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Ehemann in Haft - was nun?

Begonnen von Pommesmitmajo, 27. August 2022, 17:29:16

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Pommesmitmajo

Hallo zusammen,

mein Ehemann wurde vor kurzem unerwartet verhaftet. (Zumindest war es für mich unerwartet).

Er sitzt aktuell in U Haft in wartet auf die Haftprüfung.

Ich habe mal aufgeschnappt, dass nicht per se ALLE Leistungen entfallen sondern nur gewisse.

Könntet ihr mir da ggf. helfen und sagen auf welche Leistungen ich weiterhin bestehen darf?
Ich selbst bin Schwerbehindert und habe Pflegestufe 2, weshalb ich nicht arbeiten kann.

Da die Haftprüfung noch aussteht, kann man auch noch nicht sagen wie lange und in welcher Form er eine Strafhaft antreten wird.

Ich bin wirklich über jeden Ratschlag dankbar, denn mir wird gerade der Boden unter den Füßen weggerissen...

Liebe Grüße

(Ps. Selbstverständlich habe ich das Job Center bereits telefonisch darüber informiert, ich sollte mich aber kommenden Montag noch mal melden falls ich genauere Infos habe. Die Leistungen für September sind jetzt ohnehin schon angewiesen... Mir ist natürlich klar, dass ich das wahrscheinlich komplett zurückzahlen muss...)

Yavanna

Das kommt auf den Fall an...
Bist du vom JC als erwerbsfähig eingestuft? Denn wenn dein Mann absehbar länger in Haft bleibt, entfällt sein Anspruch. Und du könntest ins SGB XII fallen.
 Die KDU kannst du zunächst weiterhin voll erhalten.

Hary

Zuerst einmal alles gute in dieser Situation. Das du das Jobcenter informiert hast war richtig. Lege das Geld von Regelsatz für deinen Partner beiseite, dann kannst du es im Zweifel erstatten. Wer von euch ist Antragsteller der BG? Es kann sein wenn er Antragsteller ist, dass du dann einen Antrag stellen musst wenn die Haft länger geht. Er wäre dann ja nicht mehr direkt in der Bedarfsgemeinschafz.

CCR

Zitat von: Yavanna am 27. August 2022, 17:47:35Bist du vom JC als erwerbsfähig eingestuft?

Zitat von: Pommesmitmajo am 27. August 2022, 17:29:16Ich selbst bin Schwerbehindert und habe Pflegestufe 2, weshalb ich nicht arbeiten kann.
wenn du keine Rente bekommst und noch kein Sozialgeld beantragt hast, solltest du es gleich nächste Woche beantragen. Die Miete von deinem Ehemann wird auf alle Fälle vom JC übernommen, aber die Regelleistung fällt weg und muss zurück erstattet werden.

Spritzenhalter

Zitat von: CCR am 27. August 2022, 18:14:49
Zitat von: Yavanna am 27. August 2022, 17:47:35Bist du vom JC als erwerbsfähig eingestuft?

Zitat von: Pommesmitmajo am 27. August 2022, 17:29:16Ich selbst bin Schwerbehindert und habe Pflegestufe 2, weshalb ich nicht arbeiten kann.
wenn du keine Rente bekommst und noch kein Sozialgeld beantragt hast, solltest du es gleich nächste Woche beantragen. Die Miete von deinem Ehemann wird auf alle Fälle vom JC übernommen, aber die Regelleistung fällt weg und muss zurück erstattet werden.

Aber auch nur max. 6 Monate

TripleH

Inhaftierte sind vom ALG 2 ausgeschlossen, § 7 Abs 4 Satz 2 SGB II. Wenn, dann ist das Sozialamt zur Wohnungssicherung zuständig. Oder, wenn die Ehegattin Anspruch auf ALG 2 hat, weil sie nicht erwerbsgemindert ist, kann dann die volle Miete bei ihr berücksichtigt werden.

Und die 6 Monate gelten für § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II (stationärer Aufenthalt), nicht für Satz 2 (Haft).

Spritzenhalter

Zitat von: TripleH am 27. August 2022, 19:04:26Und die 6 Monate gelten für § 7 Abs 4 Satz 1 SGB II (stationärer Aufenthalt), nicht für Satz 2 (Haft).


Stimmt!
https://www.hartz4.org/trotz-knast/

H4 = Nix
Wohnung = max. 6 Monate

CCR

Zitat von: Spritzenhalter am 27. August 2022, 19:01:03Aber auch nur max. 6 Monate

richtig aber nur bei ALG II, bei Sozialhilfe sieht das wieder anders aus.
Das BSG hat klargestellt, dass Mietkosten bei Inhaftierten bei nicht längerfristiger Inhaftierung
ausschließlich über ,,Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten" nach § 67 ff SGB XII
sicherzustellen sind.

Zu den § 67'ner Hilfen gehören Leistungen zum Erhalt einer Wohnung (§ 68 Abs. 1 S. 1
SGB XII). Durch drohenden Wohnungsverlust bei Haftentlassung entstehen besondere Lebensverhältnisse mit
sozialen Schwierigkeiten, die nicht aus eigener Kraft habe überwinden können (BSG 12.12.2013 - B 8 SO 24/12 R;
LSG Bay 22.8.2014 – L 8 SO 117/14 B ER; LSG NSB 24.6.2021 - L 8 SO 50/18).

Wer hat Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII?
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ( §§ 41 - 46b SGB XII ) Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, können einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben.
Von den Sozialämtern wird gerne vertreten: ,,nur bei kurzer Inhaftierung von bis sechs Monaten" könnten Mieten
von Inhaftierten übernommen werden. Durch die Zuordnung des Anspruchs auf Mietübernahme nach § 67
SGB XII entfällt diese sechs-Monate-Regelung und die Inhaftierung kann auch länger andauern. Hier sind

Übernahmen bis 12 Monate kein Problem, es kommt auch nicht auf die Gesamtdauer der Haft, sondern auf
den (voraussichtlichen) Leistungszeitraum bis zur Haftentlassung an.
▪ bei Mieten und Energieabschlägen, auch bei kurzer Inhaftierung (zwei, drei Monate)
▪ bei Inhaftierung, oberhalb von sechs Monaten
▪ auch bei Wohnungen, die ,,sozialrechtlich unangemessen teuer" sind
▪ so können auch Miet(kopf)anteile von inhaftierten BG-Mitgliedern übernommen werden.


Hary

@CCR sehr informativ. Macht es einen Unterschied ob es sich um eine Haftstrafe oder um eine Untersuchungshaft handelt? Das wären ja zwei verschiedene Dinge.

CCR

Zitat von: Hary am 28. August 2022, 02:00:35@CCR sehr informativ. Macht es einen Unterschied ob es sich um eine Haftstrafe oder um eine Untersuchungshaft handelt? Das wären ja zwei verschiedene Dinge.
ZitatRichterlich angeordneter Freiheitsentziehung (§ 7 Abs. 4 SGB II)
Es besteht ein Leistungsausschluss bei richterlich angeordneten Freiheitsentziehung (§ 7 Abs. 4 S. 2 SGB II). Diese liegt
vor bei U-Haft, Strafhaft, Ersatzfreiheitsstrafe, Arrest, Erzwingungshaft, Maßregelvollzug, Absonderung nach dem
Infektionsschutzgesetz (§ 30 IfSG) oder Gefährderhaft nach den Polizeigesetzen, sowie bei stationärer Drogenent␂wöhnungstherapie bei Zurückstellung der Strafvollstreckung (BSG 5.8.2021 – B 4 AS 58/20 R).
Jugendarrest ist strittig (denn keine Freiheitsentziehung, sondern Zuchtmittel (LSG Sachsen-Anhalt 24.9.2014 - L 4 AS 318/13;
SG Dresden 27.1.2014 - 7 AS 2328/13; SG Gießen 1.3.2010 - S 29 AS 1053/09; aA: laut FW 7.98 doch Leistungsausschluss).

Diese Folien können und sollen in der Öffentlichkeit für nicht kommerzielle Zwecke genutzt werden. Ich bitte selbstverständlich um Hinweis darauf, dass diese von mir sind.
© Harald Thomé / Wuppertal

Pommesmitmajo

Hallo alle miteinander!
Danke erstmal für eure zahlreichen Antworten.

Nein, das JC hat laut Aussage eines Mitarbeiters aktuell beim Amtsarzt keine Kapazitäten, daher bin ich (noch) nicht als erwerbsunfähig eingestuft.
Sobald wieder Termine möglich sind, wird man mich dort hinschicken.
(Mir wäre SGB XII ohnehin lieber.)
Mein Sachbearbeiter weiß jedoch Bescheid und hat Verständnis dass ich mit meinen Diagnosen nicht arbeiten kann. Aktuell habe ich ,,sicherheitshalber" eine AU.

Richtig, mein Mann ist Antragsteller. Also würdet ihr mir raten, selbst einen neuen zu stellen? Natürlich ohne eine BG dann...
Ginge das auch nach Ablauf der befristeten 6 Monate?
Dann würde ich erstmal diese Zeit weiterhin die KDU durch ihn als Antragsteller nutzen und nach Ablauf dieser Zeit werde ich dann einen neuen Antrag stellen, richtig?

Ich habe nur aktuell keine Kraft jetzt sofort wieder alles mögliche einzureichen...
Mir wäre es lieb, wenn ich erstmal auf die Beine kommen und alles sortieren könnte.

Danke vor ab!


Edit:
Und die Wohnung wird definitiv auch für mich als einzelne Person übernommen da diese eigentlich eh nur für 1 Person ausgelegt ist. Also diesbezüglich bin ich schonmal sicher und muss nicht nach 6 Monaten ausziehen. 


CCR

Du hast es dem JC ja gemeldet und sie müssten dann einen neuen Bescheid erstellen für dich alleine.
Ob dein Mann als Antragsteller jetzt noch Nachweise ans JC schicken muss, weiß ich nicht.
Erst mal alles Gute, Kopf hoch und nicht verzagen, gute Besserung.

Ratlos

siehe in HEMPELS Mai 2014
und Infos zum Thema SGB II bzw. auch SGB XII bei Inhaftierung in > Sozialrecht justament < Nr. 1 vom Februar 2013