EuGH: EU-Ausländer bekommen in den ersten drei Monaten kein Hartz IV

Begonnen von Gast472, 25. Februar 2016, 12:19:07

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Gast472

Der Europäische Gerichtshof hat heute verkündet, ab wann arbeitslose EU-Ausländer in Deutschland Anspruch auf Hartz IV haben.

Arbeitslose EU-Ausländer haben während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts in Deutschland keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen. Dieser Ausschluss setzt auch keine individuelle Prüfung im Einzelfall voraus, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Donnerstag in Luxemburg verkündeten Urteil entschied. (Az. C-299/14)

http://www.focus.de/finanzen/news/sozialtourismus-vermeiden-urteil-eu-auslaender-bekommen-in-den-ersten-drei-monaten-keine-sozialhilfe_id_5313369.html

fluchtzwerg

Endlich mal eine richtige Entscheidung des EuGH. Dass ich das noch erleben darf :smile:

Für EU-Bürger ist primär das Land zuständig, wo sie wohnen, nicht das, wo man am meisten bekommt. Das führt nur zu Sozialtourismus.

Ferenz

Zu kurz gedacht Fluchtzwerg, denn die sehr allgemein gehaltene EuGH-Entscheidung war zwar im Grundsatz unvermeidlich.

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=174589&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=877162

Sie läßt aber die in Deutschland nach der aktuellen Rechtssprechung des BSG vom 3.12.2015 notwendige Einzelfallprüfung über andere schutzwürdige Aufenthaltsgründe (insbesondere den Schutz der Familie) unberücksichtigt.
Da es sich bei dem EuGH-Urteil um eine Entscheidungsvorlage eines deutschen Instanzgerichts handelt, muß diese nun bei dem zuständigen Landessozialgericht bzw. in einem Revisionsverfahren beim BSG umgesetzt werden.

Denn, nach Ansicht von Prof. Dr. Constanze Janda (LTO-Beitrag vom 25.02.2016) erweist sich die Dreimonatsfrist:
Zitat...allenfalls als eingeschränkt tauglich, um den gewöhnlichen vom vorübergehenden Aufenthalt zu unterscheiden. Eine klare Abgrenzung bedarf einer Überprüfung der Bindungen und Bezugspunkte des Antragstellers zu seinem Aufenthalts- wie auch zu seinem Herkunftsstaat, um abschließend und rechtssicher über einen Wechsel der wohlfahrtsstaatlichen Verantwortung und damit der Zuständigkeit für die Existenzsicherung befinden zu können.

http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/eugh-urteil-c29914-hartz-iv-unionsbuerger-familiennachzuegler-sgb-sozialhilfe/2/

Zitat...Ausgespart hat der EuGH wiederum die Auseinandersetzung mit dem koordinierenden Sozialrecht. Dieses eröffnet Unionsbürgern einen Anspruch auf Inländergleichbehandlung, sobald sie ihren Lebensmittelpunkt in einem Mitgliedstaat begründet haben, so Art. 2 Abs. 1, Art. 4 VO (EG) 883/2004, Art. 11 VO (EG) 987/2009. Wartefristen sind – wenn sie nicht auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten – mit diesem Gebot nicht vereinbar... 

Zitat...Letztendlich spart der Leistungsausschluss im SGB II dem Sozialstaat nicht wirklich viel Geld, hat das BSG doch erst im Dezember 2015 festgestellt, dass sich – wenn schon nicht aus dem Europarecht – zumindest aus dem Grundrecht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz ein Anspruch auf Zugang zu den Leistungen der Sozialhilfe ergibt, wenn diese notwendig sind, um den Lebensbedarf zu sichern (Urt. v. 03.12.2015 - B 4 AS 44/15 R).

Nach meiner Auffassung werden sich die beteiligten Instanzgerichte bei ihren bevorstehenden Entscheidungen davon leiten lassen und ggfls. den Klägern einen Anspruch auf Leistungen nach SGB XII im Ermessenswege zusprechen.


oldhoefi

EuGH hält Leistungsausschluss für EU-Bürger während der ersten drei Monate für zulässig

Der EuGH bekräftigt, dass Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten während der ersten drei Monate ihres Aufenthalts bestimmte Sozialleistungen versagt werden dürfen. Eine solche Versagung setzt keine individuelle Prüfung voraus.

Alle weitere hier --> http://tinyurl.com/h8acn5a

EuGH Urteil vom 25.02.2016 – AZ: C-299/14 Volltext bereits verlinkt

(Zitat und Quelle: Harald Thomé - Newsletter vom 29.02.2016)