LSG Schleswig-Holstein: Kein Anspruch auf Kabelanschluss Kosten

Begonnen von Meck, 09. November 2015, 08:18:27

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Meck

Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Jobcenter die Kabelgebühren im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II zu berücksichtigen hat, kann nicht vertreten werden, dass der Fernsehempfang dem Bedarf ,,Wohnen" zuzuordnen ist. Az.: L 3 AS 134/12

ZitatZum Wohnen und zur Unterkunft gehören nur solche Bedarfe, die der Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen, Schlafen und Aufenthalt einschließlich der Unterbringung von Gegenständen aus dem persönlichen Lebensbereich dienen. Hierzu gehört der Kabelanschluss nicht.

Aufwendungen für die Kabelanschlussgebühren sind vielmehr von den vom Regelbedarf im Einzelnen erfassten Bedarfen (,,...persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens..." im Sinne des § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II) mit umfasst.

-->> http://www.gegen-hartz.de/urteile/hartz-iv-kein-anspruch-auf-kabelanschluss-kosten-361775.php

Urteil: https://sozialberatungkiel.files.wordpress.com/2015/08/schleswig-holsteinisches-lsg-urteil-vom-14-11-2014-l-3-as-134-12.pdf
LG Meck :bye:

Gast28219

Das LSG Schleswig-Holstein (oder der Antragsteller) übersah leider, daß der Empfang eines bestimmten Kreises von Rundfunk- und Fernsehsendern ein informelles Grundbedürfnis darstellt, dessen Befriedigung zu ermöglichen der Vermieter verpflichtet ist. Er muß den deutschen Mietern den Empfang der öffentlich-rechtlichen und ausländischen Mietern wenigstens eines Senders aus ihrer Heimat ermöglichen, allerdings nicht zum Nulltarif.

Auf dieser Grundlage fußt der Rundfunkstaatsvertrag und die darin festgeschriebene "Rundfunksteuer", mit der man früher einmal erreichen wollte, daß sich die Sender nicht damit finanzieren müßten, die Sendezeit mit Werbung zu verplempern und stattdessen gut recherchierte Nachrichten und qualitativ hochwertige Reportagen liefern können sollten (die Praxis ist eine andere).

Die Befriedigung des informellen Grundbedurfnisses durch Rundfunk- und Fernsehempfang hat zwar tatsächlich mit dem Wohnen an sich nichts zu tun, ist aber zwangsläufig technisch unmittelbar mit der Wohnung verbunden, die hierfür bestimmte technische Voraussetzungen aufweisen muß. Die Kabel- oder Antennenanlage ist ebenso unabdingbarer Bestandteil der Wohnung, wie die Heizung, die Elektro- und Sanitärinstallation. Nicht jede Wohnung ist so belegen, daß man ein terrestrisches oder ein Satelitensignal empfangen kann, nicht überall werden Schüsseln an den Fassaden geduldet.

Zur Kritik des LSG-Urteils wäre also zunächst einmal zu klären, ob der Vermieter berechtigt ist, den Mieter zur Befriedigung des informellen Grundbedürfnisses auf den Abschluß eines mithin kostenpflichtigen Vertrages zur Einspeisung von Fernsehsignalen in ein Kabelsystem zu verweisen oder ob die Basissender auch ohne einen solchen Vertragsabschluß empfangbar sein müssen.

Turbo

Zitat von: Gast28219 am 09. November 2015, 08:59:32Zur Kritik des LSG-Urteils wäre also zunächst einmal zu klären, ob der Vermieter berechtigt ist, den Mieter zur Befriedigung des informellen Grundbedürfnisses auf den Abschluß eines mithin kostenpflichtigen Vertrages zur Einspeisung von Fernsehsignalen in ein Kabelsystem zu verweisen oder ob die Basissender auch ohne einen solchen Vertragsabschluß empfangbar sein müssen.
Der Vermieter muß Fernsehempfang lediglich ermöglichen, er muß ihn aber nicht anbieten, schon gar nicht kostenlos und individuell zugeschnitten auf den Mieter. Bietet er also Kabelempfang an, ist er seiner Pflicht nachgekommen und muß auf gar nichts verweisen. Der Mieter kann die Möglichkeit annehmen, oder auch nicht.

Gast28219

#3
Wenn dem so ist, dann müßte das JC tatsächlich nur die Kosten zahlen, die durch die Bereitstellung der Fernsehanlage entstehen und innerhalb der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umgelegt werden, wogegen sich der Mieter nicht wehren kann.

Im Übrigen muß ich meinen Beitrag oben insofern korrigieren, als sich das LSG mit dem Sachverhalt in der Urteilsbegründung doch tiefgründig auseinandersetzte (bis hin zu der Frage, welche Anbieter im fraglichen Zeitraum Internetfernsehen angeboten haben). Zum einen ist es schon ein deutliches Indiz, wenn ein Fernseher nicht zur Erstausstattung einer Wohnung gehöre, die das JC übernehmen müßte.

Zum anderen tritt hier noch hinzu, daß der Kläger nicht nachgewiesen hat, selbst mit den Kabelgebühren belastet gewesen zu sein. So wären die selbst dann nicht erstattungsfähig gewesen, wenn es sich um KdU gehandelt hätte, weil nur die tatsächlich angefallenen Kosten vom JC zu übernehmen sind. Das sollte man sich bei der Gestaltung seiner Zahlungsflüsse stets vor Augen führen. Springen Verwandte und Bekannte zu Zeiten ein, wo das JC nichts zahlt, so muß das auch hinterher nichts zahlen, wenn der Antragsteller von Dritten Unterhalt und nicht lediglich Darlehen erhielt. Und die Darlehen müssen dann, wenn das Geld vom JC kommt, auch tatsächlich getilgt und nicht nachträglich in Geldgeschenke umgewandelt werden.