Keine vorherige Mahnung bei Untätigkeitsklage

Begonnen von Ottokar, 19. März 2023, 17:30:24

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Ottokar

Keine vorherige Mahnung bei Untätigkeitsklage

Mit Beschluss vom 8. Februar 2023 - 1 BvR 311/22 - hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass vor Erhebung einer Untätigkeitsklage keine Erinnerung, Mahnung oder gar Fristsetzung erfolgen muss. Insbesondere da Bürgerinnen und Bürger dem Staat nicht eigenmächtig Fristen setzen können. Vielmehr muss sich der Staat ebenso an gesetzlich geregelte Fristen halten wie der Bürger.

Das Bundesverfassungsgericht schreibt dazu:
ZitatIndem Bürgerinnen und Bürger nach Ablauf der Wartefrist mit der Erhebung einer zulässigen Untätigkeitsklage eine formale Rechtsposition ausnutzen, verstoßen sie grundsätzlich nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Untätigkeitsklage kann erst nach Ablauf einer sechs- beziehungsweise dreimonatigen Frist zulässig erhoben werden. Hiermit hat der Gesetzgeber selbst geregelt, wie lange die Betroffenen zuwarten müssen. Wer der Behörde die vom Gesetzgeber exakt geregelte Zeit lässt und erst klagt, wenn diese abgelaufen ist, handelt grundsätzlich nicht treuwidrig. So wie sich Bürgerinnen und Bürger die Versäumung einer Frist regelmäßig strikt entgegenhalten lassen müssen, darf auch der Staat grundsätzlich nicht darauf vertrauen, von Bürgerinnen und Bürgern auf den Ablauf einer gesetzlichen Frist erneut hingewiesen zu werden und eine außergesetzliche Nachfrist zu erhalten.
[...]
Bürgerinnen und Bürger können dem Staat hier nicht Fristen setzen, die das Gesetz nicht vorsieht. Sie können auch nicht eigenmächtig über Rechtsfolgen disponieren; auch die Rechtsfolge des Fristablaufs ergibt sich vielmehr aus dem Gesetz.
[...]
Der Staat muss die gesetzlichen Fristen und etwaige Rechtsfolgen ebenso kennen und beachten wie Bürgerinnen und Bürger. Hat der Ablauf der Wartefrist im Fall der Untätigkeitsklage eine Kostenfolge zu Lasten der beklagten Behörde, ist auch dies eine prozessrechtlich vorgesehene Konsequenz des Fristablaufs und die Herbeiführung dieser Rechtsfolge grundsätzlich nicht treuwidrig.
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