BGH bejaht unmittelbaren Rückforderungsanspruch eines Jobcenters gegen Vermieter

Begonnen von Gast44507, 05. Februar 2018, 20:51:10

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Gast44507

ZitatBundesgerichtshof bejaht unmittelbaren Rückforderungsanspruch eines Jobcenters gegen Vermieter wegen  Mietzahlung nach Vertragsende

Urteil vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 39/17
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Die Beklagten waren Vermieter eines Einfamilienhauses, dessen Mieter Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II vom Kläger als dem für sie zuständigen Jobcenter bezogen. Die Mietzahlungen erfolgten auf Antrag der Mieter direkt durch den Kläger an die Beklagten. Das Mietverhältnis endete zum 31. Juli 2014.

Bereits am 24. Juli hatten die Mieter bei dem Kläger einen Mietvertrag über eine neue Wohnung eingereicht. Dennoch überwies dieser am nächsten Tag versehentlich noch die Miete für August 2014 (860 €) an die Beklagten. Seiner späteren Aufforderung, den entsprechenden Betrag an ihn zurückzuzahlen, kamen die Beklagten jedoch nicht nach. Ihrer Auffassung nach handele es sich insoweit um eine Zahlung ihrer Mieter an sie, die sie wegen noch offener Gegenforderungen aus dem Mietverhältnis zurückbehielten.
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Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen und entschieden, dass ein Jobcenter, welches im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen gemäß § 22 Abs. 7 SGB II unmittelbar an einen Vermieter überweist, im Fall versehentlich über das Ende des Mietverhältnisses hinaus gezahlter Mieten einen diesbezüglichen Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter geltend machen kann, wenn letzterer bereits bei Erhalt der Zahlung wusste, dass ihm dieser Betrag wegen der Beendigung des Mietvertrags nicht zusteht.
vollständige Pressemitteilung:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2018&Sort=3&nr=80776&pos=1&anz=23

oldhoefi

BGH bejaht unmittelbaren Rückforderungsanspruch eines JC's gegen Vermieter wegen Mietzahlung

Inhaltlich ging es in dem Urteil darum, ob das JC, welches Mietzahlungen gemäß § 22 Abs. 7 SGB II direkt an einen Vermieter überwiesen hat, im Falle einer Fehlzahlung einen diesbezüglichen Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter geltend machen kann.

Das hat der BGH bejaht und auch klargestellt, dass irrtümlich gezahltes Geld vermieterseitig nicht mit Forderungen gegen den Mieter verrechnet werden könne.

Bundesgerichtshof vom 31.01.2018 – VIII ZR 39/17

Volltext --> http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=81210&pos=0&anz=1

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Das BGH Urteil ist für die Sozialberatungspraxis relevant, da JC bei einem Wohnungswechsel des Öfteren noch an den ,,alten" Vermieter zahlt und dann dem Leistungsberechtigten aufträgt, dieses Geld zurückzuholen. Im Gegenzug wird dann die neue Miete nicht bezahlt bis das nicht geklärt ist (dies kommt z. B. in Wuppertal regelmäßig vor).

Zunächst gibt es für einen solchen ,,Geldzurückforder"Auftrag des JC an den Leistungsberechtigten keine Rechtsgrundlage, da dies nicht zu den Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I gehört, auch nicht zu der Pflicht vorrangige Leistungen nach § 12a SGB II zu beantragen.

Das perfide bei dieser Verwaltungspraxis ist, dass die neue Miete dann auch nicht bis zur abschließenden Klärung gezahlt wird und dort dann massive Probleme und Mahnkosten mit dem neuen Vermieter aufkommen.

Durch das Urteil ist klargestellt, dass das JC einen eigenständigen Herausgabeanspruch gegen Vermieter wegen Mietzahlung nach Vertragsende hat. Das in der Folge der Leistungsberechtigte damit nicht belastet werden darf, auch deswegen nicht, weil er gar nicht mehr Anspruchsinhaber ist. Indirekt wurde damit auch klargestellt, dass die behördliche Falschzahlung das JC nicht von der Pflicht entbindet, die KdU monatlich im Voraus zu erbringen (§ 42 Abs. 1 SGB II).

(Zitat und Quelle: Harald Thomé – Newsletter aus 02/2018)