Vermeintliche Verjährung von Ansprüchen

Begonnen von Langen2000, 03. November 2021, 05:47:54

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Flip

Wozu? Die Bescheide von 2016 sind bestandskräftig.

Maunzi

Schon damit der TE sich nicht betrogen vorkommt und mit dem Standpunkt in etwaige Gespräche mit dem JC reingeht (Konflikte vorprogrammiert).

Und auch, weil eine Überprüfung der aktuellen Situation (KdU Richtlinien seinen Landkreises / seiner Stadt) helfen könnte, damit er schonmal weiß, was ggf ab Ablauf der 6 Monate auf ihn zukommt (Kostensekungsaufforderung etc).
Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht. (Oliver Hassencamp)

Langen2000

Hallo, liebe Leute,

ich bin überwältigt von Euren (spontanen) Reaktionen und muss zugeben, auch ein wenig überrascht und reizüberflutet zu sein;-)

Ich versuche jetzt zu filtern und zu sortieren, was nicht heißen soll, dass ich die anderen Kommentare weniger schätze. Den ein oder anderen Tip muss ich sicherlich noch (in meinen Puzzle) verarbeiten.
Vielen Dank an Euch alle!!!

Grundsätzlich bringt Sheherazade mein Anliegen auf den Punkt:

,,Der aktuelle Bescheid weist offenbar wesentlich höhere anerkannte KdU aus als der von 2016. Und diese Differenz will er offenbar nachträglich geltend machen, da er vermutet damals betrogen worden zu sein."
=> Am 15.03.2017 wurde mein Antrag vom 25.10.2016 bewilligt: EUR 811,29, davon EUR 398,00 KdU + EUR 9,29 für Warmwassererzeugung.
=> Am 12.10.2021 wurden EUR 1.042,26 bewilligt, davon EUR 586,00 KdU + EUR 10,26.

Ich glaube, Flips Beitrag ist höchstspannend.

,,Der Rechtsanwalt dürfte dem TE versucht haben, § 44 SGB X zu erklären und dessen Abwandlung im SGB II, wonach nur ein Jahr Frist zur Überprüfung gilt und nicht, wie in anderen Rechtsgebieten, 4 Jahre."


Nach § 44 SGB X scheint sich mir eine Möglichkeit zu eröffnen!?
Eine ,,Abwandlung" nach SGB II verstehe ich nicht, da mir jegliche Hintergründe hierzu fehlen.
Der RA erklärte mir schlicht, dass nachträglich nichts geltend zu machen ist.


harry scheint noch einen darauf zu setzen!?(-;
,,Aber hat dem TE damals das JC tatsächlich zu wenig KdU bezahlt und bei jetzt gleich gelagertem Sachverhalt korrekt KdU bewilligt ist m.E. keine Verjährung eingetreten.
Nach § 113 SGB 10 greifen für Hemmung, Ablaufhemmung usw. die Vorschriften des BGB, Hier müsste dann m.M.n. § 242 BGB greifen."


Auf ,,Treu und Glauben" habe ich anderorts einmal gepocht. Scheint das Gericht nicht sonderlich zu interessieren und hat mich ca. EUR 300 gekostet, für EUR 20 Streitwert;-)

Aber ernsthaft: Bislang habe ich keinerlei Anstrengungen gegen das JC unternommen. Nur den RA befragt, der augenscheinlich eher auf ,,leichtverdientes Geld" steht. Deswegen frage ich Euch!;-)


Jetzt kommt freundlicherweise noch einmal Flip(-:

Das ist leicht möglich. Stelle zu einem Bescheid aus 2016 einen ÜA und du wirst einen Bescheid erhalten, dass der Antrag abgelehnt und auf die Bestandskraft des Bescheides aus 2016 verwiesen wird.


Was heißt das, dass der Gesetzgeber die Rechtsnorm des § 44 SGB X für das Jobcenter modifiziert hat?
,,ÜA" heißt wohl so etwas wie Überprüfungsantrag... und wenn auf die Bestandskraft aus 2016 verwiesen wird, greift dann diese Modifikation ,,im Sinne des Friedens"?

Wird § 44 SGB X durch die Modifikation ausgehebelt?
Sollte ich eine andere Rechtsfolge führen? Oder ist der Weg gangbar, den ich (nicht mit dem (sondern einem anderen??) RA beschreiten sollte (der vermeintlich auch keine Motivation hat)?
Deine Aussage: ,,Wozu? Die Bescheide von 2016 sind bestandskräftig." desillusioniert mich;-)

crazy danke ich für den Hinweis für die Zukunft, der mir schon Sorge macht

2016 galten noch ganz andere KdU!
Und zur Zeit gelten noch Sonderregelungen wegen Corona.
Ist also nicht vergleichbar.


Die ersten 6 Monate bekommst Du vKdU egal wie hoch. Sollte deine Wohnung 2022 nicht angemessen sein bekommst Du eine Kostensenkungsaufforderung und dann wäre Umzug oder Nachweis, dass es unmöglich ist fällig


Zusammenfassend stellen sich wohl die Fragen, zugegebenermaßen recht konkret verfasst(-:

- hätte ich auch damals KdU in Höhe von EUR 586+ erhalten können/sollen.

- greift a) rückwirkend (zumindest teilweise) eine 4-Jahresfrist
  (mit Antrag vom 25.10.2016 und Bewilligung zum 15.03.2017; Laufzeit bis Oktober 2018) und
  b) hätte diese Genehmigung auch nur für die ca. ersten 6 Monate gegolten, sprich danach eh nur EUR 398

- (oder) wäre - da mir aufgrund der Nichtgenehmigung auch keine Fristsetzung zur Kostensenkungsaufforderung zukommen gelassen wurde - der Zeitraum bis 2018 einklagbar?

Ich finde es toll und bemerkenswert, dass Ihr Euch hier in diesem Forum so engagiert! ...
... und würde mich freuen, wenn/falls Ihr noch ein abschließendes Statement für mich hättet.

Vielen Dank im Voraus & bleibt gesund! ;-)

Beste Grüße & Glück auf!
Andreas

P.S. ...und Maunzi danke ich für die ,,unramontische" Voraussicht! ;-)
=> Ich hoffe, der besagte Rechtsanwalt (der sich (lediglich) auf meinen jetzigen Bewilligungsbescheid gestürzt hat, weil da gewisse Fristen anzufechten sind
(sprich Zuflußprinzip für die (perioden-ungleiche) Überweisung des letzten Krankengeldes) argumentiert zumindest dahingehend gut, warum ich als Jungeselle
(auch ohne die mögliche Unterstützung eines - leider nicht mehr vorhandenen - privaten Umfeldes)
ein Problem habe, in eine kleinere Wohnung umziehen.
Selbst ,,InnovationCity" Bottrop ist mittlerweile ,,Studierenden Stadt", der Hochschule Ruhr West;-)

P.P.S. @ Fettnäpfchen: Eye Eye Captain. Ich hoffe, Ihren Befehlen Rechnung getragen zu haben.

crazy

https://www.esb-bottrop.de/wohnen-mit-arbeitslosengeld-ii-hartz-iv-und-sozialhilfe-in-bottrop/

Tja, wenn das dein Wohnort ist liegst Du deutlich über der Angemessenheit!

385 Bruttokalt plus Heizkosten und Mehrbedarf WW .

Da wird auch in 2016 nicht mehr gezahlt worden sein, eher weniger.

Damit blieben nur die ersten 6 Monate der Erstbewilligung über....

Maunzi

https://harald-thome.de/informationen/bundesweite-dienstanweisungen-kdu.html

such dir mal deine Stadt / deinen Landkreis raus. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Angemessenheit früher höher war als jetzt ist quasi nicht gegeben. Solltest du jetzt drüber liegen oder knapp im Rahmen sein, ist es - § mal aussen vor gelassen - komplette Zeitverschwendung dagegen anzukämpfen.

Solltest dir lieber was zur Seite legen für die kommende Zeit wenn es wieder abgesenkt wird. Btw könnten dann auch Fragen auftauchen wie es sein kann, dass du dir ~ 200€ mehr Miete monatlich erlauben kannst, das gibt der Regelsatz eigentlich nicht her, weswegen die meisten SBs dann auch fragen wie du dich finanzierst (bzw: ob jemand dich finanziell unterstützt).
Wer lügt, hat die Wahrheit immerhin gedacht. (Oliver Hassencamp)

Flip

Zitat von: Langen2000 am 04. November 2021, 06:20:17Nach § 44 SGB X scheint sich mir eine Möglichkeit zu eröffnen!?

§ 44 SGB X regelt, dass man bereits bestandskräftige Bescheide nochmal prüfen und daraus resultierende Nachzahlungen für die letzten 4 Jahre erhalten kann.

Im SGB II wurden diese 4 Jahre aber auf ein Jahr beschränkt (§ 40 Absatz 1 SGB II). Daher kannst du keine Nachzahlungen für 2016 oder 17 mehr erhalten. Die Aussage des Anwaltes hatte nichts mit Faulheit zu tun, sondern war korrekt.

Gast50147

Jeder Antragsteller muss sich auf die Richtigkeit eines Behörden-Bescheides verlassen können und hat keine Pflicht den Bescheid näher auf möglich Fehler zu überprüfen - es sei denn Fehler wären augenfällig.
Hierbei spielt auch der Amtsermittlungsgrundsatz und die Beratungspflicht nach § 14 eine recht große Rolle.
Das haben die höchsten Gerichte BSG und BGH entschieden.
Die Urteile liegen mir vor.
Benachteiligt dich der frühere Bescheid liegt ein Amtsfehler vor. Hier wäre auch der sozialrechtliche Wiederherstellungsanspruch zu prüfen, ggf. die Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB, die einen Schadenersatzanspruch auslöst.
Ganz so einfach mit der Bestandskraft ist es also nicht.
Zitat von: Langen2000 am 04. November 2021, 06:20:17Auf ,,Treu und Glauben" habe ich anderorts einmal gepocht. Scheint das Gericht nicht sonderlich zu interessieren und hat mich ca. EUR 300 gekostet, für EUR 20 Streitwert;-)
Das lag wohl am TE. Mit dem Einwand nach § 242 muss ! sich das Gericht auseinandersetzen und eine Ablehnung begründen.
Tut es das nicht wäre damals eine Gehörsrüge/Anhörungsrüge erforderlich gewesen.

Sheherazade

Zitat von: Langen2000 am 04. November 2021, 06:20:17
=> Am 15.03.2017 wurde mein Antrag vom 25.10.2016 bewilligt: EUR 811,29, davon EUR 398,00 KdU + EUR 9,29 für Warmwassererzeugung.
=> Am 12.10.2021 wurden EUR 1.042,26 bewilligt, davon EUR 586,00 KdU + EUR 10,26.

Und die Parameter im neuen Bescheid sind zum damaligen Bescheid absolut identisch - gleiche Personenzahl, gleiche Wohnung bzw. derselbe Mietvertrag?

Wenn ja, hat man ggf. für den Bewilligungszeitraum ab 2016 "vergessen" dir für 6 Monate die tatsächliche Miete zu zahlen (was du jetzt mit einem Überprüfungsantrag nicht mehr klären kannst) und das jetzt mit dem Neuantrag aber nachgeholt.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Gast50147

Dann müsste aber doch im neuen Bescheid die Nachzahlung als solche auch bezeichnet sein? Oder täusche ich mich?

Sheherazade

Welche Nachzahlung? Für die ersten 6 Monate einer Leistungsbewilligung muss immer die tatsächliche Miete übernommmen werden, die Kostensenkungsaufforderung gibt es dann meist schon im Leistungsbescheid ganz unten im Kleingedruckten, wenn die Miete nicht angemessen ist.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Gast50147

Zitat von: Sheherazade am 04. November 2021, 10:34:54
Wenn ja, hat man ggf. für den Bewilligungszeitraum ab 2016 "vergessen" dir für 6 Monate die tatsächliche Miete zu zahlen und das jetzt mit dem Neuantrag aber nachgeholt.
Deswegen schrieb ich Nachzahlung!

Sheherazade

Es ist dann keine Nachzahlung, nur Nachholung eines Versäumnisses. Hätte man beim TE damals so gehandelt, würde er jetzt nur die angemessene Miete bekommen. Aber wir sind schon wieder mal tief in den Bereich der Spekulationen eingetaucht.

Ohne genauere Kenntnisse über den damaligen und den aktuellen Bescheid bleibt es beim Raten.
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967

"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Flip

Zitat von: Gast50147 am 04. November 2021, 10:25:36Das haben die höchsten Gerichte BSG und BGH entschieden.
Die Urteile liegen mir vor.

Dann mal her mit den Entscheidungen, die angeblich den Sinn des § 44 SGB X (Rechtsfrieden nach Ablauf von Zeitraum X) außer Kraft setzen sollen.

Zitat von: Gast50147 am 04. November 2021, 10:25:36Benachteiligt dich der frühere Bescheid liegt ein Amtsfehler vor. Hier wäre auch der sozialrechtliche Wiederherstellungsanspruch zu prüfen, ggf. die Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB, die einen Schadenersatzanspruch auslöst.
Ganz so einfach mit der Bestandskraft ist es also nicht.

Aber natürlich ist es das. Weil das der Sinn des § 44 SGB X ist.

Gast50147

Lieber Flip - der § 44 bezeichnet keinen Rechtsfrieden, er besagt was bei Unrichtigkeit eines Bescheides zu tun ist.
Im vorliegenden Fall greift eben auch das BGB.
Ich diskutiere nicht über meinen Beitrag in # 21 und über den Inhalt und die Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erst bei Bedarf wenn alle Fakten vorliegen.
So lange musst du dich gedulden oder selbst suchen

Fettnäpfchen

Langen2000

Zitat von: Langen2000 am 04. November 2021, 06:20:17P.P.S. @ Fettnäpfchen: Eye Eye Captain. Ich hoffe, Ihren Befehlen Rechnung getragen zu haben.
Ich befehle nichts weil ich nichts zu befehlen habe..... und ob du meinen Empfehlungen Rechniung getragen hast... weißt du selber .... ansonsten merkst du es wenn etwas von den anderen Helfern angefragt bzw gebeten wird.

Zitat von: Sheherazade am 04. November 2021, 11:02:57Ohne genauere Kenntnisse über den damaligen und den aktuellen Bescheid bleibt es beim Raten.
wobei der damalige Bescheid nicht relevant ist. Der Zug ist abgefahren.

MfG FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.