Ablehnungsbescheid für Antrag mit Punkt "Zu einem spâteren Zeitpunkt"

Begonnen von H4O, 21. Juli 2022, 15:14:49

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H4O

Hallo,

ich habe am 26.6.2022 online einen Antrag für ALG2 gestellt und dann entsprechend beim Punkt Antragstellung "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.2022" angekreuzt.

Da ich im Juni noch Krankengeld (für 3 Monate) bekommen habe, sollte das dann für die Einkommensanrechnung nicht angerechnet werden.

Jetzt ist aber der Leistungsbescheid für 1.6.2022 - 31.5.2023 ausgestellt, und damit bis November abgelehnt worden.

Was ist jetzt die beste Vorgehensweise? Der Punkt "Zu einem späteren Zeitpunkt" ist doch für das jobcenter rechtlich bindend, oder?

LG
H4O


H4O

Also, meine Frage iste ganz verkürzt folgende:

Ist ein Antrag, den ich am 1.7.22 abgebe rechtlich genau so wie ein Antrag, den ich am 26.6.22 mit der Option im Formular "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.2022" angekreuzt?

Ich bin einfach nur verunsichert, weil das jobcenter einfach den Antrag für den Juni gezählt hat, oder ob ich einfach irgendwas nicht kapiere.

LG
H4O

Kopfbahnhof

Zitat von: H4O am 21. Juli 2022, 15:14:49und damit bis November abgelehnt worden.
Verstehe ich nicht so richtig.

Hast du ab 01.07.22 einen Antrag auf Leistungen beim JC gestellt?

Mit welcher Begründung wurde denn Abgelehnt?

H4O

Das Krankengeld, was im Juni eingegangen ist wurde als Einkommen über 6 Monate verteilt, sodass von Juni bis November keine Bedarf besteht.

Das das Krankengeld als Einkommen angerechnet wird, wenn für Juni Leistungen beantragt werden, war mir ja klar, weshalb ich Leistungen ab Juli beantragt habe.

Und jetzt ist ja meine Frage, darf das jobcenter sowas einfach ignorieren? Oder habe ich da was nicht richtig verstanden?

JensM1

ZitatIst ein Antrag, den ich am 1.7.22 abgebe rechtlich genau so wie ein Antrag, den ich am 26.6.22 mit der Option im Formular "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.2022" angekreuzt

Ja. Zuflüsse in 06/22 sind in der Konstellation dem Vermögen zuzuordnen.

Kopfbahnhof

Zitat von: H4O am 21. Juli 2022, 21:16:17Das Krankengeld, was im Juni eingegangen ist wurde als Einkommen über 6 Monate verteilt
Dazu müsste man den Bescheid kennen.

Krankengeld kann nicht auf 6 Monate verteilt werden, so hoch ist das sicherlich auch gar nicht.

Zumal man auch nicht 6 Monate auf Hartz IV Niveau Leben muss.

Dazu noch im Juni wurden keine Leistungen bezogen, also würde es zum Vermögen gerechnet.
Das wird momentan in seiner Höhe aber gar nicht geprüft.

Alles etwas seltsam.

H4O

Zitat von: Kopfbahnhof am 21. Juli 2022, 21:56:18Dazu noch im Juni wurden keine Leistungen bezogen, also würde es zum Vermögen gerechnet.

Ja, darauf läuft im Endeffekt meine Frage hinaus: Vermögen oder Einkommen... .

Die Höhe des Krankengeldes ist hoch genug um meinen geringen Bedarf für 6 Mpnate zu decken, zumal Krankengeld für fast 3 Monate im Juni zugeflossen ist.

Der Bescheid sieht also ganz normal aus, mit einer Einkommensanrechnung des Krankengeldes als Einkommen für Juni bis November.

Aber darum geht es ja. Es wurde einfach als Einkommen angerechnet, obwohl ich Leistungen "Zu einem spâteren Zeitpunkt" beantragt habe.

Und ich weiss echt nicht, wie das jobcenter dann den Leistungszeitraum ab Juni beginnen lässt.

Daher ja auch meine Frage, ob "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.22" rechtlich gleichbedeutend ist, als wenn ich den Antrag erst am 1.7.22 abgegeben hätte.

Durch den § 37 Abs.2 ("Leistungen nach diesem Buch werden nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Der Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wirkt auf den Ersten des Monats zurück.") wäre ja ein Antrag vom 26.6.22 für ab 1.6.22 zu werten. Und ich bin jetzt davon ausgegangen, dass diese Angabe "Zu einem spâteren Zeitpunkt" diese Rückwirkung entsprechend verhindert.

Im Antrag steht ja im Punkt Antragstellung:
[] ab sofort
[] ab einem spâteren Zeitpunkt: _____________

Und als Ausfüllhinweis dieser Text:

Ihr Antrag wirkt in der Regel auf den Ersten des Monats zurück (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Sie müssen deshalb Angaben – insbesondere zum Zufluss von Einkommen – für den kompletten Monat Ihrer Antragstellung machen. Sie haben jedoch auch die Möglichkeit, die Leistungen erst ab einem bestimmten Zeitpunkt zu beantragen. Eine abweichende Bestimmung mit Wirkung für die Zukunft ist nur ab dem Ersten eines nachfolgenden Monats möglich.

Ich dachte ich habe alles richtig gemacht, aber jetzt habe ich so einen nachteiligen Bescheid bekommen, dass ich nicht mehr weiss, ob ich überhaupt im Recht bin?

LG
H4O

JensM1

Da steht ausdrücklich, dass du Nachweise für den Monat der Antragstellung zu erbringen hast, der abweichend von § 37 Abs. 2 SGB II nicht der Monat des Antragseinganges sein muss.

Ich würde mich da nicht verrückt machen. Schon das über 06/22 entschieden wurde, obwohl du ausdrücklich Leistungen erst ab 07/22 beantragt hast, ist für mich ein recht klares Indiz, dass die abweichende Antragstellung auf dem Formular schlicht übersehen worden ist.

Entweder Gespräch mit Leistungsabteilung suchen - kann manchmal der schnellste Weg sein, da die idr keinen Widerspruch haben möchten und das dann auch schnell mal "reparieren" - oder eben gleich Widerspruch einlegen.

Balu

Du bist im Recht.

Das wurde garantiert absichtlich übersehen. Die arbeiten mit allen Tricks. Ich gehe jede Wette ein, dass wenn du im Juni keinen Zufluss gehabt hättest, wäre der Bescheid ab 1.7.22 erlassen worden, um sich so den Monat Juni zu sparen.

Sofort Widerspruch einlegen und ganz klar zum Ausdruck bringen, dass dein Antrag auf Bezug ab 1.7.22 gestellt wurde.

Deshalb ist das Krankengeld für Juni als Vermögen und nicht als Einkommen zu werten.

So zeigst du sofort, dass du dich auskennst und kein Volltrottel bist, der über den Tisch gezogen werden kann.

Kurz und knapp auf den Punkt bringen!  :sehrgut:

violet

Zitat von: H4O am 21. Juli 2022, 22:36:46Daher ja auch meine Frage, ob "Zu einem spâteren Zeitpunkt: 1.7.22" rechtlich gleichbedeutend ist, als wenn ich den Antrag erst am 1.7.22 abgegeben hätte.
Leider nein.
Der Antrag wurde am 26.6.2022 gestellt und wirkt auf den 1.6.2022 zurück so dass Krankengeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Daran ändert auch die Möglichkeit die Leistungen erst ab dem 1.7.22 zu erhalten nichts.

Yavanna

Leg Widerspruch ein. Auf ein "freundliches Gespräch" würde ich nicht hoffen. Nachher verbummeln die nur die Widerspruchsfrist. Du hast ja nichts mehr zu verlieren. Und da du den Antrag online eingereicht hast, kann das Formular auch nicht plötzlich verschwunden sein.

H4O

Zitat von: JensM1 am 21. Juli 2022, 23:31:31Ich würde mich da nicht verrückt machen. Schon das über 06/22 entschieden wurde, obwohl du ausdrücklich Leistungen erst ab 07/22 beantragt hast, ist für mich ein recht klares Indiz, dass die abweichende Antragstellung auf dem Formular schlicht übersehen worden ist.

Verrückt hat mich das leider schon gemacht. Ich bin noch ais diesen Holz, wo ein großes Vertrauen in Behörden besteht, und ich denke, dass das schon alles seine Richtigkeit hat.

Aber ich bin nicht naiv. Dass das jobcenter mit befristeten Hilfskräften arbeitet, weil ist ja nur ein paar Daten in den Computer tackern, ist mir schon bewusst. Daher ist es schlüssig, dass es schlicht übersehen worden ist.

Den bösen Willen, den @Balu hier sieht, kann ich nachvollziehen, aber mein Ärger ist eher der, dass ich jetzt so einen tierischen Aufwand auf mich zukommen sehe, nur weil Leute nicht mit der angemessenen Sorgfalt arbeiten.

Die Fachanweisung zu diesen Thema https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-ii-37_ba015872.pdf gibt zu diesem Thema nicht viel her. Das Beispiel dort unter Rz. 37.2 gibt ein Beispiel an, wo der Antragsteller so richtig vera****t wird. Unterhaltsame Lektüre, wenn es nicht so ernst und irgendwie auch traurig wäre.

Zitat von: JensM1 am 21. Juli 2022, 23:31:31Entweder Gespräch mit Leistungsabteilung suchen - kann manchmal der schnellste Weg sein, da die idr keinen Widerspruch haben möchten und das dann auch schnell mal "reparieren" - oder eben gleich Widerspruch einlegen.

Diesem Rat folge ich gerne. Allein schon, weil es mir die Möglichkeit gibt, mit wenig Aufwand alles richtigzustellen. Ich habe dort angerufen und beim Callcenter vorgesprochen. Die Frau hat das schon verstanden, ist aber als Telefonistin mit null Entscheidungskompetenz ausgestattet. Ich kriege also ein Anruf aus der Fachabteilung innerhalb von drei Tagen.

@Yavanna meinte ja, dass ich nichts zu verlieren habe. Aber immerhin wäre der ,,kurze Dienstweg" doch sehr nett. Den Widerspruch kriege ich auf alle Fälle fristgerecht hin, geht imho auch online mit eID, also elektronischer Personalausweis.

Wenn noch jemand rechtliche Hinweise hat, gerne her damit. Auch wenn @violet mir jetzt gesagt hat, dass ich nicht im Recht bin, OK. Kann ich verstehen, leider fehlt mir dann so eine Begründung, warum im Formular Antragstellung zu einem späteren Zeitpunkt überhaupt erfragt wird. (Eins ist sicher, hätte ich den Antrag zu sofort gestellt, dann wäre das alles rechtens.)

Auch bräuchte ich rechtliche Ansichten für die Begründung eines Widerspruchs, oder?

LG
H4O



Yavanna

Dafür brauchst du keine rechtlichen Ansichten.
Die Begründung ist, dass du Leistungen ab Juli beantragt hast und auch auf diese Bearbeitung bestehst.
Übrigens ist ein Widerspruch nicht viel Aufwand, da in deiner Konstellation ja nicht noch weiter geprüft werden muss.

Wenn du den "kurzen Dienstweg" versuchen willst,  ist das ja völlig in Ordnung. Ich hatte halt nur die Frist im Sinn. Bei einem WS könnte es dir allerdings passieren, dass die das 2 Monate und 28 Tage aussitzen.  :no:

H4O

Zitat von: Yavanna am 22. Juli 2022, 13:20:21Übrigens ist ein Widerspruch nicht viel Aufwand, da in deiner Konstellation ja nicht noch weiter geprüft werden muss.

Wenn du den "kurzen Dienstweg" versuchen willst,  ist das ja völlig in Ordnung. Ich hatte halt nur die Frist im Sinn. Bei einem WS könnte es dir allerdings passieren, dass die das 2 Monate und 28 Tage aussitzen.  :no:

Genau, diese (bis zu) drei Monate Bearbeitungsdauer hat mich ziemlich abgeschreckt.

Zitat von: Yavanna am 22. Juli 2022, 13:20:21Dafür brauchst du keine rechtlichen Ansichten.
Die Begründung ist, dass du Leistungen ab Juli beantragt hast und auch auf diese Bearbeitung bestehst.

Ich dachte eher, dass wenn ich jetzt sage: Gildet ab 1.7.22 und das jobcenter, nee, gildet ab 26.6.22 (online Eingang), und die dann das auch so im Widerspruchsbescheid sagen, dann bin ich ja auch nicht weiter, sondern würde sogar noch Klage beim Sozialgericht einreichen müssen.

Daher auch mein Bedürfnis irgendwas rechtliches zu sagen. Ich habe mal recherchiert, aber nirgends sowas eindeutiges gefunden. Selbst hier vom Paritätischen https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Schwerpunkte/Migration/doc/MBE/Modul_2_Skript_sw_26_-_27-11-2020.pdf wird das Formular zwar behandelt, aber dann doch nicht so erklärt, dass es eindeutig meine Position unterstützt.

Hier wird auf Seite 6 genau der Teil des Antrags erklärt! Es wird zwar geraten: In der Regel ist es sinnvoll, den Antrag schon im Monat bevor die Hilfebedürftigkeit eintritt zu stellen. aber auch gewarnt Vorsicht bei höherem »einmaligem Einkommen« (§ 11 Abs. 3 SGB II) (Und nachfolgend die Aufteilung über 6 Monate erwähnt.)

Als "Lösung" wird nur lapidar erwähnt: Die Regelung gilt aber nicht, wenn für den Monat des Zuflusses kein Antrag gestellt worden ist.

Hier hätte ja auch ganz einfach geraten werden können, dass in diesem Falle der Tag der Antragstellung "ab einem späteren Zeitpunkt" eingetragen werden kann. Genau das ist doch der Sinn dieses Punkts des Formulars.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich so unsicher bin, dass in keinem der "Ratgeber" (auch bei den Thome Folien nicht) diese Konstellation angesprochen wird.

Ich glaube das ist eine ganz große Falle, weil man als Unwissender ganz arglos einfach mal ab sofort beantragt, weil es ja nichts schaden kann. So nach dem Motto, mehr als für den Monat nichts kriegen kann man ja nicht, und dann sechs Monate sein Geld aufbrauchen muss. (Und es ist ja gerne Geld aus Zeiträumen der Vergangenheit, was man vielleicht mit dem Dispo zwischenfinanziert hat.)

Oder auch mit dem Halbwissen, "Alles was zufließt ist Einkommen, alles was schon vorhanden ist ist Vermögen." könnte man sich in Sicherheit wiegen. Ich habe schon ein paar Urteile gesichtet, wo das nämlich mit widerlegt worden ist, weil immer der ganze Monat betrachtet werden muss.

Daher denke ich, dass dieses Thema auch von allgemeinen Interesse sein kann. Denn leider könnte man ja auch denken, naja, ich habe ja Geld, also muss ich das erstmal aufbrauchen, wenn es das jobcenter sagt. Und das ist ja genau Sinn dieses Forums, solche Fälle auch mal zu dokumentieren.

LG
H4O

PetraL

Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 11:19:18Die Fachanweisung zu diesen Thema https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-ii-37_ba015872.pdf gibt zu diesem Thema nicht viel her. Das Beispiel dort unter Rz. 37.2 gibt ein Beispiel an, wo der Antragsteller so richtig vera****t wird.
Hab mir das reingezogen - und ja, es wird genau das Vorgehen beschrieben: Einkommen wird ab dem 1. des Monats berücksichtigt, in dem der Antrag abgegeben wird, Leistung wird aber erst erbracht ab dem Datum, dass du bei "späterer Zeitpunkt" einträgst ...  :wand:  :wand:  :wand:  :wand:
Das ist echt der Ober-Hammer !!!!  :nea:  :no:  :kotz:

Zitat von: violet am 22. Juli 2022, 00:36:36Der Antrag wurde am 26.6.2022 gestellt und wirkt auf den 1.6.2022 zurück so dass Krankengeld als Einkommen zu berücksichtigen ist. Daran ändert auch die Möglichkeit die Leistungen erst ab dem 1.7.22 zu erhalten nichts.
Ja, so verstehe ich die Arbeitsanweisung auch. Leider. Das ist echt das Hinterletzte...  :no:  :no:  :no:

P.S.:
Zitat von: H4O am 22. Juli 2022, 14:37:35(Und es ist ja gerne Geld aus Zeiträumen der Vergangenheit, was man vielleicht mit dem Dispo zwischenfinanziert hat.)
Diese gesamte Praktik des Anrechnens, auch von Nachzahlungen, gehört abgeschafft und zwar schnellstens!
Nach meinem Empfinden ist das das absolut Hinterletzte und Hinterfo..igste überhaupt und wäre - wenn es keine Behörde wäre - einfach nur eiskalter Betrug... :kotz: