Ablehnungsbescheid für Antrag mit Punkt "Zu einem spâteren Zeitpunkt"

Begonnen von H4O, 21. Juli 2022, 15:14:49

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Fettnäpfchen

H4O

Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 14:37:35Genau, diese (bis zu) drei Monate Bearbeitungsdauer hat mich ziemlich abgeschreckt.
Die gibt es in de(ine)m Fall nicht; bzw wenn das JC länger als ein Monat braucht schaltet man das SG ein.
Leistungspflicht des Leistungsträgers
ZitatALG II ist eine bedarfsbezogene Leistung und der Leistungsträger ist verpflichtet, einen Bedarf dann zu decken, wenn er besteht - nicht Wochen oder Monate später.
Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 SGB II ist der Leistungsträger (weiterlesen...)

Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 14:37:35Als "Lösung" wird nur lapidar erwähnt: Die Regelung gilt aber nicht, wenn für den Monat des Zuflusses kein Antrag gestellt worden ist.
Deswegen hast du ab 07 den Antrag gestellt! und was vor Antragstellung ist ist Ratgeber Vermögen
ZitatVermögen
Vermögen ist alles das, was man am Tag vor der Antragstellung auf ALG II bereits hatte

Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 14:37:35Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich so unsicher bin, dass in keinem der "Ratgeber" (auch bei den Thome Folien nicht) diese Konstellation angesprochen wird.
Das ist der eine Grund
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 11:19:18Ich bin noch ais diesen Holz, wo ein großes Vertrauen in Behörden besteht, und ich denke, dass das schon alles seine Richtigkeit hat.
und das wäre der andere Grund:
Vllt weil es eindeutig ist?! und zwar Vermögen und deswegen wird es nicht extra aufgezählt

und das Muster von der fachlichen Weisung bezieht sich auf einen einzigen Monat nämlich 06 mit verschiedenen Tagesaktuellen Datumsangaben:
ZitatBeispiel:
A hat bis 10.06. Anspruch auf Alg. Dieses wird ihm am 13.06. ausge-
zahlt. Am 15.06. beantragt er Alg II für die Zeit ab 14.06.
Entscheidung:
A ist darauf hinzuweisen, dass er, wenn er Leistungen erst ab 14.06. beantragt, für die Zeit bis einschließlich 13.06. kein Alg II erhält, für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen der Erste des Monats der Antragstellung (im Beispiel: der 01.06.) maßgeblich ist. Denn durch eine zulässige leistungsrechtliche Beschränkung eines Antrags können Antragstellerinnen und Antragsteller nicht die weitere Wirkung des Antrags auschließen (vergleiche BSG, Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS36/13 R).
und bezieht sich auf vorigen ALG 1 Bezug was noch mal anders zu betrachten ist.

MfG FN
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Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

Balu

Das ist eindeutig eine Arbeitsanweisung zu Ungunsten des Hilfebedürftigen.

Niemand kann dich dazu zwingen freiwillig auf Leistung für Juni zu verzichten, weil du ja auch nachweisen kannst, dass du nicht hilfebedüftig bist.

Deine Bedürftigkeit liegt aber ab 1.7.22 vor, weil du z.B. das Geld in einen Fond zur Altersvorsorge stecken willst. Dieser Argumentation kann schlecht widersprochen werden, denn es handelt sich um Vermögenssicherung für die Zukunft.

Ich persönlich kenne keine staatliche Behörde, die zu Gunsten des Antragstellers informiert, sondern es geht nur auf Antrag und über Widerspruch.

Die Ungebildeten glotzen in die Röhre, werden ja mittels Rechtsbehelfsbelehrung aufgefordert, innerhalb von 4 Wochen sich zu bilden.

Der Staat schenkt dir nichts oder hast du das schon mal erlebt?

Du könntest deinen Bescheid auch online kostenlos prüfen lassen und deinen Fall schildern.

Googlesuche "Hartz4 Bescheid kostenlos prüfen lassen" eingeben.


H4O

Während ich mir hier einen Wolf geschrieben habe, danke an @Fettnäpfchen und @Balu fîr die Unterstützung.

Aber jetzt habe ich was geschrieben, und will es Euch nicht vorenthalten... und ich habe mich schon hoffnungslos da reingesteigert, und dass äussert sich darin, dass ich das ganze Internet durchlese.


Zitat von: PetraL am 22. Juli 2022, 15:04:24Ja, so verstehe ich die Arbeitsanweisung auch. Leider. Das ist echt das Hinterletzte...  :no:  :no:  :no:

Genau, so habe ich das das erste mal auch so gelesen und den kalten Schweiss auf der Stirn gehabt.

Aber es ist ja eine Arbeitsanweisung des jobcenters, die einen einzigen Fall darlegt, der so liegt, dass der Antragsteller kein Mitspracherecht hat, wenn es um die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen innerhalb eines Monats geht.

Offen gelassen wird in der Arbeitsanweisung (bewusst oder unbewusst?) ob ein Leistungsbeginn zum ersten des folgenden Monats andere Konsequenzen hätte.

In der Arbeitsanweisung ist zu lesen: Für
die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen kommt es allerdings nicht auf den Tag an, ab dem Leistungen beantragt wurden,
sondern auf den Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf
den der Antrag zurückwirkt


Denn in der Arbeitsanweisung wird "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden" und "Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf den der Antrag zurückwirkt" unterschieden. Aber: Was ist der Tag der Antragstellung? Im Formular wird abgefragt mit der Überschrift Antragstellung was ja einem die Möglichkeit bieten soll, für die Zukunft Leistungen zu beantragen. Also ist das dann der "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden"? Was ja laut Arbeitsanweisung den Unterschied machen soll.

Im Gegensatz zur einer Arbeitsanweisung ist ein Formular und deren Ausfüllhinweise rechtssicher. Das fungiert ja als Beratung, wofür glaube ich auch eine Haftung vom Amt besteht.

Und wenn dort steht: ... Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, die Leistungen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu beantragen. Eine abweichende Bestimmung mit Wirkung für die Zukunft ist nur ab dem Ersten eines nachfolgenden Monats möglich.

Ist ja der Hinweis "nur ab dem Ersten" mit dieser Rückwirkung auf den ersten (§37 Abs. 2 Satz 2) zu begründen. Aber wenn es nach der Arbeitsanweisung gehen würde, könnte dort ja auch stehen, dass man jeden Tag einfach angeben könnte. Dann müsste dort aber auch stehen (sonst wäre es ja nicht rechtssicher!), dass man dann auf Leistungen verzichtet, wenn man das macht. In der Arbeitsanweisung steht ja entsprechend, dass der Antragsteller über diese Nachteilige Wirkung aufzuklären ist.

Ich werde auf alle Fälle Widerspruch einlegen. Denn dass sowohl @PetraL als auch @violet die Sichtweise des jobcenters annehmen macht mir Mut mit wehenden Fahnen in den Kampf zu ziehen, um sie vom Gegenteil zu überzeugen.

Und jetzt noch mal so eine FunFact Zukunftsvision: Ich bekomme den Rückruf, dort wird mir erzählt, dass alles ein Irrtum war, und der Tag der Antragstellung nicht aus dem Formular übernommen worden ist, und es wird ein neuer Bescheid erstellt.

Denn eins macht mich stutzig. Ich habe jetzt schon stundenlange seit gestern recherchiert, weil ich hier das große "P" auf der Stirn habe. Und ich habe keine Urteil gefunden, wo jemand genau das gleiche erlebt hat wie ich. Und das bedeutet auch, das sowas spätestens im Widerspruchsverfahren korrigiert (wenn nicht schon früher) wird, und nicht vorm Sozialgericht landet.

Ich habe nur Urteile gefunden, wo eine solcher Fall verhandelt wurde, wie auch in der Arbeitsanweisung dargestellt wird.

Und das ist ja auch realistisch. Ich habe ja auch Krankengeld bis zum 18.6.22 bekommen, und war zuerst auch der Meinung dann ab 19.6.22 Leistungen zu beantragen, hatte aber schon so ein komische Gefühl, weil ich weiß, dass Einkommen auf einen Monat gerechnet wird. Habe auch dann diesen Hinweis in den Ausfüllhinweisen gelesen, und war mir dann im Klaren, dass dann ja alles gut gehen muss, wenn ich das so ausfülle.

Also, wer Lust hat noch was zu lesen: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/bsg-urteil-vom-28102014-b-14-as-3613-r_idesk_PI13994_HI7510524.html und zwar ist da nur 3b) interessant, was so rechtliche Einschätzungen angeht. (Der Fall als ganzes ist halt anders gelagert, aber die Punkte zur Beurteilung von Einkommen, Vermögen und Antragstellung etc. sin in 3b) ganz nett erklärt.)

LG
H4O


Kopfbahnhof

Zitat von: violet am 22. Juli 2022, 00:36:36Der Antrag wurde am 26.6.2022 gestellt und wirkt auf den 1.6.2022 zurück so dass Krankengeld als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Tut er nicht, wenn da ganz klar drin steht, ich beantrage Leistungen AB 01.07.2022.

Natürlich kann man den Antrag auch schon vorher Abgeben, Bearbeitungszeit gibt es ja auch noch.

Zitat von: H4O am 21. Juli 2022, 22:36:46Der Bescheid sieht also ganz normal aus
Müsste man eben sehen können.

Ansonsten stelle einfach einen erneuten Antrag jetzt, Rückwirkend zum Monatsersten.

JensM1

Warum sollte deiner Meinung nach ein derart klarer Sachverhalt wie "ich beantrage Leistungen erst ab dem 01.07.22" sich in fachlichen Weisungen widerspiegeln, deine Willenserklärung ist hier doch eindeutig.

Gilt btw für die Masse der Anträge, die nennen sich Weiterbewilligungsanträge und gehen idr vor Ende aktueller BWZ ein. Bei Umsetzung bei abweichender Rechtsaufassung müsste dann der Antragsmonat bis Ende aktueller BWZ abgelehnt werden, wenn das JC von einer wirksamen Antragstellung nach § 37 Abs. 2 SGB II ausgehen würde, tut es aber nicht.

Menschen entwickeln Routinen, bspw dahingehend, welche Punkte im Rahmen eines Neuantrages unbedingt zu prüfen sind. Der Tag der Antragstellung ab Zeitpunkt xy gehört bei den meisten vermutlich (noch) nicht dazu, weil es den bei dem noch vor wenigen Wochen zu verwendenden Antrag VA, der ca (edit) 24+ Monate genutzt wurde, nicht gab.

PetraL

#20
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 16:48:32Denn dass sowohl @PetraL als auch @violet die Sichtweise des jobcenters annehmen macht mir Mut mit wehenden Fahnen in den Kampf zu ziehen, um sie vom Gegenteil zu überzeugen.
Ich möchte mich ganz entschieden dagegen verwahren, dass ich überhaupt jemals die "Sichtweise des Jobcenters einnehmen" könnte !!!  :no:
Ich habe nur den Text dort analysiert - was ich davon halte, habe ich aber doch wohl deutlich gemacht? Ob diese Arbeitsanweisung dabei tatsächlich rechtskonform ist oder vielleicht sogar gegen geltendes Recht verstößt, ist eine ganz andere Frage. Die kann vielleicht @Ottokar oder sonst jemand mit dem erforderlichen juristischen Fachwissen beantworten. In dem Fall hättest du einen wirklich guten Ansatz für einen Widerspruch und anschließende Klage.

In meinen Augen ist diese ganze Anrechnungsgeschichte von Nachzahlungen, sei es Kranken- oder Wohngeld oder sonst irgendwelchen (Sozial)Leistungen, eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und moralisch zutiefst verwerflich!!
Hier werden Menschen, die sowieso schon viel zu wenig haben, auch noch um ihnen zustehende Leistungen geprellt - DAGEGEN sollte es mal Verfassungsbeschwerde geben! (Und auch gleich noch mit gegen die Anrechnung von Kindergeld) - das ist eines Landes, das sich Rechts- und Sozialstaat nennt absolut unwürdig und mir kommt das :kotz: bei diesem unsozialen Unrecht!

Nicht nur, dass Menschen wochen- oder sogar monatelang auf die Leistungen warten müssen, auf die sie angewiesen sind, und sich deshalb meistens noch irgendwo Geld leihen müssen - was sowieso alles schon schlimm genug ist!
Nein, wenn sie dann endlich einmal das Geld nachgezahlt bekommen, auf das sie so lange warten und verzichten mussten und was sie womöglich zum Teil noch irgendwem schulden, wird ihnen dieses Geld dann auch noch von den laufenden Leistungen abgezogen  :wand:  :wand:  :wand:
Das ist sowas von ... da fehlt mir ein ganzes Wörterbuch voller Worte. Das ist vom Staat legalisierter Betrug an bedürftigen Menschen. Verabscheuenswürdig und einfach nur zum :kotz: ...
Genauso mit dem Kindergeld: "Ach, die armen armen Kinderlein von den armen armen Hartz-4-Empfängern, diese Kinderarmut, wie schrecklich." - Was nützen die kräftigsten Kindergelderhöhungen, wenn ausgerechnet die Menschen, die das KG tatsächlich brauchen, davon überhaupt gar nichts abbekommen sondern mit gerade mal 30 Euro abgespeist werden (wenn der SB nicht sogar "vergisst", den Freibetrag einzutragen)? Denn alles darüber hinaus steckt sich der Staat als Jobcenter gleich wieder in die eigene Tasche ...

Wann gibt es zu diesen Praktiken mal eine Verfassungsbeschwerde? Wann gibt es darüber mal Berichte in den Medien? Und zwar NEBEN den Berichten, dass die Regelsätze sowieso schon viel zu niedrig sind (und das vermutlich auch als "Bürgergeld" bleiben werden) ...
:teuflisch:  :teuflisch:  :teuflisch:

P.S.: Sorry, dass mir bei so viel Ungerechtigkeit und Unmoral der Hut hochgegangen ist ;)
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 16:48:32Offen gelassen wird in der Arbeitsanweisung (bewusst oder unbewusst?) ob ein Leistungsbeginn zum ersten des folgenden Monats andere Konsequenzen hätte.
Nein, das ist ausgeführt, ich zitiere:
"Leistungen werden dann ab dem Tag erbracht, ab dem sie beantragt wurden. Für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen kommt es allerdings nicht auf den Tag an, ab dem Leistungen beantragt wurden, sondern auf den Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf den der Antrag zurückwirkt. Hierauf sind die Antragsteller im Wege der Beratung hinzuweisen (§ 14 SGB I)."
Der Gear...te ist natürlich wie immer der Leistungsempfänger - klar.
Aber: Du wurdest nicht beraten und auch nicht hingewiesen - auch das wäre ein guter Ansatzpunkt für den Widerspruch!
Ich wünsche dir von Herzen Erfolg und alles Gute - und fände es toll, wenn du uns auf dem Laufenden halten würdest.

Ratlos

Zitat von: PetraL am 22. Juli 2022, 17:37:39Das ist vom Staat legalisierter Betrug an bedürftigen Menschen.
Das ist doch eine superfeine Begründung für eine Verfassungsbeschwerde.
Nur wirst du damit durchfallen  @ PetraL.

PetraL

Zitat von: Ratlos am 22. Juli 2022, 18:04:22
Zitat von: PetraL am 22. Juli 2022, 17:37:39Das ist vom Staat legalisierter Betrug an bedürftigen Menschen.
Das ist doch eine superfeine Begründung für eine Verfassungsbeschwerde.
Nur wirst du damit durchfallen  @ PetraL.

Das ist mir klar  :zwinker:
Ist ja auch nur meine persönliche und unmaßgebliche Meinung ...
Kennst du noch das "HB-Männchen" aus der Zigarettenwerbung früher? - Das bin ich, wenn ich von solchen Fällen lese/höre ...  :schaem:

Yavanna

Und nochmals...
Wenn du möchtest,  kurze Frist setzen für eine freundliche Lösung
Sonst Widerspruch innerhalb der offiziellen Frist. Mehr Geschreibsel braucht es eigentlich nicht.

BigMama

Du hast Krankengeld bezogen. Daraus schließe ich, dass du unmittelbar davor versicherungspflichtig beschäftigt warst.
Wenn du in den letzten 30 Monaten mindestens 360 Tage sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst oder in dieser Zeit Krankengeld bezogen hast oder durch eine Kombination von Arbeitstagen und Krankengeldtagen diesen Wert erreicht hast, dann hast du einen Anspruch auf Alg I. Dort ist es egal wann dir welches Geld zugeflossen ist.
Die Welt wird nicht von skrupellosen Verbrechern, finstren Kapitalisten oder machtgierigen Despoten regiert, sondern von einer gigantischen, weltumspannenden RIESENBLÖDHEIT.
Wer´s nicht glaubt, ist schon infiziert.
(Michael Schmidt-Salomon, GBS-Sprecher)

H4O

Zitat von: BigMama am 22. Juli 2022, 18:26:38Du hast Krankengeld bezogen. Daraus schließe ich, dass du unmittelbar davor versicherungspflichtig beschäftigt warst.

Schön gesehen! War aber ein Arbeitsverhältnis nach §16 SGB2, wo keine Arbeitslosenversicherung gezahlt wurde. Das ist alles rechtens, habe auch eine Negativbescheinigung bekommen.

Zitat von: PetraL am 22. Juli 2022, 17:37:39Ich möchte mich ganz entschieden dagegen verwahren, dass ich überhaupt jemals die "Sichtweise des Jobcenters einnehmen" könnte !!!  :no:

Sorry! Meinte wirklich nur die rechtliche Beurteilung aufgrund der Fachanweisung, weil das habe ich so verstanden, dass Du das so liest. Deinen moralischen Kompass habe ich niemals angezweifelt  :smile:

Zitat von: PetraL am 22. Juli 2022, 17:37:39
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 16:48:32Offen gelassen wird in der Arbeitsanweisung (bewusst oder unbewusst?) ob ein Leistungsbeginn zum ersten des folgenden Monats andere Konsequenzen hätte.
Nein, das ist ausgeführt, ich zitiere:
"Leistungen werden dann ab dem Tag erbracht, ab dem sie beantragt wurden. Für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen kommt es allerdings nicht auf den Tag an, ab dem Leistungen beantragt wurden, sondern auf den Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf den der Antrag zurückwirkt. Hierauf sind die Antragsteller im Wege der Beratung hinzuweisen (§ 14 SGB I)."

Rein hypothetisch würde das ja heissen:
Wenn das jobcenter das jetzt nochmal überprüft, wäre die logische Konsequenz dass die an der Einkommensanrechnung vom Juni nichts ändern, sondern dann  die Leistungen ab Juli bewilligen, und dann die Aufrechnung auf 6 Monate von Juli bis Dezember gehen würde. Weil ich habe ja die Leistungen erst ab 1.7. beantragt. :schock:

Also  @JensM1 und @Kopfbahnhof haben mir ja schon gesagt, dass mein Antrag ziemlich eindeutig ist, und es daran nichts zu deuteln gibt. Und ich bin mittlerweile auch ziemlich sicher, dass ich im Recht bin.

Mir ist auch aufgefallen, dass das Urteil, was ich in meinem letzten Post genannt habe auch in den Fachanweisungen zitiert ist.(Dort die Abschnitte 3b, 3aa und 3bb) Und da hat das jobcenter eindeutig Rosinenpickerei betrieben. In der Tat darf man nicht innerhalb eines Monats irgendwelche Zuflüsse als "vor" und "nach" Antragsbeginn manipulieren, um aus Einkommen Vermögen zu machen.

Aber durch §37 Abs.1 Leistungen nach diesem Buch werden auf Antrag erbracht. wird der Antragsteller in die Position gebracht zu bestimmen ab wann der Leistungen begehrt. Begründet wird das damit, dass man ja in den Wirkungskreis des SGB2 kommt, und damit auch Pflichten hat. (Im Urteil unter 3aa zweiter Absatz.)

Ich glaube auch dass im §37 Abs 2 die beiden Sätze sowohl zusammen als auch unabhängig gelesen werden können:

Zusammen gelesen: "Keine Leistung für die Vergangenheit" mit der Einschränkung in Satz 2 "Uns wenn für die Vergangenheit, dann zum Monatsersten" was dann zur Folge hat, dass für jedwede Leistungsbetrachtung immer nur volle Monate relevant sind.

Und Unabhängig gelesen ist nur der zweite Satz dann interessant, dass jeder Antrag auf den Monatsersten zurückwirkt.

Und hier fängt dann die Fehlinterpretation an, dass ein Antrag der in einem Monat gestellt wird auf Gedeih und Verderb so zu werten ist, als wenn er am ersten desselben Monats gestellt wurde.

Nur so macht der Ausfüllhinweis Sinn Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, die Leistungen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu beantragen. Eine abweichende Bestimmung mit Wirkung für die Zukunft ist nur ab dem Ersten eines nachfolgenden Monats möglich.

Das ist meine abschließende Auffassung, die ich vertreten werde.

Trotzdem gebe ich @PetraL emotional vollkommen recht. Immer wenn ich mich mit dem SGB 2 beschäftige, dann dreht sich mir der Magen um.

Wir reden ja im geselschaftlichen Kontext immer vom Fehler einfache Lösungen für komplexe Sachverhalte zu suchen. Aber das Zuflussprinzip ist sowas von simplifiziert, dass die ganze Komplexität eines Falls einfach nicht abbildet.

Und auch @Balu hat was von Vermögenssicherung für die Zukunft geschrieben.

Genau das ist ja das Problem. Durch längere Krankschreibung wegen Urlaub des Arztes hat sich der Zeitpunkt der Auszahlung ungünstig in den Juni verschoben. Natürlich habe ich dieses Geld dann auch auf ein Sparbuch gelegt, weil ich ja wusste, dass ich dann Hartz 4 bekomme, und durch die Teuerungsrate und steigende Energiepreise eine Rücklage echt wichtig ist. Alles eine komplexe Lebenswirklichkeit, die dem jobcenter null komma null interessiert. Zufluss, Einkommen, zuviel für einen Monat also auf 6 Monate verteilen, fertig.

Genauso die Sanktionsdebatte beim Bürgergeld. Sanktionen sind die einfache Lösung, um Menschen in Arbeit zu bringen? So ein Quatsch. Das kommt immer von Menschen, die Macht über andere Menschen ausüben wollen, und Meister in Oberhandtechniken sind. Und die ALG2-Empfänger haben diesen Druck schon so verinnerlicht, dass sie angstgetrieben 'in diesen System einigermaßen überleben.

Das ist ja auch der Grund, warum ich hier seit gestern unentwegt schreibe. Das ist die blanke Zukunftsangst. Ich hatte durch die lange Krankheit gedacht alles unter Kontrolle zu haben. Zum 1.7.22 ALG2 bekommen, endlich mal entspannt was auf dem Sparbuch zu habe, und auch mit der Arbeitsvermittlung konstruktiv zu gucken ob es noch Fördermöglichkeiten gibt (§16 SGB II).

Und dann BÄNG BUMM kommst so ein Bescheid, der alles kaputt macht. Und auch wenn ich jetzt allmählich merke, dass ich sehr gute Chancen habe, dass alle gut wird, ist doch da wieder diese schale Beigeschmack, dass wenn ich wirklich Leistungen ab sofort beantragt hätte, alles wirklich so rechtens und alle Rücklagen futsch wären.

Und mal ganz ehrlich, in der "öffentlichen Diskussion" um das Bürgergeld wird mir Angst und Bange. Immer dieses Denken "mann muss ja auch eine Gegenleistung erbringen". Nein, das System ist nicht so gedacht. Man soll sich egal wie aussichtslos es auch ist, eine Arbeit suchen.

Selbst wenn man eine Gegenleistung in Form von ehrenamtlicher Tätigkeit erbringt, wird man nicht von der Pflicht der Arbeitssuche befreit. Sogar noch schlimmer, wenn man mehr als 15 Wochenstunden ehrenamtlich tätig ist verliert man seinen Anspruch auf Hartz 4, weil man ja nicht mehr dem Arbeitsmarkt zu Verfügung steht.
 
So, das war nochmal ein moralischer Ausflug von mir. Tut auch mal ganz gut.

LG
H4O

Ottokar

Die Rechtsprechung ist eindeutig.
Da der Antrag auf ALG II erst mit Wirkung ab 01.07.2022 gestellt wurde, ist alles was vor dem 01.07.2022 zugeflossen ist, als Vermögen zu berücksichtigen.
Das JC hat hier rechtswidrig den Willen des Antragstellers ignoriert, um die im Juni zugeflossene Nachzahlung von Krankengeld als einmaliges Einkommen anrechnen zu können.
Erst später ALG II zu beantragen ist kein unzulässiger Verzicht iSv § 46 Abs. 2 SGB I, diese Regelung setzt vielmehr einen bereits laufenden ALG II Bezug voraus.
Widerspruch einlegen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
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H4O

Zitat von: Ottokar am 22. Juli 2022, 20:59:10Die Rechtsprechung ist eindeutig.
Da der Antrag auf ALG II erst mit Wirkung ab 01.07.2022 gestellt wurde, ist alles was vor dem 01.07.2022 zugeflossen ist, als Vermögen zu berücksichtigen.

Danke @Ottokar !

Nach all den positiven Zuspruch der Antwortenden bist jetzt noch das Sahnehäubchen obendrauf :)

Bis Dienstag warte ich noch auf den Rückruf, wie gesagt, aber sonst geht es halt in den Widerspruch.

LG
H4O

Fettnäpfchen

H4O

Ich kann dass
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 19:35:06Rein hypothetisch würde das ja heissen:
Wenn das jobcenter das jetzt nochmal überprüft, wäre die logische Konsequenz dass die an der Einkommensanrechnung vom Juni nichts ändern, sondern dann  die Leistungen ab Juli bewilligen, und dann die Aufrechnung auf 6 Monate von Juli bis Dezember gehen würde. Weil ich habe ja die Leistungen erst ab 1.7. beantragt.
nachvollziehen. Vor allem und gerade in deiner Situation und der kompletten Schilderung deiner Gedankenwelt. Aber selbst als hypothetischer Ansatz ist es falsch weil..*

Auch wenn du vieles wiederholst was ja eindeutig ein Zeichen dafür ist unter Strom zu stehen denn mir geht es da genauso.
Aber warum ich nochmal antworte ist das ich vermutlich den Punkt gefunden habe warum du noch zwiespältig warst zumindest bis du Ottokars Antwort gelesen hast.

Folgendes:
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 16:48:32Denn in der Arbeitsanweisung wird "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden" und "Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf den der Antrag zurückwirkt" unterschieden. Aber: Was ist der Tag der Antragstellung? Im Formular wird abgefragt mit der Überschrift Antragstellung was ja einem die Möglichkeit bieten soll, für die Zukunft Leistungen zu beantragen. Also ist das dann der "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden"? Was ja laut Arbeitsanweisung den Unterschied machen soll.
Wenn du den ersten Satz liest hast du die Lösung und zwar der Satzanfang. Also >
Denn in der Arbeitsanweisung wird "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden"<
..*und der Tag ist bei dir der erste Juli.

Ein schönes WE
FN
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.
Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern. (Konfuzius)
Mach es: Sei stärker als deine stärkste Ausrede.

H4O

Zitat von: Fettnäpfchen am 23. Juli 2022, 14:16:04Wenn du den ersten Satz liest hast du die Lösung und zwar der Satzanfang. Also >
Denn in der Arbeitsanweisung wird "Tag, ab dem Leistungen beantragt wurden"<
..*und der Tag ist bei dir der erste Juli.

Ein schönes WE
FN

Leider keine Lösung  :sad:

Die Arbeitsanweisung sagt ja dann folgendes:
Für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen kommt es allerdings nicht auf den Tag an, ab dem Leistungen beantragt wurden,
sondern auf den Tag der Antragstellung bzw. den Monatsersten, auf
den der Antrag zurückwirkt.


Dann ist der 1.7. nach deren Logik ja nicht für die Abgrenzung relevant.

Daher sollten wir uns besser darauf einigen, dass die Arbeitsanweisung schlecht geschrieben und inhaltlich falsch ist, weil die gemachten Abstraktionen widersprüchlich sind.

Ich glaube der Begriff "Tag der Antragstellung", wie er auch auf den Hauptformular in den Berbeitungsvermerken zu lesen ist, kommt noch aus der Zeit, wo man einen Antragsformular bei der persönlichen Antragstellung ausgehändigt bekommen hat. Dort wurde dann das aktuelle Datum vermerkt, um das Datum für die Leistungsgewährung zu sichern. (Der Eingangstempel darüber ist ja dann nur der Antragseingang) (siehe https://www.hartziv.org/download/ALGII_Hauptantrag.pdf)

Ich habe mir mal den Spaß gemacht, das Beispiel aus der Arbeitsanweisung und mein Beispiel hier exemplarisch aufzuschreiben:

Beispiel (aus der Arbeitsanweisung):
A hat bis 10.6. Anspruch auf Alg. Dieses wird ihm am 13.6. ausgezahlt. Am 15.6. beantragt er Alg II für die Zeit ab 14.6.

Tag, ab dem Leistungen beantragt werden: 14.6.
Tag der Antragstellung: 15.6.
Monatserster, auf den der Antrag zurückwirkt: 1.6.

Ergebnis: Das ALG1 was am 13.06 zufliesst ist Einkommen. Der Bewilligungszeitraum fängt am 1.6. an. (Den konstruierten Sonderfall mit der Leistungsauszahlung ab 14.6. ignoriere ich einfach. Ist wohl ein feuchter Traum des Jobcenters :grins: )

Beispiel mein Fall:
H4O hat bis 18.6. Anspruch auf Krankengeld. Dieses wird ihm am 20.6. ausgezahlt. Am 26.6. beantragt er Alg II für die Zeit ab 1.7.

Tag, ab dem Leistungen beantragt werden: 1.7.
Tag der Antragstellung: 26.6.
Monatserster, auf den der Antrag zurückwirkt: 1.7.

Ergebnis: Das Krankengeld was am 20.06 zufliesst ist Vermögen. Der Bewilligungszeitraum fängt am 1.7. an.

Wie gesagt, die Arbeitsanweisung ist wahrscheinlich nur so schlecht formuliert, weil die Ihr eigenes Beispiel im Kopf haben. Daher auch die Aussage, dass der Tag ab dem Leistung beantragt werden für Abgrenzung von Einkommen und Vermögen nicht erheblich ist.

Aber das hast Du ja schon vorher auch geblickt:  :grins:
Zitat von: Fettnäpfchen am 22. Juli 2022, 16:35:05Vllt weil es eindeutig ist?! und zwar Vermögen und deswegen wird es nicht extra aufgezählt

Und ich glaube das macht mir auch so derbe Schwierigkeiten, weil ich immer denke, dass Begriffe definiert sind, und eindeutig verwendet werden.

Ich will mal an diese Aussage erinnern:
Zitat von: violet am 22. Juli 2022, 00:36:36
Zitat von: H4O am 21. Juli 2022, 22:36:46Daher ja auch meine Frage, ob "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.22" rechtlich gleichbedeutend ist, als wenn ich den Antrag erst am 1.7.22 abgegeben hätte.
Leider nein.
Der Antrag wurde am 26.6.2022 gestellt und wirkt auf den 1.6.2022 zurück so dass Krankengeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Daran ändert auch die Möglichkeit die Leistungen erst ab dem 1.7.22 zu erhalten nichts.

Hier hat @violet den Tag der Antragstellung als den Tag, an dem der Antrag gestellt wurde interpretiert.

Tag der Antragstellung, Antragsdatum, Eingangsdatum, Datum des Eingangsstempels... es lassen sich ganz viele Begriffe herleiten, und manchmal fallen sie alle Zusammen, wenn man ins Amt geht, und ab sofort einen Antrag ausfüllt und abgibt.

Und der einzige Grund, der mit jetzt einfällt, dass es keinen definierten Begriff für den Tag gibt ab dem man Leistungen erhalten möchte, ist vielleicht auch nur, weil es selten vorkommt.

Und wir werden sehen, welche Interpretation die Sachbearbeiterin hat, die mich hoffentlich die Tage zurückruft.

Hoffen wir auf ein schnelles Einsehen des Jobcenters.

LG
H4O