003/09 ER, 13.08.2009)
Man sollte also die Übernahme der tatsächlichen Beitragshöhe einfordern, notfalls mittels Klage.
Aufgrund der Gesetzesänderung zur sog. "Härtefallregelung" besteht nunmehr auch dort die grundsätzliche Möglichkeit, die über den Zuschuss nach § 26 SGB II hinausgehenden Kosten des GKV-Beitrages nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend zu machen.

Hinweis
In der GKV besteht seit 01.04.2007 eine Mitgliedspflicht. Wer hier zwar Pflichtmitglied war, aber keine Beiträge bezahlt hat, der muss diese u.U. nachzahlen.
§ 186 Abs. 11 S. 3 und 4 SGB V:
Für Personen, die am 1. April 2007 keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben, beginnt die Mitgliedschaft an diesem Tag. Zeigt der Versicherte aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht nach den in Satz 1 und 2 genannten Zeitpunkten an, hat die Krankenkasse in ihrer Satzung vorzusehen, dass der für die Zeit seit dem Eintritt der Versicherungspflicht nachzuzahlende Beitrag angemessen ermäßigt, gestundet oder von seiner Erhebung abgesehen werden kann.
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