Betreff des Beitrags: Ratgeber Anrechnung von Rückerstattung aus Mietnebenkostenvorauszahlungen

Begonnen von Ottokar, 04. August 2009, 13:53:02

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Ottokar

Es gibt zwei Verfahrensweisen zur Anrechnung von Rückerstattung aus Mietnebenkostenvorauszahlungen.
Grundvoraussetzung ist, dass man in dem Monat, in dem man die Rückerstattung seiner Mietnebenkostenvorauszahlungen erhalten hat, auch Leistungen nach dem SGB II bezogen hat.

I.
Hat das Amt damals die (jetzt erstatteten) Nebenkostenvorauszahlungen nicht geleistet, z.B. weil man damals kein ALG II erhalten hat, gilt diese Rückerstattung im Monat seiner Auszahlung als anrechenbares Einkommen. Hier muss, wenn kein anderes Einkommen vorliegt, ein Freibetrag von 30 Euro gewährt werden.
Ist der Rückzahlungsbetrag nicht höher als 50 Euro und das einzige Einkommen im Kalenderjahr, wird es nicht berücksichtigt.
So sieht es das Amt. Es gibt aber  eine andere Rechtsauffassung, die auch von Gerichten bestätigt wird.

I.I.
Erstattungen aus Betriebskostenvorauszahlungen, die aus Zeiten ohne Leistungsbezug stammen, können niemals Einkommen sein, da es sich tatsächlich um beim Vermieter zu dessen Sicherheit hinterlegtes Geld des Mieters handelt. Dieses Geld hat der Mieter, bevor er es hinterlegen konnte, bereits als Einkommen erzielt, sonst hätte er es nicht besessen und nicht hinterlegen können. Somit stellt dieses Geld zum Zeitpunkt der Hinterlegung beim Vermieter bereits Eigentum und damit Vermögen des Mieters dar.
Wenn der Vermieter dem Mieter also dessen als Sicherheit hinterlegtes Eigentum (Vorauszahlungen) wiedergibt, kann der Mieter daran kein Einkommen mehr erzielen, da ihm dieses Geld bereits in Form von Vermögen gehört. Die Wertung einer Nebenkostenerstattung als Einkommen wäre somit rechtswidrig.
Dies steht auch nicht im Widerspruch zu § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, da hier der Gesetzgeber lediglich von Erstattungen ausgeht, die der Hilfebedürftige als Leistungen zu den Kosten der Unterkunft vom Leistungsträger erhalten hat und dem Leistungsträger hier zur Verwaltungsvereinfachung eine Verrechnung mit seinen eigenen Leistungen ermöglicht.
Hätten die Betriebskostenvorauszahlungen mit den tatsächlichen Kosten übereingestimmt, wären also die Betriebskostenvorauszahlungen geringer gewesen, hätte es keine Erstattung gegeben.
Damit wäre der Erstattungsbetrag niemals beim Vermieter hinterlegt worden, sondern wäre beim Vermögenseigentümer verblieben und hätte somit zum Zeitpunkt der Erstantragstellung auf ALG II als Vermögen berücksichtigt werden müssen.
Der Hilfebedürftige darf nicht schlechter gestellt werden (Schlechterstellungsverbot) als Hilfebedürftige, deren Betriebskostenvorauszahlungen mit den tatsächlichen Kosten übereingestimmt haben und die deshalb keine Erstattung erhalten haben und deren Vermögen somit auch als Vermögen berücksichtigt werden musste.
Die Wertung einer Nebenkostenerstattung als Einkommen würde somit außerdem eine besondere Härte darstellen.
 
II.
Hat das Amt damals die (jetzt erstatteten) Nebenkostenvorauszahlungen geleistet, wird diese Rückerstattung auf die aktuellen Mietnebenkosten, welche das Amt trägt, im Folgemonat angerechtet (SGB II § 22 Abs. 1).
a) Wenn die Arge jedoch nur einen Teil der Mietnebenkosten trägt, z.B. 90%, hat sie auch nur Anspruch auf den Teil, den sie übernimmt, nämlich 90%.
aa) Trägt man den Rest der Mietnebenkosten als Eigenanteil aus seiner Regelleistung, bleiben diese 10% ja Regelleistung. Wenn man nun diesen Teil seiner Regelleistung zurück erhält, ist das kein Einkommen, sondern die Rückgabe eines Teils der zuvor beim Vermieter hinterlegten und nicht für die Mietnebenkosten benötigten Regelleistung.
ab) Ist man ALG II-Aufstocker und erhält die Nebenkostenvorauszahlungen als Kosten der Unterkunft nur zum Teil, darf der Teil, der vom Einkommen gezahlt wurde, nicht angerechnet werden, da dieser Einkommensteil ja schon im Monat seines Zuflusses auf das ALG II angerechnet worden ist.
b) Das trifft ebenfalls auf die 18% zu, welche als Kosten der Warmwasserbereitung pauschal von den Heizkosten abgezogen werden und die man von seiner Regelleistung/Einkommen selbst tragen muss, wenn Heizung und Warmwasserbereitung zusammen erfolgen und abgerechnet werden.
Die Kosten für die Warmwasserbereitung werden der Haushaltenergie zugeordnet (Handlungsanweisung zu SGB II § 20 Rz 20.1) und sind lt. SGB II § 22 Abs. 1 letzter Satz anrechnungsfrei.
Wenn man also eine Erstattung aus einer Heizkostenvorauszahlung bekommt, in der auch die Kosten für die Warmwasserbereitung enthalten sind, kann man 18% davon behalten, da diese 18% ja aus der Regelleistung/Einkommen hinterlegt wurden und nun zurückerstattet werden.


Änderung ab 27.02.2008 in Bezug auf die Heizkosten mit Warmwasseranteil
Wie das BSG in seinen Urteilen vom 27.02.2008 in B 14/7b AS 64/06 R und B 14/7b AS 15/07 R ausführt, sind im Regelsatz von 345€ Kosten der Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 Euro enthalten, wovon ein Anteil von 6,22 Euro auf die Kosten der Warmwasserbereitung entfällt. Ein Abzug für Kosten der Haushaltsenergie ist insgesamt nur insoweit zulässig, als diese bereits in der Regelleistung enthalten sind.
Berechnungsgrundlage ist hier also der Eckregelsatz von 345€. Durch die zwischenzeitliche Erhöhung des Eckregelsatzes seit 01.07.2007 auf 347€ und ab 01.07.2008 auf 351€ erhöht sich dieser Betrag von 6,22€ ab 01.07.2007 auf 6,26€ und ab 01.07.2008 auf 6,33€. Die Anteile für Partner betragen entsprechend 90%, für 15jährige bis 24jährige 80% und für unter 15jährige 60% dieses Betrages.
Das bedeutet, dass von der in Betriebskostenabrechnungen ausgewiesenen Summe der Heiz- und Warmwasserkosten statt wie bisher 18% nur der dafür im Regelsatz enthaltene Betrag abgezogen werden darf. Gleiches gilt pro Monat für die Heizkostenvorauszahlung.
Das hat für Rückzahlungen aus Heizkosten den unangenehmen Nachteil (sofern der jeweilige Leistungsträger dieses Urteil umsetzt), dass hier kein Abzug eines Eigenanteiles mehr möglich ist, sofern das Amt diese Kosten vollständig trägt.
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