Kooperationsplan

Begonnen von Miau, 08. Dezember 2022, 22:08:57

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Miau

Hallo liebe Forumsmitglieder,

der Kooperationsplan steht mir wahrscheinlich ab Januar bevor (wie bei anderen auch).
 
Wenn ich das recht verstanden habe, kann anstelle der alten EinV nun ab dem 01.01.2023 ein sogenannter Kooperationsplan zwischen dem JC und dem Leistungsbezieher "geschmiedet" werden. Dieser bedeutet dann wohl die endgültige Zementierung der einseitigen Verbindlichkeit zulasten der Leistungsbezieher, denn:

1. Der Kooperationsplan ist kein öffentlich-rechtlicher Vertrag gem. § 53 SGBX mehr (keine gleichwertigen Vertragspartner mehr)

2. Vom  Leistungsbezieher kann vom JC infolgedessen so ziemlich alles gefordert werden. Der Leistungsbezieher muss anscheinend die vom JC vorgeschlagenen und angeblich einvernehmlich vereinbarten Absprachen nachfolgend erfüllen und/oder einhalten, als wäre er dabei Pflichten eingegangen, obwohl doch offiziell in einem Kooperationsplan lediglich unverbindliche "Absprachen" getroffen werden sollen.  Bei Nichtbefolgen dieser "Absprachen" drohen dem Leistungsbezieher eine Sanktion in Höhe von 30% für 3 Monate.

3. Auch das JC trifft unverbindliche Absprachen, deren Erfüllen oder Einhaltung aber vom Leistungsbezieher nicht (mehr) eingefordert werden können sollen, also vom JC nicht eingehalten werden müssen, da es sich -anders wie bei der alten EinV - nicht um Pflichten seitens der JC handelt.

Also alles höchst einseitig.

Es ist mir absolut unverständlich wie aus unverbindlichen Absprachen eine Rechtsfolge überhaupt entstehen kann und diese nur einseitig für den Leistungsbezieher.

4. Offensichtlich ist es dem Leistungsbezieher auch nicht mehr möglich, bei der Festlegung der Absprachen mitzuwirken z.B. durch Vorlage eines eigenen (vom Leistungsbezieher erstellten) Kooperationsplans, wie dies bei der EinV möglich war.

Wenn kein Widerspruchsverfahren gegen einen Kooperationsplan zulässig sein sollte, ist man komplett der Willkür durch das JC ausgeliefert.

5. Das Schlichtungsverfahren ist für beide Seiten nicht verpflichtend. Man kann sich vorstellen, dass das JC ein solches meist ablehnen wird. Nach 4 Wochen kommt nachfolgend der VA zum Kooperationsplan.
 
Wenn noch keine einschlägige Rechtsprechung zum Kooperationsplan vorliegt (und das ist u.a. der Trick dabei, die Rechtsprechung und Urteile zur EinV lassen sich nun nicht mehr anwenden!), auch nicht zum Erlass eines VA zum Kooperationsplan, werden die JC dies zunächst schamlos ausnützen und die Kooperationpläne hemmungslos anwenden, nach dem Motto: sollen die Leistungsbezieher erst einmal Präzidenzfälle schaffen. Vorher haben wir Narrenfreiheit.

Au weia!

Wie könnt Ihr uns dann hier unterstützen?










a_good_heart

Der Kooperationsplan kommt erst ab 1. Juli '23, vorher nicht!
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

Miau

#2
Merci a good heart,

@fettnäpchen schrieb mir in einem anderen Thread:
"Da du keine gültige EinV besitzt kann das auch ab dem 01.01.23 passieren."

Was stimmt denn nun in meinem Fall und bei anderen ohne derzeit gültige EinV? Kooperationsplan ab dem 01.01.23 oder erst ab dem 1.Juli 2023?
Bin verwirrt!

Wenn ein Gegenentwurf nicht mehr möglich ist, kann man sich wenigstens Bedenkzeit erbitten, um den Kooperationsplan prüfen zu lassen?
Muss man ihn dann aber spätestens nach 4 Wochen (mit oder ohne Schlichtungsverfahren) unterschrieben haben?
Gilt eine nichterfolgte Unterschrift seitens des Leistungsbeziehers dann als eine Leistungsverweigerung, die sanktioniert wird?

a_good_heart

Zitat von: Miau am 09. Dezember 2022, 11:13:48Was stimmt denn nun in meinem Fall und bei anderen ohne derzeit gültige EinV? Kooperationsplan ab dem 01.01.23 oder erst ab dem 1.Juli 2023?
Bin verwirrt!

Kooperationsplan ab 1.Juli '23
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

Ottokar

Die Neuregelung des § 15 SGB II, womit aus der EinV der Kooperationsplan wird, tritt erst zum 01.07.2023 in Kraft. Bis dahin werden weiterhin EinV abgeschlossen.
Einen Kooperationsplan kann es erst ab dem 01.07.2023 geben.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


Miau

Merci,
wie steht es denn damit:
Ist der Kooperationsplan lediglich eine Vereinbarung oder doch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag?

Wenn ein Gegenentwurf nicht mehr möglich ist, kann man sich wenigstens Bedenkzeit erbitten, um den Kooperationsplan prüfen zu lassen?

Muss man ihn dann aber spätestens nach 4 Wochen (mit oder ohne Schlichtungsverfahren) unterschrieben haben, um zu vermeiden, dass bereits die fehlende Unterschrift als Verletzung der Mitwirkungspflich gewertet wird, die sanktioniert wird?

111929

DaS ist wie bei der Eingliederungsvereinbarung- ohne deine Unterschrift gibt es dann einen VA. Dann dein Widerspruch und SG.

Fehlende Unterschrift kann nicht als Verletzung der Mitwirkungspflicht sanktioniert werden. Das ist wie bei der EVG - hier hat damals das BVG den höherwertigen Rang der Vertragsfreiheit geltend gemacht. Damit wurde die Sanktionierung einer nichtunterschriebenen EV aufgehoben.

Ein Kooperationsplan ist kein öffentlich rechtlicher Vertrag. JC sind GmbHs

Miau

Zitat von: 111929 am 09. Dezember 2022, 14:04:11Ein Kooperationsplan ist kein öffentlich rechtlicher Vertrag. JC sind GmbHs

Ottokar schrieb im Thread Sammelthema zum neuen Bürgergeld:

"Damit will man den Kooperationsplan so weit wie möglich vom Anschein eines öffentlich-rechtlichen Vertrages entfernen. Da darin weiterhin rechtsverbindlich wechselseitige Rechte und Pflichten geregelt werden, bleibt es jedoch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. Ohne einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der rechtsverbindlich individuelle Mitwirkungspflichten regelt, gäbe es keine rechtliche Voraussetzung für den Erlass von sanktionsbewehrten Mitwirkungsaufforderungen zur Erfüllung dieser individuellen Mitwirkungspflichten und den Erlass von Sanktionen, wenn diese nicht erfüllt werden."

Also was jetzt? Scheint sich alles juristisch in einer Grauzone zu bewegen. Irgendwie zurechtgeschustert.

Ottokar

Zitat von: Miau am 09. Dezember 2022, 13:51:37Ist der Kooperationsplan lediglich eine Vereinbarung oder doch ein öffentlich-rechtlicher Vertrag?
Für einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gilt das Schriftformerfordernis, d.h. das er von den Vertragsparteien unterzeichnet werden muss.
Der Kooperationsplan ist aber nur ein "rechtlich nicht verbindlicher Plan zur Verbesserung der Teilhabe" (Bt-Drs. 20/4360 und 20/3873), den der Leistungsempfänger in Textform bekommt.
Keine Unterschrift = kein öffentlich-rechtlicher Vertrag.
Auf einen rechtlich nicht verbindlichen Plan zur Verbesserung der Teilhabe kann man aber imho keinen Durchsetzungs-Verwaltungsakt (vgl. § 15 Abs. 5 SGB II n.F.) begründen. Etwas das rechtlich nicht verbindlich ist, kann keine Ermächtigungsgrundlage für einen Verwaltungsakt sein.
D.h. man kann keinen VA erlassen, in dem dem sinngemäß drin steht: "Du hast dich im Kooperationsplan damit einverstanden erklärt, 10 Bewerbungen pro Monat abzuliefern, und wenn du das nicht machst, wirst du sanktioniert." Es fehlt hier schlicht die rechtliche Grundlage (Ermächtigungsgrundlage) für den Erlass eines Durchsetzungs-Verwaltungsaktes, z.B. in Form eines rechtsverbindlichen Kooperationsplans als VA. Der soll lt. Abs. 6 jedoch nur erlassen werden, wenn ein Kooperationsplan nicht zustande kommt oder nicht fortgeschrieben werden kann.
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Miau

#9
Merci,
mir raucht der Kopf, bin kein Jurist...

Das würde bedeuten, dass man tunlichst dem Kooperationsplan zustimmt (nach vorheriger Verhandlung über dessen Inhalt), ihn aber auch nach reiflicher Überprüfung/Bedenkzeit nicht unterschreibt (da sonst ein öffentlich-rechtlicher Vertrag), um einen Kooperationsplan als VA wegen Nichtzustandekommens /Nichtfortschreibens zu vermeiden und auch, um nachfolgend Sanktionen per VA zu vermeiden
Anders ausgedrückt:
ein VA zum Kooperationsplan erfolgt nur bei Nichtzustandekommen/fehlender Fortführung
Sanktionen per VA sind nur möglich, wenn zuvor ein VA zum Kooperationsplan erlassen wurde und wenn zudem der Leistungsbezieher seine darin erklärten Absichten nicht erfüllt hat?

111929

Also-der Kooperationsplan wäre dann letztlich ein rechtlich unverbindliches Dokument. Erfolgt  daraus direkt eine Sanktionierung müsste mensch gleich beim SG Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung stellen. Ein vorgeschalteter VA wie bei der EV also nicht vorgesehen?

Das ist wohl ähnlich wie bei der Einführung von Hartz: da wurden EVs bei Nichtunterschrift direkt sanktioniert. Dieses Vorgehen wurde vom BVG damals als rechtswidrig kassiert. Jetzt versucht das staatliche Schikaneregime eine 'Neuauflage'.

Ich sehe schon diverse Verfahren im Zusammenhang mit der Koopvereinbarung

a_good_heart

Zitat von: 111929 am 10. Dezember 2022, 12:19:32Also-der Kooperationsplan wäre dann letztlich ein rechtlich unverbindliches Dokument. Erfolgt  daraus direkt eine Sanktionierung müsste mensch gleich beim SG Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung stellen.

Das ist nicht richtig!
Aus einem Kooperationsplan heraus wird nicht sanktioniert. Hält man sich nicht an die Vereinbarungen im Kooperationsplan, erhält man das Ding als VA.
Erst wenn man sich dann wieder nicht an die Vereinbarungen hält, wird sanktioniert :zwinker:
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont... (Konrad Adenauer)

111929

Dann habe ich Ottokar falsch verstanden ? Dann läge ich mit meinen obigen Posting richtig und die Koop wäre nichts weiter als eine EV ohne Unterschrift?

ichbrauchgeld

freu mich jetzt schon auf die ganze klagewelle, die dieses neue system und Gesetz bringt, weil man unbedingt einen neuen namen brauchte und alles auf den Kopf stellen muss wegen 50 Euro mehr im Monat.

Ottokar

Zitat von: a_good_heart am 10. Dezember 2022, 12:26:49Hält man sich nicht an die Vereinbarungen im Kooperationsplan, erhält man das Ding als VA.
Erst wenn man sich dann wieder nicht an die Vereinbarungen hält, wird sanktioniert
Das ist so nicht korrekt.

Zunächst mal ist der KoopPlan keine Vereinbarung, nur eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung.
Sofern sich Leistungsbezieher nicht an die darin, rechtlich unverbindlich, festgehaltenen Eingliederungsbemühungen halten, wird ein Verwaltungsakt (Durchsetzungs-Verwaltungsakt) erlassen, in welchem die Einhaltung der Eingliederungsbemühungen unter Androhung einer Sanktion gefordert wird.
Hält sich der Leistungsbezieher weiterhin nicht an die Eingliederungsbemühungen, wird eine Sanktion erlassen.
Der Punkt ist, das jeder Verwaltungsakt eine rechtliche Ermächtigungsgrundlage haben muss, diese fehlt beim Durchsetzungs-Verwaltungsakt jedoch, weil der KoopPlan rechtlich nicht verbindlich ist.
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