BSG: Eingliederungsvereinbarung muss Bewerbungskostenübernahme regeln

Begonnen von Gast27131, 23. Juni 2016, 18:24:14

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Gast27131

Kassel. Hartz-IV-Bezieher können nach einem Gerichtsurteil leichter gegen Sanktionen des Jobcenters vorgehen. Die Behörde dürfe nicht das Arbeitslosengeld II wegen »unterbliebener Bewerbungsbemühungen« kürzen, wenn sie dem Arbeitslosen in einer Eingliederungsvereinbarung nicht die Übernahme aller Bewerbungskosten konkret zugesagt hat, entschied am Donnerstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Ohne die Angabe von »konkreten individuellen Unterstützungsleistungen« ist die Eingliederungsvereinbarung Fall nichtig. (AZ: B 14 AS 30/15 R)

Quelle: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1016276.gericht-erschwert-sanktionen-gegen-hartz-iv-empfaenger.html




Siehe auch folgender Beitrag -->> Klick


Gast7898

Der 14. Senat des BSG berichtet über seine Sitzung vom 23.06.2016, in der er über sechs Revisionen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu entscheiden hatte, hier besonders zur  Eingliederungsvereinbarungen nach § 15 SGB II.
Siehe dazu >> https://www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp&feed=juna&wt_mc=rss.juna&nid=jnachr-JUNA160601378

Gast2098

Bundessozialgericht erklärt Regelsatzstreichung wegen zuwenig Bewerbungen für nicht zulässig

http://www.jungewelt.de/2016/06-28/023.php

blablabla

Du wolltest wohl sagen, Bundessozialgericht erklärt Regelsatzstreichung wegen zuwenig Bewerbungen für nicht zulässig, wenn keine Bewerbungskosten in der EGV vereinbart sind.
Generell gegen Bewerbungsauflagen hilft das Urteil natürlich nicht.

TazD

Der Titel ist aus dem Link übernehmen und da hat die JW das schon irreführend betitelt.
Aber klingt natürlich erst mal ganz ganz toll bis man dann beim Lesen enttäuscht wird.



Themen wurden miteinander verknüpft und dabei der Titel dieses Beitrags dem ursprünglichen Thread angepasst. LG Elsi

Gast26342

Die Pressemeldung vom BSG ist da etwas "ehrlicher".
ZitatKeine Vereinbarung von Bewerbungsbemühungen ohne Vereinbarung zur Bewerbungskostenübernahme!
http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=ps&Datum=2016&nr=14289&pos=0&anz=12

oldhoefi

BSG: Keine Vereinbarung von Bewerbungsbemühungen ohne Vereinbarung zur Bewerbungskostenübernahme!

Das BSG hat klargestellt, dass eine Eingliederungsvereinbarung, in der sanktionsbewehrte Bewerbungsbemühungen geregelt werden, diese aber gleichzeitig keine Regelung zur Übernahme von Bewerbungskosten enthält, nichtig ist und dementsprechend dahingehende Sanktionen rechtswidrig sind oder waren.

Es ist davon auszugehen, dass es in diesen Fällen zu einer Vielzahl von Sanktionen gekommen ist. Zumindest bis Januar 2015 ist hier jetzt ein Überprüfungsantrag möglich.

Medieninformation des BSG --> Anm: Link siehe Vorposter

(Zitat und Quelle: Harald Thomé - Newsletter vom 03.07.2016)

BSG, Urteil vom 23.06.2016 – AZ: B 14 AS 30/15 R   Volltext liegt noch nicht vor

coolio

Zitatdiese aber gleichzeitig keine Regelung zur Übernahme von Bewerbungskosten enthält,
Würde heissen, das der Textbaustein der BA - "vorherige Beantragung " weiter gültig bleibt  :scratch:
Zitatkeine (konkrete) Regelung
hätte mehr geholfen.

oldhoefi

Zitat aus der Medieninformation des BSG:

Die Eingliederungsvereinbarungen sind als öffentlich-rechtliche Verträge jedenfalls deshalb insgesamt nichtig, weil sich das Jobcenter vom Kläger unzulässige Gegenleistungen versprechen lassen hat. Denn die sanktionsbewehrten Verpflichtungen des Klägers zu den in den Vereinbarungen bestimmten Bewerbungsbemühungen sind unangemessen im Verhältnis zu den vom Jobcenter übernommenen Leistungsverpflichtungen zur Eingliederung in Arbeit. Diese sehen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen für die Bewerbungsbemühungen des Klägers vor; insbesondere zur Übernahme von Bewerbungskosten enthalten die Eingliederungsvereinbarungen keine Regelungen.

Dem Grunde nach nichts Neues.

Eine EinV stellt einen sog. Austauschvertrag gem. § 55 SGB X dar, bei dem eine Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung beider Parteien gegeben sein muss.

Wenn die Leistung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (geforderte Bewerbungen) außer Verhältnis zu der Leistung steht, die die Behörde zu erbringen hat (fehlende oder schwammige Übernahme Bewerbungskosten), liegt eine unzulässige Gegenleistung vor.

Unwissender

So wie ich das verstehe, gilt das nur, wenn gar keine Regelung zur Bewerbungskostenübernhame getroffen wurde!?
Wie ist das dann wenn zu wenig "vereinbart" wurde, also z.B. werden 8 Bewerbungen im Monat verlangt, laut "Vereinbarung" werden aber nur 4 pro Monat "bezahlt"? Kann man sich dann auch auf dieses Urteil berufen?
Dumm darf man sein, man muss sich nur zu helfen wissen!

Gast18959

Zitat von: Unwissender am 09. Juli 2016, 10:52:30Wie ist das dann wenn zu wenig "vereinbart" wurde, also z.B. werden 8 Bewerbungen im Monat verlangt, laut "Vereinbarung" werden aber nur 4 pro Monat "bezahlt"? Kann man sich dann auch auf dieses Urteil berufen?

Na klar,
den Verpflichtungen müssen die entsprechenden Leistungen gegenüberstehen.

Zitat von: Unwissender am 09. Juli 2016, 10:52:30So wie ich das verstehe, gilt das nur, wenn gar keine Regelung zur Bewerbungskostenübernhame getroffen wurde!?

hast du falsch verstanden :

ZitatDie Verpflichtungen des Klägers zu den in den Eingliederungsvereinbarungen bestimmten Bewerbungsbemühungen sind als sanktionsbewehrte Obliegenheiten unangemessen ......
Denn die Vereinbarungen sehen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unterstützungsleistungen für die Bewerbungsbemühungen des Klägers vor; .......

Der gern verfügte Textbaustein :

"...unterstützt Sie im Rahmen des Vermittlungsbuget gemäss § apfelstückchen iVm. § birnenmus bei Bewerbungskosten soweit diese angemessen sind."

ist ebenso nichtig wie garkeine Verfügung, weil er nichts Individuelles, Konkretes, Verbindliches regelt.

Interessant ist auch wie eng das BSG den EinV-VA an die rechtlichen Voraussetzungen der EinV koppelt.

oldhoefi

Eingliederungsvereinbarung muss Bewerbungskostenübernahme regeln

Der Verstoß eines ALG-II-Beziehers gegen eine nichtige Eingliederungsvereinbarung (EGV) löste keine Sanktionsfolgen aus. Eine EGV ist nichtig, wenn in ihr die Eignung und individuelle Lebenssituation des Leistungsberechtigten keine Berücksichtigung finden und sie keine individuellen, konkreten Leistungsangebote zur Eingliederung in Arbeit enthält.

weiterlesen --> http://sozialberatung-kiel.de/2016/10/09/eingliederungsvereinbarung-muss-bewerbungskostenuebernahme-regeln/

BSG, Urteil vom 23.06.2016, B 14 AS 30/15 R

Volltext --> http://lexetius.com/2016,2890

Frau

Und wie sieht es dann mit Bewerbungsverpflichtungen aus, wenn gar keine Eingliederungsvereinbarung vorliegt? Keine EinV = keine Bewerbungskostenübernahme = keine Bewerbungspflicht? § 2 SGB II liest sich anders...
Die Großen hören auf zu herrschen, wenn die Kleinen aufhören zu kriechen. (Friedrich Schiller)

Gast18959

Zitat von: Frau am 18. Oktober 2016, 21:12:42§ 2 SGB II liest sich anders...

§ 2 SGB II regelt keine "Bewerbungsbemühungen".

https://dejure.org/gesetze/SGB_II/2.html

Diese findest du hier :

https://dejure.org/gesetze/SGB_II/15.html


Zitat von: Frau am 18. Oktober 2016, 21:12:42Keine EinV = keine Bewerbungskostenübernahme = keine Bewerbungspflicht?

Richtig,
die Bemühungen werden "vereinbart", ohne rechtsgültige EinV - keine festgelegte Bewerbungsanzahl = kein Pflichtverstoss.

Sanktionsfähige Pflichtverstösse werden in § 31 SGB II (abschliessend) formuliert.