Hallo,
beim Durcharbeiten des SGB I § 60 Absatz 1 Satz 1:
§ 60_Angabe von Tatsachen
(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
stellt sich mir die Frage der Interpretation.
Meine Frage: Darf der zuständige Leistungsträger nur Auskünfte von Dritten einholen, wenn der, der die Sozialleistungen beantragt oder erhält, diesem Verlangen zustimmt?
Wie seht Ihr das?
Viele Grüße
Wolf
Zitat von: Wolf am 12. März 2022, 12:44:15
Meine Frage: Darf der zuständige Leistungsträger nur Auskünfte von Dritten einholen, wenn der, der die Sozialleistungen beantragt oder erhält, diesem Verlangen zustimmt?
Nein. Unter welchen Voraussetzungen Leistungsträger personenbezogene Daten bei Dritten erheben dürfen, richtet sich allgemein nach § 67a Abs. 2 Satz 2 SGB X. Es kann bereichsspezifische Konkretisierungen geben.
§ 67a
Erhebung von Sozialdaten
(2) Sozialdaten sind bei der betroffenen Person zu erheben. 2Ohne ihre Mitwirkung dürfen sie nur erhoben werden
2. bei anderen Personen oder Stellen, wenn
a) eine Rechtsvorschrift die Erhebung bei ihnen zulässt oder die Übermittlung an die erhebende Stelle ausdrücklich vorschreibt oder
b) aa) die Aufgaben nach diesem Gesetzbuch ihrer Art nach eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich machen oder
bb) die Erhebung bei der betroffenen Person einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden.
Frage: Welches wäre die Rechtsvorschrift bei Hartz 4 für die Erhebung der Daten Dritter, die einer vorherigen Zustimmung des Leistungsemfängers nicht bedürfen?
§ 67a Abs. 2 SGB X.
§ 67 a Abs. 2 Satz 2 a) verweist auf eine Rechtsvorschrift, diese bezieht sich dann nicht auf den gleichen Paragrafen.
Frage: Welches wäre die Rechtsvorschrift bei Hartz 4 für die Erhebung der Daten Dritter, die einer vorherigen Zustimmung des Leistungsemfängers nicht bedürfen?
§ 67a Abs. 2 SGB X. Der Satz 2 besteht nicht nur aus lit. a)
Du willst mir jetzt sagen, man bezieht sich auf Buchstabe b) und lässt den Buchstaben a) mit der Rechtsvorschrift außer Betracht, weil das Wörtchen "oder" zwischen beiden Sätzen die Auswahl erlaubt?
Wer sagt denn, dass es keine Rechtsvorschriften gibt? Nimm nur das SGB II als Beispiel. Da gibt es diverse Rechtsvorschriften zur Erhebung von Daten bei Dritten, z. B. § 57, 58 oder 60 SGB II.
Zitat von: Wolf am 12. März 2022, 14:12:40
Du willst mir jetzt sagen, man bezieht sich auf Buchstabe b) und lässt den Buchstaben a) mit der Rechtsvorschrift außer Betracht, weil das Wörtchen "oder" zwischen beiden Sätzen die Auswahl erlaubt?
Korrekt. Durch das "oder" dürften die Voraussetzungen alternativ vorliegen. Müssten sie kumulativ vorliegen, dann stünde da "und" - wie bei der Nr. 1 in Satz 2.
Dazu hätte ich auch eine Frage. Der Paragraph verpflichtet zur Mitteilung von Änderungen.
Verpflichtet er auch zur zum vorlegen von Dokumenten wenn die nicht verlangt werden?
Ratlos
Ich meine wenn sie für die bewilligten Leistungen relevant sind, dann schon.
Über welche Dokumente denkst du z.b. nach?
Zitat von: kämpfer am 13. März 2022, 17:06:36Ich meine wenn sie für die bewilligten Leistungen relevant sind, dann schon.
davon steht aber nichts in dem Pragraphen. Da steht nur "mitteilen" sonst nichts
Aber dass ich alles korrekt mitgeteilt habe haben sie bestätigt.
Zitat von: Ratlos am 13. März 2022, 17:11:56
Zitat von: kämpfer am 13. März 2022, 17:06:36Ich meine wenn sie für die bewilligten Leistungen relevant sind, dann schon.
davon steht aber nichts in dem Pragraphen. Da steht nur "mitteilen" sonst nichts
Aber dass ich alles korrekt mitgeteilt habe haben sie bestätigt.
Ein kleine Beispiel
Meine Nichte hat Nachwuchs, wohnt im Haus in einer separaten Wohnung. Laut Notarvertrag werden die NK für das Haus pro Kopf berechnet, außer Strom und Wasser hier nach Verbrauch.
Die kleine Familie hat mit meinen Leistungen nach dem SGBXII an sich nichts zu tun.
Aber ich habe den Nachwuchs dem Amt mitgeteilt, da die Nebenkosten am Gebäude pro Kopf berechnet werden. Da es sich um eine relevante Änderung für meine Leistung handelt, habe ich es gemeldet.
Zitat von: kämpfer am 13. März 2022, 17:21:10Aber ich habe den Nachwuchs dem Amt mitgeteilt, da die Nebenkosten am Gebäude pro Kopf berechnet werden. Da es sich um eine relevante Änderung für meine Leistung handelt, habe ich es gemeldet.
Du schreibst ja selber von "mitteilen" und "gemeldet" und nicht Vorlage der Geburtsurkunde oder Anmeldung bei der Stadtverwaltung
Zitat von: Ratlos am 13. März 2022, 17:24:38
Zitat von: kämpfer am 13. März 2022, 17:21:10Aber ich habe den Nachwuchs dem Amt mitgeteilt, da die Nebenkosten am Gebäude pro Kopf berechnet werden. Da es sich um eine relevante Änderung für meine Leistung handelt, habe ich es gemeldet.
Du schreibst ja selber von "mitteilen" und "gemeldet" und nicht Vorlage der Geburtsurkunde oder Anmeldung bei der Stadtverwaltung
Richtig.
Die Geburtsurkunde und die Anmeldung des Kindes bei der Stadt wurden bis heute nicht verlangt. Dazu hätte ich diese auch nicht abgeben müssen. Ich bin in diesem Zusammenhang nur meiner "Mitwirkungspflicht" der schriftlichen Information nachgekommen.
Was meinst Du für ein Dokument, schreibe mir bitte mal ein kleines Beispiel.
Will nicht das wir ggf. aneinander vorbeireden. :zwinker:
Ich habe persönlich mitgeteilt dass am... soundsovielsten Geld von einer Versicherung eingeht.
Die Meldung haben die auch schriftlich bestätigt. Damit war für mich alles klar.
Jetzt im Nachhinhein kommen die und wollen mir das Geld ratenweise abziehen wo es verbraucht ist.
Dagegen wehre ich mich, weil die Praragraphen von "Mittelung" sprechen und nicht von Vorlage einer schriftlichen Zahlungsbestätigung der Versicherung. Und mitgeteilt habe ich alles korrekt, bloß beachtet haben sie es nicht trotz ihrer Bestätigung
Wann war der "soundsovielte"? Von wann ist der Aufhebungsbescheid? Liegen zwischen dem "soundsovielten" und dem Bescheid mehr als ein Jahr?
Nein leider kein ganzes Jahr. Es war ein so genannter "Zufluß" sagt das Gericht.
Das stimmt ja auch. Aber ich habe alles vorher rechtzeitig mitgeteilt aber die meinen zur Mitteilung gehört auch die Vorlage der Zahlungsbestätigung. Und das steht eben in dem § nicht drin.
Also habe ich meine Mitwirkung und Mitteilungspflicht erfüllt.
Zuerst wollten die ja sogar ihre eigene Bestätigung bestreiten. "Davon wissen wir nichts".
Bis ich die rüber geschickt habe.
In diesem Zusammenhang hätte ich den Bescheid der Versicherung das ich eine Zahlung erhalte, schon mitgeteilt und dies als Kopie beigelegt.
Es gibt auch Versicherungsleistungen aus einer Lebensversicherung die nicht als Einkommen zählen, oder doch.
Beispiele
Auszahlung aus einer Lebensversicherung, was lt. Gericht nicht als anrechenbares Einkommen zählte.
Auch durch seine Auszahlung an den Versicherten werde dieses Vermögen nicht zum Einkommen, erklärten die Richter eines Sozialgerichts, eines Landessozialgerichts und nun auch des Bundessozialgerichts übereinstimmend. Und da der Kläger unter dem Vermögensfreibetrag blieb, muss das Jobcenter seine Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zurücknehmen.
https://www.dasinvestment.com/rechtsfrage-duerfen-auszahlungen-aus-einer-lebensversicherung-auf-hartz-iv-angerechnet-werden/
oder
Eine Rente z.b. aus der Lebensversicherung wird wiederum als Einkommen angerechnet.
oder
Schadenersatzzahlungen sind kein Einkommen. Das Bundessozialgericht hat 2018 entschieden, dass Schadensersatzzahlungen, die jemand als Ersatz für einen Gegenstand erhalten hat, vom Jobcenter grundsätzlich nicht als Einkommen angerechnet werden dürfen.
Es ist ja alles von Euch gut gemeint. Es geht aber nur darum dass der § 60 nur eine Mitteilungspflicht sagt aber nichts von einer Vorlagepflicht.
Meine konkrete Frage wäre: Besteht nach korrekter Mitteilung, die ja als richtig bestätigt wurde,
zusätzlich eine Vorlagepflicht für ein Dokument.
Zitat von: Ratlos am 13. März 2022, 18:31:29
Meine konkrete Frage wäre: Besteht nach korrekter Mitteilung, die ja als richtig bestätigt wurde,
zusätzlich eine Vorlagepflicht für ein Dokument.
Auf Verlangen des Leistungsträgers, ja (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I).
Ratlos
wir meinen es immer gut. :smile:
Was ich bei Dir rausgelesen habe reichte deine Information ans Amt ohne Bescheid der Versicherung nicht aus. Persönlich bin ich der Meinung das es sicherlich kein Problem dargestellt hätte wenn Du den Bescheid/Textsatz der Versicherung in Kopie dem Amt zugestellt hättest.
Wird ja auch in irgendeiner Form benötigt um eine Entscheidung treffen zu können, für mich nachvollziehbar. :zwinker:
Zitat von: Ratlos am 13. März 2022, 18:18:54Nein leider kein ganzes Jahr.
Dann ist es doch egal, ob mit oder ohne erfüllter Mitwirkung. Das JC hat ein Jahr Zeit zur Aufhebung. Oder wurde der aufgehobene Bescheid erst nach deiner Bekanntgabe erlassen, so dass nach § 45 SGB X aufgehoben wurde?
Stell doch das Urteil mal ein.
Mal abgesehen davon dass ich keinen Scanner habe umfasst das Urteil 22 Seiten.
Zitat von: Nirvana am 13. März 2022, 19:05:27Auf Verlangen des Leistungsträgers, ja (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I).
Danke @ Nirvana. Als ich aufgefordert wurde das Dokument vorzulegen, habe ich das 3 Tage später persönlich getan.
Dann kann doch der andere Paragraph Nr. 48 gar nicht anzuwenden sein.
Zitat von: Ratlos am 14. März 2022, 09:47:46Dann kann doch der andere Paragraph Nr. 48 gar nicht anzuwenden sein.
Aber gerade da. Der 48 ist dazu da, bereits bestehende Bescheide bei Anzeige einer Änderung (ob nun fristgemäß oder verspätet) aufzuheben. Das hat mit Mitwirkung gar nichts zu tun, da es im 48 im Normalfall keinen Vertrauensschutz gibt.
Zitat von: Flip am 14. März 2022, 15:04:44
Aber gerade da. Der 48 ist dazu da, bereits bestehende Bescheide bei Anzeige einer Änderung (ob nun fristgemäß oder verspätet) aufzuheben.
Ja, aber für die Zukunft steht da nicht für die Vergangenheit und dieser Vertrauensschutz ist doch da wenn das Geld ausgegeben ist.
Es gibt im 48 kein Vertrauensschutz. Ohne das Urteil kommen wir eh nicht weiter.