SG Dresden: Erst Gotha und nun Dresden - Hartz IV Sanktionen sind rechtswidrig

Begonnen von Meck, 15. September 2015, 01:19:13

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Meck

Zweiter Paukenschlag: Sozialgericht Dresden beurteilt die Sanktionen bei Hartz IV ebenfalls als verfassungswidrig.

Das Urteil aus Gotha war schon eine Sensation. Das Sozialgericht hatte einen Vorlagebeschluss gefasst, in dem die Verfassungsmäßigkeiten der Sanktionen bei Hartz IV deutlich infrage gestellt werden. Dem schließt sich nun ein das Sozialgericht Dresden an. Der Druck auf die Politik und auf das Bundesverfassungsgericht wird damit deutlich erhöht (Az: S 20 AS 1507/14).

Im verhandelten Fall ging es um einen Hartz IV Bezieher der aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine Arbeitsstelle nicht antreten konnte. Das Sozialgericht Dresden urteilte, dass eine 100 % Sanktionierung rechtswidrig sei. Die Zumutbarkeit einer Arbeit mit gesundheitlichen Einschränkungen , die der Kläger nicht bekam, weil der Arbeitgeber kein Interesse an der Einstellung des Antragstellers hatte, führte dennoch zu einer Sanktion. Die vom Sozialgericht Gotha im Beschluss AZ: S 15 AS 5157/14 geäußerten Bedenken an der grundsätzlichen Verfassungsmäßigkeit der Sanktionsregelungen des SGB II werden von der erkennenden Kammer geteilt. "Damit kann es offen bleiben, ob die § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 31a Abs. 1 Satz 3, § 31b SGB II wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsgebot, Art. 20 Abs. 1 GG) Verfassungswidrig sind, wovon die Kammer überzeugt ist (vgl. im Einzelnen SG Gotha, Vorlagebeschluss vom 26. Mai 2015 – S 15 AS 5157/14 –)


-->> http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/sozialgericht-hartz-iv-sanktionen-rechtswidrig-361704.php

Volltext -->> https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=180102




Siehe auch: Sozialgericht Gotha hält Hartz IV Sanktionen für verfassungswidrig
LG Meck :bye:

Meck

,,Der Druck auf die Politik und auf das Bundesverfassungsgericht, die Hartz IV-Sanktionen abzuschaffen, wird mit der Feststellung des Dresdner Sozialgerichts deutlich erhöht", erklärt Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Das Sozialgericht Gotha hatte einen Vorlagebeschluss gefasst, in dem die Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen bei Hartz IV infrage gestellt werden. Dem schließt sich nun das Sozialgericht Dresden an (Az: S 20 AS 1507/14). Im verhandelten Fall ging es um einen Hartz-IV-Bezieher, der aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine Arbeitsstelle nicht antreten konnte. Das Sozialgericht Dresden ist der Auffassung, dass eine 100-Prozent-Sanktionierung grundsätzlich rechtswidrig sei.

Katja Kipping weiter:

,,DIE LINKE fordert die Abschaffung aller Sanktionen und Leistungseinschränkungen bei Hartz IV und den anderen Grundsicherungen. Wir appellieren an Andrea Nahles, die Sanktionen sofort abzuschaffen. Wir appellieren an die Mitglieder des Bundestags, unserem Antrag zur Abschaffung aller Sanktionen und Leistungseinschränkungen zuzustimmen. Dies auch vor dem Hintergrund des Sanktionshungerns von Ralph Boes und möglichen Folgen für sein Leben. Und vor dem Hintergrund der alltäglichen Sanktionen und Sanktionsandrohungen gegenüber Betroffenen. Das Grundrecht auf ein soziokulturelles Existenzminimum ist unverfügbar, Grundrechte kann man nicht kürzen."


Quelle: Fraktion DIE LINKE
LG Meck :bye:

Gast38259

ein Paukenschlag?

wenn das, was die 20. kammer da geschrieben hat, ein Paukenschlag sein soll, geh ich nicht mehr ins Konzert.
hier sind wohl die Relationen ziemlich verschoben.

ich würde es so sehen:
Der Paukenschlag kam aus Gotha.
die eine Kammer in Dresden hatte sich getraut, einen EGGSHAKER in sein virtuoses Urteil einzubauen, als Schlußakkord für ganz aufmerksame Hörer.
:mocking:

Meck

Arbeitsministerium legt höchstrichterliche Urteile nach Gusto aus. Linke fordert Ende der Hartz-IV-Sanktionen, Bundestag soll abstimmen. Ein vergessener Termin, zu wenige Bewerbungen, ein abgelehntes »Angebot«: Jährlich verhängen Jobcenter über eine Million Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher. Jeden Monat setzen sie rund 7.000 Menschen auf null.

-->> http://www.jungewelt.de/2015/09-23/044.php
LG Meck :bye:

Unwissender

Würde es denn etwas bringen, gegen eine Sanktion in WS zu gehen mit der Begründung der beiden Urteile, auch wenn man nicht in dem Zuständigkeitsbereich wohnt?

Wird wohl nichts bringen, oder?  :scratch:
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

Orakel

Du könntest klagen und gleichzeitig Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG beantragen. Dem Antrag muss das Gericht aber nicht zwingend folgen.

Gast37751

Zitat von: Unwissender am 26. September 2015, 10:20:17
Wird wohl nichts bringen, oder?  :scratch:
Das Jobcenter wird im Gegenzug zig Entscheidungen anführen, in denen Gerichte den entsprechenden Sanktionsparagraphen für verfassungskonform erklärt haben.

Gast26342

Zitat von: Gast37751 am 26. September 2015, 12:08:36
Zitat von: Unwissender am 26. September 2015, 10:20:17
Wird wohl nichts bringen, oder?  :scratch:
Das Jobcenter wird im Gegenzug zig Entscheidungen anführen, in denen Gerichte den entsprechenden Sanktionsparagraphen für verfassungskonform erklärt haben.
Derartige Entscheidungen sind dem BVerfG vorbehalten, alle anderen Richter überschreiten damit ihre Befugnisse.

Orakel

Zitat von: Gast26342 am 26. September 2015, 23:52:08
... alle anderen Richter überschreiten damit ihre Befugnisse.

Das sagt wer? Außer dir natürlich ...


Orakel

Wie immer: Lesen und verstehen ...

Und woraus ergibt sich nun das mit der "Überschreitung der Befugnisse"???

Gast37751

Zitat von: Gast26342 am 26. September 2015, 23:52:08
Derartige Entscheidungen sind dem BVerfG vorbehalten, alle anderen Richter überschreiten damit ihre Befugnisse.
Unsinn. Bei der Anwendung des einfachen Rechts haben die Fachgerichte dessen Verfassungsmäßigkeit inzident mitzuprüfen (BVerfG, Beschluss vom 26.03.2009, 1 BvR 119/09).

Meck

Ökonom: Hartz IV Sanktionen menschenunwürdig. Ökonom kritisert die Hartz IV Sanktionen als Grundgesetzwidrig.

Ein Existenzminimum ist bei Hartz IV nicht gesichert, kritisiert der renommierte Ökonom Philip Kovce gegenüber dem Deutschlandfunk. Denn durch die die Sanktionen und dem damit verbundenen Leistungsentzug seien die Sozialleistungen ,,Verhandlungssache". ,,Wir sollten das Sozialrecht nicht länger als Strafrecht missbrauchen", fordert daher Kovce. Wie fortschrittlich und demokratisch eine Gesellschaft wirklich ist, zeigt sich immer im Umgang mit Minderheiten. Während die Bundesrepublik Deutschland in vielen Bereichen gesellschaftlich Fortschritte gemacht hat, geht sie mit Erwerbslosen wie mit Straftätern um. Hartz IV ist ein regelrechtes Bestrafungssystem, in dem die Menschen Angst haben müssen, das Existenzminimum weggekürzt zu bekommen.


-->> http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/oekonom-hartz-iv-sanktionen-menschenunwuerdig-361728.php




Ergänzend -->> Bundestag: Hartz-IV-Sanktionen auf dem Prüfstand




Fraktion DIE LINKE im Bundestag - aktueller Videobeitrag zum Thema -->> Katja Kipping, DIE LINKE: Grundrechte muss man sich nicht verdienen




Inge Hannemann zum Thema -->>

SPD und CDU/CSU verweigern bis heute Verbesserungen im SGB II, in dem sie die heutigen Anträge im Bundestag (Drs. 18/1115 und 18/3549) Die Linke auf Abschaffung der Sanktionen ablehnen. Selbst zehn Jahre nach Einführung von Hartz IV hat es nicht einmal den Ansatz eines Umdenkens in den Koalitionsfraktionen gegeben.

Dazu erklärt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion Hamburg Inge Hannemann: ,,Ein Sanktionsmoratorium, wie es die Grünen fordern, ist dem Grunde nach eine Befürwortung der Sanktionen, auch wenn eine Entschärfung gefordert wird. Die geforderte Entschärfung der Sanktionen im Bereich der unter 25-jährigen sowie keine Sanktionen bei der Krankenversicherung, ist ein krampfhaftes Festhalten an der derzeitigen Bestrafungspraxis durch die Jobcenter. Rot-Grün will nicht einsehen, dass Hartz IV gescheitert ist."


Weiter lesen unter: http://www.inge-hannemann.de/nc/politik/aktuell/detail/zurueck/aktuell-9767515619/artikel/spd-und-cducsu-verweigern-weiterhin-verbesserung-im-sgb-ii/




In der Debatte um die Sanktionspraxis des Harz-IV-Systems wurden am 1. Oktober 2015 im Bundestag die Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Die Linke hatte in ihren beiden Anträgen vorgeschlagen, die Sanktionen bei Hartz IV und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abzuschaffen sowie eine sanktionsfreie Mindestsicherung einzuführen. Die Grünen forderten in ihrem Antrag ein Sanktionsmoratorium, also die Aussetzung der Sanktionen, bis zum Vorliegen einer wissenschaftlichen Analyse der Sanktionspraxis und darauf aufbauender Veränderungsempfehlungen.

-->> http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/nur-die-linke-gegen-sanktionen-bei-hartz-iv-361730.php

Debatte im Bundestag (Dauer 57 Minuten) -->> Sanktionen bei Hartz IV und Sozialhilfe
LG Meck :bye: