Sind Jobcenter an Ihre Drohungen gebunden?

Begonnen von Empty, 25. April 2023, 19:03:16

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Hallo liebes Forum,

ein Neuzugang hat eine Frage und hofft ihm wird geholfen.

Das hiesige Jobcenter möchte von mir Bescheide einer anderen Person einsehen, die weder zu meinem Haushalt, noch meiner Bedarfsgemeinschaft gehört, noch mit mir verwandt ist. Diese meiner Ansicht nach unrechtmäßige Forderung hat das Jobcenter mit einer Rechtsfolgebelehrung abgeschlossen, die sich auf die §§60 ff SGB I stützt und hat mir mit einem teilweisen Entzug von Leistungen gedroht.

Nun habe ich diese Bescheide gar nicht und habe auch nicht vor sie vorzulegen oder den Datenschutz der betreffenden Person zu missachten, die mit dem Jobcenter so gar nichts zu tun hat. Und schwupps: Das Jobcenter hat einen Bescheid erlassen. Jedoch keinen nach den §§60 ff SGB I, sondern hat einfach eine Leistung (um die ging es dabei) fälschlich als Einkommen angerechnet (und hat nicht mal den Grundfreibetrag abgezogen, sondern nur 10% der Gesamtsumme) - also einen Änderungsbescheid.

Mal vom konkreten zu klärenden Sachverhalt abgesehen (dazu hole ich mir anwaltlichen Rat): Kann ein Jobcenter mit Konsequenzen drohen und dann bei fortgesetzter "Missachtung" des Leistungsbeziehers, diese Konsequenzen gar nicht anwenden, sondern stattdessen andere nutzen? Ist der Sinn einer Rechtsfolgebelehrung nicht, über die rechtlichen Folgen aufzuklären? Wenn dies nun aber gar nicht die Folgen sind, ist dann nicht entweder die Rechtsfolgebelehrung falsch (somit die Forderung nicht rechtmäßig) oder die dann angewandten Konsequenzen formal unrichtig?

Vielleicht ist diese Frage grundsätzlich genug, dass auch andere was von ihrer Beantwortung haben. Ich danke jedenfalls. :smile:

Sheherazade

Es scheint sich hier um zwei verschiedene DInge zu handeln. Der Änderungsbescheid hat offenbar nichts mit der vorhergehenden (haltlosen) Forderung zu tun. Was steht denn in dem Änderungsbescheid, warum dieser erlassen wurde?

Noch eine Frage: Hast du der ersten Forderung widersprochen mit Begründung und hast du dem Änderungsbescheid widersprochen mit Begründung?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

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Ich habe, da ich annahm, dass ein Widerspruch nur gegen einen Verwaltungsakt/Bescheid möglich ist, gegen die Forderung (mit der Androhung nach §§60 ff SGB I) keinen Widerspruch unternommen. Es gab auch keine Rechtsbehelfsbelehrung, nur eine Rechtsfolgebelehrung. Ich nahm an, dass dann ein Bescheid mit Konsequenzen nach SGB I folgen wird. Das war nun nicht der Fall. Ich habe aber eine schriftliche Stellungnahme abgegeben (und eine mündliche, die dasselbe sagte): Ich habe die Dokumente nicht und ich kann sie nicht beschaffen.

Nun kam ein vorläufiger Änderungsbescheid. In dem wird, weil ich ja die Dokumente nicht rausrückte (da nicht in meinem Besitz und keinen Zugriff darauf), die Vorläufigkeit mit eben diesen fehlenden Unterlagen begründet (und mit einer anderen Sache, zu der ein Hauptverfahren noch anhängig ist) und mein Regelsatz mehr als halbiert, mit eben jener Summe, die sie unbegründet hinterfragen. Da besteht also ein direkter Zusammenhang. Erst die Forderung mit Drohung nach SGB I, dann ein vorläufiger Änderungsbescheid mit derselben Forderung (und neuer Frist bis ende des Jahres) und Konsequenzen derart, dass genau die infrage gestellte Summe abgezogen wurde vom Regelsatz.

Ich bin dazu noch nicht in Widerspruch gegangen. Ich habe gerade Kontakt gesucht zu einem Verein, indem ich Mitglied bin und der mir Rechtsschutz gibt. Ich wollte nur mal diese Dimension mit ergründen, da auch Anwälte nicht alles sehen und hatte gedacht, dass das allgemein genug ist, dass die Frage auch andere betreffen könnte.

Spring23

Zitat von: Empty am 25. April 2023, 19:03:16Das hiesige Jobcenter möchte von mir Bescheide einer anderen Person einsehen, die weder zu meinem Haushalt, noch meiner Bedarfsgemeinschaft gehört, noch mit mir verwandt ist.
Aber die gleiche Adresse hat bzw. Wohnung bewohnt? Ist die Person dem JC anderweitig bekannt, wenn man von Bescheiden spricht?


Zitat von: Empty am 25. April 2023, 19:03:16Nun habe ich diese Bescheide gar nicht und habe auch nicht vor sie vorzulegen oder den Datenschutz der betreffenden Person zu missachten, die mit dem Jobcenter so gar nichts zu tun hat.
Im ersten Satz ist ein Widerspruch. Nur so als Info. Wenn man nichts hat, kann man nicht "nicht vorhaben", es vorzulegen.
Und wenn das JC eine Person namentlich benennt, verletzt man nicht den Datenschutz, wenn man schreibt, dass Frau/Herr Meier (oder wie auch immer) nicht zum Haushalt oder der BG gehört.

Vermutlich können die Experten hier besser helfen, wenn man weiß, ob das eine WG ist und um welche Person es sich handelt.

TripleH

ZitatKann ein Jobcenter mit Konsequenzen drohen und dann bei fortgesetzter "Missachtung" des Leistungsbeziehers, diese Konsequenzen gar nicht anwenden, sondern stattdessen andere nutzen?

Die Rechesfolge fehlender Mitwirkung ist der vollständige oder teilweise Entzug bzw Versagung der Leistungen.

Zitatund mein Regelsatz mehr als halbiert, mit eben jener Summe, die sie unbegründet hinterfragen.

Dann ist es wohl ein teilweiser Entzug.

Hartzer Rolle

Wenn es als Einkommen angerechnet wird, gehen Zahlungen auf dein Konto ein?

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Zitat von: TripleH am 25. April 2023, 22:51:35Dann ist es wohl ein teilweiser Entzug.
Soweit ich weiß, muss ein Leistungsentzug auf einer Gesetzesgrundlage basieren die dem Benachteiligten zu nennen ist. Sonst wird das schwierig mit dem Widerspruch, bzw sonst ist so ein Verwaltungsakt wohl auch angreifbar?

Bei mir wählten sie nicht die üblichen "Bestrafungen," wie die nach SGB 1, die sie mir angedroht haben oder die nach SGB 2 (Sanktionen von X %). Sie haben einfach einen Zufluß als Einkommen deklariert, der keiner ist, da es sich um einen zweckgebundenen Zufluss handelt. Und die "Bestrafung"  wurde scheinbar ausgelassen (bzw begründet sich darin, dass einfach aus dem Katalog an Maßnahmen irgendeine herausgegriffen würde die gar nicht passt).
Um diesen Zufluß als solchen werde ich einen Anwalt befragen.  Hier geht es mir darum: Darf ein Jobcenter etwas drohen, was es dann gar nicht umsetzt, wenn man sein "Verhalten nicht korrigiert"?

Jemand, der plant einen Meldetermin zu versäumen wird ja auch belehrt, dass er 10% Sanktionen erhält (beispielsweise). Derjenige mag das dann abwägen, ob es das wert ist und könnte sich dafür entscheiden Zuhause zu bleiben. Und dann kommt eine Sanktion von 30% oder ihm werden Leistungen nach dem SGB1 gekürzt (falls das möglich ist)... Darf das Jobcenter einfach die Konsequenzen ändern, bzw auslassen und sich für etwas anderes entscheiden?

Sheherazade

Zitat von: Empty am 26. April 2023, 08:37:22Sie haben einfach einen Zufluß als Einkommen deklariert, der keiner ist, da es sich um einen zweckgebundenen Zufluss handelt.

Sagt wer? Es gibt sicherlich ein Dokument für diesen Zufluss, der die Zweckbindung nach §11a SGB2  eindeutig belegt?
"In Krisenzeiten suchen  die Intelligenten nach Lösungen, während die Schwachköpfe nach Schuldigen suchen." Totó 1898-1967
"Wir leben in einer Zeit, in der sich Dummheit nicht mehr versteckt, sondern gewählt, bezahlt, beklatscht und als Erfolg verkauft wird."
"Höher, schneller, weiter!" ist nicht das Problem. Das Problem ist: "Ich zuerst!", "Alles meins!" und "Mir doch egal!"

Ottokar

Zitat von: Empty am 25. April 2023, 19:37:45Ich wollte nur mal diese Dimension mit ergründen, da auch Anwälte nicht alles sehen
Anwälte sehen aber zumindest die Verwaltungsakte und erfahren, um was es eigentlich geht.
Ohne diese Kenntnisse sind Antworten nur sehr allgemein möglich.

Offenbar geht es hier um die Anrechnung von Einkommen, vom dem der TE behauptet, dass es zweckgebunden einem anderen Zweck dient als ALG II, was er jedoch gegenüber dem JC nachweisen muss.
Dazu muss nachgewiesen werden, wofür die Zahlung ist und meistens auch von wem. Ohne Kenntnis dieser Fakten kann man hier auch keine Aussage dazu treffen.
Meine Beiträge beinhalten oder ersetzen keine anwaltliche Beratung oder Tätigkeit.
Für eine verbindliche Rechtsberatung und -vertretung suchen Sie bitte einen Anwalt auf.


TripleH

ZitatBei mir wählten sie nicht die üblichen "Bestrafungen," wie die nach SGB 1, die sie mir angedroht haben oder die nach SGB 2 (Sanktionen von X %). Sie haben einfach einen Zufluß als Einkommen deklariert, 

Vielleicht eine Umgehungslösung für die Teilversagung. Ansonsten lass den Bescheid sehen, insbesondere den Teil mit der Begründung.

Hary

Zitat von: Empty am 26. April 2023, 08:37:22Hier geht es mir darum: Darf ein Jobcenter etwas drohen, was es dann gar nicht umsetzt, wenn man sein "Verhalten nicht korrigiert"?
Du interpretierst die Sache falsch. Das Jobcenter droht dir nicht, eine Drohung wäre eine Straftat. Sie weißen dich nur auf mögliche Folgen hin, wenn du einer Aufforderung nicht nachkommst. So etwas ist keine Drohung. Natürlich hat jedes Jobcenter Spielräume und nicht alles was im Raum steht muss auch sanktioniert werden. Jedoch wird das Jobcenter aktiver, je mehr Widerstand kommt.

Warum schildest du den gesamten Sachverhalt nicht einfach, dann könnte man es besser einschätzen als diese hypothetischen Ansätze.