Überzahlung wg. nicht erfolgter Beratung/Aufklärung

Begonnen von Kaputt, 24. September 2021, 13:10:24

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Kaputt

Ich habe mal eine Frage die zwar nicht mich selbst betrifft aber ganz schön ins Geld geht.

Wenn trotz schriftlich beantragter Aufklärung / Beratung eine solche nicht erfolgt
und es alleine dadurch zu einer Überzahlung (rund 500,-- €) kommt,
ist dann der Verwaltungsakt nichtig? bzw. müssen dann die 500,-- € zurück gezahlt werden.

Besteht da vielleicht ein sog. sozialrechtlicher Wiederherstellungsanspruch?

Sheherazade

Inwiefern kann eine mangelnde Beratung zu einer Überzahlung führen?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Kaputt

Zitat von: Sheherazade am 24. September 2021, 13:30:09Inwiefern kann eine mangelnde Beratung zu einer Überzahlung führen?
Nicht mangelnde sondern völlig unterlassene Aufklärung/Beratung.
Warum? Weil ihr deswegen nicht bekannt war, dass die zwar unregelmäßigen monatlichen
Zuwendungen vom Großvater (mal 50 mal 100,-- €) ein anrechenbares Einkommen sind.

Sheherazade

Gab es keine Ausfüllhinweise beim ALGII-Antrag? Da steht u.a. bei Punkt 36 genau bei, was einmalige Einnahmen sind, z. B. Gratifikationen.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Kaputt

Genau das gab es eben nicht und mündliche Aufklärung ist auch nicht erfolgt.
Darum ja die Frage

Sheherazade

Ich bezweifele ganz stark, dass es so eine Lösung gibt wie es dir vorschwebt, nur weil man so regelmäßig Geldgeschenke bekommen hat, dass die Zahlungen als Unterhalt gewertet werden.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Kaputt

Zitat von: Sheherazade am 24. September 2021, 14:07:21dass die Zahlungen als Unterhalt gewertet werden.
Das wusste sie ja nicht. Hätten die sie aufgeklärt gäbe es jetzt keine Rückforderung

Sheherazade

Zitat von: Kaputt am 24. September 2021, 14:13:26Hätten die sie aufgeklärt gäbe es jetzt keine Rückforderung
Weil?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Kaputt

Weil? Dann der Leistungsanspruch von Anfang an geringer gewesen wäre und es somit keine Anrechnung von jetzt lange verbrauchten Geld geben würde

Gast48661

Im Antrag ist auch Einkommen anzugeben. Habe ich Fragen oder bin unsicher, dann frage ich nach. Weiter aus dem Merkblatt zum ALG II:
Zitat9.1 Was bedeutet ,,Einkommen"?

Einkommen ist grundsätzlich jede Einnahme in Geld,
die Ihnen ab der Antragstellung zufließt. Es kommt
nicht darauf an, welcher Art und Herkunft Ihre Einnahmen sind, ob sie zur Deckung des Lebensunterhalts
bestimmt oder steuerpflichtig sind oder ob sie einmalig
oder wiederholt anfallen

Zitat von: Kaputt am 24. September 2021, 13:10:24Wenn trotz schriftlich beantragter Aufklärung / Beratung eine solche nicht erfolgt...
Was wurde denn genau "beantragt"?

Kaputt

Zitat von: Gast48661 am 24. September 2021, 15:01:21Was wurde denn genau "beantragt"?
Hoher Aufklärungsbedarf weil keinerlei Sozialkenntnisse
Antwort: Kommen wir gleich dazu. Erfolgt ist nichts.

Ich habe gegoogelt. §§ 13 und 14 SGB 1 verpflichten zur Aufklärung und Beratung

Gast48661

Zitat von: Kaputt am 24. September 2021, 15:12:44Hoher Aufklärungsbedarf weil keinerlei Sozialkenntnisse
Dafür gibt es aber das Merkblatt, was mit Sicherheit ausgehändigt wurde. Da sollte man halt auch mal reinschauen.

Zitat von: Kaputt am 24. September 2021, 15:12:44Ich habe gegoogelt. §§ 13 und 14 SGB 1 verpflichten zur Aufklärung und Beratung
Es gibt aber keinen Rechtsanspruch auf Aufklärung & Beratung und somit gibt es auch keine Amtshaftungs- oder Herstellungsansprüche.

Kaputt

Zitat von: Gast48661 am 24. September 2021, 15:32:20Es gibt aber keinen Rechtsanspruch auf Aufklärung & Beratung
Doch gibt es, sogar vom BGH

3. Sozialverfahren
In den Sozialverfahren nach den Sozialgesetzbüchern besteht gemäß § 13 SGB I eine Pflicht der Leistungsträger, ihrer Verbände und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Vereinigungen, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach den Sozialgesetzbüchern aufzuklären.
Diese Aufklärungspflicht wird in § 14 SGB I als Beratungsanspruch normiert, nach dem jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten hat. Zuständig für die Beratungspflicht ist der jeweilige Leistungsträger.
Der BGH hat dabei den Umfang der Beratungspflicht festgelegt:
"Im Vordergrund steht dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heißt die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass besteht, den Versicherten auch von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden; denn schon gezielte Fragen setzen Sachkunde voraus, über die der Versicherte oft nicht verfügt (...). Die Kompliziertheit des Sozialrechts liegt gerade in der Verzahnung seiner Sicherungsformen bei den verschiedenen versicherten Risiken (z.B. den Risiken der Renten- und Krankenversicherung), aber auch in der Verknüpfung mit anderen Sicherungssystemen (...). Die Beratungspflicht ist deshalb nicht auf die Normen beschränkt, die der betreffende Sozialleistungsträger, hier die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt, anzuwenden hat (...). Der Leistungsträger kann sich nicht auf die Beantwortung konkreter Fragen oder abgegrenzter Bitten beschränken, sondern muss sich bemühen, das konkrete Anliegen des Ratsuchenden zu ermitteln und - unter dem Gesichtspunkt einer verständnisvollen Förderung - zu prüfen, ob über die konkrete Fragestellung hinaus Anlass besteht, auf Gestaltungsmöglichkeiten, Vor- oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit dem Anliegen verbinden" (BGH 02.08.2018 - III ZR 466/16).

Sheherazade

Da hat eine Person Einkommen nicht angegeben und will sich jetzt auf mangelnde Aufklärung von seiten des Jobcenters berufen, verstehe ich das richtig?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Gast48661

Zitat von: Kaputt am 24. September 2021, 15:41:07Doch gibt es, sogar vom BGH
Wo steht in dem zitierten vom BGH etwas von "Anspruch"?

Ungeachtet dessen wird im Hauptantrag immer noch nach Einkommen gefragt, es wird auf die Anlage EK hingewiesen und des Weiteren wird das Merkblatt ausgeteilt, in dem erläutert wird, was unter Einkommen zu verstehen ist.

Zitat von: Sheherazade am 24. September 2021, 15:45:35Da hat eine Person Einkommen nicht angegeben und will sich jetzt auf mangelnde Aufklärung von seiten des Jobcenters berufen, verstehe ich das richtig?
Genau das.